Die Innere Mission und ihre Rolle bei der Zwangssterilisation und den nationalsozialistischen Krankenmorden

 

Das Beispiel "Oberer Riedhof" in Ulm

Vortrag von Dr. Walter Wuttke

gehalten am 19.10.99 um in der Volkshochschule Ulm

[Info (Artikel aus der Badischen Zeitung vom 30.09.98 über das Thema)]

 

Lesevortrag

Ich halte einen Vortrag über die Innere Mission und deren Diakone in der Ulmer Landesfürsorge-Anstalt "Oberer Riedhof" in der NS-Zeit.

Die Diakone waren männliche Mitarbeiter der Inneren Mission der evangelischen Kirche. Im Riedhof waren in den 30er Jahren ungefähr 330 Pfleglinge untergebracht. Ein Drittel davon waren geisteskranke Menschen. Sie mußten nicht in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden, sondern konnten in einer halboffenen Anstalt leben. Die Landesfürsorgeanstalten waren außerdem erheblich billiger.

Von den Geisteskranken im Riedhof wurden 30 Menschen mit der Zwangssterilisierung bestraft. 58 Menschen wurden im Rahmen der sog. "Euthanasie"-Aktion in Grafeneck ermordet.

Wie verhielten sich die Diakone auf dem Riedhof zur Sterilisierung und zur Tötung "ihrer" Patienten?

Ich muß zuvor noch eine Anmerkung zu der Forschungslage machen. Die beiden zentralen Behörden, der Landesfürsorgeverband in Stuttgart und das Gesundheitsamt in Ulm wurden Ende 44 weitgehend zerstört. Es gibt keine fortlaufende Überlieferung über den Riedhof. Ich habe versucht aus anderen Quellen die Informationen zu ermitteln, die nötig sind, um die Anstalt zum Leben zu erwecken.

 

Die Innere Mission

Die Innere Mission feierte im letzten Jahr ihr 150-jähriges Bestehen. Sie wurde 1848 von dem Hamburger Theologen Johann Hinrich Wichern (1808-1881) gegründet. [1]

Im gleichen Jahr war das "Kommunistische Manifest" erschienen. Wichern schrieb ein Pamphlet mit der Überschrift "Kommunismus und die Hülfe gegen ihn". Der Kommunismus ist eine "finstere" (S. 96), "unsittliche" (S.89) "Macht",eine "Mißgeburt" (S. 95), eine "Seuche" (S. 100), die die von "Gott eingesetze Obrigkeit" und die Kirchen zerstören will. Den Arbeitern, die der Kirche fernstehen, "muß das Evangelium" von "Straßenpredigern" nahegebracht werden. Den Verführten müssen die Augen "über den Betrug" der Kommunisten geöffnet werden. Unsere Arbeit muß den "unteren und untersten" Schichten der Proletarier gehören (S. 93). "Der Kern der Hilfe" muß nach Wichern, "in der Stärkung des Sittlichen" (S. 96) liegen. Sein Programm richtete sich gegen die politische Emanzipation der Arbeiter. [2]

Wichern schlug deshalb der evangelischen Kirche vor, sich zur religiösen Befriedigung der Armen auf sozialem und kulturellem Gebiet enger zusammenzuschließen. Die Diakone wurden in den "Brüderhäusern" ausbildet. Danach arbeiteten sie in allen Zweigen der offenen und geschlossenen Fürsorge oder im Krankenhaus. Sie blieben mit dem "Brüderhaus", dem sie angehörten, zeitlebens verbunden.

Die Diakone, die im Riedhof arbeiteten, kamen vom Brüderhaus "Karlshöhe" in Ludwigsburg.

Die Innere Mission hat das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" (GzVeN) "freudig" [3] begrüßt. Ihre Fürsorge war gegen Ende der Weimarer Republik rassistisch ausgelegt. [4] Man glaubte, daß die biologische Auslese die Menschen auch sozial und moralisch verbessern könne.

Von der evangelischen Kirche wurde die Sterilisation nicht in dem Maße beachtet, wie sie es verdient hätte. Das zeigte sich später an den Krankenmorden. Sie wurden nicht zu einem wirklichem Streitpunkt zwischen Staat und Kirche. Die Innere Mission war zwar gegen die Krankenmorde. Nachdem man aber das Sterilisierungsgesetz begrüßt hatte, fehlten, entscheidende Argumente gegen die "Euthanasie".

Die Kirche hätte vor den Krankenmorden "aufschreien müssen", wie einer ihrer Kritiker meinte [5]. Das tat aber sie nicht.

 

Der Obere Riedhof

Der "Obere Riedhof" wurde 1893 eröffnet. Die Anstalt arbeitete von Anfang an mit der Brüderanstalt Karlshöhe in Ludwigsburg zusammen. Die Krankenpfleger und die Gärtner kamen von der Karlshöhe. [6] Prägend für die Anstalt war deshalb eine strenge, religiös ausgerichte Hausordung. Die Insassen mußten arbeiten, soweit sie irgendwie [7] arbeitsfähig waren.

 

Der Anstaltsinspektor

Die Leitung der Anstalt hatte Robert Herschlein [8], der am 1.5.33 in der NSDAP war. Er beging nach dem Krieg Selbstmord.

Herschlein war mit den Diakonen zufrieden. Sie verrichteten ihre Arbeit "mit Eifer und Hingabe". Einen Diakon betrachtete er aber als einen "glatte(n) Versager in allen Stücken. Er ist nicht nur bequem, sondern auch grob und unsauber". [9]

 

Die Evangelische Kirche

In der Weimarer Repuplik war die evangelische Kirche nationalistisch eingestellt. Anstatt die Demokratie zu begrüßen, war der 8. November 1918 als "Umsturz"[10] und als "großes Unglück"[11]  empfunden worden. Nach wie vor war das Freidenkertum, der Kommunismus und Sozialimus die eigentliche Gefahr. Das waren dieselben Lehren , die schon vor 150 Jahren als Ursache ausgemacht waren, die Arbeiter verseucht und die Entchristlichung der Gesellschaft verschuldet zu haben. "Nicht neue Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme brächten die Lösung der sozialen Frage, sondern die Anerkennung des christlichen Sittengesetzes"[12] , hieß es damals.

1933 "herrschte" zwischen dem NS-Regime und weiten Kreisen der Kirche "eine weitgehende Übereinstimmung in den diktatorischen Prinzipien der Gesellschaftpolitik", wie Michael Häusler meinte, der über die Diakone ein sehr wichtiges Buch geschrieben hat. [13]

Wie der NS-Staat sah die Innere Mission ihre eigentliche Aufgabe darin, auf sozialem Gebiet "die nationale und sittliche Erhebung"[14] zu fördern. "Die undeutsche und widerchristliche Epoche des Marxismus ist vergangen. Sie hat unsere Arbeit" in vielfältiger Weise "gehemmt und gelähmt, ja oft bekämpft", wie es nach den März-Wahlen 1933 hieß.[15]

Die Diakone sollten die "SA Jesu Christi" werden. "Das schmucke braue Hemd" und das "Dröhnen der schweren Stiefel"[16] sollte die Diakone begeistern. Zum 100 Geburtstag der Brüderanstalt "Rauhes Haus" in Hamburg, in der Wichern gewirkt hatte, sagte ein Redner zu den Diakonen:

"Wir grüßen Euch alle als die SA Jesu Christi und die SS der Kirche". "Evangelische Diakonie und Nationalsozialimus gehören zusammen. Der echte Nationalsozialist ist Protestant und der echte Protestant ist Nationalsozialist." [17]

Der Leiter von Bethel habe einmal gesagt, das für die Diakonenausbildung die "blaue Schürze" verlangt werden müsse. "Aber zu der blauen Schürze gehört das braune Hemd." [18]

Ende 1933 änderte sich die Zustimmung der evangelischen Kirche zum Nationalsozialismus. Das hatte mit dem Kirchenkampf zu tun, nicht mit den Maßnahmen gegen die Behinderten.

 

Diakone in der Karlshöhe

Die Karlshöher Diakone wollten, wie es heißt, "am Aufbau des Staates mithelfen" und "positiv zum Volke" stehen[19] . "Brüder", auch der anderen Diakonen-Anstalten, waren ohne Zwang, freiwillig, wie Häusler bemerkt, Mitglieder in fast allen NSDAP-Organisationen geworden. Der Leiter der Karlshöhe, der in Ulm geboren wurde, fordete, daß die jungen Brüder SA-Mitglieder werden[20]. Die Diakone konnten "in der SA durch Strammheit und Zuverlässigkeit" darlegen, daß sie "echte Jünger Jesu" sind, "auf die man sich in jeder Beziehung verlassen kann"[21]. Die Mitgliedschaft in der SS war nicht erlaubt; sie kam einem freiwilligen Austritt gleich[22].

 

Die Diakone im Riedhof

Von 12 Diakonen, die verschieden lang während des Dritten Reiches auf dem Riedhof arbeiteten, waren 5 in der NSDAP, 2 waren vorübergehend in der SA. Von einem SA-Mann, von dem ein Bild erhalten ist, gibt es einen Bericht:

Er sagte, daß der leitende Krankenpfleger "ein Erzpietist" sei. "Bei dem war ich schlecht angesehen, weil ich nicht" in die Bibelstunde der Altpietisten ging. Er schilderte den Tag der Machtergreifung im Riedhof "mit gemischten Gefühlen". Es mußte an diesem Tag geflaggt werden. "Ich hisste die schwarz-weiß-rote Flagge." [23]

Die Diakone waren mit gemischten Gefühlen auf den Riedhof gekommen.

Ein Diakon hat in einem Brief an den Leiter der Karlshöhe geschrieben, warum ausgerechnet er an die geisteskranken Pfleglinge geraten "mußte". Er änderte später seine Meinung:

"O, diese Menschen sind wie Kinder, die eine Mutter brauchen. Wie hängen diese Männer an ihrem Pfleger". "Als ich aus dem Urlaub zurückkam, wollte mir jeder zuerst die Hand drücken." "Sollte einem da nicht das Herz brennen, an solchen Menschen arbeiten zu dürfen. Ich muß es aufrichtig sagen, daß es mir" schwer fallen "wird, wenn ich mich von ihnen trennen muß".[24]

Kompliziert war das Verhältnis der Diakone in der Anstalt untereinander. Es gab erhebliche Schwierigkeiten und Reibereien, ich meine hin und wieder sogar Feindschaft, zwischen den jüngeren und den älteren Diakonen. Die älteren Diakone waren der Gärtner Ludwig Seith und der Krankenpfleger Karl Baumann, die miteinander befreundet waren. [25]

Ein jüngerer Diakon schrieb an die Karlshöhe, daß er Seith und Baumann "liebe und schätze". "Doch muß ich auch gestehen, daß ich manchmal die älteren Brüder nicht mehr verstehe. Ich will nicht klagen, doch manches mal" haben sie "mir schon sehr weh getan".[26] Die jüngeren Diakone meiden Seith und Baumann "mehr oder weniger".[27]

Das wird von Ludwig Seith bestätigt. Richtig gehaßt, wie ich meine, hat Karl Baumann einen jüngeren Diakon. Der Diakon hatte auf einem Ausflug mit dem Motorrad einen Radfahrer zu Tode gefahren. Die Pfleglinge beschwerten sich beim Grimmelfinniger Pfarrer über den Diakon.

"Mir wäre es sehr lieb", so Baumann, "wenn Bruder D. bald wegkommen würde." Er besucht die Wirtshäuser und sagt die "Unwahrheit. Ein solcher Mensch ist für die I.M. nicht mehr brauchbar". [28]

 

Ludwig Seith

Ludwig Seith, geb. 1887, war seit 1914 als Gärtner auf dem Riedhof. Er war verheiratet mit einer Tochter des früheren Anstaltsleiters Ludwig Schaal. Seine Frau war Köchin.

Als Seith in einer kommunistischen Zeitschrift als "arm im Geiste" bezeichnet wird und die Küche als unhygienisch charakterisiert wird, schrieb er einen bitterbösen Bericht an die Karlshöhe. Der Leiter des Riedhofes entzöge sich "immer mehr" der Verantwortung. Er geht "unangenehmen", "öffentlichen Angriffen aus dem Wege". "Wer ein öffentliches Amt hat, darf seine Person nicht lieben" [29], so meinte Seith.

Zu den Pfleglingen hatte er ein kühles Verhältnis gehabt. Er erkennt ihre "Fähigkeiten"[30] zwar an, aber es braucht viel "Selbstverleugung und Geduld"[31], um mit ihnen zu arbeiten.

Immer wieder hat Seith betont, daß er mit der evangelischen Kirche und dem Diakonenverband uneins sei. Zwang sei "unevangelisch". Die "Freiheit des Gewissen" vor Gott, aber nicht vor dem Führer, sei für ihn maßgeblich. [32]

Konsequenterweise hat er am 29.3.1936 nicht gewählt. An den Leiter der "Karlshöhe" schreibt er 2 Tage nach der Reichstags-Wahl:

"Schon länger wollte ich mit der Wählerei" Schluß machen, da es "meiner Überzeugung" zuwiderläuft. "In den letzten Jahren hatte ich nicht den Mut und die Freiheit, diese meine Überzeugung durchzuführen." "Durch verschiedene Begebenheiten wurde mir klar, daß ich mich zu meiner Überzeugung bekennen muß, und nicht um Brots oder irdischen Gewinns willen meine innere Freiheit verkaufen darf. Meine Losung ist: diesem Zeitgeist keine Zugeständnisse zu machen, sondern Gott und Christus "mein ganzes Vertrauen schenken". Es ist keine leichte Sache, gegen den Storm zu schwimmen und sich abseits von seinem Volk" zu stellen. "Nicht die politische Motivation ist für mich treibend, sondern mein an Gott gebundenes Gewissen". [33]

Er wurde fristlos entlassen. Seith machte sich als Gärtner bei seinem Schwager Eugen Schaal unmittelbar neben dem Riedhof selbständig.

 

Karl Baumann

Karl Baumann war 1878 geboren und kam 1912 als Krankenpfleger von der Karlshöhe an den Riedhof. Er war verheiratet; seine Frau, die '33 an Lungentuberkulose starb, arbeitete auch in der Anstalt als Krankenschwester. [34] Es gibt leider gibt nicht genügend Unterlagen, die ihn charakterisieren. Eine Tochter von ihm schrieb 1997:

"Er verstand seine Tätigkeit auf dem Riedhof als Lebensaufgabe. Sie wurde ihm oft fast zu schwer". Einmal habe er einen unabgesandten Brief an die Karlshöhe konzipiert, in der er sagte, die "Arbeit" in der Anstalt werde ihm "zur Qual". Er war "sehr religiös". Daß er mit Kommunisten nichts tun haben wollte, versteht sich von selber. Er war einer der "erbittersten Gegner" des Nationalsozialismus. "Von 1933-45 hat er nie mit 'Heil Hitler' gegrüßt noch je einen Brief so unterschrieben. Eine Mitgliedschaft in der NSDAP wäre für ihn undenkbar gewesen". Wegen Zahlungen an die Judenmission wurde er von der Gestapo vorgeladen und verhöhrt. "Die Sache ging zum Glück ohne Bestrafung aus". "Wir Kinder wurden streng in die Mangel genommen", wenn wir uns gegenüber den Pfleglingen etwas zuschulden kommen ließen. [35]

Von der KPD wurde er öffentlicht beschimpft. [36] Das konnte Baumann wegstecken.

Zu der NSDAP, in der er nicht Mitglied war, mußte er ein anderes Verhältnis suchen. Er war stellvertretender Anstaltsleiter. Als solcher unterschrieb er hin und wieder "in Vertretung" mit "Heil Hitler" [37].   Er war auch während der NS-Zeit stellvertretender Wahlleiter des Abstimmungsbezirkes Riedhof.[38] Er wirkte als Sekräter des Arztes Werner Vogelgsang und schrieb fast alle Krankenakten, die für Geistig-Behindete angelegt waren. Auch die "Verlegungen"[39] hat er notiert; unterschrieben waren sie selbstverständlich vom Arzt . Er war Leichenschauer in Grimmelfingen [40] und sprach Aussegnung über die Leute, die in die Anatomie nach Tübingen gingen.[41] Er predigte alle 14 Tage im Riedhof [42] und bei anderen Gelegenheiten.[43]

Baumann und Seith hatten zu Herschlein eine sehr viel kühlere Beziehung als zu seinem Vorgänger Ludwig Schaal.[44] Am 1.September 1945 wurde Karl Baumann von der Militärregierung zum kommissarischen Leiter ernannt.[45] Er verunglückte tödlich im Juni 1947.[46]

 

Hermann Weberruss

Zum Nachfolger von Karl Bauman wurde Hermann Weberruss ernannt. Weberruss, 1907 geboren, arbeitete von 1930 -1932 und von 1936-1969 in der Anstalt. [47] Er war verheiratet; seine Frau war Köchin im Riedhof. [48]

Er war am 1.4.40 in die NSDAP eingetreten, natürlich nur zwangsweise, wie man das von ihm im Entnazifizierungsverfahren hörte:

"Der damalige Ortsgruppenleiter" von Grimmelfingen, "den er als Krankenpfleger zu betreuen hatte", habe ihm gesagt, daß er seit April '40 Partei-Mitglied sei. Angesichts der vorrausgehenden "Drohungen", habe er sich "diesem Gewaltakt fügen müssen". "Den Beitritt zur NSDAP habe er" selbst "nie erklärt". Auch die Mitgliedschaft in der SA, der er seit '34 angehörte, sei aufgrund einer "Aufforderung eines Patienten geschehen". Aus religiösen Gründen hat Weberruss die SA 1944 wieder verlassen.[49]

Was er in Wahrheit über den NS-Staat dachte, geht aus einem Brief hervor, den er im April '44 an die Karlshöhe schrieb. Er hoffe, daß "der Krieg bald siegreich zu Ende geht", wenn das im Moment auch nicht "so günstig aussieht". Er könne "im Felde" nicht so viel "für den Sieg" tun, aber er hoffe "das Beste" für den Endsieg.[50]

Hermann Weberruss und Karl Baumann haben im Riedhof Pfleglinge bei der Zwangssterilisation betreut und waren bei den Krankenmorden zugegen.

 

Die Zwangssterilisation

Nach der Befreiung vom Nationalsozialimus hatte ein Vertreter der amerikanischen Militärregierung zum Sterilisationsgesetz gesagt, daß die Unfruchtbarmachung von geisteskranken Menschen "für ein Kulturvolk" "unerläßlich" sei. Während des 3. Reiches sei das Gesetz "bedauerlicherweise in Mißkredit" geraten.[51] "Eine breit angelegte Diskussion des Problems" hielten die Amtsärzte 1950 "für untunlich". [52]

Im Juni 1933 wurde das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses verabschiedet. Bis weit in das linke Lager hinein war man für das Gesetz. Der Direktor der Frauenklinik in Tübingen, August Mayer, z.B. erwärmte sich für die Sterilisierung so sehr, daß er allen Ernstes vorschlug, in Tübingen ein zentrale Erbgesundheitsklinik zu errichten.[53]

Das Gesetz trat am 1.Januar '34 in Kraft. Es besagte, daß geistig Behinderte und psychisch kranke Patienten gezwungen werden konnten, sich sterilisieren zu lassen. Freiwillig den Eingriff an sich vorzunehmen zu lassen, wollten nur wenige.

Bereits gegen Ende der Weimarer Republik war beschlossen worden, ein Sterilisierungsgesetz zu verabschieden, wenn auch auf freiwilliger Basis. Es war für Politiker, Professoren aller Fachrichtungen, Rassenhygieniker und Ärzte kein Problem von der freiwillligen Unfruchtbarmachung auf die zwangsweise Regelung im 3. Reich umzuschwenken.

Alle Ärzte und Hebammen waren verpflichtet, ihre "erbkranken" Patienten dem Amtsarzt zu melden. D.h.: der Amtsarzt hatte einem ungeheuren Machtzuwachs erhalten. [54] Insgesamt wurden ca. 360 000 Menschen zu dem Eingriff genötigt. [55] In Württemberg waren es ungefähr 12.000 Frauen und Männer.[56]

 

Die Innere Mission und das GzVeN

Von den evangelischen Anstalten der Inneren Mission wurden mit Sichheit 2922 Menschen unfruchtbar gemacht; die Gesamtzahl ist erheblich höher. [57]

Die Mehrzahl der Anstaltsleiter, die autoritär über "ihre" Insassen und Angestellten verfügten, waren für das Gesetz, natürlich einzig und allein "Gott" zuliebe. Erbkrankheiten waren, wie alle Krankheiten, als Abkehr von Gott und als Sünde verstanden worden.[58] Erbkranke Menschen waren in bestimmten evangelischen Kreisen "After-schöpfung".[59] Die Innere Mission glaubte, daß sie nicht nur das Recht hatte , sondern die sittliche Pflicht zur Sterilisation aus Nächstenliebe" mit dem Erbkranken und aus "Verantwortung" für künftige Generationen.[60]

Der Enkel des Begründers der Inneren Mission Heinrich Wichern, Arzt in Bielefeld, Mitglied der Bekennenden Kirche, verstieg sich zu der Auffassung, daß die "bolschewistischen Bewegung" "ungewöhnlich stark" mit Schwachsinnigen belastet sei. Er fordete deshalb die Innere Mission dazu auf, durch die Sterilisierung dieser Gruppe, "Gottes Acker" vom "Unkraut zu säubern".[61]

 

Hans Harmsen [62]

Bei der Orientierung der Inneren Mission auf eugenische und rassistische Fragestellungen hat Hans Harmsen die zentrale Rolle gespielt. Harmsen hält eine "zu weitgehende Wohlfahrtspflege" beim "gesunden Existenzkampf" für schädlich.[63] Er hat 1931 die sog. "minderwertigen Bevölkerungsschichten" als "Schädlinge" denunziert.

Bei den sog. "minderwertigen" Menschen, bei sog. "Asozialen" und sonstigen Randgruppen hielt er die Kostenaufwendungen nicht mehr für vertretbar. In der Weimarer Zeit hat man aus "humanitären und sozialistischen Gründen" überflüssiger Weise diese Gruppe unterstützt.[64] Sie aus den Anstalten zu entlassen, war unmöglich, weil sie immer wieder "besonders zeugungswütiges Erbgut"[65] (Nowak) der Bevölkerung zuführten. Er fordete deshalb die Sterilisation.

Als die Nationalsozialisten das Gesetz verabschiedet hatten, schrieb Harmsen im Auftrage der Inneren Mission im August 1933: "Das tatkräftige Handeln der neuen" Regierung "auf dem Gebiet praktischer Bevölkerungspoltik erfüllt uns mit Dankbarkeit und Freude". [66]

Der Gedanke der Freiwilligkeit, den er und die Innere Mission vor 1933 zwingend gefordert hatten, erwähnt er überhaupt nicht mehr.

 

GzVeN in Ulm

In der Region Ulm wurden bis zum Dezember 1944 1155 Sterilisationen durchgeführt.[67] Über 500 Betroffene sind bekannt.[68] Der Amtsarzt war Eduard Schefold, der von 1880 bis 1958 in Ulm lebte.

 

GzVeN im Riedhof

Schefold war als Vertreter des Staates verantwortlich für den Riedhof. Jedes Jahr besuchtete er die Anstalt. Er hat die Pfleglinge des Riedhofs erbbiologisch untersucht und hat als Gutachter die Unfruchtbarmachung empfohlen [69], wie er das auch in Ulm tat.

9 Frauen und 21 Männer des Riedhof wurden unfruchtbar gemacht. 1 Mann hat die Unfruchtbarmachung selbst beantragt. Der Rest wurde zwangssterilisiert. Das Gerichtsverfahren, das es zuvor gab, wurde in 15 Fällen im Riedhof abgehalten, in 15 Fällen im Amtsgericht Ulm. Etwa 15 Minuten dauerte das Verfahren. 3 Betroffene haben sich durch Flucht dem Gerichtsverfahren entzogen.

3 Personen aus dem "Riedhof" wurden sterilisiert und dann im Rahmen der "Euthanasie"-Aktion ermordet.

 

Robert Herschlein und das Gesetz

Der Leiter des "Riedhofes" Robert Herschlein war für die Zwangssterilisation. 1932 hat er in einem Bericht an den Landesfürsorgeverband geschrieben, daß trotz "weitgehender Überwachung 3 Frauen schwanger" wurden. "Einige männliche Pfleglinge scheinen sich überhaupt nur aus dem Grunde in die Anstalt einweisen zu lassen, um mit unseren weiblichen Pfleglingen in Verbindung treten zu könen."[70]

1936 forderte er die Heil- und Pflegeanstalten dazu auf , die Patienten vor der Verlegung in den Riedhof unfurchtbar zu machen. "Das Verfahren zur Unfruchtbarmachung" im "Riedhof" z.B. "mache mit dem geringen" Personal "sehr viele Schwierigkeiten".[71]

Ohne Zweifel dachte er dabei auch an 2 Fälle, die Schwierigkeiten mit dem Gesetz brachten. Einer der unfruchtbar gemachten Männer hat im Frühjahr 1936 vor Wut die Scheune angezündet.[72] Der Mann wurde kurz darauf in die Heil- und Pflegeanstalt Liebenau "versetzt". Er kam im Juni 1940 nach Schussenried; kurze Zeit danach wurde er in Grafeneck vergast.[73]

Ebenfalls 1936 starb ein Mann aus der Anstalt an der Folgen der Unfruchtbarmachung.[74] Insgesamt mußten in Deutschland 5000 - 6000 Menschen bei der sinnlosen Operation ihr Leben lassen.[75]

 

Die "Karlshöhe" und das Gesetz

Die evangelische Brüderanstalt "Karlshöhe" war für die Zwangssterilisationen. Der Leiter hat angemerkt:

"Ich selbst habe festgestellt, daß" die evangelische Kirche "gottlob in einer anderen Lage" ist "als die" Katholiken, "die durch eine Verfügung des Pabstes verhindert sind, an der Durchfuhrung des Gesetzes mitzuwirken." "Ich habe es ausdrücklich ausgesprochen, daß wir uns freuen, daß wir mit gutem Gewissen" an dem Gesetz "mitarbeiten können". "Gut und notwendig" sei das "für unser Volk".[76]

Die geistig behinderten Menschen im Riedhof hatten also überhaupt keine Chance, der Unfruchtbarmachung zu entgehen.

 

Diakone auf dem Riedhof und das Gesetz

12 von den Betroffenen wurden von dem Diakon Baumann betreut, 3 von dem Diakon Weberruss. Sie wurden pflegschaftlich betreut, weil sie ihre Belange nicht wahrnehmen konnten. In einem von der Inneren Mission herausgegebenen Merkblatt für Pfleger wird betont: "Der Pfleger ist" in allen Dingen "der Vertreter des Erbkranken". Er "muß sich bewußt sein, daß das Erbgesundheitsverfahren" in erster Linie "die Interessen der Volksgemeinschaft" schützen soll und nicht der Menschen, die unfruchtbar zu machen sind; die "vielleicht" sogar aus "egoistischen" Gründen um die Unfruchtbarmachung herumkommen möchten.[77]

Bei einem Mann, der Buchbinder war, hat Baumann gesagt, daß er mit "Eifer" seine Arbeit beginne; "aber" er zeige "keine Stetigkeit". Er sei ein "fanatischer Sprüchemacher" und laufe "schnell weg". Nicht "einmal ein einfaches Heft" könne "er richtig binden". Der Pflegling mache sich "gelegentlich" an das "weibliche Personal" heran.[78]

In 2 Fällen war der Anstaltsleiter Robert Herschlein Betreuer des Pfleglings. Der Diakon Baumann war als Zeuge geladen. Als Zeuge sagte er im ersten Fall, daß der Pflegling zum arbeiten "angehalten werden müsse, sonst gehe er seinen Neigungen zum Zeichnen und Malen nach". Er sei einmal "von einer Insassin zum Geschlechtsverkehr" "verführt worden". Der Beischlaf blieb "aber ohne Folgen".[79]

Im zweiten Fall war ein leicht schwachsinniger Mann "comb. mit Arbeitsunlust", wie der Amtsarzt Eduard Schelfold schrieb, zur Zwangssterilisation verurteilt worden. Der Mann beantwortete die meisten Fragen auf dem Intelligenzprüfungsbogen richtig. Schefold meinte, er sei "willenschwach", voller "Beschränkheit, Arbeitsunlust" und "moralischer Minderwertigkeit". Er wird von dem Anstaltsleiter als "Schmutzfink", "renitent", "jähzornig" und "direkt gefrässig" abgestempelt. "Nachwuchs von einem derartigen willensschwachen, beschränkt und moralisch minderwertigen Menschen" ist für Schefold "nicht erwünscht".

Die Gerichtsverhandlung war im Riedhof. Befragt, ob er Einwendungen gegen die Unfruchtbarmachung habe, schweigt der Mann "und sieht nur vor sich hin". Als Zeuge sprach Karl Baumann ungünstig über 'seinen' Pflegling: Er müsse zur Arbeit "angetrieben" werden. "Es fehle ihn an Willenskraft". Er sei faul, obwohl er "Ausläufer" in die Stadt war, also einen relativ verantwortlichen Posten hatte.[80]

"Faulheit" war ein Grund für zwangsweise Unfruchtbarmachung.

Einen Schritt zuweit ging Amtsarzt Eduard Schefold bei einem schizophrenen Mann, der ein steifes Hüftgelenk hatte. Gerade die Sexualphantasien, die der Mann hatte, war für Schefold der Grund, die Unfruchtbarmachung zu beantragen. In diesem Fall hatte Hermann Weberruss die Pflegschaft überrnommen. Er sagte, daß der Pflegling "regelmäßig onaniere". Sein Hüftgelenk ist so versteift, daß er den Geschlechtsverkehr gar nicht ausüben könne. Das Gericht folgte Weberruss und wies den Antrag von Schefold ab.[81]

 

In Grafeneck vergast

Von Oktober 1939 an wurden durch die "Euthanasie"-Aktion ca. 70.000 geistig Behinderte, psychisch Kranke oder alte Menschen vergast. Die erste Tötungs-Anstalt war Grafeneck. Im August 1941 stoppte man einen Teil der   Erwachsenen-"Euthanasie".

Aber das Morden ging weiter. In den Heil- und Pflegeanstalten wurde es üblich, daß Menschen durch Eingabe von Medikamenten oder Entzug der Nahrung [82] getötet wurden.

Vom April 1941 an wurden auch kranke und mißliebige KZ-Häftlinge, wie z.B. Homosexuelle oder sog. "Asoziale", ermordet. Zudem wurden 5.000 geistig-behinderte Kinder umgebracht. Auch Ulmer Kinder und Erwachsene waren von Tötung betroffen. Nur Weniges ist darüber bekannt.[83]

 

Kirche und Euthanasie

Die Ev. Kirche war im Prinzip dagegen, sich an den Krankenmorden zu beteiligen. Aber im konkreten Fall war die Kirche zu unentschlossen, sich mit einer Stimme und öffentlich zu äußern.

"Lutherisches Obrigkeitsdenken", das sich dem Staat auch noch dort verpflichtet wußte, wo er sich an die Krankenmorde heranmachte, hat Kurt Nowak als eines der Hauptmerkmale der evangelischen Kirche ausgemacht.[84] Nicht das Lebensrecht der geistig Behinderten war im Vordergrund, sondern daß die "christliche Liebe" sich an den Irren "bewähren könne", wie ein Diakon im Karlshöher Brüderboten (1922) meinte.

 

Teophil Wurm

In Württemberg hat der Landesbischof Theophil Wurm (1868-1953) zu den Krankenmorden Stellung genommen. Wurm hatte trotz seiner Bedenken große Stücke auf den NS-Staat gesetzt. 1934 war er zur Bekennenden Kirche gestoßen; in ihr gehörte er dem rechten Flügel an.

Er war gegen die "rote Flut" der Weimarer Republik.[85] Er war gegen die übertriebenden "Wohltaten"der Weimarer Republik.[86]

Er war für den Austritt aus dem Völkerbund. Die evangelische Kirche "stellt sich freudig und geschlossen hinter den Führer".[87] Er war für die "Heimkehr Österreichs". Die Gemeinde wolle "vor Gott" treten und ihm danken.[88] Er war für die "Heimkehr" Böhmens und Mährens zum deutschen Reich. "Ein neuer Grund, Gott zu danken".[89]

Als Hitler 1939 (8.11.39) in München dem Attentat Johann Georg Elsers entging, richtete er an die Pfarrer einen Aufruf, Gott für das Leben des Führer zu danken und weiterhin "seine schützende Hand" über den Führer zu halten."Mit dem ganzen Volk sind wir tief erschüttert über den verbrecherischen Anschlag auf das Leben des Führers". Wie in Grimmelfingen das Gebet aussah, soll hier verlesen werden:[90]

"Herr unser Gott, wir gedenken heute besonders unseres Führer und danken Dir, daß du ihn gnädig vor dem verbrecherischen Mordanschlag bewahrt hast. Halte deine Hand ferner über ihn und behüte ihn in allen Gefahren, denen er ausgesetzt ist. Gib ihm Kraft und Weisheit von dir, daß er unser Volk lenke nach deinem Willen." "Dir befehlen wir unser Volk und Vaterland. Schütze und schone unsere Wehrmacht. Nimm die Ausmarschierten unserer Gemeinde in deine Obhut und laß auch ihre Angehörigen die Kraft deiner Nähe spüren. Sei du selber unseres Volkes mächtiger Schutz. Hilf uns in deiner Kraft alle Gefahren [zu] bestehen, und gib uns, was wir bedürfen, an Leib und Seele." "Herr neige dein Ohr zu dem Flehen, das aus so vielen Herzen zu dir emporsteigt. Erhöre uns um deines lieben Sohnes Jesu Christi willen. Amen."

Wurm war Antisemit.

Wurm war ohne Zweifel schwer betroffen über die Krankenmorde. In Eingaben versuchte er die "planmäßige Ausrottung schwacher und gebrechlicher Volksgenossen"[91] zu unterbrechen. Er forderte eine "gesetzlich saubere Lösung".[92] Am 19.Juli 1940 schickte er einen Protestbrief an den Reichsinnenminister Frick, der in weiten Kreisen bekannt werden sollte.[93] Der Brief schließt mit den Worten: Ich habe geredet und meine Seele gerettet. Der Brief an Frick blieb unbeantwortet.

Wurm schrieb im September ein zweiten Brief an ihn: Er wolle wissen, ob der "Führer" überhaupt von der "Sache" Kenntnis habe. "Hat er sie gebilligt ?"[94]

Die Dekanatsämter in Württemberg wies Wurm an, daß die Pfarrämter bei den Angehörigen der Euthanasieopfer darauf drängten, beim Reichsinnenminister Druck zu machen.[95] Wurm wollte öffentlich als Bischof nicht gegen die Krankenmorde in Erscheinung treten, aber "hinter verschlossenen Türen"[96] wollte er mit der Macht mauscheln.

Hermann Diem, Pfarrer in Ebersbach/Fils, nahm gegen Wurm deshalb grundsätzlich Stellung. Diem hatte eine Urne von einem Geisteskranken zu beerdigen; am Grab sagte er: "Hier ist ein Mord geschehen". Zu Wurm sagte er in einem mündlichen Gespäch, "er habe als Bischof sein Gewissen nicht zu "salvieren". Was der Führer sage, sei gleichgültig. Vielmehr habe er öffentlich die "Pfarrer und Gemeinden zu unterrichten" und "ihnen Hilfe zu leisten", wie sie mit den Krankenmorden umgehen sollten. "Ich bot ihm an, Material" zu schicken. "Er stimmte zu". "Aber als ich es ihm brachte, hatte er die Sache mit seinem Oberkirchenrat besprochen"; Wurm sagte: "Meine Herren sind nicht dafür".[97]

Am 20. Juli 1944 geriet Wurm wegen des Attentats auf Hitler in Bedrängnis. Er hatte Kontakte zu den Verschwörern. Aber ihm passierte nichts. In seinen Lebenserinnerungen schreibt er: Eine Anklageschrift wurde vorbereitet, aber Hitler war dagegen. "Wie bei dem" katholischen Bischof von Galen in Münster, der in drei Predigten im Sommer '41 gegen die Krankenmorde Stellung genommen hatte, fürchtete Hitler wohl das große Spektakel eines "Bischofsprozesses" .[98]

Um eine öffentliche Stellungnahme hatte ihn Diem 1940 dringend gebeten. Wurm sollte Pfarrer und Gemeinden öffentlich über die Krankenmorde unterrichteten. Er tat es 1940 nicht.

Erst 1943, als die Krankenmorde allgemein bekannt waren, hat er in einer Predigt gesagt: "Haben wir es nicht mit angesehen, daß das gebrechliche Leben, das sogennante lebensunwerte Leben, preisgegeben wurde ?" [99]

 

Gerhardt Braune

"Um die Glaubwürdigkeit der Kirche und Inneren Mission"[100] zu retten, ging Pastor Paul Gerhardt Braune in die Offensive. Er war Leiter der Anstalt Lobetal, einer Tochteranstalt von Bethel, und Vizepräsident des Zentral-Ausschusses der Inneren Mission.

Braune verneinte in jeder Hinsicht das Recht des Staates auf die Sterilisation behinderter Menschen. Zu Harmsen sagte er 1933, daß er über die Frage der Sterilisierung (...) durch keinen Artikel "verdorben" sei. "Es wehrt sich in mir alles" dagegen.[101]

Braune verfaßte am 9.7.40 eine Denkschrift gegen die Tötung von Kranken, die Hitler vorgelegt werden sollte. Diese Denkschrift unterschrieb Braune alleine, obwohl andere kirchliche Behörden daran mitarbeiteten.[102] Das war wieder eine Schwächung der kirchlichen Positionen im Kampf gegen die Krankenmorde. Der Kernsatz lautete: "Es handelt sich hier um ein bewußtes planmäßiges Vorgehen zur Ausmerzung aller derer, die geisteskrank oder gemeinschaftsunfähig sind".

Vom August bis Ende Oktober 1940 war Braune in Gestapo-Haft.

Die offizielle Antwort auf Braunes Denkschrift kam im Oktober (9.10.40) vom Leonhardo Conti, Staatssekretär im Reichs-Innenministerium. Er bestätigte, daß er mit dem Präsidenten des Zentralausschusses der Inneren Mission ein Gespräch hatte. Er habe ihn überzeugt, daß die Aktion doch eine Rechtsgrundlage hätte, welche jedoch aus naheliegenden Gründen nicht veröffentlicht worden ist. Der Präsident hat darauf Conti zugesagt, daß er die Widerstände bei der Inneren Mission beseitigen würde."[103]

Die Führung der Inneren Mission hatte sich offensichtlich überzeugen lassen, mit den staatlichen Stellen über die Krankenmorde zu reden, statt sie rundum abzulehnen.[104] Braune wurde sogar zum Vorwurf gemacht, daß er sich "in dieser Sache" exponiert hätte. "Das dürfe man nicht tun."[105]

 

Die Anstaltsleiter

Das schwächste Glied waren die Beschäftigten und die Leiter der Anstalten. Sie mußten den Krankenmorden weitgehend zusehen. Die Anstalten haben ca. 7600 Tote zu beklagen gehabt. [106]

 

Stetten

Die Anstalt Stetten in Württemberg hatte 750 Betten. Bis zum Dezember 1940 wurden 340 Insassen nach Grafeneck verlegt, das sind ungefähr 45 %. Der Anstaltsleiter benachrichtigte die Angehörigen von dem ersten Transport.

"Die Wirkung dieses Schreibens war erschütternd und niederschmetternd zugleich. Es kamen viele Angehörige, die unter Tränen Abschied" von ihren Verwandten "nahmen". Nur "wenige brachten den Mut auf" die Pfleglinge mit nach Hause zu nehmen.[107]

 

Bethel

Anders war das zum Beispiel in der Anstalt Bethel bei Bielefeld und ihrem Leiter Pastor Friedrich von Bodelschwingh. Die Betheler Anstalt war weltberühmt. Sie hatte 3300 Betten.

Bodelschwingh war ein recht umtriebiger Mann. Er hatte im In- und Ausland einen überragenden Namen. Von Hitler hat er gesagt, daß "Gottes Hand" den "gesegneten Mann" gesandt habe. Er begrüßte bereits 1929 die Eugenik[108] und 1931 das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses.[109] Drei ehemalige Ärzte Bethels waren maßgebene Gutachter für Tötung behinderter Menschen.[110]

Als Bethel im September 1940 von englischen Fliegern angegriffen wurde und es Tote gab, überschlug sich die Presse über die Verbrechen der Briten, während zu selben Zeit in Deutschland die Krankentötung in vollem Gange war.

Bodelschwingh hatte sich intern gegen die Krankenmorde ausgesprochen. Es gab kaum eine bedeutende Aktion, in die er nicht eingeweiht war. Aber Bodelschwingh lehnte eine öffentliche Stellungnahme kategorisch ab. Ein öffentliches Wort der Kirche könne nur stören. In seiner Anstalt hatte er Erfolg. Er bekam eine Ausnahmeregelung. Aber was ist das für ein "Erfolg" gewesen, der die übrigen Anstalten im Regen läßt ?

Bethel hatte sich bis August 1940 geweigert, die Meldebögen auszufüllen. Danach "strebte man eine Sonderregelung an". Der Staat hat im Prinzip das Recht, "lebensunwertes Leben auszulöschen", wie Schmuhl in dem Buch die "Ärzte in der Anstalt Bethel" ausgeführt hat. Bethel war bereit, "die Selektion und Deportation" "passiv hinzunehmen".[111] Bestätigt wurde das Verfahren der Ausnahmeregelung 1943.[112] So kam es, daß aus Bethel "nur" 14 geisteskranke Menschen, darunter 7 jüdische Bürger, ermordet wurden.[113]

 

Euthanasie in Ulm

Zwischen Grafeneck und Ulm hat es enge Kontakte gegeben. Bei dem Umzug des Krüppelheims, das ehemals in Grafeneck beheimatet war, im Oktober 1939 hat eine Ulmer Spedition den Umzug gemacht.[114] Täglich fuhr ein Fahrer mit einem Kurier zum Bahnhof nach Ulm. Dieser brachte die Krankenpapiere der ermordeten Patienten von Grafeneck nach Berlin. Ein Kurier mit neuen Aufträgen aus Berlin wurde abgeholt. Der Fahrer transportierte auch einen Teil der Urnen der Ermordeten nach Ulm. Sie wurden von Ulm mit der Post an die Angehörigen geschickt.[115] Ein anderer Fahrer machte in Ulm regelmäßig Besorgungen.[116]

 

Euthanasie auf dem Riedhof

Im "Riedhof" wurden vor der Euthanasie-Aktion 121 geistesschwache Menschen gezählt.[117] Mindestens 58 Menschen aus der Anstalt wurden in Grafeneck ermordet, das waren 48 %.

Am 23. August 1940 wurden 40 Bewohner und am 19. November weitere 15 Heimbewohner "verlegt", d.h. nach Grafeneck gebracht und dort vergast. Darunter waren 10 Ulmer Bürger und ein Mann jüdischer Religion.[118]

Drei Patientinnen des "Riedhofes", die Typhus hatten, wurden in die Heilanstalt Weissenau zwischenverlegt und nach kurzer Zeit in Grafeneck vergast.[119]

Weitere 27 Menschen wurden ab Juli '41 nach Zwiefalten verlegt. Sie konnten "zu keiner Arbeit herangezogen werden".[120] Zwiefalten war inzwischen eine reine Bewahranstalt, in der auch durch Medikamente oder Nahrungsentzung getötet wurde . Es gibt Hinweise, daß Patienten des Riedhofs darunter waren, aber ein endgültiges Zeugnis dafür gibt es nicht.[121]

110 Meldebögen bekam der Riedhof.[122]

Der Leiter des Landesfürsorgeverbandes Karl Mailänder[123] hat nach dem Krieg als Zeuge zu Protokoll gegeben, daß er die Arbeitsfähigkeit bei der Zusammenstellung der Transporte in den Vordergrund gestellt habe. Er erreichte, daß sich die Anstalts-Inspektoren "bei den Transportleitern um die Streichung der Arbeitsfähigen bemühen sollten und durften". Aber die Plätze der Busse waren völlig auszufüllen. Das Anstaltspersonal hatte beim ersten Transport den Bus mit bisher nicht genannten Insassen auf- und ausgefüllt. Mailänder verbot den Inspektoren bei weiteren Verlegungen, "einen Austausch mit solchen" Kranken, die nicht auf der Liste standen.[124]

Die Meldebögen wurden offensichtlich im Juni/Juli gemäß der Anordnung von Mailänder beantwortet. Der Arzt und die Pfleger haben die Arbeitsleistung der Pfleglinge beurteilt.[125] Die Anstaltsleitung im Riedhof war offensichtlich der Meinung gewesen, die Pfleglinge sollten in die Heilanstalt Zwiefalten verlegt werden. Sowohl Robert Herschlein äußerte sich so[126] als auch der Diakon Hermann Weberruss.[127]

Unabhängig davon gibt es noch eine zweite Quelle. Am 3.9.40 wurde das "Ärztliche Zeugnis" von einer Frau aus dem Riedhof an die Heilanstalt Zwiefalten geschickt. Sie war bereits am 23.8. in Grafeneck umgekommen. Am 6.9. schickte die verantwortliche Ärztin in Zwiefalten die Akte nach Grafeneck, mit der Bemerkung, daß die 40 Menschen nicht nach Zwiefalten gekommen waren, sondern der Tötungsanstalt Grafeneck "zugeliefert worden" sind.

Das ärztliche Zeugnis der Frau vom Riedhof liest sich wie ein Nachruf: Die Frau hatte zuweilen Paranoia, in dem sie sich vom Arzt und dem Personal ungerecht behandelt fühlt. Sie sei "reinlich". Die Arbeitsleistung sei "sehr befriegend". Und unter Bemerkungen steht, daß sie eine große Bewunderin von Adolf Hitler sei.[128] Sie wurde wahrscheilich ermordet, weil sie mit 64 Jahren zu alt war.

Ob die Anstaltsleitung des Riedhofs wirklich daran glaubte, daß der erste Transport nach Zwiefalten ging, möchte ich bezweifeln. Aber auf dem Dienstweg richtete sie sich danach.

Der damalige Anstaltsarzt Werner Vogelgsang, der im Februar 1943 in Rußland fiel[129], schrieb, daß die Verlegungen "große Unruhe" bei den Pfleglingen mit sich brachten.[130] Mehrere Patienten wurden gewarnt, sich zu verstecken. Die meisten Menschen waren "zu dumm, dieses zu begreifen und sie gingen nicht", wie Hausmutter Friedricke Herschlein anmerkte.[131] Eine Frau wurde in den Wald geschickt und kam deshalb mit dem Leben davon. Ein Mann versteckte sich in der Bahnhofswirtschaft. Er war für die Pferde zuständig und fuhr den Leichenwagen.[132] Seine Schwester wurde ermordet.

 

Diakone des Riedhof und die Krankentötung

Welcher Diakon die Pfleglinge in die Tötungsbusse gesetzt hatte, ist unklar. Karl Baumann hat nach Aussage einer Zeugin gesagt, er mache für die Kranken nicht den "Henkersknecht".[133] Die Tochter von Baumann hat das bestätigt. Sie sagte, daß "Diakon Weberruss" den Abtransport geregelt hat."Mein Vater hat einige Männer, die fortgebracht werden sollten, zur Feldarbeit" weggeschickt.[134] Aber Baumann war stellvertretender Leiter der Anstalt und Leiter der Krankenabteilung und Weberruss war ihm unterstellt.

Nachdem aus dem "Riedhof" die, wie es hieß, "unnützen Esser" entfernt worden waren[135], wurde die Anstalt Altersheim.[136] Der "Riedhof" wurde 1943 aus den meldepflichtigen Anstalten gestrichen.[137]

 

Nutzen

Die Krankentötungsaktionen in den Landesfürsorgeanstalten hatten eine "namhafte Verminderung des Aufwands zur Folge".[138] Sie sollten im "Zuge der Bevölkerungspolitik"[139] für bauliche Maßnahmen verwandt werden, wie der Leiter des Landesfürsorgeverbandes anmerkte.

Als Nachlaß der ermordeten Menschen des Riedhofs gingen zweihundertneunundsiebzig Reichsmark auf dem Anstaltkonto ein.[140]

 


Anmerkungen

[1] Die Macht der Nächstenliebe. Einhundertfünfzig Jahre Innere Mission und Diakonie. 1848-1998. Berlin 1998.

[2] Johann Hinrich Wichern, Kommunismus und die Hülfe gegen ihn. In: Ausgewählte Schriften. Bd.1. Güterloh 1979, S.89-110.

[3] J.C.Kaiser, K. Nowak u. M. Schwartz (Hg.), Eugenik, Sterilisation, "Euthanasie". Politische Biologie in Deutschland 1895-1945. Eine Dokumentation. Berlin 1992, S. 175.

 [4] Vgl. Hans-Walter Schmuhl, Rassenhygiene, Nationalsozialimus, Euthanasie. Göttingen 1987, S.300.

[5] Susanne Willms, Krankenmorde in der NS-Zeit und die Reaktion der Kirchen. In: "Sterbehilfe"- auf wessen Verlangen. Tagung vom 3.-5.6.1988 im Haus der Kirche. Dokmentation 64/89. Berlin o.J., S. 28.

[6] Brief der Landesarmenbehörde für den württ. Donaukreis Ulm vom 21.10.1893 an die Karlshöhe. AKHLB (Archiv der Karlshöhe, Ludwigsburg): G: Württ. Arbeitsfelder, Riedhof)

[7] Baumann, Bericht 1913. Landesarmenbehörde für den Donaukreis, Protokoll über die 25. Versammlung am 28.4.1913, S. 3 (TA).

[8] Soweit nichts anderes vermerkt ist, beziehe ich mich hier auf die Spruchkammerakten gegen Robert Herschlein: EL 902/21 AZ. 45/87/300 (StA Ludwigsburg)

[9] Schreiben von Herschlein an die Brüderanstalt Karlhöhe vom 8.4.36. (AKHLB, G, Württ. Arbeitsfelder, Riedhof)

[10] Monika Zeilfelder-Löffler, Die Geschichte der "Evangelischen Brüder- und Kinderanstalt Karlshöhe" in Ludwigsburg.(...) Heidelberg 1996, S.84

[11] Schreiben des Landesbischofs Wurm an sämtliche Geistliche vom 30.8.33 (Archiv des Pfarramt Ulm-Grimmelfingen, Pfarr-Reg. I,.1)

[12] Die Macht der Nächstenliebe. Einhundertfünfzig Jahre Innere Mission und Diakonie. 1848-1998. Berlin 1998, S. 21 ff.

[13] a.a.O. S.185

[14] Michael Häusler, "Dienst an Kirche und Volk". Die Deutsche Diakonenschaft zwischen beruflicher Emanzipation und kirchlicher Formierung (1913-1947). (Konfession und Gesellschaft, Bd.6) Stuttgart, Berlin u. Köln 1995, S. 178

[15] a.a.O. S.177

[16] Häusler, S. 322

[17] Klee, S.59

[18] Häusler, S.241 f

[19] Zeilfelder-Löffer(wie Anm. 27), S.120

[20] Ernst Röder, Wie ich vor 50 Jahre Diakon wurde. In: Der Karlhöher Diakon 83(1984) H.5, S.5

[21] Kalshöhe, Jahresbericht 1934, S. 6.

[22] Häusler (wie Anm.29) S.336

[23] Karlhöhe, Interview mit K.L., S.3. Unveröffentlicht.

[24] Brief von A.F vom 25.7.34 an Mössner. (AKHL, D, Brüderakten, A.F.)

[25] Freundsch. S/B

[26] Brief von F.H. vom 6.5.33 an Mössner. (AKHL, D, Brüderakten, F.H.)

[27] Ludwig Seith, Jahresbericht 1934, 8.3.35 (AKHL, D, Brüderakten, Ludwig Seith), S.4.

[28] Bief von Karl Baumann an Mössner vom 1.6.39 (AKHL, D, Brüderakten, H.D.)

[29] Ludwig Seith, Jahresbericht von der Anstalt Riedhof, 23.2.1933 (AKHL, D, Brüderakten, Ludwig Seith)

[30] a.a.O., S.1

[31] Ludwig Seith, Jahresbericht 1934, 8.3.35 (AKHL, D, Brüderakten, Ludwig Seith), S.3.

[32] Lud.....

[33] Ludwig Seith, Brief vom 31.3.36 an Mössner (AKHL, D, Brüderakten, Ludwig Seith), S.1.

[34] Brüderbuch des Karlshöher Verbandes 6(1933) 67. Liste über das Aufsichts- und Dienst-Personal, Nr. 46. (TA)

[35] Brigitte Lutz, Brief an das DZOK vom 11.2.97 (ADZOK)

[36] Elend

[37] N.N. euth.* dbf 150.

[38] Z.B.: 1928: Amtsblatt für Stadt und Bezirk Ulm, 1928, Nr. 52, 3.5.1928. 1934: Stadt Ulm, Vorschläge für die Ernennung der Abstimmungsvorsteher und Stellvertreter für die Volksabstimmung am 19.8.1934. (StAL: PL 502/32. Bü. 18). 1938: NSDAP Gau Württemberg-Hohenzollern, Betreff: Vorschläge für die Stimmbezirksvorsteher, 31.3.38 (StadtA Ulm: B 000/1 Nr.8)

[39] Württ. Landesfürsorgeverband, Verzeichnis über den Zu- und Abgang der Schwachsinnigen-Abteilung der Landesfürsorgeanstalt Riedhof im Kalenderjahr 1940 (HStASt: E 151/53. Bü. 247)

[40] Auszug aus dem Protokoll der Wirtschaftlichen Abteilung des Gemeinderats vom 23.10.29 (TA)

[41] Toten-Register der Landesarmen-Anstalt Riedhof, 1901-1972 (Archiv des Pfarramt Ulm-Grimmelfingen)

[42] bbb

[43] Bericht über die Konferenz des Oberlandbezirks in Ulm/Donau am 23.November 1938. In: Karlshöher Brüderbote 45 (1939) Nr. 1, S.5

[44] Jahresbericht v. J. 1930 von Br. Baumann. Riedhof, im Jan. 1931.(AKHL, D, Brüderakten, Karl Baumann)

[45] Landesfürsorgeanstalt Riedhof, Entwurf einer Anstaltschronik. 1.3.1950, S. 3.

[46] Br. Karl Baumann zum Gedächtnis. In: Karlshöher Brüderbote 46(1947) 46 f.

[47] Liste über das Aufsichts- und Dienst-Personal. Nr. 121 u. 150.

[48] Geschäftsbericht 1936/37, Bl. 2

[49] Spruchkammer Ulm gegen Hermann Weberruss, Spruch vom 29.7.47, S.1 (StAL: E 180 a II, Bü.35)

[50] Brief von Hermann Weberruss an Mössner (AKHL, D, Brüderakten, Hermann Weberruss)

[51] Betr.: Eheunbedenklichkeitsbescheinigen vom 30.3.1950.(StAS Wü 40, Bd.29, Nr.46). Vgl. Äusserung der Landesdirektion der Justiz zu der Frage der Weitergeltung des Sterilisationsgesetzes (....). o.D. (StAS: Wü.40, Bd.29, Nr. 46)

[52] Niederschrift über die Sitzung des Ausschusses für Fragen betreffend Ausstellung von Eheunbedenklichkeitsbescheinungen (...) am Donnerstag, den 12.1.50, in München. Resolution (wie Anm. 15)

[53] Walter Wuttke, Medizin, Ärzte, Gesundsheitspolitik. In: O. Borst (Hg.), Das Dritte Reich in Baden und Württemberg. Stuttgart 1988, S. 226. Vgl. Walter Wuttke, Heilen und Vernichten. Das Beispiel des "Tübinger Faschisten" August Mayer. Aufrühren, "was besser in Ruhe gelassen wird" (8). In: Schwäbisches Tagblatt, Tübingen, 9.1.1982.

[54] Vgl. Asmus Nitschke, Die "Erbpolizei" im Nationalsozialismus. Zur Alltagsgeschichte der Gesundheitsämter im Dritten Reich. Das Beispiel Bremen. Opladen, Wiesbaden 1999.

[55] Gisala Bock, Zwangssterilisation im Nationalsozialismus. Opladen 1986, S.238

[56] Übersicht über die Erbgesundheitssachen bis zum 1.12.44, HStA Stuttgart E 151 K VI, Bü.18 (DZOK-Archiv, Ulm 381)

[57] Harald Jenner u. Joachim Klieme, Nationalsozialistische Euthanasieverbrechen und die Einrichtungen der Inneren Mission. Eine Übersicht. Reutlingen 1997, S.280 f. Vgl. Hans Harmsen, Die Durchführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in den Anstalten der Inneren Mission. In: Zeitschrift für psychische Hygiene 10(1936) 20-22.

[58] Kurt Nowak, "Euthanasie" und Sterilisierung im "Dritten Reich". 2. Aufl. Göttingen 1980, S.92.

[59] a.a.O., S.94

[60] a.a.O., S. 94

[61] a.a. O., S.100. Vgl. Anneliese Hochmut, Spurensuche. Eugenik, Sterilisation, Patientenmorde und v. Bodelschwinghschen Anstalt Bethel 1929-1945 hrsg. v. M. Benad (...). Bielefeld 1997, S. 23f.

[62] Ich folge hier: Sabine Schleiermacher, Sozialethik im Spannungsfeld von Sozial- und Rassenhygiene. Der Mediziner Hans Harmsen im Centralausschuß für die Innere Mission. Husum 1998 (Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften, H.85)

[63] a.a.O., S. 437

[64] Hans Harmsen, Die Bedeutung der Vererbung und der Erbbelasteten. In: Deutsches Diakonenblatt 1934, Feb., S. 29

[65] Kurt Nowak, Sterilisation, Krankenmord und Innere Mission im "Dritten Reich". In: A. Thom u. G.I.Caregorodcev (Hg.), Medizin unterm Hakenkreuz. Berlin 1989, S.168

[66] Nowak (wie Anm.73), S.170

[67] Stuttgarter Material

[68] Staatliches Gesundheitsamt Ulm, Erbgesundheitsakten. Staatsarchiv Ludwigsburg FL 30/18 I.

[69] Aus: Personal-Liste über in der Anstalt untergebrachten Pfleglinge der weiblichen Abteilung (...). Bd.1. Angefangen: 17.11.1903, beendet: 27.3.52. Bd. 2. Angefangen: 1.2.37, beendet: 11.7.70
Personal-Liste der Männer-Abteilung (...). Bd.4. Angefangen: 13.8.34, beendet: 23.4.52
Bd.9. Angefangen:10.7.39, beendet: 10.9.70 (Tannenhof-Archiv, Ulm)

[70] Geschäftsbericht 1931/32, S.2 (DZOK-Archiv 388)

[71] Bericht des Medizinalrates Dr. Heudorfer an das Innenministerium vom 27.5.36. Betreff: Besichtigung der Landesfürsorgeanstalt Riedhof, S.3 (HStA Stuttgart E 151/53. Bü.247)

[72] Geschäftsbericht 1936/37, S.2 f. Vgl. Großfeuer im Riedhof. In: Ulmer Tagblatt vom 27.4.36. u. Bericht (wie Anm.14) S.2.

[73] Geschäftsbericht 1936/37, S.2 f. Stiftung Liebenau, Brief vom 24.7.96 an Walter Wuttke (DZOK-Archiv, Ulm). Bericht (wie Anm.36), S.2

[74] Geschäftsbericht 1936/37, S.1 (DZOK-Archiv Ulm 388);
Akte A.L.(HStAS E 151/51. Bü. 156)

[75] Bock (wie Anm.22) S. 380f.

[76] Monika Zeilfelder-Löffler, Die Geschichte der "Evangelischen Brüder- und Kinderanstalt Karlshöhe" in Ludwigsburg.(...) Heidelberg 1996, S.185

[77] Merkblatt für die Pfleger im Erbgesundheitsgerichtsverfahren. In: H.Harmsen (Hg.) 1937

[78] H.M. (StAL FL 30/18 I. Bü. 27)

[79] E.B. (wie Anm. 22. Bü. 299 )

[80] J.A.B. (wie Anm. 22. Bü. 279)

[81] K.G. (wie Anm. 22. Bü. 393)

[82] A(lfred) St(reim), Euthanasie. In: Das grosse Lexikon des Dritten Reiches. Hrsg. von Ch.Zentner u. F.Bedürftig. München 1985, S.165 f.

[83] Dr. Johannes May, Bad Schussenried, Brief vom 21.8.96 an Walter Wuttke (DZOK-Archiv, Ulm)
Amtsgericht Münsigen, Schreiben vom 28.4.46 an das staatliche Gesundheitsamt Ulm. Betr.: Voruntersuchung gegen Dr.med.Stähle u.a. wegen Mords. StA Sigmaringen, Wü. 29/3, 1757 ( DZOK-Archiv, Ulm 388)

[84] Nowak (wie Anm.), S. 138 u. 142

[85] Theophil Wurm, Erinnerungen. Aus meinem Leben. Stuttgart 1953, S.94

[86] Schreiben des Landesbischofa an sämtliche Geistliche. Vom 30.8.33, S.1 (Pfarramt Ulm-Grimmelfingen, I,1)

[87] Schreiben des Landesbischofs an die Geistlichen (...) vom 28.10.33 (Pfarramt Ulm-Grimmelfingen, I,1)

[88] Ev. Oberkirchenrat Stuttgart, 16.3.38 (Pfarramt Ulm-Grimmelfingen, III B, 18d)

[89] Ev. Oberkirchenrat, 23.3.39, an alle Pfarrämter (Pfarramt Ulm-Griimelfimgen, III, B, 18 d)

[90] Ev. Oberkirchenamt Stuttgart, 9.11.39 (Pfarramt Ulm-Grimmelfingen III, B, 18 d

[91] A.a.O., S. 126

[92] A.a. O., S.128

[93] Willms, S.28

[94] A.a.O., S. 126

[95] A.a.O., S. 124.

[96] Nowak (wie Anm.) S. 153

[97] Hermann Diem, Ja oder Nein. 50 Jahre Theologie in Kirche und Staat. Stuttgart, Berlin 1974, S.128. Vgl. Susanne Willms, Krankenmorde in der NS-Zeit und die Reaktion der Kirchen. In: "Sterbehilfe" - Tötung auf wessen Verlangen. Tagung vom 3.-5.6.1988 im Haus der Kirche. Dokumentation 64/89, S. 30 f.

[98] Wurm (wie Anm. 43), S. 171.

[99] Schäfer (wie Anm.49), S.144.

[100] Evangliche Dokumente, 109

[101] Uwe Kaminsky, Zwangssterilisation und "Euthanasie" im Rheinland. Köln 1995, S.650

[102] Kurt Nowak, Braune, S.217

[103] Nowak, S.137

[104] Willms, S.27

[105] A.a.O., S.28

[106] Jenner /Klieme (wie. Anm. 97)), S.290.

[107] Evangelische D, S.75

[108] J.C.Kaiser, K. Nowak u. M. Schwartz (Hg.), Eugenik, Sterilisation, "Euthanasie". Politische Biologie in Deutschland 1895-1945. Eine Dokumentation. Berlin 1992, S. 103.

[109] Nowak (wie Anm.73) S. 169

[110] Hans-Walter Schmuhl, Ärzte in der Anstalt Bethel 1870-1945. Bielefeld 1998, S. 55.

[111] A.a.O, S. 49

[112] Kaiser usw. (wie Anm.), S.322 f.

[113] Jenner/Klieme (wie Anm. ) 258

[114] Karl Morlok, Wo bringt ihr uns hin? "Geheime Reichssache" Grafeneck. Stuttgart 1985, S.14.

[115] Zeugenaussage Tobias Schramm: StAS: Wü. 29, Bd.1, Nr. 1758)

[116] Zeugenaussage Hans-Heinz Schütt (wie Anm.2)

[117] Verzeichnis über den Zu- und Abgang von Pfleglingen der Schwachsinnigen-Abteilung (...) 1939: HStA Stuttgart E 151/53. Bü.247

[118] Württ. Landesfürsorgeanstalt Riedhof, Schreiben vom 30.4.40 an das Innenministerium. HStA Stuttgart, E 151 K  VII/ X 3002 (DZOK-Archiv, Ulm 388).

[119] Dr. Manfred Kretschmer,Ravensburg, Brief an Walter Wuttke vom 25.9.97 (DZOK-Archiv, Ulm)

[120] Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollner, Brief vom 19.6.85 an Walter Wuttke (DZOK-Archiv, Ulm)

[121] Psychiatrisches Landeskrankenhaus Zwiefalten, Patienten vom Riedhof. Brief vom 11.1.96 an Walter Wuttke (DZOK-Archiv, Ulm)

[122] Reichsarbeitsgemeinschaft für Heil- u. Plegeanstalten, Liste der deutschen Anstalten für Geisteskranke (...), 18941-43, Württemberg, S. 18, Nr. 4 (BA, R 96 I. Bü. 6)

[123] Vgl. Thomas Stöckle, Die `Aktion T4` und die Länderverwaltung Württembergs und Badens: Dr. Eugen Stähle, Dr. Karl Mailänder und Dr. Arthur Schreck. In: Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen Zwangssterilisierung und "Euthanasie". Frührjahrstagung 1997 (25.-27.4.1997, Diakonie Stetten, Kernen i.R.) Tagungsdokumentation. Ebeleben 1997 (als Manuskript vervielfätigt), S.45-50.

[124] Strafsache gegen Dr.med. Stähle u.a. Zeugenaussage Karl Mailänder vom 12.11.47, S.3 (StAS: Wü. 29/3, Bd.1, Nr. 1756), S.3.

[125] Ich habe Krankenakten des Riedhofs, Akten, die vom Riedhof nach Zwiefalten gekommen sind, u. vier Akten des Bundesarchivs überprüft. Sonst sind Krankenakten nicht mehr vorhanden. 80 Krankenakten.

[126] Spruchkammerakten gegen Robert Herschlein: EL 902/21 AZ. 45/87/300 (StA Ludwigsburg), Bl.48.

[127] A.a. O., Bl.49.

[128] K.K. (BA R 179. Bü. 7643)

[129] Jahresbericht der Anstalt 1942/43 (verkürzt), S.1

[130] Landesfürsorgeanstalt Riedhof, Jahresbericht über die Schwachsinngen-Abteilung der Landesfürsorgeanstalt Riedhof i.J. 1940 vom 16.1.41, S.1. HStA Stuttgart, E 151 K VI, Bü. 94 (DZOK-Archiv, Ulm 388)

[131] Amtsgericht Münsingen, Strafsache gegen Dr.med.Stähle u.a., Zeugenaussage Friedericke Herschlein, 15.3.48, 2 (StAS: Wü. 29/3. Bd. 1757.

[132] Gespräch mit Herrn Braun vom 18.8.99

[133] wie Anm. 199

[134] Lutz, 11.2.97, S.2

[135] Walter Wuttke, Massenmord zur "Kostendämpfung". In: Ausstellungsreihe: Stuttgart im Dritten Reich. Anpassung,Verfolgung, Widerstand. Die Jahre von 1933 bis 1939. Stuttgart 1984, S.478.

[136] Vgl. Württ. Landesfürsorgeverband, Verfügung in Verwaltungssachen vom 10.12.54. Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern-Archiv, Stuttgart

[137] Der Reichsbeautragte für die Heil- und Pflegeanstalten, Berlin, Schreiben vom 9.2.44 an das Innenministerium in Stuttgart. Betr.: Die Württ. Landesfürsorgeanstalten Markgröningen, Rabenhof, Reutlingen und Riedhof. HStA Stuttgart E 151 K VI, 340

[138] LFV, Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1941 (StAL: E 180 II-IV. Bü. 3358.

[139] Brief von Mailänder an die Ministerialabt. für Bezirks- u. Körperschaftsverwaltung vom 24.10.41 (wie Anm. 201)

[140] Eigene Berechnung vom Haushalts- und Kassenbuch 1940


November 1999,  Der Humanist
erstellt von Heike Jackler