"Freiwilliger" Zwang zum Religionsunterricht?

Der Humanist: Religion: "Freiwilliger" Zwang zum Religionsunterricht?
Von Anonym am Freitag, den 29. August, 2003 - 21:10:

Hallo,
es würde mich interessieren, wie andere Außenstehende folgendes Problem beurteilen:

Mein Sohn (mittlerweile 2.Klasse)ist - wie auch der Rest der Familie aus Überzeugung - konfessionslos. Schon bei der damaligen Anmeldung zur Einschulung wurde gefragt, ob er freiwillig den (ev.) Religionsunterricht besuchen soll. Mein Mann hat sich damals ganz klar mündlich mit einem "Nein" geäußert.
Einen regulären Stundenplan mit Angaben der einzelnen Fächer gab es die erste Zeit für die Erstklässler nicht. Deshalb hatte ich auch leider zu spät durch Zufall bemerkt, das mein Sohn entgegen elterlichen Willen im Religionsunterricht unterrichtet wurde. Er erzählte mir nämlich ziemlich verwirrt und weinerlich von plötzlichen Anfeindung von seitens seiner Mitschüler. "Wenn du nicht an Gott glaubst, kommst du in die Hölle!". So erst und auf diese Weise bekam ich leider erst mit, das er den Religionsunterricht besuchte...
Als wir uns daraufhin beschwerten wie die Schule denn dazu kommt ihn überhaupt in Religion zu unterrichten, wurde einfach behauptet wir hätten bei der Einschulung ja keine genauen Angaben gemacht bzw. uns entschlossen die Möglichkeit zur Teilnahme offen zu lassen und überhaupt - es würde gar keine schriftliche Abmeldung bei der Schulleitung vorliegen.

Muß man sich denn überhaupt vom Religionsunterricht abmelden, wenn man doch aufgrund Konfessionslosigkeit eigentlich nicht verpflichtet ist, am Religionsunterricht teilzunehmen? Wozu dann vorher die mündliche Frage im Sekreterät, ob wir überhaupt Religionsunterricht wünschen? Besteht keine Aufklärungspflicht von Seiten der Schule bei der Anmeldung und Befragung zur Teilnahme am Religionsunterricht, das auch konfessionslose Schüler eine schriftliche Abmeldung zu erbringen haben wenn kein Religionsunterricht erwünscht ist?

Aufgrund dessen wurde er also letztendlich heimlich (und angeblich aufgrund fehlender Abmeldung - als Duldung unsererseits zum Religionsunterricht gewertet!) unterrichtet. Die schriftliche Abmeldung haben wir nach dieser Aussage sofort nachgereicht.

Aber der wiederholte verbale Druck mehr oder weniger geschickt rhetorisch von der Lehrerin und sogar unbeteiligten mitanwesenden Berufskolleginnen verpackt("...als einziger in der Klasse", "Wir möchte ihn doch nicht aus der Klassengemeinschaft ausschließen", "Besprechen in dieser Unterrichtsstunde dort auch viele andere Themen, die er dann ja leider verpassen würde", "Sie nehmen ihn eine Chance", "extra deswegen organisatorischen Aufwand", "...sehr schade!" etc.) den Jungen trotzdem in den Religionsunterricht zu schicken, ist nach wie vor da. Nach mehrmaligen "Nein" unsererseits bei Gesprächen heißt es nun sogar, inoffiziell würde fast gar kein Religion unterrichtet - obwohl es auf dem Zeugnis stehen würde! Ich solle der Klassenlehrerin vertrauen, sie würde es mir rechtzeitig vorher ankündigen und meinen Jungen aus dem Unterricht schicken, falls doch mal ein religiöses Thema in dieser Religionsstunde aufgegriffen wird. Natürlich würde dann zwar in seinem Zeugnis unter Religion "teilgenommen" stehen, aber Zensuren gäbe es ja erst ab der 3. Klasse...

Ich kann nur sagen, das ich nach den ganzen Vorfällen keinerlei Vertrauen habe. Sogar die letzte Zeugnisausgabe fand ohne vorherige Mitteilung in der Kirche statt und nach Aussage meines Sohnes (dem ja nichts anderes übrigblieb als mitzumachen) wurde dort sogar vorm Altar sitzend Lieder gesungen mit abschließender Zeugnisausgabe.
Ja wo bleibt denn die sogenannte Religionsfreiheit, wenn man dörflich wohnt und es dort als selbstverständlich angesehen wird, die Kirche überall miteinzubeziehen?
Selbst die letzte Einschulung (die ursprünglich auf dem Schulhof stattfinden sollte) wurde noch am selbigen Tag in die Kirche nebenan verlegt. Natürlich fand vorher ein Einschulungsgottesdienst statt (der war allerdings ausnahmsweise mit Zeituhr und Dauer angekündigt), doch es ging aufgrund der Wetterlage dort gleich weiter. Einschulungsfotos mit schmucklosen Altar auf dem weiße Kerzen brennen, dahinter ein Kreuz...

Ich bin unglaublich wütend, egal wie ich mich entscheide - kann ich Nachteile doch so oder so nicht ausschließen?

Schicken wir ihn hin, hat die Schule endlich ihren Willen (wir als Eltern haben ihn übrigens selbst nach seinem Wunsch befragt - er selbst will gar nicht am Unterricht teilnehmen!) und wir handeln entgegen unserer Überzeugung.
Was für eine angestaubte Schulideologie, Hauptsache nach Außen hin besuchen SELBSTVERSTÄNDLICH ALLE Schüler(innen) den Religionsunterricht! Und da sind ein paar widerspenstige Eltern, die biegen wir auch noch gerade... Mittelalter?

Bleiben wir bei unserem "Nein", ist eine Außenseiterstellung noch das geringste...

Danke fürs Zuhören! Ich höre auf Bauch und Herz und werde beim "Nein" bleiben, das nächste Gespräch "wir sollen es uns nochmal überlegen" steht bereits wieder an...

Anke


Von Kurt am Samstag, den 30. August, 2003 - 17:50:

Hallo Anke,

ich habe gerade selbst einen Thread in diesem Forum eröffnet, das sich mit der gleichen Thematik beschäftigt, allerdings geht es dabei um unseren jüngsten Sohn (17) von dreien, wir haben also auch schon einige Erfahrungen sammeln können. Aus diesem Grunde fühle ich mich (fast) persönlich betroffen von deinem Problem, zumindest kann ich gut deine emotionelle Lage nachvollziehen.

Bevor ich in juristische Detaills gehe, möchte ich zuerst Deine Frage...

"Ich bin unglaublich wütend, egal wie ich mich entscheide - kann ich Nachteile doch so oder so nicht ausschließen?"

...beantworten.

NEIN, Nachteile kannst Du nicht ausschließen. Unter den gegebenen Umständen (wohnhaft auf dem Dorf) hast Du 3 Möglichkeiten:

a) Du resignierst u. beugst Dich dem religiösen Mob u. Ihr krümmt Euch zum Häkchen (Aufgabe der Meinungs- u. Weltanschuungsfreiheit = ideeller Nachteil).

b) Du resignierst u. ziehst mit Deiner Familie in eine größere Stadt (minimal Umzugskosten = finanzieller Nachteil)

c) Du u. Deine Familie entschließt Euch, um Euer Recht zu kämpfen (soziale Ausgrenzung durch psychisches u. physisches Mobbing, Verzicht auf einen großen Teil der Freizeit durch Gespräche mit Lehrern u. Schulbehörden u. schlaflose Nächte, eventuell finanzielle Opfer wegen juristischer Klärung od. Klage = Verlust an Lebensqualität).

Aus Deinem Posting entnehme ich, daß Ihr i.M. noch dazu entschlossen seid, um Euer Recht zu kämpfen. Leider kann ich Euch da nicht viel Mut machen, genaugenommen müßte ich Euch davon dringend abraten, da neben Euren (Eltern) Opfern am meißten Euer Kind darunter zu leiden haben wird. Die Möglichkeit a) ist für Euch auch schon fast verbaut, da Ihr Euch schon relativ weit aus dem Fenster gelehnt habt, zumindest für eine ländliche Gesellschaft. Selbst wenn Ihr jetzt noch eine 180°-Wende vollzieht, so werdet Ihr weiterhin mißtrauisch beäugt werden u. Ihr müßtet 150%-tige Vereinsmeier (Kirchenchor, Trachten- od. Schützenverein etc.) werden, um den sozialen Statusrückstand wieder aufzuholen. Inwieweit die Möglichkeit b) für Euch in Frage kommt, kann ich nicht beurteilen, da hier sicherlich noch andere Begleitumstände eine Rolle spielen (Arbeitsplatz, Hausbau u. entsprechende Schulden usw.).

Die Entscheidung, welchen Weg Ihr gehen wollt/müßt, kann ich Euch nicht abnehmen, ich wollte Dir aber zumindest aufzeigen, mit welchen Auswirkungen Ihr zu rechnen habt. Falls Ihr Euren derzeitigen Vorsatz, aus welchen Gründen od. Zwängen auch immer, beibehalten wollt, so möchte ich Dir doch noch einige konkrete Ratschläge mitgeben.

1) Erkundige Dich zuerst, in welcher nächstgelegenen Stadt eine Vereinigung für Konfessionslose tätig ist u. setze Dich mit dieser in Verbindung. Ich denke, daß Dir hier am Besten Herbert von dieser HP weiterhelfen kann.

2) Bleibt (möglichst) immer konsequent u. geht keine faulen Kompromisse ein, denn sie verbessern Eure Lage nicht, sondern sie verlängern nur das Martyrium Eures Kindes u. Eure schlaflosen Nächte. Besonders wenn die psychische Gewalt, welche Eurem Kind jetzt schon angetan wird, in eine physische umschlägt, müßt Ihr konsequent bleiben. Falls es zu körperlichen Übergriffen anderer Kinder gegen Euer Kind kommen sollte müßt Ihr das sofort unterbinden, so daß Euer Kind keine Möglichkeit hat, ein s.g. "Opferverhalten" zu entwickeln. Eine "Mitschuld" Eures Kindes nach einer Befragung durch Lehrer od. Schulleiter ist kategorisch zurückweisen, da nach unserer Erfahrung IMMER mehrere andere Kinder beteiligt sind u. diese sich gegenseitig decken u. die "Schuld" (Ursache) für die Gewalt Eurem Kind unterschieben werden. Auch wenn Euer Kind in diesem Zusammenhang gewisse "Unkorrektheiten" zugeben sollte, so solltet Ihr immer Bedenken, daß dies nur eine Reaktion auf vorausgegangene massive Provokationen gewesen sind. KEIN einzelnes Kind ist so dumm, sich mit mehreren anderen Kindern anzulegen, außer man reizt es zuvor bis zur Weißglut.

Ihr müßt unbedingt auf ein Gespräch mit der Schulleitung u. den entsprechenden Kindereltern bestehen. Nur EIN solches Gespräch führen, möglichst mit Zeugen eurer Wahl (z.B. Mitglied von einem Verband wie dem Bund für Geistesfreiheit bfg) od. inhaltlichem Protokoll UND mit der Androhung von rechtlichen Mitteln (Strafanzeige, Jugendamt etc.). Ändert sich nichts an diesem Zustand, Beweise sammeln (z.B. Fotos mittels Digi-Kamera mit Datum- u. Zeiteinblende) u. danach sofort eine Anzeige bei der Polizei erstatten.

3) Bei verbalen Verfehlungen (Outing, womöglich noch wertend) von Lehrern gegenüber Euer Kind sofort auf eine Entschuldigung bestehen. Diese MUSS jedoch genau vor denselben Menschen erfolgen, vor denen die Verfehlung getätigt wurde. Der Stein, der mit dieser Verfehlung ins Wasser geworfen wurde, DARF keine sich ausbreitende Kreis ziehen. Falls dies nicht erfolgen sollte, eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim zuständigen Schulamt einleiten.

4) Möglichst alles sofort schriftlich fixieren (Gesprächsnotiz), ob Telefongespräche od. persönliche Gespräche. Bei letzterem dies sogar während od. sofort nach dem Gespräch, so daß der Gesprächspartner dies noch mitbekommt. Laßt Euch nicht ins Bockshorn jagen mit dem Hinweis auf das "Vertrauensverhältnis" zw. Eltern u. Lehrern, denn dieses wurde schon durch die "Abmeldepraxis" vom Religionsunterricht von der Schulleitung verspielt.


Nun zu Deinem Schreiben selbst:

"...wurde gefragt, ob er freiwillig den (ev.) Religionsunterricht besuchen soll."

Meines Wissens benötigen Kinder von Konfessionslosen eine bischöfliche (?) Sondergenehmigung, wenn sie am Reli-Unterricht teilnehmen sollen, ich kann Dir aber nicht sagen, ob dies katholisches Kirchenrecht ist od. in der bay. Schulordnung geschrieben steht. Dies kann also durchaus von Konfession od. Bundesland variieren.

In der Regel müssen konfessionslose Kinder bei der Einschulung NICHT abgemeldet werden. Dies ist nur nötig, wenn die Konfessionslosigkeit nach der Einschulung wirksam wird, dann gilt sie aber sofort, auch während des Schuljahres (triftige Gründe). Was die wenigsten wissen ist, daß auch christliche Kinder von Reli abgemeldet werden können, allerdings nicht während des Schuljahres.

"Er erzählte mir nämlich ziemlich verwirrt und weinerlich von plötzlichen Anfeindung von seitens seiner Mitschüler. "Wenn du nicht an Gott glaubst, kommst du in die Hölle!""

Das ist erst der Anfang (Neid) das sich schnell steigern kann (z.B. "Du bist verpestet" = gefählich für uns Gläubige). Da kann man nur sagen: Religiöse Wertevermittlung ist keinen Pfifferling wert!

"So erst und auf diese Weise bekam ich leider erst mit, das er den Religionsunterricht besuchte..."

Ein klarer Rechtsbruch durch die Schulleitung/Schulbehörde.

"...wurde einfach behauptet wir hätten bei der Einschulung ja keine genauen Angaben gemacht bzw. uns entschlossen die Möglichkeit zur Teilnahme offen zu lassen und überhaupt - es würde gar keine schriftliche Abmeldung bei der Schulleitung vorliegen."

Eine Abmeldung war in Eurem Fall NICHT erforderlich (siehe oben), zeigt aber eines deutlich: Es wurde hier schon Eure Gutgläubigkeit mißbraucht u. wird auch so weitergehen, wenn Ihr nicht ganz konsequent die obigen "Spielregeln" einhaltet.

"Aber der wiederholte verbale Druck mehr oder weniger geschickt rhetorisch von der Lehrerin und sogar unbeteiligten mitanwesenden Berufskolleginnen verpackt("...als einziger in der Klasse", "Wir möchte ihn doch nicht aus der Klassengemeinschaft ausschließen", "Besprechen in dieser Unterrichtsstunde dort auch viele andere Themen, die er dann ja leider verpassen würde", "Sie nehmen ihn eine Chance", "extra deswegen organisatorischen Aufwand", "...sehr schade!" etc.) den Jungen trotzdem in den Religionsunterricht zu schicken, ist nach wie vor da."

Das kennen wir zur Genüge u. ich kann Euch nur raten, Euch umgehend über Gegenargumente zu informieren. Sehr wichtig in diesem Zusammenhang sind die ersten 7 Grundgesetzartikel UND Artikel 140 GG, welcher die Artikel 136-139 u. 141 der Weimarer Verfassung mit einschließen. Seid Euch immer im Klaren darüber, daß die persönliche Weltanschauung, egal welcher Art, NICHT zur demokratischen Disposition steht und KEIN Mehrheitsbeschluß Euch zwingen kann, religiösen Unterricht zu dulden, erst recht nicht in NICHTreligiösen Fächern. Hier hat der Staat/das Land eindeutig die PFLICHT, eine strenge Trennung einzuhalten. Auch der Artikel 7, Abs.3 GG ist NUR für den Staat verpflichtend, einen rel. Unterricht einzurichten, jedoch nicht für Schüler, an diesem teilzunehmen.

Leider ist grundgesetzwidriges Verhalten kein Offizialdelikt, bei dem die Staatsanwaltschaft automatisch als Ankläger auftritt. Wenn Ihr also juristisch etwas durchsetzen wollt, so solltet Ihr Euch da erst bei entsprechenden Verbänden informieren, da die Länder entsprechende Klagen vor Verwaltungsgerichten bis zum letzten ausreizen u. sich dies über viele Jahre hinziehen kann. Wenn Ihr Pech habt entfällt der Klagegrund, weil Euer Kind nicht mehr schulpflichtig ist.

"Nach mehrmaligen "Nein" unsererseits bei Gesprächen heißt es nun sogar, inoffiziell würde fast gar kein Religion unterrichtet - obwohl es auf dem Zeugnis stehen würde! Ich solle der Klassenlehrerin vertrauen, sie würde es mir rechtzeitig vorher ankündigen und meinen Jungen aus dem Unterricht schicken, falls doch mal ein religiöses Thema in dieser Religionsstunde aufgegriffen wird."

Muß von Euch kategorisch abgelehent werden (siehe oben). Es ist nicht Euer Problem wg. des Lehrermangels einen solchen Mischmasch zu dulden. Allerding, wenn sich die Schulleitung u. die Schulbehörde stur stellt, von Euch kaum juristisch durchzusetzen. Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, ist, den entsprechenden Personen u. Behörden die Verletzung des Grundgesetzes vorzuwerfen (also nicht "unseres Erachtens" od. "nach unserer Meinung") u. darauf hoffen, daß Ihr wg. beleidigende Aussagen verklagt werdet, denn dann kann m.E. der Klagegrund nur entfallen, wenn der Kläger aufgibt.

"Sogar die letzte Zeugnisausgabe fand ohne vorherige Mitteilung in der Kirche statt und nach Aussage meines Sohnes (dem ja nichts anderes übrigblieb als mitzumachen) wurde dort sogar vorm Altar sitzend Lieder gesungen mit abschließender Zeugnisausgabe."

Das ist ja noch schlimmer als dies bei uns der Fall war. Als ich das gestern Abend las, packte mich die blanke Wut über so viel Ignoranz, mehr kann ich dazu nicht sagen.

Vielleich solltet Ihr mal bei der Schulbehörde in der Kreisstadt vorsprechen u. ausloten, wie diese die Sache sieht. Allerdings, wenn von dort kein eindeutiges "das darf nicht sein" kommt, sondern nur rumgedruckst wird nach dem Motto "Verständnis für christliche Tradition u. Kultur", dann könnt Ihr von dort auch keine Hilfe erwarten.

Eine andere Möglichkeit wäre vielleicht, wenn Ihr Euch direkt an die Landeskirche wendet, denn wenn ich das richtig interpretiere, lebt ihr in einer überwiegend evangelischer Bevölkerung. Wenn Ihr dann noch dazu bereit wärt, Euch an die öffentlichen Medien zu wenden, so könnte (muß aber nicht!) dies eine weitere Alternative sein.

"Schicken wir ihn hin, hat die Schule endlich ihren Willen (wir als Eltern haben ihn übrigens selbst nach seinem Wunsch befragt - er selbst will gar nicht am Unterricht teilnehmen!) und wir handeln entgegen unserer Überzeugung."

Auch wenn Ihr Euer Kind mit einbezieht, entscheiden müßt Ihr, und Ihr solltet Euch gut überlegen, was gut für Euer Kind u. Euch ist. Es mag hart für Euch sein, aber auf dem Land ist man in dieser Beziehung tatsächlich noch näher dem Mittelalter als dem 21-sten Jahrhundert. Ich hoffe, ich konnte Euch einen Ausblick auf Eure Zukunft geben um somit Eure Entscheidung zu erleichtern. Auf jeden Fall solltet Ihr die Hoffnung aufgeben, daß Ihr das auf der dörflichen Ebene durch Kompromisse regeln könnt. Sie werden sich IMMER WIEDER über Euren Willen hinwegsetzen, das ist zumindest unsere Erfahrung u. bei uns ging es nicht mit einem solchen Hammer los wie bei Euch.

Mich würde es freuen, wenn wir nöch öfter von Dir hören würden u. wenn Ihr noch Fragen habt, die Ihr hier nicht zur Diskussion stellen wollt, so kannst Du mir ja mailen.

Viel Glück für Euch
Kurt


Von Kurt am Samstag, den 30. August, 2003 - 19:43:

Hier noch einige Links auf Beiträge in diesem Forum:

http://www.humanist.de/discus/messages/1/18.html?Donnerstagden6Februar20031924
ab Freitag, den 27. Juli, 2001 - 19:50:

http://www.humanist.de/discus/religion/fruechte-1.html
http://www.humanist.de/discus/messages/1/43.html?Sonntagden2April20000334
http://www.humanist.de/discus/messages/1/105.html?Montagden27Mai20022334

V.G.
Kurt


Von Herbert Ferstl am Samstag, den 30. August, 2003 - 21:10:

Hallo Anke,

Dein Fall ist tragisch und ich kann Dir - leider aus Erfahrung - nur wenig Hoffnung machen, dass hier noch eine guetliche Einigung im Sinne euerer Konfessionslosigkeit moeglich ist. Die GLAEUBIGEN unter den Lehrkraeften (aber auch die Elternmehrheit und die ortsansaessige Kirche) werden alles Moegliche tun - entweder mit "Engelszungen" ("...im RU wird ja gar nichts Religioeses unterrichtet...") bis hin zur direkten Konfrontation, die sich ebenso in physischer Gewalt manifestieren koennte - um euch zu drangsalieren, umzustimmen, kleinzukriegen oder um letztlich eueren Willen zu brechen, was auch mit einem Umzug enden koennte.

Den Grossteil hat Dir Kurt ausfuehrlich und m.E. korrekt erklaert. Religionsunterricht (RU) darf nicht zwingende Pflicht sein. Die Alternative ist Ethikunterricht (EU). Der ist im Gegensatz zum RU als Unterrichtsfach nicht zwingend vorgeschrieben. Wird er dennoch angeboten, unterrichten hier (in Bayern) oftmals Religionslehrer mangels ausgebildeter Ethik-Lehrkraefte. Findet mangels Nachfage (zu wenige konfessionslose oder andersglaeugige Schueler) kein EU statt, hat das Kind eine Freistunde. Aber Achtung: Diese Freistunde wird nicht selten genutzt, die Kinder dennoch in den RU zu setzen ("...er muss ja nicht aufpassen oder mitmachen..."), weil angeblich in keiner Parallelklasse ein geeigneter Platz frei ist. Das Problem mit der Ausfsichtspflicht kann ansonsten nur befriedigend geloest werden, wenn man das Kind waehrend dieser Freistunde abholt. Doch das nur nebenbei...

Ich denke, in erster Linie koennte euch ein kompetenter Rechtsbeistand behilflich sein.

Leider weiss ich nicht, in welchem Bundesland Du wohnst. Wenn Du moechtest, kannst Du Dich auch an mich direkt wenden (eMail: Herbert.Ferstl@t-online.de). Fuer den Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) bin ich als Landessprecher Bayern und ebenso im Humanistischen Verband Deutschland taetig (HVD). Sehr kompetente und zu empfehlende Ansprechpartner gibt es im Bund fuer Geistesfreiheit (z.B. in Augsburg Vorsitzender: Oberstudienrat G. Rampp oder der fachkompetene Jurist Dr. Gerhard Czermak).

Gruesse
Herbert Ferstl


Von Herbert Ferstl am Sonntag, den 31. August, 2003 - 22:12:

Interessant und lesenswert ist das
"HANDBUCH FUER KONFESSIONSLOSE LEHRER, ELTERN UND SCHUELER - Das Beispiel Bayern", aus dem IBDK-Verlag. Es kostet etwa € 6,00.

Leider ist das Buch offiziell vergriffen und nur ueber vorgenannte Verbaende koennten Restposten zu erhalten sein.


Von MatthiasW am Samstag, den 13. September, 2003 - 19:49:

Das muss wirklich im tiefsten Bayern auf dem Dorf sein. Wo in Deutschland gibt es heute noch Schulen ohne nichtchristliche, meist islamische Kinder. Spätestens wenn mehrere davon in einer Schule sind, ist die Sache offensichtlich, rechtlich eindeutig ist sie ja auch bei nicht einer Konfession angehörigen Kindern.

Bei uns sind Religionsstunden grundsätzlich Randstunden, und es finden keine offiziellen Schulveranstaltungen in der Kirche statt, wohl aber Veranstaltungen in der Kirche mit Unterstützung der Schule, aber ich hoffe ihr versteht den Unterschied. Ja, vor der Einschulung findet ein Gottesdienst statt, aber von da aus geht es in die Turnhalle der Schule, wo dann eine vom Gottesdienst unabhängige Eingangsfeier stattfindet, mit genauem Termin natürlich.
Das ist im übrigen nicht erst seit gestern so, sondern schon Jahrzehnte.


Von Herbert Ferstl am Sonntag, den 14. September, 2003 - 00:05:

Hallo Matthias W.,

Das muss wirklich im tiefsten Bayern auf dem Dorf sein.

Keinesfalls. Wir wohnen z.B. genau 16 Kilometer entfernt von der Stadtmitte Nurnbergs und grenzen direkt mit dem Landkreis an das Gebiet dieser Stadt. Ohne morgendliche Schulgebete - natuerlich waehrend des Schulunterrichts - geht da gar nichts. Von Bekehrungsversuchen mancher Lehrkraefte bis hin zur Diskriminierung von Grundschuelern, weil sie nicht GLAUBEN wollen, respektive nicht den Religionsunterricht (RU) besuchen, spielen diese GLAEUBIGEN Paedagogen auf der Klaviatur der christlichen Intoleranz.

Wo in Deutschland gibt es heute noch Schulen ohne nichtchristliche, meist islamische Kinder.

Bei uns!

Spätestens wenn mehrere davon in einer Schule sind, ist die Sache offensichtlich,

Auch nicht unbedingt.
Bei uns faellt z.B. mangels Nachfrage, weil eben nur sehr wenige Kinder ohne Konfession oder andersglaeubig sind, der Ethik-Unterricht (EU) ganz aus. Problem Aufsichtspflicht: Wegen einer moeglichen Freistunde werden die Kinder dennoch teilweise den RU gesteckt - ausser ein Elternteil holt es fuer diesen Zeitraum ab oder es bieten sich alternative Klassenraeume an. Koennte man einfach loesen (wenn man wirklich will), indem man den RU auf die erste oder letzte Stunde am Tag verlegt. Teilweise ist die Gestaltung des Stundenplans so katastrophal, dass Kinder die den EU besuchen extra deswegen am Nachmittag nochmal zur Schule muessen.

rechtlich eindeutig ist sie ja auch bei nicht einer Konfession angehörigen Kindern.

Warum muessen sich z.B. CHRISTLICH konfessionierte Kinder vom RU abmelden, um den EU besuchen zu duerfen und MOSLEMISCH konfessionierte Kinder muessen dieses Prozedere nicht machen?

Bei uns sind Religionsstunden grundsätzlich Randstunden,...

Ich will den RU nicht als frontalen Missionierungsunterricht darstellen, doch sind die Mehrzahl der abgehaltenen RU-Stunden - zumindest bei uns - absolut keine Randstunden.

und es finden keine offiziellen Schulveranstaltungen in der Kirche statt, wohl
aber Veranstaltungen in der Kirche mit Unterstützung der Schule...


Welche Veranstaltungen sind dies?

aber ich hoffe ihr versteht den Unterschied.

Natuerlich. Doch der Sinn und Zweck bleibt sich fast gleich.

Ja, vor der Einschulung findet ein Gottesdienst statt, aber von da aus geht es in die Turnhalle der Schule,...

...am besten gemeinsam zur Kirche laufen und ebenso gemeinsam wieder zur Schule zurueck?
Es ist zudem nicht die Aufgabe von staatlichen paedagogischen Einrichtungen, Fahrmoeglichkeiten mit Bussen zum Schulanfangsgottesdienst zu organisieren, deren Kosten im Rahmen der Abrechnung mit dem (Schul-)Busunternehmer auch noch vom Steuerzahler bezahlt werden. Dies waere eindeutig eine Angelegenheit der Religionsgemeinschaften.

Durch diesen gemeinsam zelebrierten Schulanfangsgottesdienst, der in den Elterninformationen eben meist als der Schulstart gekennzeichnet wird, findet bereits erste Ausgrenzung oder "Negation" statt, respektive Zusammengehoerigkeitsgefuehl (bayerisch: "mir san mir") auf der "anderen Seite" (spaeter versucht man dann krampfhaft z.B. auf dem Wege der Oekumene die einst eingetrichterte GLAUBENSideologie denen der anderen anzupassen und spricht in diesem Zusammenhang oft von Toleranz der GLAEUBIGEN und Verstaendnis der Kulturen...)
Warum wird nicht der offizielle staatliche Schulanfang zeitlich so gelegt, dass jeder fuer sich die Moeglichkeit hat, vorher einen Gottesdienst zu besuchen?

wo dann eine vom Gottesdienst unabhängige Eingangsfeier stattfindet, mit genauem Termin natürlich.

Genaue Termine (siehe NEWS) hat es bei uns fuer den Schulstart noch nie gegeben - nur fuer den Schulanfangsgottesdienst. Das ist seit Jahrzehnten so!

Das ist im übrigen nicht erst seit gestern so, sondern schon Jahrzehnte.

In welchem Bundesland lebst Du?


Von MatthiasW am Sonntag, den 14. September, 2003 - 16:49:

Bundesland Hessen.
Ein Ortsteil von ca 7000 Einwohnern, eine Grundschule.
Die kirchlich gebundenen teilen sich ca 2/3 evangelisch und 1/3 katholisch auf.
Die Schule ist ca. 1km von der evangelischen Kirche entfernt, in der der ökumenische Schuleingangsgottestdienst (für die Erstklässler) stattfindet. Es gibt keinen offiziellen gemeinsamen Gang von der Kirche zur Schule.

Zu den gemeinsamen Projekten: Die am Religionsunterricht teilnehmenden Kinder singen im Gottesdienst oder führen auch etwas auf.

Da es wie überall nicht genug Lehrer gibt, ist der auch der hessische Staat dankbar, wenn teilweise die örtlichen Pfarrer den Unterreicht übernehmen, weil diese zwar auch etwas kosten, aber auf jeden Fall billiger als Lehrer sind.
Im allgemeinen und aus eigener Schulerfahrung kann ich nur sagen, dass dies der Qualität allerdings auch schadet, Pfarrer haben einfach nicht die pädagogische Ausbildung eines Grundschullehrers.

Kurzum, ich sehe bei uns keine Probleme in der ansonsten im Thread bezeichneten Richtung.
Bayern ist wohl wirklich eine andere Welt.


Von Kurt am Donnerstag, den 25. September, 2003 - 03:05:

@ MatthiasW

"Kurzum, ich sehe bei uns keine Probleme in der ansonsten im Thread bezeichneten Richtung.
Bayern ist wohl wirklich eine andere Welt."

War es nicht in Hessen, wo vor einigen Monaten in einem ländlichen KiGa ein Kind ohne Wissen der Eltern zum Tischgebet "animiert" wurde?

Glaube ruhig an deine "heile Welt", auch wenn einiges dagegen spricht.

V.G.
Kurt


Von MatthiasW am Donnerstag, den 25. September, 2003 - 20:54:

Ich habe nie behauptet dass das in ganz Hessen so ist, auch würde ich nie behaupten, dass nicht einzelne Lehrer Kinder zum Tischgebet "animieren". Aber es ist ein Unterschied zwischen Einzelfällen und einer Bndland einheitlichen Wand in einer Richtung.


Von Kurt am Freitag, den 26. September, 2003 - 19:09:

@ MatthiasW.

"Kurzum, ich sehe bei uns keine Probleme in der ansonsten im Thread bezeichneten Richtung.
Bayern ist wohl wirklich eine andere Welt."

Da du eine Vermutung über die Zustände in Bayern geäußert hattest, nahm ich an, daß sich "...bei uns..." in deiner Aussage auf das ganze Land Hessen bezog.

Übrigens bin ich sowieso der Meinung, daß man bei der religiösen Liberalität eher von einem Stadt/Land-Gefälle, statt von einem Süd/Nord-Gefälle, ausgehen muß, was natürlich nicht verallgemeinert werden kann (siehe Herbert).

V.G.
Kurt


Von MatthiasW am Sonntag, den 30. November, 2003 - 18:37:

Ja, für das hinterste Dorf in hessisch Sibirien ( Bistum Fula) möchte ich nicht garantieren *lol*


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