Die Reportage [Inhalt]
Der Humanist berichtet über Veranstaltungen und Aktionen
Antiklerikale Woche
vom 1.-5. November 1999 an der Universität-Gesamthochschule Duisburg
Ein Heidenspaß!
Anfang November fand in Duisburg nach dem Erfolg im letzten Jahr wieder eine "Antiklerikale Woche" in statt. Geladen waren einmal mehr erlesene Gäste.
"Es wird sicher göttlich", versprachen die VeranstalterInnen letztes Jahr und hatten noch keine Ahnung, dass ihre spontan und kurzfristig organisierte, antiklerikale Veranstaltungsreihe an der Duisburger Uni-Gesamthochschule auch im Jahr darauf, diesem nämlich, wiederholt werden würde. Und wegen des großen Erfolges wird sie wohl auch im kommenden Jahr, dem "Heiligen Jahr 2000" erneut stattfinden, passend zum geplanten "Großen Bußakt" der Katholischen Kirche. In diesem will der Papst sich bei den Millionen Opfern der im Namen Christi per saecula saeculorum von der katholischen Kirche begangenen Verbrechen entschuldigen.
Karlheinz Deschner, der wohl bekannteste Kirchenkritiker in Deutschland, leistete dem "Heiligen Vater" dabei im voraus schon mal Hilfestellung und verlas aus der Einleitung seines neusten, am 1. Dezember erscheinenden Buches "Memento!" (Gedenke!) einen offenen Brief an den Papst.
Deftigeres gabs zwei Tage zuvor, als der Marburger Dozent Michael Schmidt-Salomon aus seinem gerichtlich verbotenen, weil gotteslästerlichen, Stück "Das Maria-Syndrom" las. Bevor er jedoch anfing, warnte er die Anwesenden vor der im Stück verwendeten "Gossensprache", zählte bis zehn und forderte alle Menschen mit religiösen Gefühlen auf, in dieser Zeit zu ihrem eigenen Schutz den Raum zu verlassen. Doch alle blieben und lauschten amüsiert - was einige fast bedauerten, hatten sie sich doch von der Anwesenheit einiger christlicher FundamentalistInnen etwas zusätzliche Belustigung erhofft.
Doch diese waren wohl entweder lieber zu Hause geblieben oder gaben sich nicht zu erkennen. Dem Unterhaltungswert der Lesung jedenfalls tats keinen Abbruch. Allerdings hätten sie, so die VeranstalterInnen, noch etwas lernen können: So gab Gunnar Schedel, Referent der Zeitschrift MIZ ("Materialien und Informationen zur Zeit"), ein politisches Magazin für Konfessionslose und Atheisten, einen kleinen Einblick in die organisatorischen Verstrickungen zwischen christlichem Fundamentalismus und Rechtsextremismus.
Die Essenerin Ricarda Hinz stellte in ihrem Film "Die haßerfüllten Augen des Herrn Deschner" Leben und Werk des Kirchenkritikers vor und inszenierte ein virtuelles Streitgespräch zwischen führenden Kirchenvertretern und deren KritikerInnen.
Die VeranstalterInnen der Antiklerikalen Woche, ein Bündnis aus Duisburger JungdemokratInnen/Junge Linke und dem Referat für Schwule, Bisexuelle und Lesben in Zusammenarbeit mit der Linken Liste sowie den örtlichen Freidenkern, werteten die Woche als Erfolg. Die bestbesuchteste Veranstaltung war, erwartungsgemäß, die Lesung mit Karlheinz Deschner: Über 90 BesucherInnen aller Altersklassen hatten sich eingefunden, um dem Autor des Klassikers "Kriminalgeschichte des Christentums" zu lauschen. Aber auch das klassische Kirchenaustrittsfrühstück, bei viel Sekt und Brötchen mit dem staatlich geprüften Gotteslästerer Martin Budich aus Bochum, war gut besucht. Allein die Abschlussparty "Gesellschaftstanz zu flotter Musik" am Freitagabend ermangelte ein wenig der Masse und wirkte, angesichts der nebenan stattfindenden erheblich größeren kommerziellen Uniparty, leider etwas kümmerlich. Doch man ist zuversichtlich: Im nächsten Jahr soll alles noch besser werden. Schließlich gibt es ja auch ein "heiliges" Jubiläum zu feiern, dem man angemessen begegnen muss.
berichtet von:
Felix Langhammer
Copyright © Dezember 1999 Der Humanist
erstellt von Heike Jackler