Der Humanist: Religion: Fundamentalistischer Atheismus - gibt es so etwas?
Von Pepone am Mittwoch, den 3. November, 1999 - 20:12:
Sind die Christen DIE Bösen? bzw.: Sind Atheisten die besseren Menschen? Sind die
Christen von heute mitschuldig an der Inquisition im Mittelalter? Ist Anarchie die einzige
Alternative zum hierarchisch-elitären Selbstverständnis des Christentums? Kann es einen
ernsthaften Dialog geben zwischen christlichen und atheistischen Fundamentalisten? oder
sogar ein aufgeschlossenes Interesse, einmal die andere Seite kennenzulernen?
Meine These ist: "Christlicher und atheistischer Glaube haben mit ihrem
Absolutheitsanspruch eine gemeinsame, fundamentalistische Wurzel, die sich durch die
psychische Struktur des Menschen erklären läßt."
Von
EMÖ am Mittwoch, den 3. November, 1999 - 22:58:Pepone,
ich würde Dich gerne für Deine Originalität loben, aber das, was Du schreibst, gehört
zu der üblichen esoterisch-relativistischen Weltanschauungskritik.
Der Atheismus hat keinen Absolutheitsanspruch, auch der sogenannte "strong
atheism", der starke Atheismus, der dezidiert die Ansicht, daß es keinen Gott gibt,
vertritt, hat diesen Anspruch nicht. Er folgt lediglich einfachen wissenschaftlichen
Grundsätzen.
Zunächst einmal muß man sich über zwei Dinge im klaren sein. Die Realität ist absolut.
Unsere Wahrnehmung der Realität ist es nicht. Das, was wir wahrnehmen und in Worte
fassen, kann entweder wahr sein, d.h. der absoluten Realität entsprechen, oder falsch. Ob
aber etwas mit absoluter Sicherheit wahr oder falsch ist, das läßt sich bei
Aussagen, die ein beliebiges System betreffen, nur dann sagen, wenn alle Eigenschaften des
Systems bekannt sind.
In der Mathematik gibt es solche wahren und falschen Aussagen, deren Wahrheitsgehalt auch
nach Äonen der gleiche bleiben wird, da sie ja innerhalb eines vollständig definierten
Systems getroffen werden. Die Realität ist ein bißchen komplizierter. Absolute Wahrheit
ist, auf die Wirklichkeit bezogen, für uns derzeit nicht einmal in greifbarer Nähe. So
unbekannt sind uns das Universum und die ihm unterliegenden Gesetze noch.
Man müßte also eigentlich bei jeder Aussage die Realität betreffend hinzufügen: Dies
ist nach unserem/meinem derzeitigen Kenntnisstand wahr/falsch. Man könnte kein
vernünftiges Gespräch mehr führen, täte man das ständig. Sinnvoller ist es, das Reden
von "absoluter" Wahrheit gesondert hervorzuheben, denn dieses ist natürlich
weitaus seltener.
So nähern wir uns den Unterschieden zwischen fundamentalistischer Religion,
nicht-fundamentalistischer Religion und Atheismus langsam an. Die fundamentalistische /
absolutistische Religion behauptet: Gott (whatever) existiert, und dies ist die absolute,
endgültige, unumstößliche Wahrheit. Auch viele selbsternannte Nicht-Fundamentalisten
vertreten eigentlich diese Ansicht und relativieren sie durch den Hinweis, dies sei ihr
fester "Glaube", jedoch nichts könnte sie jemals von diesem Glauben abbringen
(was wiederum einem Absolutheitsanspruch entspricht).
Die nicht-fundamentalistische Religion ist etwas offener oder gibt das zumindest vor. Sie
sagt: "Gott existiert, das ist die Wahrheit. Aber wenn mir jemand glaubhaft belegen
kann, daß das nicht so ist, glaube ich's nicht mehr."
Dann gibt es noch die Relativisten/Konstruktivisten, die im wesentlichen der Überzeugung
sind, daß die Realität das Konstrukt des Geistes ist und nicht umgekehrt (Relativisten
deshalb, weil sie die Realität selbst in Frage stellen und nicht unser Bild davon). Da
sie fortwährend ihre eigene Existenz widerlegen, sei auf sie nicht näher eingegangen,
obwohl ich glaube, daß Du vermutlich am ehesten dieser Strömung zuzuordnen bist.
Agnostiker funktionieren ähnlich, sofern sie den Agnostizismus nicht als Selbstschutz
gegen religiöse Verfolgung verwenden ("Wer weiß schon, ob es einen Gott gibt"
ist weitaus weniger gefährlich als "Gott existiert nicht & religiöse Menschen
sind geisteskrank").
Und der Atheist? Der verhält sich ähnlich wie der nicht-fundamentalistische Christ, nur,
daß er eben die einfache Grundregel beachtet: Führe keine Entitäten ein, falls es nicht
einen triftigen Grund dafür gibt. Keep things as simple as possible. Ockhams Rasiermesser
schnibbelt Götter und Einhörner gleichermaßen weg. Der Christ postuliert die Existenz
eines Gottes, das Wirken des von ihm postulierten Gottes ist aber nicht erkennbar, er muß
also eindeutige und reproduzierbare Beweise liefern, und je außergewöhnlicher die
Behauptung, desto wichtiger ist eine umfangreiche und schlüssige Beweisführung.
Auf seine Religion bezogen kann der Religiöse dieser Logik nicht folgen, doch wendet er
sie auf lila Einhörner an, kann er nicht umhin, ähnlich zu denken. Jede Erweiterung
unserer Beschreibung der Wirklichkeit muß durch Beweise untermauert sein.
Und so sage ich, gemeinsam mit allen logisch argumentierenden Atheisten: Zeigt uns Euren
Gott, verwandelt das Wasser in Wein oder andere nichtalkoholische Getränke, und zwar in
Doppel-Blindversuchen. Doch gäb' es die Beweise, die wir fordern, säßen wir nicht hier,
sondern würden wohl gemeinsam dem dann offensichtlich existierenden Gott dienen oder ihn
wegen seiner Grausamkeit bekämpfen. Wäre er nicht das unnütze Fantasiegebilde, das er
ist, sein Bild stünde vermutlich auf ziemlich vielen Fahndungsplakaten.
Der Mensch kann keine eigene Wirklichkeit konstruieren, sondern nur ein eigenes Bild von
der Wirklichkeit. Ein völlig willkürliches, eines, das ihm am besten gefällt. An der
wirklichen Wirklichkeit ändert das freilich nicht das geringste. Und weil das so ist,
kann der Religiöse, dessen Überzeugungen per definitionem falsch sind (denn wären sie
es nicht, so wäre er Wissenschaftler oder Vertreter eines wissenschaftlich anerkannten
Weltbildes), den Noch-Nicht-Religiösen nur mit anderen Mitteln ködern, mit billigen
Tricks und rhetorischen Spielchen.
"Du mußt Gott am eigenen Leib erfahren. Komm doch mal mit zu uns in den
Gottesdienst! Ja, und wenn's beim ersten Mal nicht klappt, dann war Dein Glaube nicht
stark genug! Du mußt öfter kommen, viel öfter, sing mit uns die Lieder, lobe den Herrn,
lies die Bücher, dann wirst Du glauben, früher oder später. Du wirst es gar nicht
aushalten, so lange bei uns zu sein, ohne den Scheiß irgendwann selbst zu glauben. Komm
uns besuchen, denn wir bringen das Licht, zumindest, wenn wir alle ganz fest dran
glauben."
Um mal eine weniger ästhetische Analogie zu gebrauchen, vorsichtshalber nur auf Englisch:
It's all a heap of bullshit. But unlike real bullshit, you cannot ignore it, because it
keeps growing and growing, and sooner or later it will stuff your mouth and keep you from
speaking, it will cover your eyes and keep you from seeing, and it will fill your ears so
that you don't hear the screams of others who suffer the same fate.
MfG
EMÖ
Von
Herbert Ferstl am Mittwoch, den 3. November, 1999 - 23:34:Pepone (im GB):
Da der christliche Glaube aus ihrer Sicht in den Medien heute eher totgeschwiegen wird,
erleben sie sich eher als Minderheit innerhalb der Bevölkerung und fühlen sich durch die
immer mehr zunehmenden Blasphemien in den Medien noch mehr ausgegrenzt als geistig
zurückgebliebene Idioten, - zurecht, wie ich meine.
Da koennten sich ja alle moeglichen Vereine und Gruppierungen bei den Medienverbaenden
beschweren. Jeder sieht die Dinge nur aus seiner Sicht - und die ist eben oft subjektiv.
Ausserdem, was hat "klerikale" Berichterstattung in den Lokalteilen der
Tageszeitungen zu suchen? Dafuer werden ja Pfarrei-Rundbriefe in den Gemeinden
ausgetragen.
Das "Wort zum Sonntag" koennte man auch ersetzen durch ein "Freigeistiges
Wort zum Sonntag". Das waere zudem fuer alle Buerger relevant. Oder wird die
Sendezeit, gar der dafuer reservierte Platz in den Zeitungen von den Kirchen bezahlt?
Nein.
Tja, aber hier faengt die "Toleranz" Deiner Glaeubigen an...
Versuch einfach īmal ernsthaft, das bereits eingefuehrte "Wort zum Sonntag" in
der Tageszeitung (Deines Landkreises) derart in seiner Gestaltung zu etablieren, dass es
zukuenftig abwechselnd von Klerikern und Konfessionslosen verfasst wird - ueber das
Ergebnis wirst Du staunen!
Von
EMÖ am Donnerstag, den 4. November, 1999 - 01:05:Ach ja, Pepone, zu Deinem Gästebucheintrag:
Wenn Du schreibst, daß man die Gläubigen aufgrund ihrer religiösen Emfindsamkeit als
psychisch Instabile in die Psychiatrie einweisen sollte
Das habe ich nicht gesagt. Ich habe geschrieben, daß Gläubige, die die Meinungsfreiheit
derer, die ihre Bekenntnisse für Blödsinn halten, nicht tolerieren können, weil sie
sich durch diese Meinungsfreiheit zu sehr verletzt fühlen, dorthin gehören. Bemühe Dich
bitte, das, was ich schreibe, auch so zu lesen, wie ich es schreibe, und nicht anders. Das
ist auch kein starker Tobak, sondern eigentlich ziemlich selbstverständlich, und zum
Glück wird der § 166 nur noch selten angewandt. Ausgerechnet der unselige § 166 sollte
eigentlich etwas sein, über das man wirklich am allerwenigsten diskutieren müßte, so
pervers und undemokratisch ist er.
Wenn ich Dich "Arschloch" oder "Vollidiot" nennen würde, würdest
Du dann nicht auch emfindsam reagieren?
Nein, ich würde Dich ignorieren.
Für einen gläubigen Menschen ist es aber längst nicht so schlimm, wenn man ihn
persönlich beleidigt, als wenn man seinen Gott beleidigt (in
der Psychologie von S.Freud das "Über-Ich").
Und wenn man das entfreudianisiert, kommt man zu dem Schluß, daß jegliche emotional
stark verknüpfte Ansicht demjenigen, der sie vertritt, wichtiger sein kann als
irgendwelche persönlichen Beleidigungen. Auch eine harsche Buchkritik kann den Autoren
härter treffen als die bloße Beleidigung. Sollte man deshalb Buchkritken verbieten? Oder
gleich das Bücherschreiben?
Meinungsfreiheit ist grundsätzlich etwas, das bei einzelnen negative Empfindungen
auslösen kann. Wenn die Meinung relevant ist, tut sie das in der Regel auch. Ja,
signifikanter Fortschritt ist praktisch immer an emotionale Verletzung einzelner gekoppelt
gewesen. Die Erde ist nicht der Mittelpunkt des Universums. Diese Ansicht würde nach
jeder vernünftigen Auslegung des derzeitigen § 166, wenn sie nicht der Mainstream wäre,
verboten werden müssen, denn die aus ihrer Verbreitung resultierenden Umwälzungen waren
dramatisch. Sie hat das herrschende weltanschauliche Bekenntnis zutiefst verletzt. Deswegen
war sie gut. So funktioniert Wissenschaft.
Du argumentierst derzeit so, daß man deshalb die Meinungsfreiheit an einigen Stellen
wesentlich beschneiden muß. Will man aber gesellschaftlichen Fortschritt, ist
Meinungsfreiheit essentiell, sonst versinkt man in der Stagnation eines modernen
Mittelalters.
Man muß sich auf einen vertretbaren Minimalkonsens einigen. Das beinhaltet das Verbot von
Beleidigungen und Hetze, aber keine Beleidigung weltanschaulicher Bekenntnisse, so wenig
wie die Beleidigung literarischer oder sonstiger "Bekenntnisse". Ein Bekenntnis
ist eben keine Person, auch kein "Über-Ich", sondern ein Konstrukt des Geistes,
so wie die Biene Maja. Eine Ansicht. Und die Beleidigung einer Ansicht ist in der Regel
identisch mit dem Vertreten einer anderen, was auch umgekehrt interpretiert werden kann.
Und wenn man dann die Umkehrung verfolgt, verfolgt man die Äußerung von Ansichten, die
der herrschenden Meinung widersprechen. Wer seine Meinung aber nicht mehr äußern kann,
hat auch keine. Wenn Du das nicht einsehen kannst, macht eine weitere Diskussion für mich
keinen Sinn. Schließlich würdest Du ja dann konsequenterweise das Verbot von
Äußerungen meinerseits fordern müssen, die Dein Weltbild und damit Dich
"verletzen" könnten.
Du widersprichst Dir ständig selbst: Auf der einen Seite willst Du
"uneingeschränkte Toleranz", auf der anderen Seite findest Du es OK, wenn man
jemandem verbietet, das Jesus-Kreuz als Klorollenhalter darzustellen. Wie soll man denn
mit einem Straftäter verfahren? Ist es tolerant, ihn einzusperren? Nein. Tolerant wäre,
ihn gewähren zu lassen. Ich bin gegen das simple Isolieren und für Therapie, aber auch
das ist Intoleranz gegenüber Intoleranz. Du verbeißt Dich da in einen Grundsatz, der
nett klingt, aber ziemlich selbstwidersprüchlicher Müll ist.
Da Du aus dem Fundamentalismus kommst, glaubst Du, wenn Du in eine bestimmte Richtung
weitergehst, kommt wieder der Fundamentalismus. Das ist so, als würde man mitten in einem
dunklen Tunnel stehen bleiben, sobald etwas Licht am Ende auftaucht, aus Angst, wenn man
weiterginge, würde das Licht wieder erlöschen.
MfG
EMÖ
Von
Simon alias am Freitag, den 5. November, 1999 - 00:31:Lieber Erik,
danke für Deine sehr ausführliche Stellungnahme, die mich durchaus ehrt, auch wenn ich
mir nicht ganz im Klaren bin, welch eine Meinung Du von mir hast. denn wenn du mich als
"esoterischen Relativisten" betrachtest, der nicht nur die objektive Realität
leugnet, sondern sogar seine eigene Existenz widerlegt, dann weißt Du mehr über mich als
ich selbst. Das ist mir ehrlich gesagt alles ein bißchen zu hoch, da kann ich nicht
mithalten. Aber wahrscheinlich liegt das nur daran, weil ich nur ein einfacher Handwerker
bin ohne Hochschulbildung.
Wenn ich vom "Absolutheitsanspruch" der Atheisten sprach, dann meine ich diesen
nicht im wissenschaftlichen Sinn, - so wie Du selber schreibst, daß man kein
vernünftiges Gespräch führen könnte, wollte man jedes Wort immer auf die liguistische
Goldwaage legen. Ich denke nicht, daß es sich beim Fundamentalismus überhaupt um einen
echten "Absolutheitsanspruch" handelt, immerhin sprechen die Christen ja auch
immernoch vom "Glauben", auch wenn sie diesem Worte eine völlig verfälschte
Bedeutung verleihen. Aber seien wir doch ehrlich: Verfechten wir nicht ebenso unsere
Überzeugungen häufig mit einer solchen Beharrlichkeit, als ob wir der Wahrheit ins
Angesicht geschaut hätten? Es liegt einfach in der Natur des Menschen, daß er sich nach
außen immer viel sicherer gibt, als er sich im Inneren wirklich fühlt.
Ich meine, daß es ein Fehler ist, wenn Du versuchst, den religiösen Glauben an Hand
wissenschaftlicher Maßstäbe zu beurteilen und zu bewerten. Ein Christ z.B. empfindet
i.d.R. überhaupt nicht die Notwendigkeit, die Logik seines Glaubens irgend jemandem
beweisen zu müssen (mit Ausnahme von Leuten wie TJS, die irgendwas
"postulieren" oder "proklamieren" mögen aus reiner Dummheit und
Arroganz heraus). Du schreibst, daß das Wirken des von ihm postulierten gottes nicht
erkennbar ist"; für den betreffenden Christen ist es aber sehr wohl erkennbar, auch
wenn es sich nur um eigenwillige Interpretationen seiner Wahrnehmung handelt. der Christ
lebt eben in einer Märchenwelt, die für ihn ebenso real ist, wie wenn man einem kleinen
Kind ein Märchen vorliest. Na und?! - warum sollte man ihm diese Märchenwelt wegnehmen?
Wenn der § 166 wirklich darauf abzielen würde, jede Form von Kritik an
Glaubensbekenntnissen zu verbieten, dann stimme ich ganz mit Dir überein, daß dies zu
weit geht. Aber ich verstehe diesen Paragraphen so, daß man nur verhindern will, daß
Personengruppen nicht wegen ihrer Glaubensvorstellungen verspottet oder verhöhnt werden
dürfen. hingegen ist die sachliche Kritik gegen den christlichen Glauben etwas ganz
anderes, und diese wird ja heutzutage in Büchern und anderen Medien massenhaft geäußert
ohne durch dieses Gesetz geahndet oder unterbunden zu werden. meinungsfreiheit hört nach
§ 185 StGB dort auf, wo die Persönlichkeitsrechte eines Menschen verletzt werden oder
ihr Ansehen in der Öffentlichkeit durch defamierende Äußerungen herabgesetzt wird. Man
unterscheidet ja im Allgemeinen eine sachliche Kritik von einer persönlichen Kritik
(Schmähkritik). Unser Grundgesetz schützt aber nicht nur die meinungsfreiheit, sondern
auch die Ehre eines Menschen, und wenn Du einen Menschen als Idioten darstellst, weil er
an die Märchen der bibel glaubt, dann hat er das Recht, solche Angriffe auf seine Person
unterbinden zu lassen. Ob eine Äußerung im Einzelfall wirklich dazu geeignet ist, den
Glauben eines Menschen ins Lächerliche zu ziehen, liegt im Ermessen der Richter.
Entscheidend ist dabei die Frage, ob sich die Kritik - selbst wenn sie unsachlich oder
überspitzt vorgetragen wird - ganz allgein gegen den christlichen Glauben bzw. die
Kirchen richtet oder ob sie sich gegen eine ganz bestimmte Gruppierung bzw. Person
richtet.
Wenn also ein Atheist bei sich zu Hause ein Kruzifix als Klorollenhalter verwendet, dann
kann er das gerne machen (Du unterstellst mir übrigens hier auch etwas, was ich nicht
gesagt habe, wenn Du schreibst, ich würde solch ein Verbot OK finden). Etwas anderes
wäre es z.B., wenn Du einer gläubigen Person ein Foto von solch einem zweckentfremdeten
Kruzifix zusenden würdest mit einigen spöttischen Bemerkungen.
Ich habe den Eindruck, daß Du ein sehr problematisches Verständnis hast von Demokratie.
Darf nach Deiner meinung die Demokratie nur die "Herrschaft der Gebildeten"
sein? das halte ich eher für eine Bevormundung der geistig weniger bemittelten. Wenn man
ein "Drittes Reich" verhindern will, dann sollte man das Herrschen nicht einfach
den Experten überlassen, wie zur Zeit der Weimarer republik, sondern sich um die
Allgemeinbildung des Volkesbemühen.
Mein Schlußwort an Dich: Liebe die Menschen so wie sie sind. Der Mensch definiert sich
nicht aus seinem Intellekt. Auch die Dummen haben Rechte.
Liebe Grüße
Simon
Von
Pepone am Freitag, den 5. November, 1999 - 00:50:Lieber Herbert,
was die Toleranz betrifft, habe ich ja schon einiges in der Nachricht an den Erik gesagt.
Warum sollten "klerikale" Kommentare in den Lokalteilen der Zeitungen falsch
sein? Leben wir denn etwa nicht in einer pluralistischen, multi-kulturellen und
multi-religiösen Gesellschaft?
Was das "Wort zum Sonntag" angeht, so ist es aus meiner Sicht schon lange nicht
mehr fromm und bibeltreu, sondern extrem freigeistig. Die heutigen Pastoren (z.B.
"Fliege") bringen doch gar nichts Geistliches mehr, sondern nur noch allgemein
ethisches Wischiwaschi. Wer sich gegen ein solches vielsagendes und daher nichtssagendes
Gelaber wehren will, der gleicht einem Don Quichote, der gegen Windmühlen ankämpfen
will. Die evangelischen und katholischen Theologen haben vor 100 Jahren damit begonnen,
ihren geistlichen Selbstmord einzuleiten, indem sie durch entmythologisierende Bibelkritik
immer mehr an Substanz verloren. Heute ist die Kirche eigentlich fast überflüssig
geworden, weil sie nichts mehr zu bieten hat.
Die Kirche ist tot, und wer sie kritisiert, der schüttelt an einer Leiche. Laßt doch die
Toten ruhen! - über kurz oder lang wird ohnehin die Verwesung beginnen.
Liebe Grüße
Simon
Von Heike am Freitag, den 5. November, 1999 - 11:48:
Pepone,
du meinst, dass der christliche Glaube in den Medien eher totgeschwiegen wird.
Wie Herbert schon sagte, im Lokalteil der Zeitungen wimmelt es von Berichten aus den
Kirchengemeinden, auch im doch recht weltlichen NRW.
Was Fernsehen und Radio betrifft, brauchst du nur in die Medientipps zu schauen und in die
dort verlinkten "News-Reviews". Und die rein kirchlich ausgerichteten Sendungen
gebe ich schon gar nicht an. Du wirst dich noch wundern, was für eine Missionsorgie erst
im "heiligen" Jahr 2000 durch die Medien auf zu zurollt.
Fernseh- und Hörfunksender - auch die Privaten, wollen sie als Vollprogramm gelten -
brauchen heute übrigens immer noch die Kirchenverkündigungssendungen für ihre Lizenz.
Von "Totschweigen" keine Spur, von Gleichberechtigung der verschiedenen
Weltanschauungen auch nicht.
Von
Herbert Ferstl am Samstag, den 6. November, 1999 - 00:26:Pepone:
Warum sollten "klerikale" Kommentare in den Lokalteilen der Zeitungen falsch
sein?
Falsch? Nicht unbedingt immer (grundsaetzlich aber bin ich dieser Meinung).
Wenn offenkundig der Berichterstattung in Lokalteilen deutscher Tageszeitungen taeglich
etwa 1/4 bis 1/3 nur klerikalen Beduerfnissen und Ereignissen gewidmet sind (ausser
"Heimatsport"), dagegen der "Bund fuer Geistesfreiheit" oder aehnliche
Organisationen bei jedem Presseartikel um Veroeffentlichung "kaempfen" muessen,
empfinden dies bestenfalls Kirchenmitglieder als "gerechte Ordnung". Mein
Toleranzverstaendnis ist allerdings ein anderes.
Immerhin sind in den beiden Grosskirchen nur noch etwa gut 60% der Bevoelkerung vertreten.
Was das "Wort zum Sonntag" angeht, so ist es aus meiner Sicht schon lange
nicht mehr fromm und bibeltreu, sondern extrem freigeistig. Die heutigen Pastoren (z.B.
"Fliege") bringen doch gar nichts Geistliches mehr, sondern nur noch allgemein
ethisches Wischiwaschi. Wer sich gegen ein solches vielsagendes und daher nichtssagendes
Gelaber wehren will, der gleicht einem Don Quichote, der gegen Windmühlen ankämpfen
will.
Primaer meinte ich das gedruckte "Wort zum Sonntag" in den Printmedien... Ein
Fernsehgeraet nutze ich leider nicht! Wie "inhaltsvoll" allerdings die Texte
dieser Sendungen/Prints sind, ist sekundaer und letztlich den klerikalen Auftraggebern
vorbehalten. Zu dieser Thematik koennen sich zudem die Glaeubigen untereinander die Koepfe
einschlagen.
Mir persoenlich geht es lediglich darum, dass nichtkirchlichen
Weltanschauungsorganisationen entsprechend gleichgestellte Sendezeiten/-raum (z.B. nicht
nur Sonntags um 07:15 Uhr) sowie kostenloser Printplatz in einem aequivalenten Umfang zu
Verfuegung steht.
Heute ist die Kirche eigentlich fast überflüssig geworden, weil sie nichts mehr zu
bieten hat.
Ersteres ja - durch zunehmende geistige Aufklaerung und erkennende
Selbstverantwortlichkeit. Zweiteres ist ist Deine persoenliche Meinung.
Von Kurt am Sonntag, den 7. November, 1999 - 00:11:
Hallo Pepone,
zu Deinen Fragen "Warum sollten "klerikale" Kommentare in den Lokalteilen
der Zeitungen falsch sein? Leben wir denn etwa nicht in einer pluralistischen,
multi-kulturellen und multi-religiösen Gesellschaft?" folgendes:
Inzwischen gehören ca. 1/3 der deutschen Bevölkerung keiner der beiden christlichen
Kirchen mehr an. Trotzdem haben diese Kirchen im medialen Bereich Privilegien, die z.B.
der Humanistischen Union, dem Bund für Geistesfreiheit od. anderen freigeistigen
Gemeinschaften nicht od. stark eingeschränkt gewährt wird. Der bfg München hat z.B.
alle 6 (sechs!) Wochen am Sonntag Morgen kurz nach 7 Uhr in Bayern2 eine Sendezeit von ca.
5 Minuten, sonst nichts. Im Bürgerfunk von Unna z.B. kann kein Beitrag der
IBKA-Bürgerfunk-Gruppe ohne Gerichtsbeschluß über den Äther gehen (MIZ 4/96 u. 3/99).
Jedoch die Präsenz der Kirchen in TV, Radio u. Presse ist anteilig zu ihren Anhängern
erdrückend. In der lokalen Tagespresse wird fast über alle "Ausscheidungen"
von s.g. Christen berichtet. Mir dünkt, die Redaktionen machen keinen Unterschied mehr
zw. oralen od. analen Ausscheidungen, da wir, d.h. Konfessionslose, auf die gut bayrische
hinterfotzige Art sehr oft als "wertelos" hingestellt werden. Selbst Frau
Hohlmeier, Kultusministerin in Bayern, schlägt in dieselbe Kerbe. Auch Herr Waigel weist
im TV ganz dezent -und somit hinterfotzig- darauf hin, daß einige Regierungsmitglieder
die Eidesformel OHNE "so wahr mir Gott helfe" abgelegt haben damit alle Christe
wissen, wen sie nicht mehr zu wählen haben.
Wie lange dauert es noch, bis wir in deren Augen "wertlos" sind?
Im übrigen möchte ich Dich auf das Forum "Früchte des Christentums" (Archiv)
verweisen, in dem ich
dargestellt habe, mit welchen Konsequenzen NichtGOTTgläubige zu rechnen haben, wenn sie
auf ihre vom GG zugesicherten Rechte bestehen.
mfancg
Kurt
Von Kurt am Sonntag, den 7. November, 1999 - 00:24:
Ich korrigiere:
Wie lange dauert es noch, bis wir in deren Augen "wertlos" sind (vielleicht
schon jetzt!) und sie dies auch öffentlich propagieren?
Kurt
Von
Herbert Ferstl am Sonntag, den 7. November, 1999 - 00:48:Nachschlag zu Kurt:
Die bayerische Sozialministerin Barbara Stamm sprach bei ihrer Rede zum Neujahrsempfang in
Buechenbach bei Schwabach (im Zusammenhang mit Gottes Segen für 1999) davon, "dass
es in unserer Gesellschaft Werte gibt, die es zu verteidigen gelte [...], dass es immer
dringender werde, gegen einen zunehmenden Atheismus und für das christliche Menschenbild
zu kaempfen". Der bayerische Staatssekretaer (und ehemalige Religionslehrer) Karl
Freller meinte in einem Interview, "Schule sollte ein Ort sein, an dem die
christlichen Grundwerte gelebt werden...".
Beide Politiker mahnen jedoch die Eltern zu mehr Eigenverantwortung bei der Erziehung.
Diese Eigenverantwortung impliziert m.E. jedoch auch, unsere Kinder nicht unbedingt im
Sinne der vorgegebenen "christlichen Werte" zu erziehen. Erziehung zu eigenem,
kritischen Denken, zu Aufklaerung, zu saekularer ethischer Verantwortung und Selbstrespekt
im Sinne eines "diesseitigen" Humanismus sind ebenso Ziele von Nichtchristen.
Fürchten sich unsere Politiker gar vor einem atheistischen Weltbild? (Erinnert sei hier
auch an Freller und seine vehementen Angriffe auf den bfg-Nürnberg, wegen der sogenannten
"Jugendfeier").
Welche christlichen Werte meinen die beiden? Welcher Politiker benennt auch einmal diese
Werte? Die christlichen Werte eines Bill Clintons oder die eines korrupten bayerischen
Bezirkstagspraesidenten? Die christlichen Werte eines Papst Pius XII. (der zwar im
November 1939 die "Uebel" der Zeit geisselte: die Scheidung und
"extravaganten modernen Kleider", jedoch Faschismus und Krieg voellig
ignorierte)? Die der Konquistadoren, der Hexenverbrenner oder die der Inquisition?
Vielleicht die Werte der Kirchen, die über 90 Prozent ihrer Kirchensteuereinnahmen nicht
für oeffentliche soziale Leistungen aufwenden, sondern für Pfarrer, kirchliches
Personal, Kirchenbauten, interner Verwaltung, usw.; die Kirchen, die zudem noch etwa DM 12
Milliarden an oeffentlichen Steuergeldern als Zuschuesse für Religionsunterricht,
Priesterausbildung, kirchl. Denkmalschutz usw. erhalten (dies sind auch Steuergelder von
Atheisten!)?
Sind es vielleicht die Werte, nach denen wir auf der Nordhalbkugel unseres Planeten
"leben", waehrend in der Dritten Welt taeglich etwa 100.000 Menschen
"krepieren"?
Vielleicht sind von Stamm und Freller folgende "Werte" gemeint: Treue,
Ehrlichkeit Naechsten- und Feindesliebe (kaum praktiziert), goettliche Wunder,
Auferstehung, Oster- und Weihnachtsgeschichte, Himmelfahrt, etc.? Wohl kaum - die gab es
bereits vorher z.B. bei Kybele, Attis, Mithras, Herakles, Dionysos, Tammuz, Osiris,
Prometheus, Hermes, Buddha, usw..
Staat und Kirche sind laut Verfassung getrennt. Ausdruecklich darf in der Schule,
ausgenommen im Fach Religion, keine christliche Missionierung stattfinden. Im Jahr 1996
gehoerten etwa 33 Prozent aller deutschen Buerger keiner der beiden christl. Großkirchen
an. Wo bleibt für diese Mitbuerger der humanistische Schulunterricht in Form eines
ordentlichen Lehrfaches (z.B. LER, wie in Brandenburg)? Warum wird den Atheisten pauschal
- von Geistlichen und ebenso von bayer. C-Politikern - die Faehigkeit abgesprochen,
außerhalb eines staatlichen Religionsunterrichtes ihren Kindern (humanistische) Werte in
der Erziehung zu vermitteln?
Warum muss der Gott der Frellers und Stamms auch meiner sein?
Religion und Weltanschauung sind Privatsache - einige Politiker sollten dies zunehmend in
ihren Aussagen berücksichtigen.
Von Kurt am Sonntag, den 7. November, 1999 - 01:51:
Hallo Herbert,
Deiner Aussage: "Die christlichen Werte eines Papst Pius XII. (der zwar im November
1939 die "Uebel" der Zeit geisselte: die Scheidung und
"extravaganten modernen Kleider", jedoch Faschismus und Krieg voellig
ignorierte)?" kann ich so nicht zustimmen.
Laut K.D. in "Die beleidigte Kirche" wird auf Seite 31 aufgezeigt, daß sich
Papst Pius XII sich
folgendermaßen äußerte: "...,daß der Führer das legale Oberhaupt der Deutschen
sei und jeder
SÜNDIGE, der ihm den Gehorsam verweigere." Kann man das Ignorierung des Faschismus
nennen?
Besagtes Buch von Karlheinz Deschner ist ein Gutachten zu einem § 166-Prozess, das er
veröffentlichte u. das von der kath. Kirche nicht gerichtlich verboten wurde. Warum nur?
mfancg
Kurt
Von
Pepone am Sonntag, den 7. November, 1999 - 23:44:Lieber Herbert, lieber Kurt, liebe Heike,
ich glaube, Ihr habt recht. Eure Infos, besonders von Dir, Herbert, sind wirklich schlimm.
Ich vermute, daß es zu wenig Politiker gibt, die den Atheismus als gleichberechtigte
Weltanschauung anerkennen. Es ist wirklich eine Sauerei, wenn von christlicher Seite
behauptet wird, daß der Atheismus keine Werte vermitteln würde. Das ist nicht nur
Bevormundung, sondern grobe Heuchelei.
Ich kann es auch gut verstehen, wenn eine solche ungleiche Behandlung Protest hervorruft.
Aber ich kann auch ein wenig die christlichen Politiker verstehen, die Angst haben vor
einem sich immer schneller ausbreitenden Atheismus in der Bevölkerung. Denn ein völlig
atheistisches Deutschland hat es ja bislang noch nicht gegeben, und es bestehen viele
Ängste und Vorurteile wegen der negativen Erfahrungen in Rußland und China.
Aber gerade wegen dieser Vorurteile finde ich eine offene Annäherung und rücksichtsvolle
Gesprächsbereitschaft auf beiden Seiten sinnvoll. Man müßte im Radio und Fernsehen mehr
Diskussionen zu diesem Thema bringen, das doch viele Menschen interessiert. Ich glaube,
daß die Medien relativ neutral sind und sich bisher nur aus Angst vor einer Verhärtung
der Fronten vor einem öffentlichen Dialog gescheut haben. Aber angesichts der ständigen
Kirchenaustritte kann das Problem nicht länger totgeschwiegen werden.
Die Frage stellt sich: Was kann man ganz konkret und praktisch tun? Ich meine, eine
Annäherung kann es erst dann geben, wenn die Polemik aufhört und die Vergangenheit
begraben wird. Wenn Gruppen wie der BfG sich toleranter und rücksichtsvoller geben
würden, dann würde man sie vielleicht ernster nehmen.
Herzliche Grüße
Simon
Von
Herbert Ferstl am Montag, den 8. November, 1999 - 02:15:Pepone:
Aber ich kann auch ein wenig die christlichen Politiker verstehen, die Angst haben vor
einem sich immer schneller ausbreitenden Atheismus in der Bevölkerung.
Dies ist evident. Ich zitiere aus einer religionskritischen Schrift aus dem vergangenen
Jahrhundert (1883), "Die Gottespest" von Johann Most:
"Der Erzjesuit Windhorst [seit 1867 Mitglied des
Reichstages, seit 1870 Mitglied des Zentrums] liess einmal im
deutschen Reichstag in der Hitze des Gefechtes deutlich genug erkennen, wie die Schwindler
und Gauner der Welt ueber diesen Punkt [Religion] denken.
"Wenn im Volk der Glaube zerstoert wird" - so sagte er - "kann es das viele
Elend nicht mehr ertragen und rebelliert!" - das war
deutlich und haette jeden Arbeiter zum Nachdenken anregen sollen, wuerde ihn auch stutzig
gemacht haben, wenn - ja wenn nicht so Viele religioes vernagelt waeren, um noch im Stande
zu sein, mit normalen Ohren hoeren und einfache Dinge zu begreifen."
Tja Pepone, dies war schon immer die Angst der herrschenden und ausbeutenden Klasse. Und
deswegen war diese auch stets mit den Pfaffen im Bunde...
Peppone:
Wenn Gruppen wie der BfG sich toleranter und rücksichtsvoller geben würden, dann
würde man sie vielleicht ernster nehmen.
Wie tolerant denn noch? Der bfg nimmt alle Interessierten in seinen Reihen auf - egal
welcher Konfession. Selbst an Jugendfeiern nehmen Konfessionelle teil - Daniela XY aus
Nuernberg: "Ich bin evangelisch, wollte aber keine Konfirmation
machen, da es mir bei den Vorbereitungsstunden nicht gefiel. Wir mussten immer Texte aus
der Bibel auswendig lernen und Lieder singen, was mir gar nicht gefallen hat [ich
nenne dies uebrigens geistige Konditionierung]. Die meisten aus
meiner Gruppe gingen nur dorthin, weil sie bei der Konfirmation Geld bekommen. Das war der
einzige Anreiz. Ich wollte dies aber nicht...
Wenn man etwas nicht kennt, sollte man diesem "etwas" nicht Intoleranz
vorwerfen. Oder warst Du schon īmal bei einem Treffen (z.B. Jahresschlussfeier) des bfg?
Viele der bfg-Mitglieder dagegen waren oft (und sind es z.T noch) jahrzehntelange
Kirchenmitglieder - sie kennen also beide Seiten.
Und die Vergangenheit begraben, wuerde ausschliesslich zum Vorteil der christlichen
Kirchen gerreichen.
Von Heike am Montag, den 8. November, 1999 - 10:18:
Pepone:
Aber ich kann auch ein wenig die christlichen Politiker verstehen, die Angst haben vor
einem sich immer schneller ausbreitenden Atheismus in der Bevölkerung.
Wie Herbert schon sagte, es ist weniger die Angst als das wunderbare Zusammenspiel
zwischen Staat und Kirche. An diesem Status Quo möchte offenbar niemand rütteln. Ein
anderer Punkt ist die Machtfülle, die die Kirchen - vor allem durch ihre sozialen
Wirtschaftskonzerne als Quasi-Monopolarbeitgeber - haben. Hinter den Kirchen steckt jede
Menge Geld, auch wenn sie sich noch so arm darstellen.
Du erwartest Toleranz von den Atheisten. Vielleicht wären wir ja zu mehr Toleranz bereit,
wenn uns die Kirche nicht immer als allein selig machendes Vorbild gezeigt würde.
Gestern hat Kanzler Schröder auf der EKD-Synode eine Rede gehalten (Trennung von Staat
und Kirche?): Er sagte: "Nur die Kirchen können den Menschen in
existentiellen Fragen Orientierung geben."
Da müssen sich die Kirchen für schwerste Verbrechen in der Vergangenheit entschuldigen,
der Papst ruft ein Bußjahr der Kirche aus, aber allein die Kirche kann Orientierung
geben.
Von Gleichberechtigung der anderen Weltanschauungen kann da wohl nicht im
entferntesten die Rede sein.
Von Kurt am Montag, den 8. November, 1999 - 20:50:
Hallo Pepone,
den Ausführungen von Herbert und Heike möchte ich noch folgendes hinzufügen:
Uns Arbeitnehmern möchten die Politiker jeden Strukturwandel in der Steuer-, Gesundheits-
u.
Rentenpolitik zumutet, da fragen sie nicht nach UNSEREN Ängsten. Ist ihnen auch egal,
hauptsache
die Wirtschaftsbosse sind zufrieden, außerdem sind sie (meißt) nicht betroffen von dem
Wandel, sie bewilligen sich ihr Einkommen ja selbst. Selbst die Sozialdemokratie, deren
Wurzeln u.a. auch im Atheismus lag, ist von seinen Ursprüngen abgerückt und ist auf das
kapitalistische Wertesystem umgeschwenkt. Deshalb umwerben immer mehr SDīs die Kirche
(z.B. Renate Schmidt, Peter Glotz u. Gerhard Schröder), da die Kirchen immer noch ein
Machtfaktor (siehe Herberts Ausführungen) im Lande sind, der nicht zu unterschätzen ist.
Statt jedoch deren Privilegien abzubauen -z.B. die Präsenz der Kirchen in den Mendien,
Einzug des Mitgliedsbeitrages durch den Staat, Finanzierung der Theologenausbildung u. der
Bischofsgehälter u. nicht zuletzt Sonderregelungen für die Kirchen im Arbeitsrecht-
schleimt sich die Sozialdemokratie wieder bei ihnen ein.
Mit welchen Politikern könnte denn ein Dialog geführt werden, um eine humanistische
Ethik zu
erarbeiten, in der sich alle Bürger wiederfinden könnten, egal welcher Konfession od.
Weltanschauung?
mfancg
Kurt
Von
Simon Poppe am Montag, den 8. November, 1999 - 21:33:Lieber Herbert,
Du hast recht, die Regierenden arbeiten von jeher mit der Kirche Hand in Hand; aber die
etablierten Kirchen bilden nicht die Gesamtheit der Christenheit, sondern sie sind die
"Hure Babylon", die auf dem Rücken des "Tieres" sitzt (Offb.17 u.18).
Es gibt aber viele "echte" Christen, die das Treiben der Kirche ebenso von jeher
abgelehnt haben und deshalb auch von ihr verfolgt wurden. Ich selber gehörte jahrelang zu
solchen fundamentalistischen Christen und war schon mit 17 Jahren aus der evang. Kirche
ausgetreten aus Gewissensgründen, weil ich die kirchlichen Lehren nicht in
Übereinstimmung mit der Bibel sah. Man sollte also zwischen Christen und Kirche
differenzieren, denn die echten Christen haben in ihrer Ablehnung der Kirche einen
gemeinsamen Gegner mit den Atheisten.
Was den BfG betrifft, so hatte ich mal ein sehr gutes Gespräch mit einem Mitglied hier am
Ort. Ich war in allem ganz seiner Meinung, auch die Kritik an der Kirche war absolut
korrekt und berechtigt, aber ich hörte auch viel Verbitterung und Aggression aus seinen
Worten heraus. Ich kann dies gut verstehen, besonders wenn man durch kirchliche
Familienangehörige persönlich betroffen ist. Aber der Haß auf dieses System kann keine
Lösung sein, sondern nur das Überzeugen mit guten Argumenten. Über den BfG kann ich mir
jedoch kein Urteil bilden, weil ich ihn nicht kenne. Was ich gesagt hatte, war eher eine
Vermutung.
Heike:
Ja, es wird wirklich Zeit, daß die Verbrechen der Kirche öffentlich bekannt und
verurteilt werden. Die einzige Konsequenz aus einer solchen Selbstanklage wäre dann
eigentlich die Auflösung der Kirchen, so wie auch die NSDAP und die SED abgeschafft
werden mußten.
Aber die heutige Kirche hat überhaupt nichts mehr gemein mit der ursprünglichen Kirche
des Mittelalters. Selbst die katholischen Priester halten ihre Kirche längst nicht mehr
für die allein Seligmachende (das glauben nur noch einige wenige hartgesottende
Hinterwäldler). Die heutigen Kirchen sind eigendlich genauso säkulär wie das Rote Kreuz
oder der Paritätische Wohlfahrtsverband. Sie haben nur noch aus reiner Traditionsliebe
die alten Rituale beibehalten, aber wirklich geglaubt werden sie heute kaum noch von den
Pfarrern. Die Kirche ist tot. Das erkennen immer mehr Menschen und treten aus der Kirche
aus. Bald wird das ganze System zusammenbrechen so wie die ehemalige DDR, weil es nicht
mehr finanzierbar ist. Vor 10 Jahren hat Helmut Kohl dem Egon Krenz noch die Hand
geschüttelt und heute sitzt Letzterer auf der Anklagebank. So ähnlich wird es auch der
Kirche einmal ergehen: Heute schmeicheln die Politiker noch den Kirchenfürsten, aber in
10 Jahren schon werden die Bischöfe auf den Fluren der Arbeitsämter sitzen.
Liebe Grüße
Simon
Von Heike am Dienstag, den 9. November, 1999 - 08:11:
So ähnlich wird es auch der Kirche einmal ergehen: Heute schmeicheln die Politiker
noch den Kirchenfürsten, aber in 10 Jahren schon werden die Bischöfe auf den Fluren der
Arbeitsämter sitzen.
Dein Wort in "Gottes" Ohr ;-)). Ich bin da etwas pessimistischer.
Von Frank Welker am Dienstag, den 9. November, 1999 - 12:35:
Bevor ihr jetzt alle auf dem Grab der Kirche tanzt noch eine Anmerkung von mir. Ich
glaube nicht, dass die Kirche an Macht verloren hat und ich glaube nicht, dass sie sich in
näherer Zukunft auflösen wird. Natürlich ist der Machtverlust der Kirchen in Europa
unstrittig, aber der Papst denkt längst wie seine Kumpane aus der Wirtschaft, global. Den
Vatikan interessiert doch nur noch am Rande was in Europa passiert. Seine Schwerpunkte
sind längst Südamerika und vor allem Afrika. Hier hat die kath. Kirche eine Unmenge
ungebildeter Menschen ausgemacht, die auf ihre Drohbotschaft noch hereinfallen. Und warum
weilt der Papst wohl gerade in Indien? 700(ob die Zahl noch stimmt?) Millionen potentielle
Kunden!
Der nächste Kreuzzug könnte von Afrika aus nach Europa ziehen, um dort die abgefallenen
Europäer zu rechristianisieren. Also Leute, immer mal wieder die Käseglocke über Europa
hochheben und nach draussen schauen.
Von
Fridolin am Dienstag, den 9. November, 1999 - 19:38:Hallo Frank,
ich glaube auch nicht, dass die kirchen so schnell verschwinden. Ihr hauptinteresse ist
es, den freien Menschen an der Entfaltung seiner Sexaulphantasien zu hindern. es wird
immer menschen geben, deren schwanz zu klein ist. Die laufen den Kirchen in die Arme. Am
schlimmsten finde ich die feigen versuche ,den Sex zu torpedieren, indem man alle Formen
der Kindersexualität miesmacht. Erst kommen die kleinen dran, und dann die großen.
Reiche oder wie er hieß, hat mal gesagt, nur die sexuelle Revolution kann die
gesellschaft befreien. Im Orgasmus liegt mehr Sprengstoff als in der DKP oder PDS. Wenn
die sexuelle Revolution gesisgt hat, gibt es keine Kirche mehr. Aber vorher muß der
Steuerzahler eine kostenlose Schwanzverlängerung für die zukurzgekommenen finanzieren.
Und das werden die Pfaffen wieder boykottyren. Mist, wo man hinguckt Mist.
Fridolin - Atheistenforum deutschland
Von Franz-Xaver am Dienstag, den 9. November, 1999 - 22:58:
Friedolin,
in dem Du die Kirche bekämpfst machst Du den gleichen Fehler, alles auf Sex zu verengen.
Franz-Xaver
Von
Simon am Mittwoch, den 10. November, 1999 - 18:57:Friedolin,
Du solltest wirklich endlich mal ein paar Bücher lesen, denn Deine hohlen Phrasen von
kirchlicher Prüderie,Penisneid und sexueller Revolution sind so dermaßen dumm, daß sie
keinen Kommentar verdienen.
Simon
Von
Fridolin am Freitag, den 12. November, 1999 - 20:15:Simon,
der Atheismus ist doch ganz einfach, das kann doch jedes Kind begreifen. 1. Das Universum
ist zufällig 2. Es gibt keine Wahrheit -Das sind die beiden grundannahmen des Atheismus
und kein vernünftiger Mensch wird sie bezeifeln. daraus folgt mit Notwendigkeit. Aus 1:
Nichts hat einen Wert. Natürlich gibt sich der Mensch selbst Werte(subjektiv), aber
objektiv ist alles wertlos. Subjektive Werte stammen aus dem Überlebenstrieb und sind
Waffen zur Selbsterhaltung. Insofern sind sie OK, aber man muß sie durchschauen, um sich
nicht von ihnen gängeln zu lassen. Weiter: Der mensch hat keinen Wert (nur ich habe einen
Wert für mich- so sagt es jeder mit recht). Wenn du tot bist, machen sie aus dir
Baumaterial, wie in Hessen, wo die Reste aus den Krematorien zu einer Baufirma nach
Duisburg versand werden.Das ist OK, denn du bist objektiv wertlos.
Aus 2: Wenn es keine Wahrheit gibt, kann jeder seine eigene Wahrheit haben. Und auch seine
eigene Moral. Im Vordegrund stehen die legitimen Interessen meiner Gene und meines
Eigennutzes. Das wichtigste Lustgefühl meines Eigennutzes ist der Sex. Also kulminiert
der wirkliche Atheismus in der Erkenntnis der grenzenlosen Freiheit. Bei mir wird daraus
Sex, bei anderen etwas anderes zb Fressen, Saufen, Bücher schreiben, Nasenspray einatmen,
Kinder ficken, Nazibanden gründen, Priester werden. Alles gleich sinnlos, aber für das
Individuum sinnvoll. Gott gibt es darin nicht, denn wo willst du ihn unterbringen? So
einfach ist es, und doch werde ich dafür immer wieder angegriffen und als Spinner
hingestellt, - und zwar von Atheisten. das zeigt, dass diese Leute in Wirklichkeit immer
noch theologisch denken.
Fridolin- Atheistenzentrum Deutschland
Von
Fridolin am Freitag, den 12. November, 1999 - 20:17:Simon,
der Atheismus ist doch ganz einfach, das kann doch jedes Kind begreifen. 1. Das Universum
ist zufällig 2. Es gibt keine Wahrheit -Das sind die beiden grundannahmen des Atheismus
und kein vernünftiger Mensch wird sie bezeifeln. daraus folgt mit Notwendigkeit. Aus 1:
Nichts hat einen Wert. Natürlich gibt sich der Mensch selbst Werte(subjektiv), aber
objektiv ist alles wertlos. Subjektive Werte stammen aus dem Überlebenstrieb und sind
Waffen zur Selbsterhaltung. Insofern sind sie OK, aber man muß sie durchschauen, um sich
nicht von ihnen gängeln zu lassen. Weiter: Der mensch hat keinen Wert (nur ich habe einen
Wert für mich- so sagt es jeder mit recht). Wenn du tot bist, machen sie aus dir
Baumaterial, wie in Hessen, wo die Reste aus den Krematorien zu einer Baufirma nach
Duisburg versand werden.Das ist OK, denn du bist objektiv wertlos.
Aus 2: Wenn es keine Wahrheit gibt, kann jeder seine eigene Wahrheit haben. Und auch seine
eigene Moral. Im Vordegrund stehen die legitimen Interessen meiner Gene und meines
Eigennutzes. Das wichtigste Lustgefühl meines Eigennutzes ist der Sex. Also kulminiert
der wirkliche Atheismus in der Erkenntnis der grenzenlosen Freiheit. Bei mir wird daraus
Sex, bei anderen etwas anderes zb Fressen, Saufen, Bücher schreiben, Nasenspray einatmen,
Kinder ficken, Nazibanden gründen, Priester werden. Alles gleich sinnlos, aber für das
Individuum sinnvoll. Gott gibt es darin nicht, denn wo willst du ihn unterbringen? So
einfach ist es, und doch werde ich dafür immer wieder angegriffen und als Spinner
hingestellt, - und zwar von Atheisten. das zeigt, dass diese Leute in Wirklichkeit immer
noch theologisch denken.
Fridolin- Atheistenzentrum Deutschland
Von
stefan am Samstag, den 13. November, 1999 - 19:52:frido,
deine erkenntnisse kann man vielleicht so wenig wiederlegen wie einen gott, aber was
sollen sie dir bringen? denn nur darauf kommt es an,
effektivitaet fuer den menschen und die menschheit.
Von
Simon am Sonntag, den 14. November, 1999 - 02:19:Fridolin,
Du nennst Deine Thesen ehrlicherweise "Grundannahmen", aber für
"vernünftige Menschen" gibt es dennoch viel Grund , diese
anzuzweifeln."Der Mensch hat keinen Wert, nur ich hab einen Wert", das ist
plumper Darwinismus, dessen sich übrigens auch die Nazis bedienten. Auch Aleister
Crowley, der Autor der "Tu was Du willst"-Philosophie, war Darwinist, aber er
war auch ein tief religiöser Mensch: er stammte aus einer streng puritanischen Familie,
war in seiner Jugend ein frommer Christ und wurde später zum Satanisten. Eine ähnliche
Biographie hatten auch Marx und Engels. Sie alle brauchten Gott, zumindestens als Gegenpol
zu ihren neuen Theorien. Und sogar Nietzsche schrieb einmal: "Des Nachts wandert der
Gottesleugner um das Grab seines toten Gottes herum" ("Also sprach
Zarathustra"). Auch der Atheismus ist eine Form der Religiösität.
Mal eine ganz persönliche Frage: Bist Du pädophil?
Gruß Simon
Von
Fridolin am Sonntag, den 14. November, 1999 - 12:51:Stefan, Simon,
es ist doch wurscht, ob es Leute gibt, die Darwinisten sind und genauso denken. Was
wichtig ist, das das richtig gedacht ist. Oder will einer einen wirklichen Grund nennen,
warum dieses atheistische Denken falsch ist? Willst du wirklich annehmen, es gäbe etwas,
was wertvoll ist, wenn doch das ganze Universum sinnlos und wertlos ist? Wert ist doch
immer Ideologie, nur ich kann selbst an mir nachprüfen, dass ich wertvoll für mich bin.
Bei anderen ist das eine bloß Behauptung, die aufstellen.Da es aber keine Wahrheit gibt,
kann ich nicht nachprüfen, ob das wirklich stimmt. Also vergiß es. was ist daran falsch?
Natürlich werden in der Gesellscgaft laufend irgendwelche Werte beschworen. das ist
wichtig für die Msse, die muß ruhig gestellt werden. Die muß dumm und gläubig gehalten
werden. Nietzsche hat sich nicht täuschen lassen.
Fridolin-Atheistenzentrum
Oktober 1999, Der Humanist
erstellt von Heike Jackler