Offener Brief an den Ökumenischen Arbeitskreis
"Homosexuelle und Kirche" (HuK)
von Reiner Käsberger
Der folgende Text ist ein Offener Brief von Reiner Käsberger aus Leipzig an den Ökumenischen Arbeitskreis "Homosexuelle und Kirche" (HuK). In dem Brief begründet er seinen Austritt aus dem kirchlichen Arbeitskreis, dem er mehrere Jahre angehörte. Reiner Käsberger kann per E-Mail kontaktiert werden.
An den
Ökumenischen Arbeitskreis
"Homosexuelle und Kirche" (HuK)
Offener Brief
Im folgenden Text befasse ich mich zunächst mit dem Verhältnis von Kirche und Staat, wobei dies einen Blick in die Geschichte erfordert. Es geht vor allem um jene Argumentationen, bei denen mit Rückgriff auf die Bibel das heutige Menschenbild und Rechtsverständnis angegriffen wird. Dafür finden sich in den HuK-Infos genügend Beispiele, und im Zusammenhang mit gleichgeschlechtlicher Liebe brauche ich Euch kaum die einschlägigen Stellen benennen. Des weiteren gebe ich meine Wahrnehmung der Bergpredigt als zentralem Text christlichen Glaubens wieder. Darin liegt auch der Schlüssel für meine völlige Ablehnung des Christentums.
Kirche und Staat
Die christlichen Kirchen beanspruchen für sich, über ein göttlich offenbartes Wissen
über die Menschen und ihr Leben zu verfügen. Daraus leiten sie Anweisungen bezüglich
der menschlichen Gemeinschaft und jene Normen ab, welche das Zusammenleben der Menschen
einer von "Gott" vorgegebenen Regulation unterwerfen. Das Christentum
konstituiert sich in einer bestimmten Epoche und beruft sich auf die Verkündigung des
"Wort Gottes", überbracht durch seinen "Sohn" Jesus. Diese
Verkündigung, festgehalten im Neuen Testament, wird in Verbindung mit jüdischen
Geschichtsbüchern und Rechtsquellen (Moses, Altes Testament) zur Grundlage der
Gesellschaftsordnung, die unabhängig von Raum und Zeit Gültigkeit besitzt. Es ist keine
dem Menschen oder Gruppen freigestellte Möglichkeit, frei zu wählen oder andere
Normensysteme zu etablieren, wenn sie sich nicht in Gegensatz zu der "göttlichen
Ordnung", verkündet in den biblischen Texten, bringen wollen.
Für Christen folgt daraus, dass menschliches Tun und Lassen bis zum heutigen Tage sich
messen lassen muss an Vorschriften und Aussagen der Bibel. In Veröffentlichungen von
Kirchen und Theologen lässt sich nachlesen, wie aktuelle Themen im Zusammenhang mit
biblischen Textstellen bewertet und beurteilt werden.
Die Frage, die sich mir stellt ist: kann man Gesetzestexte und "Offenbarungen",
die bis zu 2500 Jahre alt sind, zum Massstab nehmen für gegenwärtige Gesellschaften und
kann man so einfach davon ausgehen, dass dies schon seine "göttliche"
Richtigkeit hat?
Die mosaischen Gesetze beziehen sich auf eine konkrete Gesellschaft in einem bestimmten
raum-zeitlichen Umfeld und verweisen zu ihrer Legitimation auf einen göttlichen Ursprung.
Dies ist im Vergleich zu Gesetzestexten anderer Gesellschaften dieser Zeit nichts
Ungewöhnliches. Unterschiede in Genese und Entwicklung von Gesellschaftsordnungen, je
nach Entwicklungsstand der Kultur, stehen in Wechselwirkung zu den allgemeinen
Lebensbedingungen (Klima, Geographie, Transportmöglichkeiten, Besiedlungsdichte,
natürliche Ressourcen, Handel, Art und Weise interkultureller Kontakte). Niemand in
Europa würde vernünftigerweise auf die Idee kommen, indische oder chinesische
Rechtssysteme einzuführen, und diese sind nun auch des Ergebnis tieferer Weisheit. Im
Vergleich mit den Zivilisationen Ägyptens, Griechenlands und zuletzt des Römischen
Imperiums, bilden die Stämme Israels einen kleinen und introvertierten Kulturkreis.
Dementsprechend sind die Anforderungen an Regelungskomplexität und Bürokratie geringer
als in den vergleichbaren Hochkulturen dieser Zeit.
Verständlich ist, dass das frühe Christentum, da noch als Variante des Judentums zu
bezeichnen, an der ererbten Tradition festhielt. Mit dem Erfolg der Christen innerhalb des
römischen Reiches treten nun die alten Gesetze Israels in einen neuen, grösseren Rahmen,
für den sie gar nicht geschaffen sind. Das Christentum als eigenständige Religion
entwickelt nie einen konstitutionellen Rahmen menschlichen Zusammenlebens, welcher den
Anforderungen an die nun zur Staatsreligion mutierte Sekte gerecht werden kann.
Das Neue Testament ist in seiner Vagheit und Weltabgewandtheit nicht in der Lage,
Orientierung für das Heute und Morgen der Menschen zu stiften. Insofern bildet
fatalerweise das Alte Testament die Grundlage für die christliche Gesellschaftsordnung.
Die weltlichen Machtansprüche des Vatikans über Jahrhunderte hinweg (z.B. bei Thomas von
Aquin und Sir Robert Filmer) stützen sich auf alttestamentarisch legitimierte
Herrschaftsbeziehungen. Als dominierende Geisteshaltung zwischen Spätantike und Neuzeit
und mit politischer Macht ausgestattet, ist das Christentum verantwortlich für die
Entwicklung in dieser Zeit. Nach dem Untergang des Römischen Imperiums und dem Zerfall
seiner ökonomischen und agrarischen Infrastruktur, beginnt in Europa, bis in das 17.
Jahrhundert hinein, ein Zeitalter, das geprägt ist von periodischen Hungersnöten,
Glaubens- und Bürgerkriegen, sowie allgemeiner sozialer und rechtlicher Unsicherheit. Die
Intensität und Dauer dieser Epoche ist eine Folge der Bekämpfung griechisch- römischer
Kultur und ihrer rationalen Zivilisation durch die Kirche. Gleichzeitig läuft neben
diesen dekonstruktiven Prozessen ein monumentales Kirchenbau-"Programm". Die
Christenheit ist wohl in der Lage den "Turmbau zu Babel" geradezu in
Massenproduktion zu organisieren, nicht aber, die Lebensgrundlage ihrer Angehörigen zu
sichern. Ebenso ist die Kirche erfolgreich dazu fähig, mit größter Brutalität gegen
abweichende Minderheiten religiöser und sozialer Art vorzugehen, wie beispielsweise gegen
Albigenser, Sodomiter und "satansbesessene" Frauen und Männer.
Meine geistigen und moralischen Quellen entstammen dem Zeitalter der Aufklärung, deren
relevante Autoren sich, abhängig vom individuellen Mut, mehr oder weniger offen im
Gegensatz zur herrschenden christlichen Lehre befunden haben. Den Beginn dieser
philosophischen Moderne orientiere ich an der Drucklegung von Machiavelli's "Il
Principe" im Jahre 1532. Von den für mich wegweisenden Autoren Niccolò Machiavelli,
Thomas Hobbes, John Locke, Alexis de Tocqueville, Max Weber und anderen, möchte ich an
dieser Stelle nur einen zitieren, der wohl besser als andere in ein Schreiben an die HuK
passt: John Stuart Mill. Damit möchte ich aus dem Verhältnis zwischen den Ansprüchen
einer Gemeinschaft und den Rechten des Einzelnen heraus, den Unterschied zwischen meiner
Überzeugung und den Zwängen der Bibel verdeutlichen.
Mill beschäftigt sich in seinem Buch "Über die Freiheit" (1859), aus dem die
folgenden Zitate stammen, mit dem Verhältnis zwischen Gesellschaft und Individuum:
"Der stärkste aller Gründe gegen die Einmischung der Öffentlichkeit in rein persönliche Handlungen ist aber, dass sie der größeren Wahrscheinlichkeit nach fälschlich oder am falschen Platz erfolgt." [...]
"Jedoch die Meinung einer ähnlichen Mehrheit, die nur uns selbst angehen den Fragen der Minderheit als Gesetz aufgezwungen, ist mit ebensoviel Wahrscheinlichkeit eher falsch als richtig." (S. 115)
"Wo immer die Puritaner ausreichend mächtig waren,(...) haben sie sich mit beträchtlichem Erfolg bemüht, alle öffentlichen und nahezu alle privaten Belustigungen zu unterdrücken. [...] Wie würde es dem übrigen Teil der Gesellschaft gefallen, wenn ihnen nur die Vergnügungen erlaubt würden, die dem religiösen und moralischen Maßstab der strengeren Calvinisten und Methodisten entsprechen? Würden sie nicht mit ziemlichem Nachdruck von diesen zudringlichen frommen Mitgliedern der Gesellschaft verlangen, dass sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern? Genau das sollte jeder Regierung, jeder Öffentlichkeit gesagt werden, die sich anmaßt, jemandem ein Vergnügen zu untersagen, weil sie es nicht für richtig hält." (S. 119,120)
"Unzucht z.B. muss geduldet werden, ebenso Glücksspiel" (S. 136).
"Nichteinmischung in das freie Handeln eines Menschen - außer wenn es die Sache eines Dritten betrifft - ist die Achtung vor seiner Freiheit." (S. 141)
Gegenüber den Vorschriften der Bibel, die regulierend bis in das
Intimleben des einzelnen eingreifen, nimmt Mill eine deutliche Gegenposition ein. Wenn ich
für das eine bin, kann ich das andere nur ablehnen. Diese Positionen sind unversöhnlich,
denn, und dies sollte man bedenken, weil sich Mill, neben vielen anderen Denkern, in einer
bewussten Opposition gegen die Kirchen und die Bibel befunden hat.
Wenn ich aktuelle Diskussionen verfolge, wird mir bewusst, dass es die Notwendigkeit
solcher Opposition gegen die Kirche bis heute gibt. Die Konstruktion einer rechtlichen
Verbindung von sogenannten Amtskirchen mit dem Staat ist das zentrale übel für mich.
Dadurch überlagern sich zwei unterschiedliche Rechtssysteme und Rechtstraditionen mit
jeweils anderem Gesellschaftsentwurf innerhalb einer Gesellschaft. Deutlich wird das
Dilemma an der aktuellen Auseinandersetzung um die Schwangeren-Beratung zwischen Vatikan,
katholischer Kirche in der BRD und dem deutschen Staat. Die Kirche ist gefangen im
Widerspruch zwischen ihrer Rechtstreue gegenüber dem Staat einerseits und der Rechtstreue
gegenüber dem Vatikan andererseits. Dazu kommen noch die Erfordernisse einer effektiven
Beratung. An diesem Punkt stoßen die unvereinbaren Rechtsauffassungen der
jüdisch-christlichen Tradition mit dem herrschenden Staatsverständnis der Moderne
zusammen. Diese Realität gespaltener Loyalität wäre in jedem Fall ein unhaltbarer
Zustand in Hinblick auf die innere Stabilität und Funktionalität einer jeden
Gesellschaft.
Im Hinblick auf den mentalen Entwicklungsprozess seit Mill's Zeiten ist es ein Unding,
heutige Auseinandersetzungen um Moral, zwischenmenschliche Beziehungen und rechtes Leben
mit Hilfe von Normen und Vorschriften der Bibel bewerten zu wollen. Dies kann angesichts
der völlig verschiedenen materiellen und geistigen Bedingungen der Gegenwart und der
historischen Konstellationen und Abläufe die dahin geführt haben, zu keinem
vernünftigen und sinnstiftenden Ergebnis führen. Das Resultat solchen Tuns ist
Verhärtung und Unverständnis auf allen Seiten, vor allem zwischen den verschiedenen
christlichen Gemeinschaften, denn jede beruft sich auf ihre Gewissheit um ewige
Wahrheiten. Widerstreitende Auslegung bestimmter Bibelstellen stehen sich unüberbrückbar
gegenüber, wobei mir die konservativen Auslegungen logischer und ehrlicher erscheinen. Es
kommt mir so vor, als würden die liberalen Christen und Gruppen ein verzweifeltes Hin-
und Her-Drehen der Bibel betreiben, um sie irgendwie auf den Stand der Neuzeit zu bringen
und sie mit einem Menschenbild und Rechtsverständnis vereinbar zu machen, welches seine
Wurzeln nun mal in vorchristlichen Zeiten und dezidiert antichristlichen
Geistestraditionen der Neuzeit hat. Diese Versuche können keinen Erfolg haben, es sei
denn in der Weise, wie die Reformversuche Gorbatschows nicht zur Rettung, sondern zum
Untergang der Sowjetunion beigetragen haben. Die am Selbsterhalt interessierte
bürokratische Institution "Kirche" kann kaum ein reformiertes
"Christentum" hinnehmen, welches seine eigenen Wurzeln und seine Legitimation
auflöst und ihre eigene Tradition als eine Geschichte des Scheiterns bloßstellt. Der
missglückte Versuch eines "mea culpa" des Papstes mag dafür als Beispiel
dienen.
Eine Geschichte, die, gemessen am herrschenden Recht, einen Weg beschreibt, der nun eher
für eine Anklage vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Anstiftung, Beihilfe und
Vollendung von Mord, Folter, Völkermord und Freiheitsberaubung gut wäre, als für einen
Weg zur Seligkeit.
Ich verstehe das Festhalten an einer Idee nicht, die im Kern keine Vorschläge machen
kann, wie Menschen sicher und gedeihlich ihr Zusammenleben organisieren können, sondern
die von Beginn an zu Spaltung und Feindschaft zwischen Christen führt und die nicht Sinn,
sondern Verwirrung stiftet. Hier sehe ich den entscheidenden Unterschied zur politischen
Philosophie, auf deren Basis ich stehe, und die gänzlich unvereinbar ist mit dem
Christentum. Das Fatale ist, dass die Vermittlung von Werten und Normen unserer
Gesellschaft in der Schule von einer amtskirchlichen Sicht dominiert wird, die ein
falsches Bild der Entstehung der europäischen Staatenwelt und den geistigen Kämpfen seit
dem 16. Jahrhundert. vermittelt. Die tatsächliche Inhumanität des Christentums
wird durch diesen Einfluss der Amtskirchen verschleiert und letztlich in sein Gegenteil
verkehrt. So kommt es, dass sich die HuK in der paradoxen Lage befindet, Homosexualität
gegenüber der Christenheit rechtfertigen zu müssen und die inkriminierenden Bibelstellen
umdeuten muss, obwohl die Christen selbst diejenigen sind, die ihre Lehre und die daraus
resultierenden Vorurteile zu rechtfertigen haben. Sie stehen schließlich im Widerspruch
zum Geist der Humanität und zur herrschenden Gesellschaftsordnung. Die Rollen von
Bittsteller und "gnadengewährendem" Klerus sind ver tauscht.
Anmerkungen zur Bergpredigt
Wenn ich mich meiner eigenen christlichen Sozialisation seit der Grundschule erinnere und
das im Religionsunterricht gehörte in Bezug setze zu meinem heutigen Kenntnisstand, wird
mir dies bewusst. Am Anfang steht die Vermittlung der Person Jesu, sein Wirken, seine
göttliche Abkunft nach den Überlieferungen der Evangelien. Diese
"Wundergeschichten" eignen sich natürlich hervorragend zur Konditionierung
kleiner Kinder im Sinne der Kirchen. Diese Form staatlich gestützter Seelenfängerei
schafft eine mentale Abhängigkeit, aus der herauszukommen nicht eben leicht ist. Worin
soll denn die Berechtigung zur Zwangschristianisierung via Kindstaufe und religiöser
Indoktrination von Kindern liegen? Wenn ich heute das Matthäus-Evangelium lese, packt
mich das Grauen: die Bergpredigt ist ohne jeden Zweifel ein Meisterstück politischer
Rhetorik - eine Ansammlung von Platitüden, vagen Heilsversprechungen,
Widersprüchlichkeiten, Verantwortungslosigkeit bis hin zur Anstiftung zum Mord.
Wie hält es dieser Matthäus-Jesus mit den Gesetzen der Alten? Einerseits bestätigt er
diese und fordert Gericht und Strafe, andererseits ruft er dazu auf, nicht zu Verurteilen
(Mt 5; 17,18,22,39 i.V.m. Mt 7; 1-3). Das erinnert an einen christlichen Bundeskanzler,
der ein Gesetz zur Parteienfinanzierung unterschreibt und anschließend absichtsvoll und
systematisch gegen eben dieses Gesetz verstößt. Solches Reden und Handeln stiftet keinen
Frieden, sondern Doppelmoral, Gleichgültigkeit und am Ende Gewalt. Jesus der Opportunist.
Wohin führt eine Geisteshaltung, die zur Sorglosigkeit gegenüber der Zukunft, der
Nahrungsmittelversorgung und anderer lebensnotwendiger Bedürfnisse aufruft? Diese
Mentalität findet sich wieder in der hemmungslosen Ausbeutung der materiellen Grundlagen
menschlichen Seins und einer kannibalistischen Shareholder-Value- Ideologie (Mt 6; 25,26).
Jesus persönlich legitimiert das selbstzerstörerische Potential der kapitalistischen
Wirtschaftsweise. Jesus der Verantwortungslose.
Wie ist wohl das Gleichnis über die "schlechten Früchte falscher Propheten",
und das Verbrennen von Bäumen, die schlechte Früchte tragen, zu verstehen? Ich
sehe bei diesem Gleichnis vor meinem geistigen Auge, die Scheiterhaufen des Mittelalters
brennen. Die Inquisition hat sich auch genau auf diesen Passus gestützt [*1]. Diese
Stelle verträgt sich auch sehr gut mit dem Prinzip der Feindesliebe (Mt 7; 15-19 i.V.m.
Mt 5; 44,45). Jesus der Brandstifter.
Sehr interessant finde ich die Verführung Jesu in der Wüste und seine darauf folgende
Wundertätigkeit (Mt 4; 1-11 i.V.m. Mt 8; 2-4, 23-34 und Mt 9; 2-8, 27-34). Der
"Teufel" hat Erfolg, denn Jesus tut anschliessend genau dass, was ihm geraten
wurde; er tritt öffentlich als Wundertäter auf und überwindet sogar den Tod. Es ist
kein Wunder, dass diese Publicity ihm schliesslich den triumphalen Einzug als
"Messias" in Jerusalem beschert. Merkwürdig nur, dass dies so schnell in
Vergessenheit gerät und alle, die die Beweise für die Göttlichkeit Jesu erlebt haben,
ihn im Stich lassen. Nun, wie dem auch sei, als ein dem "Satan" verfallener
"Gottessohn" verdient er natürlich den Kreuzestod. Jesus der falsche Prophet.
Die schiere Unmöglichkeit das Kernstück christlichen Glaubens zu verteidigen, ist mir
durch die Lektüre von Robert Leichts Serie über die Bergpredigt und ihre Wirkung über
die letzten 2000 Jahre deutlich geworden (siehe "Die Zeit", Nr.14-21/1999). Nun
ist Robert Leicht für mich einer der besten politischen Journalisten der Bundesrepublik.
Die Klarheit seiner Worte ist ein wahres Juwel aufgeklärt-liberalen Denkens in unserer
Zeit. Gerade deshalb wirkt sein Blick auf diesen Bibeltext so auffällig verschwommen und
verklärt: "Die gesamte Auslegungsgeschichte ist im Grunde von diesem Widerspruch
geprägt, beides in eines zu denken, die Gültigkeit und die Unmöglickeit der
Bergpredigt". Zweifellos kann ein hellsichtiger Christ sich nicht den Schwierigkeiten
dieses Textes entziehen und Leicht müht sich redlich ab, nur wird mir nicht klar, was er
eigentlich sagen will. In seiner Not zieht er sich darauf zurück, allgemeine Behauptungen
über die Wirkung und Bedeutung der Bergpredigt aufzustellen, die nun wiederum völlig
unbegründet bleiben. Da heisst es:
"Wie kann die Bergpredigt zu einem Leittext unserer...Zivilisation geworden sein...?", "Selbst gegen den Strich gebürstet, ..., spürt man noch den Pathos des Urtextes" (Zeit Nr. 14/99); "Man könnte die Bergpredigt mit einem Juwel vergleichen...." und "es ist an uns, dieses Juwel zu fassen" (Zeit Nr.16/99); "...weshalb wagt dann niemand (und auch kaum jemand unter den nicht-gläubigen Lesern), sie als schlechterdings irrelevant beiseite zu schieben?", "Nach wie vor treibt sie die Menschen um, fasziniert und verstört ihr Programm auch Agnostiker", "Aber wer würde, umgekehrt, ernstlich sagen, ihre Welt wäre keine Alternative?" (Zeit Nr. 18/99).
Diese verallgemeinerten Behauptungen mögen auf diese und jene
zutreffen, auf mich jedenfalls nicht. Zum Stichwort "Leittext" ist zu sagen,
dass die formelle Bedeutung nicht mit der inhaltlichen Bedeutung verwechselt werden darf.
Ich kenne genug Menschen (bis vor wenigen Wochen galt das auch für mich!), die die
Bergpredigt als bedeutenden Text einstuften ohne ihn je gelesen zu haben, nur aufgrund
dessen, dass beispielsweise ein Religionslehrer dies eben so erzählt hat. Die Bedeutung
liegt (abgesehen vom harten Kern überzeugter Christen) nicht in bewusster Kenntnis,
sondern im beiläufigen Wissen um die Existenz dieses Textes. Analog möge man sich
vorstellen, dass die grosse Mehrheit aller Deutschen Goethe, Schiller, Beethoven und
Mozart als überragende Künstler einstufen, auch wenn sie freilich auf den Genuss ihrer
Werke verzichten (beispielsweise Goethes Glocke und Schillers Faust). Ähnliches gilt für
Kant, er mag ein noch so gern zitierter Philosoph sein und Politiker erstrahlen gerne im
Glanz seiner hehren Gesinnungsethik, de facto ist er aber einer der folgenlosesten Denker
der Neuzeit.
Die Diskussion einiger Seligpreisungen auf Basis der Serie von Robert Leicht möchte ich
beginnen mit "Selig sind die Sanftmütigen", meiner Konfirmationslosung. Dazu
meint Leicht scheinbar einleuchtend:
"Was man sich zu Unrecht, oder gar mit Gewalt nimmt, das wird man nicht in Frieden und auf Dauer besitzen. Fast wäre man versucht...einen aktuellen Blick auf den Balkan....zu werfen" (ZEIT Nr.16/99).
Ich fühle ich mich dabei mehr an die gewaltsame Expansion und
Landnahme durch Christen auf dem amerikanischen Doppelkontinent erinnert - Unrecht und
Gewalt gedeihen eben gut. Die ökonomische Dominanz des Westens ist auch kein Resultat
friedlichen und sparsamen Handelns, sondern in entscheidender Weise abhängig von
militärischer Überlegenheit. Auf diesem Auge (das die "bösen" Ursachen
unseres Wohlstandes sehen könnte!) sind auch Christen gerne blind - die "kleinen
Bösewichte" in Belgrad, Bagdad, Tripolis etc. sind gutgeeignete Sündenböcke, um
die großen Verbrechen wider die Menschheit zu kaschieren.
Eine Schlüsselstelle der Serie ist die Auseinandersetzung von Leicht mit Albert
Schweitzer (ZEIT Nr. 18/99):
"...stürzte sich (....) Albert Schweitzer auf eine theologische Beobachtung, indem er das Endzeitbewusstsein des Jesus von Nazareth hervorhob und die Bergpredigt allein als 'Interimsethik' für eine kurze Frist las. Damit sei 'festgestellt, dass es eine Ethik des Reiches Gottes für Jesus nicht gibt'.[....] 'Man unternehme es nicht, sie künstlich mit einer modernen Sozialethik auszugleichen. Sie ist ihrem Wesen nach individualistisch und weltverneinend. [....] Der Versuch, unsere Ethik als Ganzes aus der von Jesus verkündeten abzuleiten, ist sinnlos und verkehrt.'"
Wie reagiert nun Leicht auf diese, von mir geteilten, Einsicht Schweitzers?
"Hier wird allerdings unbewusst einer Unklarheit der Boden bereitet und der Versuch unternommen, ein unauflösliches Paradox zu einer bestimmten und schon damit zur falschen Seite hin aufzulösen. Es kann - nicht fundamentalistisch, sondern grundsätzlich paradox ausgedrückt - jedenfalls für den Theologen und Christen nicht (irgendein) nur philosophisches Denken sein; denn dieses wäre der Rückfall in die Selbstrechtfertigung. Das eigene Denken kann die Autorität dieses Textes interpretieren, nicht erzeugen."
Hier gerät die Hilflosigkeit Leichts schon zum puren Blödsinn. Der
Einschätzung Leichts folgend, "Die Utopie der Bergpredigt entzieht sich damit aber
der Beschlagnahme durch aktivistische, ungeduldige, gewaltsame Revolutionäre" (ZEIT
Nr. 14/99) sowie weiterer Äusserungen über "Uneinlöslichkeit" ihrer
Forderungen, lassen doch eine Auflösung der Paradoxien derart zu, die Bergpredigt als
rein kontext- und zeitbezogenen Text anzusehen, der für Menschen Bedeutung hatte, die
sich m.E. in ihren religiösen Überzeugungen getäuscht haben (also Jesus, seine Jünger
und Nachfolger). Der Gradmesser dafür, was im Umgang mit der Bergpredigt richtig oder
falsch ist, wird für Christen immer sein, was der Bergpredigt als wesentlichem Text
nützt oder entgegensteht. Alles was der Bergpredigt und der ihr unterstellten Bedeutung
zuwiderläuft ist selbstverständlich falsch. Damit entzieht man sich allerdings jeder
Diskussion. Eine solcherart intellektuell unseriöse Haltung wird deutlich, wenn Leicht
behauptet, nicht das Denken schaffe die Autorität des Textes, es könne diese nur
interpretieren. Dies widerspricht nun jeder Logik. Kein Text, nicht einmal ein
Gesetzestext, hat aus sich heraus eine bestimmte Autorität. Diese ist immer ein Resultat
mentaler Prozesse; werden Aussagen, Forderungen, Bestimmungen, welche aus einem Text
hervorgehen, von den Rezipienten anerkannt, gewinnt der Ursprungstext an Autorität, ist
dies nicht der Fall, verpufft er im Nichts. Das Denken interpretiert also nicht nur, es
schafft Autorität. Abgeleitet aus der Herrschaftsthese Max Webers [*2] ergibt sich, dass
die Stabilität einer Herrschaft (die z.B. in Texten codifiziert ist) abhängig ist
davon, inwieweit die Beherrschten die Legitimität dieser Autorität anerkennen.
Für mich besitzt die Bergpredigt keine Autorität, es lässt sich selbst mit Anstrengung
auch keine eindeutige Autorität aus ihr ableiten, eben weil die inhärenten Paradoxien
keine Möglichkeit dazu lassen, was bedeutet, dass sich jeder Rezipient die ihm genehme
Autorität des Textes schaffen kann. Insofern ist die Lösung Schweitzers die einzig
richtige für das Paradoxon der Bergpredigt.
In der entscheidenden Frage, nach einer aus der Bergpredigt abgeleiteten und in unserer
Gegenwart anwendbaren Ethik, gesteht Leicht indirekt die Nicht-Anwendbarkeit ein, wenn er
schreibt:
"Wer nur in kausalistischen Entweder-Oder-Entscheidungen denken kann, wird nach wie vor die Frage nach der ethischen Relevanz der Bergpredigt verneinen. Aber wird ein solches Denken den paradoxen Voraussetzungen und Folgen unsereres existentiellen Handelns gerecht?" (ZEIT Nr. 19/99).
Umgekehrt wäre zu fragen, ob sich denn die Menschen permanent im
Zustand der Paradoxie befinden, dann würde es allerdings überhaupt keine
gesellschaftliche Stabilität geben. Wie sieht es denn tatsächlich mit der Wirksamkeit
oder Unwirksamkeit von Wertmaßstäben aus? Verfassungen und Gesetzbücher sind ja
letztendlich in Texten und Büchern geronnene Gesellschaftsordnungen und Wertesysteme.
Ihre Stabilität ist, neben der Akzeptanz im Weber'schen Sinne, der Grad der Eindeutigkeit
ihrer Inhalte und ihre weitgehende Paradoxie-Freiheit. Ein Grundgesetz der BRD, welches im
Stile der Bergpredigt verfasst wäre, könnte niemals Basis einer funktionierenden
Gesellschaft sein. Als Ordnungsrahmen für ein gedeihliches Zusammenleben von Menschen ist
die Bergpredigt ergo ungeeignet. Schließlich haben weltliche Systeme auch den
unschätzbaren Vorteil, dass sie im Zeitfluss veränderbar sind, sie tragen nicht die
mörderische Last göttlicher Heiligkeit biblischer Texte, welche diese raum-zeitlich imun
machen gegen jede Einsicht und Vernunft.
Im Zusammenhang mit der Seligpreisung der Friedfertigen kommt Leicht zu folgendem
Gedankengang (ZEIT Nr. 20/99):
"Es ist freilich die gebrochen-ungebrochene Erinnerung an die Bergpredigt,..., dass dieser Stein vom weichen Wasser verkleinert wurde. Letztlich hat diese Erinnerung dazu beigetragen, dass der Angriffs- und Eroberungskrieg nicht mehr zu den primären, legitimen Machtmerkmalen der Staaten gehört und dass die Figur des 'gerechten Krieges' als Ausdruck staatlicher Souveränität aus dem Völkerrecht entfernt wurde."
Hier ist der Wunsch der Vater des Gedanken. Gegen Kriege im klassischen
Sinne hat nicht die Bergpredigt gesprochen, sondern die ökonomische Entwicklung vor dem
Ersten Weltkrieg, also die Transformation von Agrar- in Industriegesellschaften und die
wirtschaftlich-finanziellen Verflechtungen zwischen den europäischen Mächten. Warnende
Stimmen in den Jahren vor 1914 haben exakt jene verheerenden sozialen, wirtschaftlichen
und politischen Folgen eines Krieges vorausgesagt, die dann auch eingetreten sind.
Bankiers und Händler glaubten an die Vernunft der Politik, da ein Krieg zwangsläufig das
zarte Pflänzchen des industrialisierten Kapitalismus schwer beschädigen würde - umsonst
- christliche Pfarrer haben die Soldaten in den Krieg verabschiedet. Es hat zwei
Weltkriege gedauert, bis zumindest in den industrialisierten Staaten klar war, dass das
tradierte Verständnis von Kriegführung nicht mehr anwendbar ist. Dies hat viel mit
rationaler Einsicht nach dem Zweiten Weltkrieg und wenig mit der Bibel zu tun.
Schließlich ist die Bergpredigt um einiges älter als der Kapitalismus und konnte aber
nicht einmal militärische Aktionen des Vatikans verhindern. Hier okkupieren Christen das
Ergebnis von Prozessen für sich, die ursächlich nicht im Zusammenhang mit ihrem Glauben
stehen.
Das ganze Unternehmen "Bergpredigt" erscheint mir so, als würde Leicht
eine ausgetrocknete Orange auspressen und dann glauben, er hätte wirklich köstlichen
Nektar gewonnen - darin sehe ich auch den "Erfolg" von Religion: die Fähigkeit
Menschen etwas vorzumachen und sie wider jede Vernunft dazu zu bringen, Dinge zu sehen,
die es nicht gibt. Ich kann ein solches Vorgehen nur so verstehen, dass für Christen die
Göttlichkeit Jesu absolut feststeht und von daher die ihm zugeschriebenen Texte
zwangsläufig von überragender Bedeutung sein müssen. Sobald Jesus aber nur ein Mensch
und Sektenführer unter vielen ist und biblische Texte frei von irgendeiner göttlichen
Macht gelesen werden, ist der Zauber dahin.
Warum soll denn nun ein Mensch, alle Paradoxien schluckend, diesem Text folgen? Warum ist
die Bergpredigt wichtig? Darauf folgt keine überzeugende Antwort. Es klingt nach der
konservativen Standardausrede für Zwickmühlen jeglicher Art: "Das war schon immer
so". Wie kann es angehen, dass der zentrale Text für den christlichen Glauben derart
unerfüllbar und paradox sein darf, letztenendlich ohne klares ethisches Profil bleibt und
es zugleich einen totalitären Wahrheitsanspruch seitens der Kirchen gibt?
Mir sind die bibelexegetischen Positionen der beiden Theologen Gerd Lüdemann (Ex-Christ)
[*3] und Andreas Lindemann (bekennender Christ) [*4] in den Grundzügen bekannt und danach
sieht alles wieder ganz anders aus. Ich vertraue auf die wissenschaftliche Seriosität der
Genannten und darauf, dass deren übereinstimmenden Erkenntnisse über das Neue
Testament, insbesondere die Evangelien, mehrheitlich von der Exegese geteilt werden.
Danach hat Jesus die Bergpredigt so nicht gehalten, die Wunder haben nicht stattgefunden
(sic!) und über den Menschen Jesus und sein Reden und Wirken ist wenig Eindeutiges zu
sagen. Hier wird Jesus, ganz im Sinne Max Webers Rationalisierungsthese [*5], entzaubert
und somit auf den Wissensstand der Gegenwart gebracht. Doch was bleibt dann von ihm
übrig? Jedenfalls nicht so viel, dass man damit noch erfolgreich
"Menschenfischen" betreiben könnte, und genau darin liegt das Problem der
Berufskleriker in der Kirchenhierarchie, die eine Anpassung von Religionsunterricht und
Predigt an den Kenntnisstand der Exegese nicht wollen können. Für die vielen großen und
kleinen Kinder ist der "Wundertüten-Jesus" eben geeigneter.
Darüberhinaus ist zu bemerken, dass die "Insiderkenntnisse" weniger Theologen
gegen die weltweit in Milliardenzahl verbreitete Bibel steht, und diese wird nunmal als
"Heilige Schrift" angesehen und gelesen und dies geschieht im Sinne der
christlichen Kirchen. Den Vorwurf des "Biblizismus" gegen konservative
Bibelinterpreten halte ich in diesem Zusammenhang für eine wenig tragfähige Strategie,
da umgekehrt die liberale Interpretierung der Bibel, also die Relativierung, die Um- und
Neudeutung von aus heutiger Sicht "störenden" Bibelstellen gewagt bis
unseriös ist; dazu ist beispielsweise der alte Moses leider zu eindeutig. Diese
Neukomposition wird sich nicht als Basis für ein "erneuertes" Christentum im
kakophonischen Chor des globalen Christentums durchsetzen - das wäre ein Wunder, und die
gibt es bekanntlich nicht.
Was wäre zu tun? Die Bibel weltweit aus dem Verkehr ziehen oder ihr eine
Gebrauchsanleitung beilegen über sämtliche traditionellen und aktuellen
Auslegungsweisen, die eine ganze Bibliothek widerstreitender Positionen umfassen würde?
Ich sehe keinen Sinn darin, weiterhin geistige und materielle Kapazitäten in das Projekt
"Christentum" zu stecken, bei dem für die Menschen und ihre lebensnotwendigen
Bedürfnisse nichts anderes herauskommt als Verwirrung, Streit, Hass, Unterdrückung und
Zerstörung. Sind 2000 Jahre Irrtum und Scheitern nicht genug?
Schlussbemerkung
Aus dem Vorangegangenen dürfte deutlich geworden sein, dass ich mit Christentum wahrlich
nichts anfangen kann. Dies war nur ein minimaler Einblick in meinen persönlichen Prozess
der Entchristianisierung. Es gäbe noch eine ganze Reihe an Erfahrungen mittzuteilen, die
mich zu diesem Ergebnis geführt haben, aber dies würde jeden Rahmen sprengen. Von
Reformversuchen à la HuK (Homosexuelle und Kirche) und IKvU (Initiative Kirche von Unten)
in den Kirchen halte ich nichts, sie können keine Ergebnisse zeitigen, die ich gutheißen
könnte, da ich schon die Grundlage der Religion ablehne.
Ich kann mir nur verwundert die Augen reiben, wenn protestantische Christen von einer "Vorreiterrolle" ihrer Kirche bei der Homosexuellenemanzipation sprechen. Die Entschärfung des § 175 StGB 1969 wurde von einer Minderheit konsequenter Sozialdemokraten (damals gab es solche noch!) gegen die Mehrheit der Bevölkerung und den Widerstand beider Kirchen durchgesetzt. Diese Gesetzesänderung war die Voraussetzung für die Emanzipationsbewegung und hat schließlich die Diskussion in die Kirchen getragen. Hätten damals die Christen Erfolg gehabt, dann würde heute auch eine Frau Jepsen den Mund halten, wenn sie hätte Bischöfin werden wollen. Bei allen Fortschritten in Sachen Humanität und Gleichberechtigung (z.B. der Frau) waren nie die Kirchen avantgardistisch, sondern sie waren immer Bremser und Nachzügler, sozusagen die geistig-moralisch Fußkranken. Scheitert das weltlich-liberale Konzept, so werden auch die Kirchen alle Fortschritte, die ihr von dieser Seite aufgezwungen wurden, wieder zurücknehmen und wieder auf die unverfälschten Positionen der Bibel pochen. Als zuverlässige Partner für Homosexuelle kann ich mir diese Kirchen auf Dauer nicht vorstellen.
Im Hinblick auf die Stellung der Kirchen in der Öffentlichkeit kann ich aufgrund der ungeheuren Komplexität des Themenfeldes Religion, nur folgendes fordern: die Kirchen verzichten auf die Kindstaufe, es findet kein kirchlich gesteuerter Religionsunterricht mehr statt, es gibt keine Amtskirchen und damit auch keine finanzielle und organisatiorische Verknüpfung von Staat und Kirche (Abschaffung der Kirchensteuer) mehr. Dies wird aber nur dann möglich sein, wenn alle, die nichts mit Kirche am Hut haben und lediglich per "Automatismus" Karteileichen dortselbst sind, die Kirchen verlassen.
Fussnoten
[1] Henry C. Lea: Die Geschichte der Inquisition im Mittelalter; Frankfurt/M:
Eichborn-Verlag 1997; Band 1, S. XIII f
[2] Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft (S.122 ff), Tübingen: Mohr 1980
[3] Der Spiegel Nr.11/98 und Gerd Lüdemann: Der grosse Betrug; Lüneburg: von Klampen
1998
[4] Der Spiegel Nr. 50/99
[5] Max Weber: Schriften zur Soziologie (S. 342 ff); Stuttgart: Reclam 1995
April 2000 Der Humanist
erstellt von Heike Jackler