Karlheinz Deschner:  Kriminalgeschichte des Christentums  Band 4: FrühmittelalterInhalt:
Der vierte Band setzt die Kriminalgeschichte des
		Christentums fort: von der katholischen Taufe König
		Chlodwigs I. um 500 bis zum Tode Karls des Großen
		814.
		Diese ersten dreihundert Jahre des Frühmittelalters waren eine
		Zeit des turbulenten Aufbruchs und Umbruchs, aber auch des
		Fortwurstelns, eine Zeit, wild und blutbefleckt wie kaum eine,
		und doch weihrauchgeschwängert, in der das Abendland, Europa,
		Deutschland entstehen.
		Es kommt zur Abspaltung von Byzanz, der Ostkirche. Der Krieg mit
		dem Islam beginnt. In Rom mausern sich die Päpste zu mächtigen
		Herrschern, die sogar gegen den Kaiser rebellieren.
		Ganz Gallien leidet unter den Raubzügen der Merowinger. Chlodwig
		begründet mit singulärer Brutalität das Fränkische Reich. Die
		Langobarden fallen in Italien ein. In Spanien werden die
		Westgoten unter blutigen Aufständen katholisch.
		Papst Gregor I., der Große, der einzige Papst des
		Mittelalters und der Neuzeit mit dem Titel eines Kirchenlehrers,
		ist ein Law-and-order-Typ, ein Mann der doppelten Moral, der
		immer wieder Buße predigt und den nahe bevorstehenden
		Weltuntergang, selbst aber die Ausbreitung päpstlicher Macht um
		jeden Preis betreibt, wozu er Kerker und Folter, Geiselnahme und
		Plünderungen empfiehlt, doch auch mit Bestechungen,
		Steuererleichterungen, papalen Renten zu operieren versteht und
		neben all seinen Attacken auf Schismatiker, Ketzer und Heiden
		noch Zeit findet, Werke zu schreiben, die von Geistlosigkeit,
		Aberglauben, Banalität und Absurdität strotzen.
		Bonifatius (sein Name bedeutet Wohltäter) wurde zur
		Bonanza für die Päpste  Sankt Gregor III. nennt ihn ganz
		unverhüllt talis commercii lucrum, ein profitables
		Großgeschäft. Im Auftrag des Heiligen Stuhls katholisiert der
		Apostel der Deutschen die germanischen Völker, indem
		er vor allem das nichtrömische Christentum austilgt.
		Die Raubzüge, fast Jahr um Jahr, der Franken dauern fort, bis
		Pippin III. die päpstlichen Kriegswünsche auch gegen die
		Langobarden erfüllt und durch einen offenkundigen Rechtsbruch
		die Merowinger beseitigt, was ihm die Königskrone und dem
		Papsttum den Kirchenstaat einträgt, den man gleichzeitig durch
		den größten Betrug der Geschichte legalisiert, die
		berüchtigte Konstantinische Schenkung.
		Den Abschluß des vierten Bandes bilden die Kapitel über Karl,
		den sogenannten Großen: seine widerrechtliche Alleinherrschaft,
		seine opportunistischen Beziehungen zu den Päpsten, seine
		Zerschlagung des Langobardenreiches auf päpstliches Drängen,
		seine überaus blutige dreißigjährige Schwertmission
		bei den Sachsen, seine Zerstörung des Awarenreiches. In
		sechsundvierzigjähriger Regierung unternimmt er fast fünfzig
		Feldzüge gegen die Friesen, die Bayern, Slawen, Basken, die
		Araber in Spanien, die Byzantiner in Süditalien. So entsteht
		unter Carolus Magnus durch Schlachten, Unterjochen, Versklaven
		das Imperium christianum, das Regnum sanctae
		ecclesiae, das Abendland, Europa  fast so groß wie
		das Weströmische Reich. Und Karl wird heiliggesprochen.
Verbrechen im Schein der Heiligkeit
		Der Moralist Karlheinz Deschner und seine Kriminalgeschichte
		des Christentums
Sein treibendes Motiv für die Kriminalgeschichte formulierte
		er einmal mit den Worten: Mich empört das Verbrechen, das
		im Schein der Heiligkeit auftritt. Und scheinheilig ist das
		Verbrechen gemäss Deschner zu allen Zeiten aufgetreten, auch im
		Frühmittelalter, das er im neuesten Band behandelt. Es ist die
		Zeit, in der das Abendland entstand, sich das Merowinger- und
		Karolingerreich herausbildete, das Rom der Cäsaren zu
		einer Pfaffenstadt wurde, die barbarischen Germanen
		christianisiert wurden, kurz: eine Zeit, die sich im
		Blutrausch fortwälzt...
		Deschner will mit seiner Kriminalgeschichte nicht einfach
		Kirchengeschichte schreiben, sondern die Historie des
		Christentums, die Geschichte christlicher Dynastien,
		christlicher Fürsten, Kriege und Scheusslichkeiten.
		Der herkömmlichen Geschichtsschreibung hält er vor, dass sie in
		weiten Teilen die nationalstaatlichen und imperialistischen
		Interessen der jeweils Herrschenden übernimmt, also den
		Unterdrückern hofiert, eine Geschichte der grossen Männer
		schreibt. Dass die staatlichen Historiker die Eroberungen Karls
		des Grossen einfach Expansionen, Eingliederungen
		in den Herrschaftsbereich oder Befriedung von
		Grenzvölkern nennen, geht nach Deschner nicht an, wo doch
		der Sachsenschlächter Karl so gut wie
		pausenlos (die Winter meistens ausgenommen) geschlachtet,
		unterjocht, versklavt hat, dass er nichts so sehr war wie
		Krieger, Eroberer, Mörder und Räuber. Solange die
		übergrosse Mehrzahl der Historiker vor solch hypertrophen,
		welthistorischen Bestien und all ihrer Nachbrut fort und fort auf
		dem Bauch liegtu, schreibt Deschner im Kapitel über
		Karl-Vorfahre König Chlodwig, so lange wird auch die
		Geschichte verlaufen, wie sie verläuft.
Michael Meier
		Tages-Anzeiger
Zürich, 12. Januar 1994
Autor:
Karlheinz Deschner, geboren 1924 in Bamberg. Im Krieg Soldat; studierte Jura, Theologie, Philosophie, Literaturwissenschaft und Geschichte. Sein Roman Die Nacht steht um mein Haus (1956) erregte Aufsehen, das sich ein Jahr später bei Erscheinen seiner Streitschrift Kitsch, Konvention und Kunst zum Skandal steigerte. Seit 1958 veröffentlicht Deschner seine entlarvenden und provozierenden Geschichtswerke zur Religions- und Kirchenkritik. Für sein aufklärerisches Engagement und für sein literarisches Werk wurde Deschner 1988  nach Koeppen, Wollschläger, Rühmkorf  mit dem Arno-Schmidt-Preis ausgezeichnet, im Juni 1993  nach Walter Jens, Dieter Hildebrandt, Gerhard Zwerenz, Robert Jungk  mit dem Alternativen Büchnerpreis und im Julie 1993  nach Andrei Sacharow und Alexander Dubcek als erster Deutscher  mit dem International Humanist Award.
Rowohlt  ISBN: 3-498-01300-9
| Erstellt von Christian Barduhn | Titelliste: Religion | Index | Der Humanist |