Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft

Beispiel:    Landeskirche Bayern  (evgl.)

 

Rund 1,2 Millionen der insgesamt 2,7 Millionen Mitglieder der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zahlen Kirchensteuer.

Haushaltsplan 1999 [Quelle: www.bayern-evangelisch.de

Einnahmen 1999:

in DM

aus

in %

948.000.000

Kirchenlohn- und Einkommenssteuer

75,50

72.373.850

Staatsleistungen

5,76

55.400.000

Leistungen aus der Rentenversicherung

4,41

50.500.000

Einnahmen aus Beiträgen zur Versorgungskasse

4,02

40.193.000

Einnahmen aus Vermögen (Zinsen und Mieten)

3,20

41.918.250

Ersatz Dritter für Personal und Ruhegehälter

3,34

47.314.900

Spenden, Rücklagenentnahme und Sonstiges

3,77

1.255.700.000

Einnahmen insgesamt

100.00

   
   

Ausgaben 1999:

in DM

für

in %

751.550.860

Mitarbeitende und Ruheständler

59,85

187.406.460

Investitionen und Betriebsausgaben

14,92

248.469.780

Überregionale Ausgaben

19,79

68.272.900

Schuldendienst und Sonstiges

5,44

1.255.700.000

Ausgaben insgesamt

100.00

Der Etatentwurf ist im Ausgabenbereich kaum differenziert und kann dementsprechend nicht analysiert werden. Die Kirchensteuer (geplant) ist übrigens in 1999 gestiegen. Für 1998 waren nur 926 Mio. DM angesetzt.

Zu den Staatsleistungen heißt es auf der Homepage der Landeskirche:

"Mit den rund 70 Millionen DM Staatsleistungen sind Zahlungen gemeint, die der Staat für in Anspruch genommene kirchliche Dienstleistungen bezahlt. Dazu zählen vor allem Religionsunterricht, Krankenhausseelsorge und kirchliche Ausbildungseinrichtungen."

Mit anderen Worten: Der Staat bezahlt der Kirche die Missionierung, die Mitgliederbetreuung in den Krankenhäusern und auch Ausbildungseinrichtungen, in denen in der Regel nur Mitglieder ausgebildet werden. Dies als "kirchliche Dienstleistungen" an den Staat zu bezeichnen, ist zumindest fragwürdig.

Diese Einnahmen allerdings als "Staatsleistungen" zu bezeichnen, ist schlicht falsch. Die genannten Punkte werden zwar gleichfalls aus allgemeinen Steuermitteln vom Staat ganz oder teilweise bezahlt, die Staatsleistungen sind jedoch nicht zweckgebundene Zahlungen, welche als Kompensation kirchlicher Eigentumsverluste an die Fürsten im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 noch heute von den BürgerInnen bezahlt werden. Dabei ist deren Ablösung bereits in der Weimarer Reichsverfassung von 1919 gefordert.

 

Antwort auf unsere Anfrage:

Von: Andreas Rickerl rickerl@elkb.de
An: jackler jackler@tabu.ping.de
Datum: Donnerstag, 23. März 2000 15:43
Betreff: Re: Erinnerung: Finanzierung der Krankenhäuser

Sehr geehrte Frau Jackler,

vielen Dank, dass Sie sich noch einmal melden. Ein Systemfehler hat u.a. bei meinem Email-Client zahlreiche Emails aus den letzten Wochen gelöscht. Jetzt nach meiner Rückkehr von einer längeren Abwesenheit bin ich davon abhängig, dass sich die Anfragenden, so wie Sie, erneut melden. Ich kümmere ich mich um die Beantwortung Ihrer Anfrage, bitte Sie gleichzeitig um mindestens eine Woche Geduld, da ab morgen die Landessynode tagt und die Fachreferenten eventuell erst wieder ab Mitte kommender Woche erreichbar sind.

Vorab soviel: selbstverständlich werden die Kosten für Krankenhäuser größtenteils durch die Krankenkassen refinanziert. Jedoch haben kirchliche Häuser meist einen besonderen Anspruch, den sie keiner Krankenkasse in Rechnung stellen können.

Viele Grüße
Andreas Rickerl
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/Publizistik
Landeskirchenamt München
Postfach 20 07 51
80007 München
Fax: 089/5595 666
www.bayern-evangelisch.de

 

2. Antwort vom 27.03.00:

Sehr geehrte Frau Jackler,

die Diakonie in Bayern ist Trägerin zahlreicher Krankenhäuser. Herr Wagner
hat zugesagt, Ihre Mail zu beantworten. Ich habe deshalb Ihre Anfrage
weitergeleitet an info@diakonie-bayern.de.

Viele Grüße
Andreas Rickerl

Anwort der Diakonie nach Nachfrage:

Von: Wagner Daniel <114767.1770@compuserve.com>
An: jackler <jackler@tabu.ping.de>
Datum: Mittwoch, 10. Mai 2000 10:24
Betreff: Erinnerung: Finanzierung der Krankenhäuser

Sehr geehrte Frau Jackler,

auch wenn ich ungern andere beschuldige - Ihre Anfrage ist offensichtlich im Landeskirchenamt hängengeblieben und hat mich erst heute erreicht. Antwort folgt sobald als möglich.

Mit Bitte um Nachsicht und freundlichen Grüßen
Daniel Wagner

[Hervorhebungen durch die Redaktion]

 

Fazit: Wir haben uns sehr bemüht, den finanzaufwendigen "besonderen Anspruch kirchlicher Häuser" zu ergründen, bis heute aber keine weitere Antwort erhalten. Selbst die Krankenhausseelsorge - die andere Kirchen als einzigen teilweise kirchensteuerfinanzierten Punkt der Krankenhausfinanzierung angegeben haben - , wird in Bayern lt. Landeskirche dem Staat als Dienstleistung in Rechnung gestellt.

Zum "besonderen kirchlichen Anspruch" noch eine kleine Geschichte zum Schmunzeln:

Vor einigen Jahren traf in einem evangelischen Großstadt-Krankenhaus ein Brief ein, der in der Chefetage Stirnrunzeln auslöste. Das Schreiben kam von der Kirchenleitung und enthielt die Aufforderung, man möge doch bitte darüber Auskunft geben, was das unverwechselbar Evangelische dieses Krankenhauses sei.

Die Antwort des Krankenhauses lautete: Sehr gerne würde man der Bitte nachkommen. Voraussetzung allerdings sei, dass man von der Kirchenleitung eine entsprechende Definition erhielte. Also die Antwort auf die Frage: Was ist evangelisch?

Die Kirchenleitung blieb stumm, und das war's dann. Seitdem wird im Krankenhaus gern über die Profilnot bei protestantischen Theologen gewitzelt.

[Zit. aus: Manuskript der Radiosendung des NDR 4 vom 12.06.00 "Was heißt hier eigentlich christlich? Die Gretchenfrage in kirchlichen Krankenhäusern", Sabine Bode]

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Copyright © Juni 2000  Der Humanist
Heike Jackler