Brief an Bundeskanzler Schröder wegen fremdenfeindlicher Bevorzugungen der Kirchen

Der Humanist: Religion: Brief an Bundeskanzler Schröder wegen fremdenfeindlicher Bevorzugungen der Kirchen
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Reiner Moysich am Sonntag, den 10. Dezember, 2000 - 16:18:

(Vorbemerkung:
1) Der nachstehende Brief wurde am 28.11.00 abgeschickt und in den folgenden Tagen auch an viele Politiker aller demokratischen Parteien.
2) Meine Broschüre "Mein Kampf für Religionsfreiheit", auf die ich im Brief mehrfach verweise, kann von mir unter meiner nach dem Brief genannten Adresse bezogen werden)


Betrifft: Fremdenfeindliche Bevorzugungen der christlichen Kirchen

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Gerhard Schröder!

Ich begrüße sehr die nationalen Demonstrationen gegen Fremdenfeindlichkeit.
Hierbei vermisse ich jedoch bisher schmerzlich Aktionen gegen Fremdenfeindlichkeit im Weltanschauungsbereich.
Andererseits freue ich mich aber sehr, dass Sie gerade zu diesem Thema im September die Auszeichnung "World Statesman" erhalten haben, zu der ich Ihnen noch nachträglich recht herzlich gratuliere.
Mit großem Interesse habe ich Ihre im Internet veröffentlichte Rede bei der Entgegennahme dieses Preises gelesen. Zusammen mit vielen Millionen Menschen in und außerhalb von Deutschland hoffe ich, dass Sie als "Welt-Staatsmann" den damit verbundenen hohen Erwartungen gerecht werden, national und international speziell im Weltanschauungsbereich für wesentlich mehr Gerechtigkeit zu sorgen.
Sie machen allen bisher weltanschaulich Benachteiligten große Hoffnungen, wenn Sie ausführen:
"Für mich ist es ein zentrales Anliegen, dass auch Deutschland ein offenes und attraktives Land für Menschen der unterschiedlichsten Völker und Religionen
aus allen Teilen der Welt ist und bleibt."
"Denn die Ko-Existenz verschiedener Kulturen, ethnischer Gruppen und Religionen bereichert uns alle."
Damit jenes "attraktive Land" und jene "Ko-Existenz" verwirklicht werden kann, sollten Sie Wort halten und Ihr "zentrales Anliegen" zur "Chefsache" machen.
Zunächst müsste nach meiner - und ich hoffe sehr, auch nach Ihrer - Überzeugung die für jene Ziele notwendige Voraussetzung der Religionsfreiheit erfüllt werden. Diese beinhaltet, dass die Freiheit im Weltanschauungsbereich da aufzuhören hat, wo die Freiheit des anderen anfängt (gemäß unserem Grundgesetz und den Menschenrechten). Dies schließt jede kleinste Bevorzugung oder Benachteiligung irgendeiner Weltanschauung aus. Obwohl dieses nationale und internationale Verbot allerorts bekannt ist, ist jedoch ebenso bekannt, dass es in Deutschland trotzdem sehr viele - und zusätzlich obendrein massive - "Privilegien" (also eben doch jene strikt verbotenen Bevorzugungen) der christlichen Kirchen gibt.
Soziologen betonen, dass es eine jederzeit mögliche eskalierende Gefahr für die Stabilität der Demokratie darstellt, wenn eine für jeden erkennbare Ungerechtigkeit herrscht. Ein demokratischer Staat kann aber nur funktionieren und überleben, wenn im Bewusstsein seiner Bürgerinnen und Bürger die Überzeugung verankert ist, dass es in diesem Staat gerecht zugeht!
Es kommt mir sehr scheinheilig vor, wenn der Staat nun so tut, als bekämpfe er grundsätzlich Fremdenfeindlichkeit.
Indem der Staat die Kirchen vielfältig massiv bevorzugt, benachteiligt er zwangsläufig die Anhänger aller anderen (ca. 4000) "fremden" Weltanschauungen und fördert somit die Fremdenfeindlichkeit!
Diese verbotenen Bevorzugungen enthält sogar "unsere"(?) Verfassung!
Das fängt schon gleich im Vorwort des Grundgesetzes an, wo ein "Gott" angerufenen wird. Nicht nur die Mitglieder "ungöttlicher" Religionen (wie z.B. Buddhismus) werden damit ausgegrenzt, sondern auch die der sehr vielen nichtreligiösen Weltanschauungen! (Näheres zum Gottesbegriff in meiner beigefügten Broschüre auf Seite 6f.)
Im Grundgesetz folgt bald darauf schon die nächste Diskriminierung, indem an staatlichen(!) Schulen paradoxerweise "Religionsunterricht" zur Pflicht gemacht wird! Diese Ungerechtigkeit kann aber nicht damit beseitigt werden, indem auch Muslims, Juden, Buddhisten usw. ihren eigenen Unterricht bekämen.
Erstens wären dann weiterhin die Mitglieder der vielen nichtreligiösen Weltanschauungen benachteiligt.
Zweitens würde dies den Klassenverband noch viel mehr als schon jetzt aufspalten bis hin zur Atomisierung (kein anderes Fach spaltet den Klassenverband allein aus ideologischen Gründen!).
Drittens kann und darf es nicht Aufgabe unseres laut Bundesverfassungsgericht (BVG) "weltanschauungsneutralen" Staates sein, Plattform zu bieten für den Bekenntnisunterricht irgendeiner Weltanschauung.
Einen (einzigen!) Ausweg aus der bedrohlichen Misere der unterschiedlichsten Weltanschauungen sehe ich in folgenden Überlegungen und Vorschlägen, welche allseits akzeptiert werden könnten und sollten, wenn man auf dieser Erde in Frieden miteinander leben will.
Absolut formulierte religiöse Aussagen sind - religionswissenschaftlich betrachtet - nur bloße Behauptungen, da sie weder bewiesen noch widerlegt werden können. Dies hat logische und mitmenschliche Konsequenzen: "Religiöse Wahrheiten" beruhen nur auf subjektiver(!) Überzeugung, dürfen also nicht mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit verbunden werden. Diese grundlegende Tatsache müsste in den öffentlichen Schulen aller Länder vorrangig verbreitet und spezieller - spaltender(!) - Religionsunterricht überall verboten werden. Es sollte als eine Selbstverständlichkeit gelten, dass es absurd und inhuman ist, von anderen zu erwarten, dass sie den eigenen Glauben übernehmen oder sogar groteskerweise von der jeweiligen Regierung zu verlangen, bevorzugt zu werden.
Dann wäre gegenseitige Toleranz als Voraussetzung für den Weltfrieden viel eher möglich!

Bitte setzen Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sich als "Welt-Staatsmann" auch bei Ihren internationalen Kontakten massiv für diese Voraussetzung eines Weltfriedens ein!

Um dem Auftrag der Schule gerecht zu werden, das Miteinander - auch unterschiedlicher Anschauungen - zu fördern, bleibt also nur eine Möglichkeit,
dem Grundsatz der Gleichbehandlung nachzukommen: indem keiner Religions-gemeinschaft erlaubt wird, einen Bekenntnisunterricht an staatlichen Schulen durchzuführen.
Staatliche Schulen sind nur dann pflichtgemäß weltanschauungsneutral und sozialintegrierend, wenn sie einen alle Weltanschauungen verbindenden Unterricht anbieten.
In Brandenburg gibt es schon einen recht guten so genannten "LER"-Unterricht (Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde). Ich schlage vor, den Begriff "Religionskunde" durch "Weltanschauungskunde" zu ersetzen, weil sonst (mal wieder) die nichtreligiösen Weltanschauungen benachteiligt sind. Und dieser "LEW"-Unterricht sollte in allen öffentlichen Schulen Deutschlands zur Pflicht gemacht werden (werbewirksamer wäre dann wohl "WEL", da hiermit an "well" = gut gedacht werden könnte). In diesem Unterricht sollten die SchülerInnen z.B. auch objektive(!) Informationen über die verschiedenen religiösen wie nichtreligiösen Weltanschauungen erhalten, über deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Dann könnten sie sich bei den sie näher interessierenden Richtungen selbst (und zwar nun besser vorbereitet) intensiv vertraut machen. Nur so könnte allen gleichermaßen Recht geschehen und zusätzlich enorm friedenstiftend vorgegangen werden.
Bekenntnisunterricht außerhalb staatlicher Schulen (egal welcher Weltanschauung) muss natürlich jeweils in eigener Regie durchgeführt werden.
Der Staat könnte dann - aber auch nur dann - solch einen außerschulischen Unterricht finanziell fördern, wenn die Unterrichtsinhalte verfassungs- und menschenrechtskonform sind - was z.B. Richtungen mit Absolutheitsanspruch (z.B. katholische Kirche) sicher nicht sind.
Außerdem müßten sich die Veranstalter nach innen und außen demokratisch und menschenrechtskonform verhalten.
Nebenbei: Es gibt im Schulbereich eine weitere massive Bevorzugung, die der christlichen Lehrkräfte. Während jenen schon immer zugebilligt wurde, als Symbol für ihren Glauben ein deutlich sichtbares Kreuz zu tragen, wird dies von christlich dominierten Kultusministerien aber Andersgläubigen gleichermaßen verboten ("Kopftuchverbot" sicherlich ist auch dies - ebenso wie alle anderen Bevorzugungen, siehe "Kruzifixurteil" - verfassungswidrig). Hier stimme ich dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Teufel sehr zu, wenn er betont, dass es nicht darauf ankommt, was jemand auf, sondern in dem Kopf hat.
Diese zwei Beispiele von krassen Bevorzugungen bzw. Benachteiligungen schüren deutlich Fremdenfeindlichkeit ausgerechnet in der Schule, die doch eigentlich dafür da ist, das Miteinander in unserer multikulturellen (faktisch schon seit langem nicht mehr christlichen) Gesellschaft zu fördern!

Aber auch das ebenfalls im Grundgesetz verankerte Recht, dass der Staat für die Kirchen deren Mitgliedsbeiträge einzieht ("Kirchensteuer") stellt eine Fremdenfeindlichkeit dar, die sehr deutlich den schweren Nachteil all dieser Bevorzugungen vor Augen führt, da sie zwangsweise mit großen Benachteiligungen anderer verbunden ist. Diese Bevorzugung benachteiligt nicht nur, indem alle anderen religiösen und nichtreligiösen Weltanschauungen sich selbst mühsam um das Einziehen der Mitgliedsbeiträge kümmern müssen. Viel schlimmer ist, dass jene nichtchristlichen Mitmenschen ausgerechnet (und zwar nur) bei Arbeitslosigkeit Kirchensteuer zahlen müssen! Diese Regelung hat das BVG 1994 für rechtens erklärt, da nach dem Arbeitsförderungsgesetz alle Arbeitslosen sämtliche Abgaben zahlen müssen, welche von einer "deutlichen Mehrheit" der Arbeitnehmer abgeführt werden. Und da - vorerst jedenfalls - leider noch die meisten Arbeitnehmer Kirchensteuer zahlen, müssen auch alle Arbeitslose Kirchensteuer entrichten - egal, ob sie Kirchenmitglieder sind oder nicht! Gerechtigkeitshalber muss noch ergänzt werden, dass diese Art der Kirchensteuer nicht die Kirchen, sondern der Staat erhält (der genaue Wortlaut des Urteils befindet sich in meiner Broschüre auf Seite 54f.).
Da dieses Urteil schon oft von Kirchenvertretern und Juristen falsch wiedergegeben wurde, möchte ich folgendes betonen: Wer das Urteil sorgfältig liest, findet leicht heraus, dass überhaupt nicht die Verfassungsrichtigkeit der Kirchensteuer geprüft wurde, sondern einzig und allein des Arbeitsförderungsgesetzes! Das BVG hat mir bestätigt, dass es bisher noch nicht darüber entschieden hat, ob die Kirchensteuer verfassungswidrig ist oder nicht! (Über meinen laufenden Prozess gegen die Kirchensteuer berichte ich ausführlich in meiner Broschüre ab Seite 14 ff.)
Man könnte argwöhnen, dass der Staat von diesem seltsamen wie höchst ungerechten "Profit" her gar nicht die Kirchensteuer abschaffen möchte.
Aber finanziell gesehen hätte der Staat sehr viele Milliarden(!) mehr übrig (speziell für den sozialen Bereich), wenn er sämtliche dieser ungerechten Bevorzugungen der Kirchen abschaffen würde! Hierzu gehören u.a. über die sog. "Staatsleistungen" die staatliche Bezahlung - unter finanzieller Mitbeteiligung der Konfessionsfreien! - z.B.
der Militärseelsorge,
der Theologenausbildung samt den Gebäuden,
der kirchlichen sozialen Einrichtungen samt Personal (bei 100%em "Sagen" der kirchlichen Leiter und ohne die überall sonst garantierten Arbeitnehmerrechte!),
des "Religionsunterrichts" in staatlichen Schulen,
der Kirchenbauten samt Renovierungskosten
- und eben des Einziehens der Mitgliedsbeiträge in Form der Kirchensteuer.
Dass die Kirchensteuer sogar asozial ist, beweist folgendes: während jeder reiche Arbeitnehmer noch reicher wird, wenn er aus der Kirche austritt, muss jeder konfessionsfreie Arbeitslose von seinem wenigen Arbeitslosengeld bzw. der noch geringeren Arbeitslosenhilfe auch noch Kirchensteuer zahlen! Die über 1 Million von konfessionsfreien Arbeitslosen hätten sofort jeden Monat mehr Geld zur Verfügung, wenn die Kirchensteuer weg fiele und die Kirchen ihre Mitgliedsbeiträge selbst einzögen - so wie es weltweit bei jeder anderen Vereinigung selbstverständlich ist!
Wegen der unübersehbaren Ungerechtigkeit der Kirchensteuer sind auch etliche Vertreter der Kirchen und der Parteien für die Abschaffung der Kirchensteuer (in meiner Broschüre auf Seite 26f.). Ein Beispiel:
Nach den Worten des früheren Bundesfinanzministers Hans Apel (SPD) hat das jetzige Kirchensteuersystem zu einer "menschenfernen Bürokratie" in der Kirche geführt. Dass die "Kirche runter von ihrem Ross hin zu den Bürgern" komme, werde nur durch eine Reform der Finanzen möglich. Der in Rostock lehrende Wirtschaftsprofessor sprach sich dafür aus, dass die Pastoren wie in den USA direkt von den Gemeinden finanziert werden. Die jetzige zentrale Finanzierung habe zu "Selbstgerechtigkeit und Selbstherrlichkeit, insbesondere aber zur Politisierung der kirchlichen Gremien" geführt, da man "vom Unmut austretender Kirchensteuerzahler nicht unmittelbar getroffen und damit abgestraft wird". So wirke der Kirchensteuereinzug "wie ein schleichendes Gift". Um Änderungen zu erreichen, müßten die Kritiker eine "härtere Gangart" einlegen: "Mit freundlichem Zureden kann man das Machtkartell Kirche nicht aufbrechen."
Der Staat kann die Kirchensteuer und sämtliche weitere fremdenfeindliche Bevorzugungen der Kirchen von sich aus abschaffen, aufgrund des klaren Verstoßes gegen mehrere andere Grundgesetzartikel (in meiner Broschüre Seite 41ff. ausführlich dargestellt anhand eines Artikels von Markus Kleine: Verfassungsartikel sind dann verfassungswidrig, wenn sie in einem "unauflösbaren Widerspruch" zu anderen, wesentlicheren Grundrechten stehen, aber auch zu den Menschenrechten, die - in deutlichem Gegensatz zum Grundgesetz - nicht durch eine Hintertür irgendwelche Bevorzugungen im Weltanschauungsbereich zulassen!).
Aber selbst die Kirchen können und sollten von sich aus sämtliche dieser ungerechten Bevorzugungen umgehend abschaffen. Sonst wären sie weiterhin völlig unglaubwürdig, da sie dann weiterhin massiv ihrer eigenen "Hauptregel" der Nächstenliebe widersprächen: "Was du nicht willst, was man dir antut (hier: benachteiligt zu werden), das füg' auch keinem anderen zu!"
Sie bräuchten mal nur ihre Grundgesetz-Bevorzugungen aus der Sicht einer anderen - gleichberechtigten(!) - Religion umzuformulieren. Dann stünde dort z.B. "Buddha" statt "Gott" und "Buddhistische Religionssteuer" statt "Kirchensteuer". Sicher würden dann sehr viele Christen sich noch viel stärker gegen solch eine Bevorzugung einer anderen Weltanschauung zur Wehr setzen, als ich es jetzt tue; zumal, wenn sie noch zusätzlich bei Arbeitslosigkeit solch eine abstruse Steuer abführen müßten!! (Dieses ganze Gedankenspiel würden natürlich Buddhisten nicht verwirklicht haben wollen, da ihre Religion solche Ungerechtigkeiten nicht zuließe.)
Der Inhalt dieser "Hauptregel" stammt übrigens von Konfuzius, wurde 500 Jahre später von Jesus in Form der "Nächstenliebe" bekräftigt und hat sich mittlerweile als "Goldene Regel" in allen kultivierten Staaten etabliert.
Wiederholt hat die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts - Frau Professor Jutta Limbach - darauf hingewiesen, dass die Goldene Regel die Grundlage der Menschenrechte ist, ohne die kein gedeihliches Miteinander auf dieser Erde möglich ist.
Auf dieser "Grundlage" fußen zwar vollständig die Menschenrechte, bisher aber nur zum Teil das deutsche Grundgesetz. Mehrfach wird dort die "Goldene Regel" sogar eher mit Füßen getreten, indem die christliche Religion massiv bevorzugt wird!
Wenn Deutschland zu den "kultivierten Staaten" zählen will, müssen endlich die fremdenfeindlichen Bevorzugungen der Kirchen schnellstens aus dem Grundgesetz und sämtlichen anderen Gesetzen und Verordnungen entfernt werden!
Jede dieser Diskriminierungen grenzt Andersdenkende schroff ab, zieht tiefe Gräben, hohe Mauern und schafft ein Lagerdenken. Ein friedliches Miteinander wird unmöglich gemacht!

Beenden Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, die staatliche Willkür im Weltanschauungsbereich! Der deutsche Staat sollte endlich ein gerechter, kirchenunabhängiger Staat werden - und nicht mehr ein Handlanger der Kirchen sein!
Der Staat und die Kirchen sollten ein deutliches Zeichen für Fremdenfreundlichkeit setzen, indem sie nicht nur umgehend alle Bevorzugungen im Weltanschauungsbereich abschaffen, sondern wenigstens versuchen, das große Unrecht an allen Nicht-Christen wieder auszugleichen (z.B. durch Rückzahlungen aller zwangsweise eingezogener Kirchensteuergelder von konfessionsfreien Arbeitslosen - so wie es z.Zt. ja auch bei früheren jüdischen Zwangsarbeitern geschieht!).
Ich bitte Sie daher, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, als ein "zentrales Anliegen" die notwendigen Grundgesetzänderungen mit aller Macht anzustreben. Ich glaube, mit den von mir angebotenen Argumenten können Sie nicht nur Nicht-Christen, sondern auch sehr viele Christen für mehr Mitmenschlichkeit im Weltanschauungsbereich gewinnen. Daher dürfte es wohl nicht sehr schwer sein, die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit im Bundestag zu bekommen, trotz sicher etlicher unverbesserlicher egoistischen Christen, die weiterhin auf Bevorzugungen bestehen werden (evtl. käme auch ein Antrag in Karlsruhe oder Straßburg auf Verbot jener fremdenfeindlichen Bevorzugungen im Grundgesetz in Frage?).
Schließlich: Im Focus (Nr. 38/2000) wurde berichtet, dass die "Zeugen Jehovas" beim Bundesverfassungsgericht kirchenähnliche Privilegien erreichen wollen. Die (inzwischen stattgefundene) "mündliche Verhandlung soll eine öffentliche Debatte auslösen, wie weit der Staat religiöse Gruppen überhaupt beurteilen darf. Am Ende könnte - nach amerikanischem Vorbild - eine schärfere Trennung zwischen Staat und Religion stehen, hoffen Verfassungsrichter."
Meine Broschüre mit dem Schreiben an Sie gehört zu meinem Beitrag für diese gewünschte "öffentliche Debatte". Möge sie dazu beitragen, dass recht bald eine wirklich strikte "Trennung zwischen Staat und Religion" erreicht wird und somit sämtliche schädigenden Bevorzugungen der Kirchen wegfallen - zum sehr großen Nutzen aller Menschen, egal welcher Weltanschauung!

Seien auch Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, nicht tolerant gegenüber Intoleranz! Sorgen Sie als Bundeskanzler dafür, dass Deutschland wirklich - wie vom BVG gefordert - allen seiner Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen eine "Heimstatt" wird.

Damit sich recht viele Menschen in Deutschland an jener öffentlichen Debatte beteiligen, schicke ich eine Kopie dieses Schreibens zusammen mit der Broschüre auch an die Mitglieder Ihres Kabinetts und etliche andere Politiker aller demokratischen Parteien. Außerdem erhalten den Brief und die Broschüre auch diverse Medien.

Ich bitte um Nachricht, was Sie von meiner Aktion halten, wieweit Sie ihr zustimmen, welche Schwierigkeiten Sie sehen bzw. welche Argumente evtl. gegen mein Anliegen sprechen.

Mit recht freundlichen Grüßen

(Reiner Moysich)

Für die Teilnehmer dieses Meinungsforums:
Wer sich für meine Broschüre "Mein Kampf für Religionsfreiheit" interessiert, kann sie für 20 DM bei mir bestellen; einschließlich Versandkosten; gegen Vorauskasse per Scheck oder bar.

Inhalt der Broschüre:

"Mein Kampf für Religionsfreiheit"
- Konstruktive Religionskritik -

* Warum ich diese Broschüre geschrieben habe
(Seite 1-5)

* Offener Brief an Kardinal Ratzinger (Seite 5-13)
(Eine Antwort auf die vatikanische Erklärung
"Dominus Jesus" und das Buch "Gott und die Welt"
- Interview von Peter Seewald mit Kardinal Ratzinger)

Möchten Sie bei Arbeitslosigkeit
eine "Buddhistische Religionssteuer" o.ä. zahlen?
Nein? Ich auch nicht als humanistischer Agnostiker
eine "Kirchensteuer"! Über meinen laufenden
* Prozess gegen die Kirchensteuer (Seite 14-55)
(Warum die Kirchensteuer - zusammen mit allen
anderen Bevorzugungen der christlichen Kirchen -
asozial, verfassungs- und menschenrechtswidrig ist)

* Sinnvoll und zufrieden leben - ohne Religion
(Seite 56-59)

* Zu meiner Person (Seite 60)

Adresse:
Reiner Moysich
(Diplom-Psychologe)
Wehlauer Str. 34
76139 Karlsruhe
Tel.: 0721-687434
E-Mail: ReinerMoysich@web.de


Von Ute am Sonntag, den 10. Dezember, 2000 - 22:40:

Sehr schöner Brief!

Ich wette, die Reaktion darauf wird bombastisch sein:

NICHTS, wie meist.

Trotzdem sind derartige Aktionen ernorm wichtig.


Von sire am Dienstag, den 13. März, 2001 - 21:08:

An sich übertriebene Aussagen wie "Ein friedliches Miteinander wird unmöglich gemacht!" schaden leider dem seriösen Eindruck des Textes. Ein friedliches Miteinander kann selbstverständlich auch unter der gegebenen Bedingungen stattfinden; wie man sieht, ist der Unfrieden glücklicherweise immer noch eine Ausnahmeerscheinung.

Die Einbindung des Themenbereichs "Fremdenfeindlichkeit" ist sachlich ebenfalls nicht wirklich korrekt, hier scheint mir eher auf einen populistischen Zug aufgesprungen zu werden. Komischerweise wird wohl irgendwie davon ausgegangen, daß Fremde per se eine stärkere Benachteiligung durch die staatliche Ungleichbehandlung der weltanschaulichen Vereinigungen erleiden als Deutsche. Zwar ist es fakt, daß sehr viele Fremde einer anderen als christlichen Glaubensgemeinschaft angehören, doch ist die Kategorisierung In-/Ausländer für das behandelte Thema irrelevant, tatsächlich geht es ja um Christen/Nichtchristen.

Die Anzahl "4000" als runde Schätzung der Menge vorhandener Weltanschauungen finde ich auch etwas albern. Damit soll natürlich das Christentum den Eindruck einer winzigen Minderheit vermitteln, was die Frage suggeriert: Warum ausgerechnet das Christentum zur "Staatsreligion" machen, wenn es noch 3999 andere Weltanschauungen gibt? Ehrlicher und stimmiger wäre es, von sovielen Weltanschauungen zu sprechen, wie es Menschen gibt.

Die Zusatzeinnahmen, die durch eine Abschaffung der Kirchensteuer für den Staat angeblich entstünden, sollte man zudem nicht zu oberflächlich feiern. Werden der Kirche Mittel entzogen, so kann diese schließlich selbst in den das Allgemeinwohl fördernden und den Schwachen helfenden Aktivitäten nicht mehr den gleichen Umfang an Dienst bieten. In diesen Bereichen müßte der Staat kompensieren. Gerechterweise müßte das auf eine Umlagerung der Einnahmen, die bislang nur von Kirchenmitgliedern via Kirchensteuer bezogen werden, auf die Schultern aller Steuerzahler hinauslaufen, was effektiv eine Zusatzbelastung der bisherigen Nichtkirchenmitglieder bedeutete.

Man darf es nicht leugnen: Die Kirche kommt gegenwärtig verschiedenen wichtigen gesellschaftlichen Aufträgen nach, was auch Nichtmitgliedern zugute kommt. Ihre Probleme - Filz, Überbürokratie, Machtmißbrauch - sind Dinge, die es nicht nur in der Kirche gibt, sondern die in viel besorgniserregenderem Maße Politik, öffentliche Verwaltung und auch die Medien durchwirken, das sollte man auch nicht vergessen. Ein Ansatz, der diesen Fehlentwicklungen gesamtheitlich das Wasser abgräbt (z.B. ein neues Pressegesetz, gemeinsam mit erweiterten Transparenzverpflichtungen für Entscheidungsträger), wäre meiner Meinung mindestens zusätzlich zu den ausgeführten Vorschlägen sehr wichtig.


Von Heike am Donnerstag, den 15. März, 2001 - 07:44:

Was die Kirchensteuer und die gesellschaftlichen Aufgaben angeht, hört es sich so an, als ob du von einer Werbeseite der Kirchen abtgeschrieben hättest ;-). Selber nachprüfen, wie es sich damit verhält, wäre besser gewesen.

Die Kirchen geben nur ca. 10 % der Kirchensteuermittel für allgemeine soziale Zwecke aus. Wesentlich mehr kassieren sie durch Konkordate und Staatszuschüsse. Dazu kommt noch, dass der Staat durch die volle Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer enorme Summen an Steuereinnahmen einbüßt - neben etlich anderen Steuer- und Gebührenbefreiungen, die den Kirchen gewährt werden.

Fazit: Würde die Kirche ganz aus dem Sozialwesen austeigen, dafür aber entsprechend auf sämtliche Zuschüsse und Vergünstigungen seitens des STaates verzichten, würde der Staat sich finanziell nicht schlechter sondern besser stehen.

Jeder Kirchenaustritt spart dem Staat Geld. Dies ist übrigens auch auf einer Website der Regierungspartei Die Grünen in NRW nachzulesen (www.staat-und-kirche.de)


Von sire am Samstag, den 19. Mai, 2001 - 21:54:

Heike, da Du Dich mit dem Thema näher beschäftigt zu haben scheinst, kannst Du mir vielleicht die Frage beantworten, wofür die restlichen 90% der Kirchensteuermittel verwendet werden.

Ich vermute, für solche Posten wie etwa Gebäudepflege und Personal (auch im Bereich Verwaltung), die aber doch bei rein staatlichen Institutionen ebenso anfallen.

Wo würdest Du ein Einsparpotential sehen, wenn die Aufgaben der Kirche dieser entzogen und unter rein staatliche Verantwortung gestellt werden? Die Kirchen abreißen? Dann vielleicht auch die teuren Rathäuser, Gerichtsgebäude, Regierungspaläste, Konzerthallen usw.?


Von H.J. am Sonntag, den 20. Mai, 2001 - 20:04:

Mir ist ziemlich egal, wofür die Kirche die restlichen 90 % verwendet. Das Geld wird von Mitgliedern für ihre Kirche bezahlt, und die können selbstverständlich frei darüber verfügen.

Da aber nur 10 % der Kirchensteuer für allgemeine soziale Zwecke ausgegeben werden, ist es unverständlich, dass sie in ganzer Höhe bei der Einkommenssteuer abzugsfähig ist. So suventioniert der STaat die Kirchensteuer höher, als diese für soziale Zwecke eingesetzt wird.


Von Herbert Ferstl am Sonntag, den 20. Mai, 2001 - 23:50:

Hi Sire,

lediglich einige (verifizierbare) Zahlen zur Information:
Beinahe 70 Prozent der Kirchensteuereinnahmen werden primaer fuer die Bezahlung der Gehaelter von Geistlichen verwendet.
Die Dioezese Limburg hatte z.B. im Jahr 1997 Einnahmen durch die Kirchensteuer in Hoehe von DM 296.089.000,-. Davon investierte die Dioezese DM 201.472.590,- als Arbeitgeber in Form von Perso-nalkosten in ihre Mitarbeiter (ohne soziale Dienste wie Caritas). Das sind ueber 68% der Kirchensteuereinnahmen. Quelle: Dioezese Limburg (Internet: http://www.uni-karlsruhe.de/~uinf/kirchensteuer.html#kirchensteuer)
Fuer Sach- und Verwaltungskosten fallen weiter zehn Prozentpunkte an und fuer Kirchenbauten etwa nochmals der gleiche Prozentbetrag.
(Stets bezogen auf die Einnahmen aus der Kirchensteuer).

Andererseits wird der deutsche Steuerzahler regelmaessig jedes Jahr kraeftig durch die Religionsgemeinschaften zusaetzlich zu Kasse gebeten. Etwa DM 4,4 Mrd. kostet der kirchliche Religionsunterricht an oeffentlichen Schulen bundesweit (z.B. Religionslehrergehaelter). Etwa DM 1,1 Mrd. kostet die Priester- u. Theologenausbildung an Universitaeten sowie der Unterhalt kirchlicher Fachhochschulen. Etwa DM 1,4 Mrd. sind vom Steuerzahler aufzubringen für Staatszuschüsse aufgrund von Konkordaten und Kirchenvertraegen.
DM 130 Mio. sind aufzubringen für Seelsorge an oeffentlichen Einrichtungen (Militaer, Polizei, Gefaengnis, Anstalten). Für Denkmalschutz für Kirchenbauten (nur Bund und Länder, nicht Kommunen und Gemeinden) sind nochmal ca. DM 270 Mio. faellig.
Die Ausgaben oeffentlicher Rundfunkanstalten fuer rein kirchliche Sendungen belaufen sich auf etwa DM 300 Mio. Die Steuereinbussen des deutschen Staates wegen unbeschraenkter Abzugsfaehigkeit der Kirchensteuer betragen (laut Subventionsbericht der Bundesregierung) nochmals etwa DM 4,7 Mrd.

Den Staat kaeme es bedeutend billiger, saemtliche kirchlichen Eigenanteile an Sozialeinrichtungen – bundesweit etwa 1,5 Milliarden Mark – selbst zu uebernehmen, dafuer aber die Kirchensteuer nur noch mit der Haelfte ihres Betrags als steuerlich absetzbar anzuerkennen. Mit den Mehreinnahmen von gut zwei Milliarden DM verbleibt unter dem Strich sogar noch ein Plus von einer halben Milliarde, das zur Staerkung oeffentlicher Sozialeinrichtungen, z.B. im Bereich der Altenpflege, genutzt werden koennte.

mfg
Herbert


Von Franz am Samstag, den 23. November, 2002 - 01:04:

Hallo Herr Moysich,
meinen Sie ernsthaft, dass der B-Kanzler Ihren Brief liesst, oder überhaupt irgendwelche Briefe von jemandem liesst der aus seiner Sicht ein "Niemand" ist. Schade um Ihre Mühe.


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