Offener Brief an Kardinal Ratzinger
(am 21.9.2000 an den Vatikan abgeschickt per E-mail an: cdf@cfaith.va)
Vatikan ohne Verstand und Herz -
Hauptgrund für Ermordung vieler Millionen Andersdenkender wird bekräftigt
Sehr geehrter Herr Kardinal Ratzinger!
Mit Ihrer Erklärung "Dominus Jesus" unterstreichen Sie den nicht neuen wahnhaften Absolutheitsanspruch des Vatikans, allein im Besitz der richtigen Weltanschauung zu sein. Hiermit werden zusammen mit den ca. 4000 anderen gleichberechtigten und gleichwertigen Weltanschauungen sogar auch die Protestanten deutlich abgewertet.
Viel schlimmer ist aber, dass mit diesem ungeheuren Universalanspruch auch der Hauptgrund zweierlei Grausamkeiten quasi nachdrücklich gerechtfertigt wird:
das jahrhundertelange viele millionenfache Ermorden von Nicht-Christen (hiermit wird wohl auch Hitlers Größenwahn und daraus folgenden Ermordungen übertroffen!);
das sogar noch momentan andauernde massive Bestehen auf vielfältigen Bevorzugungen gegenüber allen anderen Weltanschauungen zu deren riesigem Nachteil.
Ihre "Erklärung" grenzt Andersdenkende schroff ab, zieht tiefe Gräben, hohe Mauern und zementiert ein Lagerdenken. Sie macht ein friedliches Miteinander der verschiedensten Weltanschauungen unmöglich und verführt leicht zu kriegerischen Auseinandersetzungen.
Indem Sie den Menschen vorgaukeln, die einzig richtige Weltanschauung zu haben, missbrauchen Sie den natürlichen Wunsch aller Menschen nach Lebenssinn für Ihre Zwecke!
Sie begründen Ihre Auffassung mit Ihrem Glauben bzw. Ihrem Verständnis von Ihrem "Gott" und "Jesus".
Wenn Sie aber wirklich "blitzgescheit" (laut "Focus") oder wenigstens gescheit wären, müssten Sie wissen, dass spätestens seit Kant feststeht, dass es nicht möglich ist, "Gott" zu beweisen - allerdings ebenso wenig zu beweisen, dass es ihn nicht gibt. (Darum bin ich "Agnostiker"; ich bekenne mich also zum Nichtwissen, ob es "Gott" gibt oder nicht.)
Aber wenn Sie dies wissen sollten, dann fehlt Ihnen Mitgefühl und Mitmenschlichkeit, weil Sie sonst unmöglich erwarten oder sogar verlangen würden, dass auch nur ein anderer Mensch Ihre völlig unbeweisbaren Glaubenssätze übernimmt!
Wie extrem äußerst unwahrscheinlich die Existenz "Gottes" ist, geht aus einer Interviewäußerung des amerikanischen Psychotherapieforschers Albert Ellis hervor:
"Religion basiert auf Annahmen, die nicht nur nicht beweisbar sind, sondern sehr, sehr unwahrscheinlich sind. Es mag einen Gott geben, aber die Wahrscheinlichkeit dafür beträgt 0,00000000001 (= 1 : 100 Milliarden)! Und doch glauben viele, dass es nicht nur einen Gott geben könnte, sondern dass es ihn unbedingt geben muss. Wenn Menschen zum Dogmatismus neigen, dann neigen sie meistens auch zur Religion, und sie vermischen ihre Religion mit Politik und mit Wirtschaft."
In jedem Strafgerichtsprozess würde so eine extreme Unwahrscheinlichkeit bei einem Beleg für die Richtigkeit einer Behauptung oder gar "Tatsache" völlig fallengelassen werden. Darum sollte es auch selbstverständlich sein, in der Präambel des deutschen Grundgesetzes auf jeden Gottesbezug zu verzichten. Andernfalls würde sich ein Staatswesen, das vorgibt, ein neuzeitlicher Rechtsstaat zu sein, weiterhin unglaubwürdig und lächerlich machen!
Ich finde, die Vorstellung eines persönlichen Gottes entstammt einer maßlosen Überbewertung der Rolle des Menschen in diesem Weltall (was zur antiken Zeit passt, aber ganz sicher nicht zur Gegenwart).
Diese irrationale Idee spaltet (vollkommen unnötig) grausam die Welt in (gute) "göttliche" und (schlechte) ungöttliche Teile (wobei typischerweise die Beteiligten sich stets einbilden, dass sie allein sich auf der göttlichen, alle anderen auf der ungöttlichen Seite stehen) mit der verheerenden Folge, dass Menschen - sogar innerhalb der christlichen Religion bis in die kleinsten Untergruppierungen hinein - wahnhaft sich und andere(s) z.B. anhimmeln, abwerten oder gar umbringen. Bekannt sind ja Massenselbstmorde von verschiedenen Sekten und seit über 25 Jahren gegenseitiges Ermorden von Katholiken und Protestanten in Nordirland, was nun wohl durch Ihre Erklärung noch mehr eskalieren wird!
Sie, Herr Ratzinger, und die Ihnen formal ähnlichen Vertreter anderer Weltanschauungen kommen mir vor wie Ameisen, die sich gegenseitig massiv bekämpfen bis zum gegenseitigen Sichumbringen - weil jede einzelne felsenfest meint, als einzige zu wissen, wie jene unfassbaren Gestalten (Menschen) beschaffen sind bzw. dass jene nur Ihnen allein wohl gesonnen sind.
[Ergänzung hierzu: Normalerweise wird hierzulande unter "Gott" die monotheistische" Vorstellung der Christen, Juden und Mohammedaner verstanden, also dass es einen persönlichen Gott außerhalb dieser Welt gibt - mit all den schon genannten negativen Folgen. Wesentlich besser und hilfreicher für alle Menschen finde ich bei den verschiedenen existierenden Gottesvorstellungen die "pantheistische" - wie sie zum Beispiel Goethe hatte. Diese beinhaltet die Überzeugung, dass alles(!) göttlich ist - mit der Auswirkung, dass Menschen mit dieser Gottesidee natürlich völlig anders untereinander und mit der Umwelt umgehen. Gäbe es nur diese Gottesvorstellung, wären z.B. Religionskriege (welche bisher die meisten Kriege darstellen) mit anderen "Gottesgläubigen" unmöglich.]
Schon Sokrates wusste von der sehr eingeschränkten Erkenntnisfähigkeit des Menschen ("ich weiß, dass ich nichts weiß") und spätestens seit Einstein ist allgemein bekannt, wie "relativ" jedes "Wissen" ist. Der allseits hochgeschätzte und geehrte englische Philosoph Sir Karl Raimund Popper vertrat sogar die Überzeugung "Jedes Wissen ist nur Vermutung!"
Krass im Gegensatz hierzu verhielt sich der biblische(!) Jesus, der sich sogar einbildete, die Wahrheit selbst zu sein.
Von Menschen, die nicht an einen Gott glauben, ist wesentlich weniger Fanatismus, Extremismus und Grausamkeit bekannt!!
Ich halte es - zusammen u.a. mit Nietzsche - von der Kirche für inhuman, den Menschen zunächst einzureden und Angst zu machen, dass es einen allmächtigen "Gott" gäbe; und dann zu erklären bzw. so zu tun, man wüsste genau, was dieser "Gott" so schlimm findet, dass "sündige" Menschen nach dem Tod "ewige Höllenqualen" erleiden müssten. Jedoch, wenn sich die Menschen an die Vorschriften der Kirchen hielten - (wie abstrus diese auch immer sein mögen), dann - und zwar nur dann - ginge es ihnen nach dem Tod gut (indem sie in den "Himmel" kämen). So versuchen die christlichen Kirchen, sich die Menschen zu Ihrem Vorteil gefügig und abhängig zu machen (ähnlich wie die Sekten, die sie bekämpfen). Es stellt sich die Frage, ob hier nicht auch der Tatbestand der Erpressung und/oder Nötigung vorliegt.
Dass überhaupt so viele Menschen auf solche Strategien der Kirchen reinfallen, hängt wohl auch damit zusammen, was der österreichische Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz ausdrückte mit: "Den baren Unsinn zu glauben, ist ein Privileg des Menschen."
Bezeichnenderweise reden Christen ihren "Gott" bzw. "Jesus" unterwürfig mit "Herr" an so wie man es von Sklaven her kennt. Andererseits neigen Christen zugleich dazu, intolerant gegenüber Andersgläubigen zu sein und zu handeln - dies entspricht so genanntem "Radfahrerverhalten": nach oben bücken, nach unten treten. Der Soziologe Adorno hat solch eine Persönlichkeit "autoritär und antidemokratisch" bezeichnet.
Sie äußert sich in einer unflexiblen, vorurteilsbeladenen und potentiell faschistischen Einstellung. Diese Einstellung entspringt einer Geschlossenheit des Wahrnehmens, das zu starren Denk- und Handlungsweisen führt.
Diese intolerante Haltung in Ihrer "Erklärung" ähnelt sehr der Ihres "Herrn Jesus": "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich" (Johannes 14, 6). Obendrein hat er wiederholt mit ewigen(!) qualvollen Strafen und Folterungen allen denen droht, die sich ihm nicht unterwerfen wollen!
Demnach sind Sie, Herr Ratzinger, ein "wahrer" Jünger dieses Jesus.
Mit dem Herrschaftsanspruch der christlichen Kirchen ist sogar noch immer das massive Bestehen auf vielfältigen Bevorzugungen gegenüber allen anderen Weltanschauungen verbunden. Obwohl dies sehr klar verfassungs- und menschenrechtswidrig ist, unterstützt der gegenüber den Kirchen sehr schwache deutsche Staat solche Ungerechtigkeiten noch mit vielen Milliarden Mark und fungiert so als Handlanger der Kirchen.
Jede Bevorzugung ist zwangsläufig mit Benachteiligungen anderer verbunden. So hat z.B. die Bevorzugung, dass der deutsche Staat (nur) für die Kirchen die Mitgliedsbeiträge einzieht ("Kirchensteuer"), zur Folge, dass ausgerechnet die über eine Million von konfessionsfreien Arbeitslosen in Deutschland von ihrem wenigen Geld auch noch Kirchensteuer zahlen müssen!! [1]
Das BVG hat zwar 1994 diese Regelung für verfassungskonform erklärt, da Arbeitslose alle Abgaben abführen müssen, welche auch von den meisten Arbeitnehmern abgeführt werden. Bei diesem Urteil ging es aber nur um die Frage der Rechtmäßigkeit des Arbeitsförderungsgesetzes - überhaupt nicht um die der Kirchensteuer!
Da andererseits aber jeder reiche Arbeitnehmer noch reicher wird, wenn er aus der Kirche austritt, ist die Kirchensteuer obendrein noch asozial!
Darum führe ich seit ca. zwei Jahren einen Prozess gegen die Kirchensteuer (welche noch deutlich mehr verfassungs- und menschenrechtswidrig ist als Kruzifixe in staatlichen Schulen)!
[Nachtrag: Seit 5/99 ist das Verfahren anhängig beim Landsozialgericht in Stuttgart. Diese sehr ungewöhnlich lange Zeit könnte darauf hindeuten, dass meinem Antrag stattgegeben wurde, das Verfahren zu unterbrechen und dem BVG zur Entscheidung vorzulegen.]
Wenn die deutsche Regierung wirklich Ihrem Auftrag nach "gerecht", "sozial" und "weltanschauungsneutral" sein will, sollte sie jede kleinste Bevorzugung im Weltanschauungsbereich schleunigst unterbinden bzw. streichen (z.B. im Grundgesetz "Gott", "Religionsunterricht", "Kirchensteuer"). Würden alle verfassungs- und menschenrechtswidrige finanzielle Bevorzugungen der Kirchen gestrichen, könnte der Staat außerdem mit den frei gewordenen vielen Milliarden Mark nicht nur die bisher von den Kirchen geleistete Sozialarbeit (zudem besser, z.B. Arbeitnehmer freundlicher) fortführen, sondern sogar noch weiter die riesigen Staatsschulden abbauen.
Ich bin leidenschaftlicher Verfechter der Religionsfreiheit. Diese beinhaltet, dass die Freiheit des einen da aufzuhören hat, wo die Freiheit des anderen anfängt: striktes Verbot jeglicher Bevorzugung und Benachteiligung irgendeiner Weltanschauung (wie beim "Kruzifix"-Urteil). Weil aber seltsamer- und bedauerlicherweise im Grundgesetz selbst(!) Bevorzugungen des Christentums verankert sind, stehen sie in einem "unauflösbaren Widerspruch" zur Religionsfreiheit und anderen elementaren Grundgesetzartikeln - und sind darum verfassungswidrig; nachzulesen im Buch von Markus Kleine: "Institutionalisierte Verfassungswidrigkeiten im Verhältnis von Staat und Kirchen unter dem Grundgesetz" (juristische Dissertation) [Bd. 115 der Universitätsschriften ,,Recht'' im Nomos-Verlag (Baden-Baden), 1993.]
Christen sollten aber auch aus einem ganz anderen Grund auf jegliche Bevorzugung von sich aus verzichten, wenn sie nur ihre eigene "Hauptregel" der Nächstenliebe ernst nähmen: "Was du nicht willst, was man dir antut (hier: benachteiligt zu werden), das füg auch keinem anderen zu." Sie bräuchten mal nur ihre Grundgesetz-Bevorzugungen aus der Sicht einer anderen gleichberechtigten(!) - Religion umzuformulieren. Dann stünde dort z.B. "Buddha" statt "Gott" und "Buddhistische Religionssteuer" statt "Kirchensteuer". Sicher würden dann sehr viele Christen sich noch viel stärker gegen solch eine Bevorzugung einer anderen Weltanschauung zur Wehr setzen, als ich es tue; zumal, wenn sie noch zusätzlich bei Arbeitslosigkeit solch eine abstruse Steuer abführen müssten!! Der "Religionsunterricht" ist verfassungs- und menschenrechtswidrig, da er z.B. die vielen nichtreligiösen Weltanschauungen benachteiligt.
Übrigens: Nicht nur Sie, Herr Ratzinger, verstoßen mit Ihrem arroganten Herrschaftsanspruch gegen jene "Hauptregel", welche sich als "Goldene Regel" nun in allen zivilisierten Staaten etabliert hat. Nein, Jesus selbst hat schon gegen diese seine eigene Regel (welche er von Konfuzius übernommen hat) verstoßen, indem er sagte: "Niemand kommt zum Vater denn durch mich". Denn sicherlich hätte dieser Jesus es nicht gewollt und zugebilligt, dass ein anderer Mensch wiederum ihm geantwortet hätte: "Nein, niemand kommt zum Vater denn durch mich!"
Nach meiner Überzeugung sind aber alle Jesus-Schilderungen Fantasieprodukte. Historiker sind sich zwar einig darüber, dass es den Nazarener Jesus gab - aber mehr auch nicht! All die wundersamen Ereignisse der Bibel hingegen sind historisch nicht belegt! Auch Theologen geben zu, dass alle Jesus-Geschichten erst einige Jahrzehnte(!!) nach dem Tod jenes real existierenden Menschen schriftlich festgehalten wurden. Hierfür kenne ich nur eine - psychologische - Erklärung: durch das jahrzehntelange Weitererzählen wurden die realen Begebenheiten um den historischen Jesus so extrem ins Wunderbare verfälscht, dass schließlich jemand ("Markus") anfing, dies niederzuschreiben. Jeder kennt doch wohl aus eigener Erfahrung, wie sehr sich Geschichten durch Weitersagen schon in sehr kurzer Zeit massiv verändern, so dass angenommen werden kann und muss, dass dann nach Zig-Jahren nichts mehr stimmt - oder zumindest so gut wie nichts (allenfalls noch der Name Jesus). Wenn die wunderlichen Geschichten mit Jesus wirklich stattgefunden hätten, dann hätten doch die schreibkundigen Zeitgenossen selbstverständlich sofort(!) so etwas festgehalten! Insofern stimme ich der Theologie-Professorin Uta Ranke-Heinemann zu, welche die Bibel als "Märchenbuch" bezeichnet.
Von meiner humanistischen Einstellung her ärgert es mich sehr, dass ausgerechnet eine Religion - zudem in höchstem Maße - vom deutschen Staat bevorzugt wird, die sich bis in die Gegenwart hinein als eher inhuman erwiesen hat. Hierzu gibt es schon seit vielen Jahren eine große Anzahl an Literatur, z.B. vom
Freiburger Psychologieprofessor Franz Buggle, der in seinem Buch "Denn sie wissen nicht, was sie glauben Oder warum man redlicherweise nicht mehr Christ sein kann" [Rowohlt ISBN: 3-499-60427-2] an über 400 Stellen aus der ganzen Bibel - altes und neues Testament - belegt, dass die Bibel "zutiefst inhuman" ist
Und Goethe nannte mal die Geschichte der Christenheit einen "Mischmasch aus Irrtum und Gewalt".
Als Humanist bin ich auch über Sie bzw. Ihren "Chef", den (sich obendrein als unfehlbar wähnenden) Papst zutiefst entsetzt und verärgert: z.B. weil verlangt wird, dass in gar keinem Fall eine effektive Empfängnisverhütung praktiziert werden darf (z.B. Gebrauch von Kondomen), mit der Folge, dass beim Befolgen dieser Anordnung z.B.
die Ausbreitung der Aidserkrankung sehr gefördert und damit das große Leid der Aids-Kranken immens gesteigert wird; desweiteren
die Beschleunigung der Bevölkerungsexplosion (speziell in der "Dritten Welt") auf unserem sehr zerbrechlichen (noch ein wenig) "blauen Planeten" ständig zunimmt, welche nach Meinung vieler Experten (neben unermesslichem Leid) die größte Gefahr für die gesamte Menschheit darstellt!
Noch etwas zum momentanen Streit in Deutschland um die "Zeugen Jehovas":
Dass jene den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erlangen wollen, ist verständlich, da die christlichen Kirchen diesen mit vielen Sonderrechten versehenen Status schließlich schon sehr lange innehaben. Dies wiederum ist für mich völlig unverständlich, denn solch eine Körperschaft ist definiert als ein mitgliedschaftlich organisierter Verband, der staatliche Aufgaben mit hoheitlichen Mitteln unter staatlicher Aufsicht wahrnimmt. Einen solchen Status irgendeiner Religionsgesellschaft zuzuerkennen, ist absurd, verfassungs- und menschenrechtswidrig, denn religiöse Anliegen können und dürfen in unserem "weltanschauungsneutralen Staat" (BVG) keine staatlichen Aufgaben sein!
Außerdem steht dieser Status nur solchen Gemeinschaften zu, die sich betont demokratisch verhalten. Die beiden Kirchen (insbesondere die katholische) sind aber nicht nur nach außen hin mit ihrem fremdenfeindlichen Absolutheitsanspruch, sondern auch nach innen hin massiv undemokratisch, da sie z.B. jegliche wirkliche Mitbestimmung ihrer Mitglieder strikt verweigern und sogar Frauen gegenüber Männern extrem benachteiligen - und gerade demokratisches Verhalten hat die Friedensforschung als wichtigste Voraussetzung für Frieden herausgefunden!
Die Katholiken haben nun allen Anlass zu überdenken, ob sie durch ihre Mitgliedschaft weiterhin dazu beitragen wollen, dass der Vatikan massiv friedenszerstörend wirkt. Ich rufe alle Katholiken auf, dem Vatikan mittels Austritt die "Rote Karte" zu zeigen und sich eine Vereinigung zu suchen, die andere Anschauungen nicht nur passiv duldet, sondern sogar aktiv anerkennt!
Einen Ausweg aus der fürchterlichen Misere der unterschiedlichsten Weltanschauungen sehe ich in folgenden Überlegungen und Vorschlägen, welche allseits akzeptiert werden könnten und sollten, wenn man in Frieden miteinander leben will. Absolut formulierte religiöse Aussagen sind - religionswissenschaftlich betrachtet - nur bloße Behauptungen, da sie weder bewiesen noch widerlegt werden können. Dies hat logische und mitmenschliche Konsequenzen: "Religiöse Wahrheiten" beruhen nur auf subjektiver(!) Überzeugung, dürfen also nicht mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit verbunden werden. Diese grundlegende Tatsache müsste in den öffentlichen Schulen aller Länder vorrangig verbreitet und spezieller - spaltender(!) - Religionsunterricht überall verboten werden. Es sollte als eine Selbstverständlichkeit gelten, dass es absurd und inhuman ist, von anderen zu erwarten, dass sie den eigenen Glauben übernehmen oder sogar groteskerweise von der jeweiligen Regierung zu verlangen, bevorzugt zu werden. Dann wäre gegenseitige Toleranz als Voraussetzung für den Weltfrieden viel eher möglich!
Hierzu Alexander Hollerbach (Professor für Rechtsphilosophie und Kirchenrecht):
"Für die katholische Seite kann man auf eine wichtige Aussage des Zweiten Vatikanischen Konzils in der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute verweisen. Dort wird ausdrücklich gesagt, die Kirche sei bereit, auf Privilegien zu verzichten, wenn ihre Glaubwürdigkeit durch solche Vorrechte Schaden nehme. Die grundsätzliche Bereitschaft der Kirche, auf traditionelle Bestände im Verhältnis zum Staat zu verzichten, ist also durchaus gegeben."
Und selbst Friedrich Kardinal Wetter (Erzbischof von München) ist der Überzeugung:
"Ohne gegenseitige Toleranz gegenüber anderen Weltanschauungen kann unsere plurale Gesellschaft nicht leben."
Vielleicht überdenken Sie doch noch einmal Ihre "Erklärung" und korrigieren sie aufgrund des inhumanen Inhalts (ich denke dabei an den Ausspruch des früheren christlichen Bundeskanzlers Adenauer, der mal selbstkritisch dem Sinne nach gesagt haben soll: "Was kümmert mich mein saudummes Gerede von gestern?")
Vermutlich werden Sie aber wohl leider bei Ihrer starren Haltung bleiben. Dann wird es die Aufgabe einer später mal vielleicht von allen Christen gewählten - und dann hoffentlich mit Herz und Verstand begabten - Päpstin sein, für Ihre und des Vatikans jetzige "Sünden" um Vergebung zu bitten!
Mit recht freundlichen Grüßen
Reiner Moysich
[Nachtag: Der laut "Focus" "seit Jahren als Vertrauter Ratzingers" geltende Herr Seewald stellte sich im "Focus Chat-Forum" am 26.9.00 Fragen von Forum-Teilnehmern. Auf meine schriftliche Frage "Warum wird die Kirchensteuer nicht gestrichen, da ja deswegen die über eine Million von konfessionsfreien Arbeitslosen in Deutschland von ihrem wenigen Geld auch noch Kirchensteuer zahlen müssen?!" antwortete er mir umgehend im Chat: "Ich bin absolut dafür, und ich glaube, dass wir das noch erleben werden."]
[1] Anmerkung der Redaktion: Zur Ergänzung: Der Betrag in Höhe der Kirchensteuer wird bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes bei allen gleichermaßen abgezogen, ob Kirchenmitglied oder nicht. Dieser Abzug wird allerdings nicht an die Kirchen weitergeleitet. (H.J.)
Januar 2001, Der Humanist
erstellt von Heike
Jackler