Die Reportage [Inhalt]
Der Humanist berichtet über Veranstaltungen und Aktionen
Das Verhältnis von Kirche und Staat in Deutschland
Uwe Hiksch (MdB) fordert klare Trennung von Kirche
und Staat
Der Politiker nimmt kirchliche Privilegien und
finanzielle Zuschüsse unter die Lupe
Am 8. Februar 2000 berichtete der Bundestagsabgeordnete Uwe Hiksch
(PDS, bis zum Kosovo-Krieg SPD) aus Coburg bei den Heidenheimer Freidenkern über
Historisches und Aktuelles zum "Verhältnis von Kirche und Staat in
Deutschland".
Der Referent gab zunächst einen recht ausführlichen Bericht über die Entwicklung des
Staatskirchenrechts in Deutschland. Aus dem ehemaligen Landeskirchenreglement in
vordemokratischen Zeiten, über die Weimarer Verfassung bis hin zum Grundgesetz der
Bundesrepublik Deutschland, welches eindeutig formuliert: "Es besteht keine
Staatskirche".
Dass sich um die Auslegung dieses Anspruchs widersprüchliche Rechtsauffassungen ergaben, lag nach Hiksch vor allem daran, dass die Rechtssprechung von Staatskirchenrechtlern beeinflusst ist, die ihrerseits ihre Ausbildung in theologischen Fakultäten erhalten hatten. Und so ergab sich in Deutschland ein System der "hinkenden Trennung von Kirche und Staat", mit all den Benachteiligungen gegenüber Nichtkirchenmitgliedern und die zahlreichen institutionellen und politischen Verflechtungen zwischen Staat und Kirche.
Hiksch, der selbst aus einem christlichen Elternhaus stammt, sich aber dann doch zu einem Freidenker entwickelt hatte, betonte, dass es ihm gar nicht auf einen Kirchenkampf ankäme. Er hätte sogar dafür Verständnis, dass sich die Kirchen der Geschenke des Staates bedienten. Die Schuld liege bei der Politik, die ein wohl weltweit einmaliges Kirche-Staat-Verhältnis geschaffen habe und grosszügig die Steuergeschenke verteilte. Immerhin aus einem Steueraufkommen von Steuerzahlern, die in Deutschland zu einem Drittel konfessionsfrei sind.
Doch auch in anderen Bereichen, im Rechtswesen, im gesamten Bildungsbereich, bei Vereinen und öffentlichen Trägern, sogar in der Wirtschaft, werde immer wieder deutlich, dass die beiden christlichen Grosskirchen gegenüber anderen religiösen oder weltlichen Vereinigungen privilegiert würden. Häufig wird diese "Bevorzugung" sogar, ohne Wissen der Öffentlichkeit, auf Kosten der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen realisiert.
So wurde der Militärseelsorgehaushalt kritisch unter die Lupe genommen. Hier waren Millionenbeträge aufgeführt, u.a. auch für "Kultgeräteausstattungen" und "Kultkleidung", sowie "Erstattungen an Ordensgenossenschaften", "Gebet- und Gesangsbüchern".
Besonders heiter wurde es, als Uwe Hiksch durch die anschauliche Aufzählung von Beispielen aus Gesetzen und Verordnungen aus seiner bayerischen Heimat aufwartete. So dokumentierte er staatliche Finanzierungen und Baupflichten von rein kirchlichen Bauten, staatliche Selbstverpflichtungen zur Übernahme von Architekten-, Anschluss- und Wasserkosten, Einrichtung von Küchen, Bädern, sogar Spülklosetts, Fenstern, Ölöfen und -tanks, Teppichstangen, Nebengebäuden, Garagen, Brandversicherungen, Kaminkehrergebühren und vieles andere mehr.
Der Referent beschloss seine Ausführungen durch die Forderung nach
einem religiös neutralen Staat, der keiner Glaubensgemeinschaft positiv oder negativ
gegenüberstehe, einem Ausstieg aus der Finanzierung von Religionsunterricht und
Bekenntnisschulen, sowie keine Verpflichtung zum Ersatzunterricht (Ethik). Die Ausbildung
im Sozialbereich sei eine rein staatliche Aufgabe. Es dürfe keine religiöse
Reglementierung der im Sozialbereich Berufstätigen geben, bei Trägern, die staatliche
Zuschüsse erhielten. Zu fordern sei eine klare Trennung von Beruf und weltanschaulicher
Orientierung, ein Ausstieg aus der staatlichen Finanzierung Theologischer Fakultäten und
der Bezahlung von Pfarrern und Bischöfen, sowie ein Ausstieg aus dem staatlichen
Kirchensteuereinzug.
Zur Information: Der Referent, der Bundestagsabgeordnete Uwe Hiksch aus
Coburg/Bayern, hatte im Oktober letzten Jahres bundesweit Aufsehen erregt, als er von der
SPD zur PDS wechselte. Er begründete seinen Schritt unter anderem damit, dass er den
Kriegseinsatz im Kosovo, den neoliberalen Kurs der SPD (sog. Schröder-Blair-Papier) und
v.a. das unsoziale Sparpaket, nicht mehr mittragen könne. Seine Homepage: www.hiksch.de,
E-mail: uwe.hiksch@bundestag.de
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Copyright © Februar 2000 Der Humanist
erstellt von Heike
Jackler