Chen Kaige: Kinder des Drachen Eine Jugend in der Kulturrevolution
Inhalt:
Chen Kaige schildert in fünf Kapiteln die Geschichte seines
Lebens seit frühester Jugend und besonders die Jahre zwischen
1966 und 1972, die Zeit der Großen Proletarischen
Kulturrevolution. Als Kind einer Künstlerfamilie erlebte
er den politischen und gesellschaftlichen Wandel in der
Volksrepublik China als Opfer und Täter, der erhebliche Schuld
auf sich geladen hat. Die Aufarbeitung persönlicher Schuld und
die Suche nach einer individuellen Identität in der
identitätslosen chinesischen Gesellschaft im Umfeld der bis
heute kaum ernsthaft rezipierten Kulturrevolution stellen eine
wesentliche Antriebskraft für sein künstlerisches Schaffen als
Filmemacher und Autor dar. Sein filmisches Werk ist leitmotivisch
mit Metaphern und Symbolen durchzogen, die sich unmittelbar aus
seiner Biographie und den kommunistischen Verhältnissen, unter
denen er aufgewachsen ist, speisen und unter Umgehung der Zensur
kritisch auf diese abzielen.
Darüber hinaus zieht er in seinen Filmen wie in der
Autobiographie eindrucksvoll einen Bogen von der heutigen
Gesellschaft zu den jahrtausendealten konfuzianischen
Traditionen, die weiterhin die Herrschaft durch eine
selbsternannte Funktionärsschicht legitimieren. Aus diesem Grund
ist Chen Kaiges Autobiographie ebensowenig nur der Bericht eines
kritisch beobachtenden Augenzeugen wie die Beichte eines
berühmten Regisseurs über die Jahre seiner Jugend. Vielmehr
stellt sein Buch in erster Linie sowohl eine Reflexion über die
Rolle des Individuums in Massenbewegungen wie der
Kulturrevolution als auch eine kulturkritische Studie über die
chinesische Gesellschaft dar.
...Die Kulturrevolution als politisches Ereignis ist
etwas, das man sehen kann, aber es gibt viele Dinge dahinter, die
man nicht sehen kann.
Da liegen die Gründe dafür, daß die Kulturrevolution zum
Normalzustand, zum chinesischen Alltag werden konnte ... Sie ist
unser Leben, und das wird bis zu unserem Lebensende so bleiben,
weil wir in dieser Zeit aufgewachsen sind. Wir waren Fanatiker;
wie religiöse Fanatiker, nur haben wir an Mao geglaubt...
Autor:
Geboren 1952 in Peking in einer Familie von Filmschaffenden.
Der Vater, ehemaliger Angehöriger der Kuomintang, gilt als
reaktionäres Element. Ab 1965 Besuch der
Mittelschule bis zum Ausbruch der Kulturrevolution im Sommer
1966. Danach kulturrevolutionäre Aktivitäten in Peking. Von
1968 bis 1972 Arbeitslager auf einer Kautschukplantage in der
Provinz Yunan an der Südgrenze Chinas.
Anschließend Militärdienst. Nach dem Sturz der
Viererbande Rückkehr nach Peking 1978 und Studium an
der Pekinger Filmhochschule. Bereits Chen Kaiges erster Film
GELBE ERDE findet international Anerkennung. Weitere Filme: DIE
GROSSE MILITÄRPARADE, KÖNIG DER KINDER, DIE WEISSAGUNG. Nach
der Niederschlagung der Demokratiebewegung im Frühsommer 1989
verläßt Chen Kaige Peking und geht nach New York, wo er Kinder
des Drachen schreibt. Das Buch, das in Japan und Taiwan
erscheint, wird in der VR China verboten.
Zu Beginn der neunziger Jahre Rückkehr nach Peking zu den
Dreharbeiten des Films LEBEWOHL MEINE KONKUBINE, der 1993 in
Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wird.
Lebt in Peking.
Gustav Kiepenheuer ISBN: 3-378-00564-5
Erstellt von Christian Barduhn | Titelliste: Film | Index | Der Humanist |