Gerhard Czermak: Christen gegen Juden Geschichte einer Verfolgung: Von der Antike bis zum Holocaust, von 1945 bis heute
Inhalt:
Fast 2000 Jahre währt nun die Geschichte des Christentums und
mit ihr die Geschichte der wechselvollen Beziehungen zwischen
Christentum und Judentum. Es ist in weiten Teilen eine Geschichte
unnachsichtiger Unterdrückung und grausamer Verfolgung, die
schließlich im Holocaust gipfelte. Und es ist, trotz der
umfangreichen Literatur zur Geschichte der Judenverfolgungen,
eine verdrängte Geschichte. Denn noch immer neigen die Kirchen
dazu, ihren Anteil am Leiden des jüdischen Volkes zu leugnen,
die Verantwortung abzuschieben an einzelne Personen, anonyme
gesellschaftliche Kräfte oder staatliche Instanzen. Sie möchten
nicht wahrhaben, worauf sie in anderen Zusammenhängen eher stolz
sind: Die christlichen Kirchen haben die europäische Geschichte
und Kultur seit dem vierten Jahrhundert nachhaltig geprägt. Die
Nähe von Thron und Altar, die Verquickung von weltlicher und
kirchlicher Macht haben das politische und geistige Leben Europas
nahezu eineinhalb Jahrtausende beherrscht. Doch die Verantwortung
bleibt durchaus nicht so allgemein und mittelbar; sie reicht
weiter und oft bis hin zur Mittäterschaft des Pogromhetzers,
wenn nicht sogar zur unmittelbaren Täterschaft des Verfolgers.
Gerhard Czermaks Buch wendet sich an den engagierten Christen,
der in der Geschichte der Kirchen nicht nur Erbauung und
Rechtfertigung seines christlichen daseins sucht, sondern sie
auch und gerade in ihren schrecklichen Seiten als
Quelle der Einsicht verstehen möchte; es wendet sich an jeden
historisch interessierten Leser, der besser verstehen lernen
möchte, welche Kräfte den Grund und die Anstöße für die
zweitausendjährige Verfolgung der Juden gelegt und gegeben
haben. In der Fülle der Literatur zu Antisemitismus und
Judenverfolgung ist Czermaks Buch das erste, das die ganze, für
die Judenheit so leidvolle Geschichte des jüdisch-christlichen
Verhältnisses ausbreitet von den Lehren des Neuen
Testaments bis hin zur Vergangenheitsbewältigung der
Kirchen nach dem Holocaust. Den Schwerpunkt legt er dabei auf das
neunzehnte und zwanzigste Jahrhundert. Denn der moderne
Antisemitismus, der aus mancherlei Quellen schöpfte, seine
stärkste Kraft jedoch aus der christlichen Wurzel zog, bildete
die Grundlage der rassistischen Naziideologie. Und der
nazistische Judenhaß fand eine wenn auch gemäßigtere
Parallele im christlichen Antijudaismus, der wesentlich
dazu beitrug, daß die Christenheit über den großen Mord am
jüdischen Volk hinwegsah. Bis zum heutigen Tag neigt sie dazu,
die Mitschuld der Kirche zu verdrängen, anstatt sie zu
reflektieren und durch tätige Reue zu sühnen.
Eichborn ISBN: 3-8218-1133-1
Erstellt von Christian Barduhn | Titelliste: Religion | Index | Der Humanist |