Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft
Beispiel: Erzbistum Freiburg (kath.)
45 % der Bevölkerung ist Mitglied der katholischen Kirche. Es gibt im Erzbistum 29 Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft.
Während in anderen Bistümern und auf deren Webseiten das kollektive Jammern um sinkende - oder zumindest drohende sinkende - Kirchensteuereinnahmen vorherrscht, ist beim Erzbistum Freiburg nichts dergleichen zu finden. Stattdessen werden nackte Zahlen der Haushalte von 1996 bis 2001 geboten. Ergebnis: Der Haushaltsetat ging zwar in 1998/1999 zurück, weist für 2000 und auch 2001 aber bereits wieder Einnahmen aus, die deutlich über dem Stand von 1997 liegen. Dies ist angesichts der Pressemeldungen aus den Kirchenleitungen doch etwas verwunderlich.
Die Zahlen im einzelnen [Quelle: Erzbistum Freiburg] :
1996 | 1997 | 1998 | 1999 | 2000 (geplant) |
2001 (geplant) |
|
Einnahmen | in Mio. DM | |||||
Kirchensteuer | 651,2 | 657,5 | 608,70 | 626,70 | 668,30 | 669,00 |
Staatsleistungen | 52,69 | 57,47 | 46,67 | 48,14 | 46,12 | 48,31 |
Kapitaleinnahmen * | 27,94 | 26,43 | 47,36 | 47,18 | 26,00 | 24,25 |
Entnahmen aus Rücklagen | 4,6 | 4,4 | 40,28 | 28,85 | 1,35 | 1,35 |
Sonstiges | 34,57 | 32,89 | 15,96 | 15,97 | 44,05 | 43,43 |
Gesamteinnahmen | 771,00 | 778,70 | 758,97 | 766,87 | 785,82 | 786,34 |
* Für die Haushaltsjahre 1996/1997 und 1998/99 wurden unter Einnahmen statt "Kapitaleinnahmen" "Erstattungen der Pfründen, Baubeiträge, Zinsen und Verwaltungskostenbeiträge" aufgeführt. Dieser Haushaltspunkt und der Punkt "Sonstige Einnahmen" schwanken stark. Hier scheinen die Zuordnungen der Einnahmen nicht eindeutig zu sein. Somit wird der Haushalt unübersichtlicher.
Ausgaben | Prozent der Gesamteinnahmen |
|
2000 | 2001 |
|
Leitung/Verwaltung | 5,68 % | 5,84 % |
Seelsorge | 30,7 % | 31,67 % |
Schule/Bildung | 5,79 % | 5,56 % |
Soziale Dienste | 8,57 % | 8,67 % |
Weltkirche | 4,93 % | 4,73 % |
Bauverwaltung | 0,97 % | 0,92 % |
Kirchengemeinden | 34,14 % | 37,16 % |
Sonstiges | 6,18 % | 5,45 % |
Antwort auf unsere Anfrage:
Von: ingeborg.lorenz@caritas-dicv-fr.de
An: jackler@tabu.ping.de
Datum: Dienstag, 2. Mai 2000 15:22
Betreff: Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft
Sehr geehrte Frau Jackler,
aufgrund einer Stellenumbesetzung des Referates Krankenhäuser beim Diözesan-Caritasverband in Freiburg erhielt ich Ihre Anfrage erst vor kurzem und bitte, die Wartezeit zu entschuldigen.
Nun zu Ihren Fragen:
Die Finanzierung der kirchlichen Krankenhäuser wird ebenso wie die von Häusern in anderer Trägerschaft über das Pflegesatzsystem geregelt.Somit werden die Betriebskosten nicht über Kirchensteuern beglichen. Die Investitionskosten der Krankenhäuser in Baden-Württemberg werden im Rahmen der dualen Finanzierung über die Landesförderung bzw. über pauschale Zuschläge auf das Krankenhausjahresbudget finanziert.
Erwirtschaften die Krankenhäusern nun Defizite, die nicht im Rahmen der gültigen Bundespflegesatzverordnung zu gewissem Prozentsatz ausgeglichen werden, so müssen die jeweiligen Träger ausgleichen; bei kommunalen Häusern sind das die Kommunen oder der Kreis, bei privaten der "Besitzer" oder das Haus selbst und bei kirchlichen Häusern meist die Orden. Träger der kirchlichen Krankenhäuser sind also nicht das Erzbistum Freiburg, sondern aus der Tradition heraus vorrangig Schwesternschaften oder Diakonissengemeinschaften, die den Fehlbetrag aus ihrem Etat begleichen.
Diese finanzieren sich jedoch auch nicht über Kirchensteuern. Aufgrund ihrer auch aus steuerrechtlichen Gründen zustehende Freigemeinnützigkeit ist es den kirchlichen Krankenhäusern nicht gestattet, Gewinne zu machen bzw. diese "anzusparen", sondern sie dürfen nur kostendeckend arbeiten. Insofern können Defizite nicht direkt vom Krankenhaus abgefedert werden.
Obwohl kirchliche Krankenhäuser aufwendigere Dienste am Menschen anbieten als andere, sind sie in der Situation, die höheren Kosten gegenüber den Krankenkassen im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen im Sinne einer Pflegesatzerhöhung nicht durchsetzen zu können; personeller Einsatz wie bspw. für Sterbebegleitung, Gespräche, Gebete mit Patienten, Angehörigenberatung etc. Diese Mehrkosten müssen ebenfalls vom Träger übernommen werden.
Ich hoffe, Ihnen kurz aber verständlich sehr komplexe Zusammenhänge erläutert zu haben; in welchem Zusammenhang benötigen Sie diese Informationen?
Mit freundlichen Grüßen
Ingeborg Lorenz
Referentin
Zur Erläuterung wiesen wir auf die Presseveröffentlichungen mit den entsprechenden Zitaten der Kirchenleitung hin. Frau Lorenz hatte dafür eine mögliche Erklärung
Von: ingeborg.lorenz@caritas-dicv-fr.de
An: jackler <jackler@tabu.ping.de>
Datum: Donnerstag, 25. Mai 2000 15:20
Betreff: Antwort: Re: Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft
Sehr geehrte Frau Jackler,
die Meinung, daß konfessionelle Krankenhäuser aus Kirchensteuermitteln
finanziert werden, kann aus der Historie bedingt sein, wenn Bistümer
oder
Diözesen selbst Träger von Krankenhäusern sind oder waren. Nur in dieser
Konstellation flossen Steuern in die Krankenhäuser, aber auch nur, wenn diese Defizite
erwirtschafteten und diese vom Träger ausgeglichen werden mußten. Diese Krankenhäuser
finanzierten sich auch regulär über Pflegesätze, die mit den Krankenkassen abgerechnet
wurden.
Mit freundlichen Grüßen
Ingeborg Lorenz
[Hervorhebungen durch die Redaktion]
Fazit: Auch hier wird bestätigt, dass die Kirchensteuer überhaupt nichts mit der Finanzierung der Krankenhäuser zu tun hat. Selbst, wenn Defizite anfallen, sind diese zwar vom Träger auszugleichen. Diese Krankenhausträger sind aber nicht die Kirchen selbst, sondern Orden bzw. Schwesternschaften. Diese finanzieren sich "jedoch nicht über die Kirchensteuer".
Die oben genannten Mehrkosten durch "aufwendigere Dienste am Menschen" betreffen vor allem die Seelsorge und hat nichts mit den Pflege- und medizinischen Diensten zu tun. Alle Ausgabenbereiche, die den pflegerischen und medizinischen Bereich betreffen - so auch das entsprechende Personal -, werden voll über das Pflegesatzsystem abgedeckt.
Als Erklärung - oder Entschuldigung - für den Tatsachen widersprechende Äußerungen der Kirchenleitung wird genannt, dass eventuell früher die Bistümer, als diese noch direkt Träger waren, einmal Defizite ausgeglichen haben könnten. In Ausnahmefällen, denn auch früher finanzierten sich die Krankenhäuser über die Pflegesätze. Heute aber sind offensichtlich Krankenhausträger und Kirche wirtschaftlich getrennt, so dass ein Rückgriff auf die Kirchensteuer gar nicht stattfinden kann. Die mögliche Erklärung mit der "Historie" lässt die Frage aufkommen: Ist der Informationsfluss in der Kirchenhierarchie nicht auf der Höhe der Zeit?
Copyright © Mai 2000 Der Humanist
Heike Jackler