Bestattungen...
...und andere weltliche Feiern
Wie kommen Nicht-Kirchenmitglieder eigentlich unter die Erde?
Auch wenn diese Frage mittlerweile für viele, vor allem Großstädtler, kein Problem (mehr) ist, soll hier einmal aufgelistet werden, was bei Konfessionslosen denn anders ist. Der Grund: Viele, die mit dem Gedanken spielen, aus der Kirche auszutreten, machen sich gerade darüber Sorgen: Gibt es überhaupt für Konfessionslose eine Begräbnisfeier und eine Grabstätte?
Ja, gibt es - auch wenn eine Krankenschwester beim nahenden Tod eines Säuglings einmal zu der Mutter, die ihr Kind nicht taufen lassen wollte, meinte: "Es kann sein, dass ihr Kind so nicht beerdigt wird". -
Vom Pfarrer nicht, das mag sein. Aber will das denn ein Konfessionfreier? Wohl kaum.
Die Alternativen:
Die Beerdigungsunternehmen haben in der Regel Listen mit freien Sprechern, die beauftragt werden können. (Es befinden sich übrigens auch Pfarrer bzw. studierte Theologen darunter; auch ein christliches Begräbnis ohne Kirche ist also möglich). Das Angebot mag in manchen Gegenden noch etwas spärlich sein. Es wird aber stetig ausgebaut, da auch die Nachfrage steigt. Bis dahin nehmen die verfügbaren Sprecher auch längere Anreisen in Kauf.
Ort und Art der Beerdigung:
Selbstverständlich kann auch ein Konfessionsfreier sämtliche rechtlich möglichen Beerdigungsarten in Anspruch nehmen. Es gibt Erd-, Feuer-, Seebestattung, neuerdings Weltraumbestattung, irgendwo gibt es einen Wald, in dem man die Asche versteuen kann, oder eine Ausstreuwiese. Es gibt anonyme und nichtanonyme Beerdigungen. Man kann seinen Körper der Wissenschaft zur Verfügung stellen und/oder sich plastinieren lassen. Das Angebot wird auch in Deutschland immer größer und individueller, auch wenn hier die gesetzlichen Bestimmungen noch sehr eng sind. (siehe dazu: www.postmortal.de: Der Tod in Deutschland in Realität und Rechtssprechung)
Da Bestattungen nicht nur eine Frage der Religion oder des persönlichen Geschmacks sind, sondern auch oft eine Frage der Finanzen, noch ein kurzes Wort zu den Kosten:
Plastination: kostenfrei, wichtig ist das Alter bei Vertragsabschluss; siehe auch www.plastination.com, www.koerperspender.de. Anatomie: (lt. anatomischen Institut in Erlangen) etwa EUR 1.300,00. Feuerbestattung: ca. EUR 2.500,00. Erdbestattung: EUR 5.000,00 - 7.000,00 (oder mehr, je nach Wünsche).
Ein Konfessionsloser hat allgemein keinen Rechtsanspruch, auf einem katholischen oder evangelischen Friedhof bestattet zu werden. Teilweise bestehen aber in den Bundesländern entsprechende Staat-Kirche-Verträge, die vereinbaren, dass die Bestattung aller in der Gemeinde Verstorbener auf einem kirchlichen Friedhof zu ermöglichen ist, falls kein kommunaler Friedhof vorhanden ist. Da aber auch die Kirchen wirtschaftlich handeln, nehmen auch sie beizeiten Nicht-Mitglieder auf, verlangen dabei aber schon mal eine höhere Gebühr. Die Kommunen verfügen jedoch in der Regel über eigene, so genannte städtische bzw. kommunale Friedhöfe.
Keine Sorge also, Sie kommen auf jeden Fall unter die Erde - so Sie das denn wollen -, aber gerade als Konfessionsfreier sollten Sie sich vorher Gedanken machen und Ihren Angehörigen entsprechende Hinweise hinterlassen.
Zur Tradition der freidenkerischen Bewegung gehört der Kampf um das Recht auf ein Urnenbegräbnis (Feuerbestattung / Krematorium). 1905 wurde das erste Krematorium in Deutschland in Gotha errichtet. 1912 das Zweite in Hagen (mit einer Jugendstil-Trauerhalle designed von Peter Behrens, dem Chefdesigner von AEG). Auf dem Hagener Friedhof Eilpe-Delstern gibt es noch heute ein Kolumbarium (Urnenhain).
Literatur zum Thema:
Norbert Fischer:
Vom Gottesacker zum Krematorium. Eine Sozialgeschichte der Friedhöfe in Deutschland seit
dem 18. Jahrhundert.
(Böhlau Verlag) Köln Weimar Wien 1996. ISBN 3-412-11195-3 [Reihe: Kulturstudien.
Bibliothek der Kulturgeschichte, herausgegeben von Hubert Ch. Ehalt und Helmut Konrad,
Sonderband 17]
Horst Groschopp:
Dissidenten. Freidenkerei und Kultur in Deutschland. (Dietz Verlag) Berlin 1997. ISBN
3-320-01936-8.
Einige Links zu weiteren Informationen und zu Anbietern weltlicher Bestattungen:
Organisationen
Fachverband für weltliche
Bestattungs- und Trauerkultur e.V.
Der Fachverband ist eine rechtlich selbständige, von Parteien und Konfessionen
unabhängige Vereinigung. Er versteht sich als ein Teil der freigeistigen Bewegung und
bekennt sich zu deren humanistischem Anliegen und deren Tradition. Er setzt sich für das
im Grundgesetz erklärte Recht auf Gewissens- und Glaubensfreiheit sowie die Wahrung der
Würde der Menschen auch im Angesicht des Todes ein. Der Verband steht für das
individuelle Recht auf ein humanes, selbst bestimmtes Sterben, auf den selbst bestimmten
Abschied, auf eine individuell gestaltete Bestattung und auf eine individuelle Trauer in
Inhalt, Ort und Zeremonie ein.
Bundesarbeitsgemeinschaft
Trauerfeier
ist ein bundesweiter Verband von Trauerrednern. Eine Adressenliste ist auf der
Website verfügbar.
www.tod-und-trauer.de
Informationsdienst für zur Zeit 52 Städte.
Humanistischer Verband
Deutschlands
Humanistischer Weltanschauungsverband und Interessensvertreter für
Konfessionslose. Für den Verband sind in einigen Landesverbänden ehrenamtlich freie
Sprecher tätig.
Humanistischer Verband
Nürnberg
bietet Bestattungsredner in Nordbayern (v.a. Mittelfranken) und ggf. auch Trauerbegleitung
an.
Bestattungssprecher des Bundes für Geistesfreiheit Bayern
Bestattungssprecher der Freidenker in Ulm/Neu-Ulm
Deutscher Freidenker-Verband: Auch hier werden Bestattungssprecher angeboten
Interessengemeinschaft freier Bestattungs- und Feierredner (IFBF) für Nordbayern
Websites einzelner Trauerredner (die übrigens für andere weltliche Feiern zur Verfügung stehen):
Unter den Stichworten "Bestattungssprecher" oder "Trauerredner" findet man in den bekannten Suchmaschinen (z.B. www.google.de / www.metacrawler.de ) mittlerweile etliche Angebote. Immer mehr entdecken diese Marklücke. Da wir hier nicht für einzelne Werbung machen möchten und auch die Qualität nicht überprüfen können, verzichten wir auf die Auflistung dieser Angebote.
Andere weltliche Feiern:
Übrigens: Was hier für Trauerfeiern ausgeführt worden ist, gilt natürlich auch für alle anderen Feiern. Die Kirche hat schon längst kein Monopol mehr von der Wiege bis zur Bahre. Es gibt Angebote (ebenfalls gewerblich oder über die freigeistigen Organisationen) für Namensfeiern, Eheschließungen, Lebenspartnerschaften, Jugendfeiern und was man sonst noch gerne feiern möchte - neuerdings sogar Trennungsrituale.
Und wer von der stimmungsvollen Trauung in der Kirche träumt, der mag sich über Alternativen informieren. Die Städte und kommunalen Gemeinden verlegen mittlerweile ihr Standesamt schon mal auf ein Schloss, in den Park oder auf ein Schiff. In Ihrem Ort noch nicht? Auch hier gilt: Die Nachfrage regelt das Angebot. Fordern Sie von den Städten Alternativen!
Weitere Infos zu diesem Thema sind gerne gesehen. Kontakt: Heike Jackler
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Humanist
Heike Jackler