Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft

Beispiel:    Hamburg

 

Prälat Stephan Reimers, der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) bei der Bundesregierung, war vor seinem Amtsantritt Ende 1999 in Hamburg tätig. Im September 1999 erklärte er noch im Zusammenhang mit der Steuerreform: Eine Abschaffung der Kirchensteuer hielte er für unwahrscheinlich, weil dann der Staat selbst zusätzlich Kindergärten, Krankenhäuser und Schulen finanzieren müsste. "Das ging" - so Reimers - "nur über eine allgemeine Steuererhöhung". [idea, 13.9.99]

In Hamburg ist der Anteil der Konfessionslosen besonders groß. Weniger als die Hälfte der 1,7 Millionen Bürger gehört lt. einer Meldung der evanglischen Nachrichtenagentur idea, 13.9.99, einer Kirche an.

Dem "Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten" von 1997 ist zu entnehmen, dass die u.a. die Nichtaufnahme der Religionszugehörigkeit von Patienten gefordert wird. Unter Punkt 3.3.1 "Aufnahmemasken" heißt es:

"Sehr positiv fiel bei der Prüfung des AK Eilbek auf, daß im Vergleich zum SAP-Standard weit weniger Daten über die Patienten erfaßt werden. So wird beispielsweise die Religionszugehörigkeit des Patienten in den Aufnahmemasken nicht mehr abgefragt. Damit wird unserer Forderung entsprochen, die Datenerhebung im Interesse der Patienten auf das für die Aufnahme erforderliche Maß zu beschränken."

Das Lob für ein (allgemeines) Krankenhaus bedeutet aber auch, dass in anderen Krankenhäuser, sogar in den öffentlichen allgemeinen, die Religionszugehörigkeit gespeichert wird.

Im "Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten" von 1996 heißt es:

"Erfreulicherweise hat das Europäische Parlament am 17. September 1996 in seiner 'Entschließung zur Achtung der Menschenrechte' hinsichtlich der Datenbanken von Europol gefordert, 'alle Informationen persönlichen Charakters, wie Angaben zur Religionszugehörigkeit, zu philosophischen oder religiösen Überzeugungen, Rasse, Gesundheit und sexuellen Gewohnheiten, von der Erfassung in diesen Datenbanken auszuschließen'."

[Quelle: www.hamburg.de]

 

Antwort auf unsere Anfrage:

Von: Freie Hansestadt Hamburg
Behörde für Arbeit, Gesundtheit und Soziales
AZ: G 2101
An: Heike Jackler
Datum: 20.04.2000
Betr.: Finanzierung der Krankenhäuser

Sehr geehrte Frau Jackler,

Ihre Anfrage vom 15.3.2000 zur Finanzierung der Krankenhäuser ist an die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales weitergeleitet worden. Dazu möchten wir Ihnen folgendes mitteilen:

Alle vom Krankenhausplan erfassten Krankenhäuser werden unabhängig von ihrer Trägerschaft nach denselben gesetzlichen Regelungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes des Bundes und dem Hamburgischern Krankenhausgesetz finanziert. D.h. es besteht ein Rechtsanspruch auf die von der öffentlichen Hand gewährten Fördermittel für die Investitionen. Die für die fachgerechte Krankenhausversorgung benötigte bauliche und apparative Ausstattung ist entscheidend dafür, wann und in welcher Höhe die einzelnen Maßnahmen finanziert und umgesetzt werden.

Desgleichen werden die von den Patienten bzw. ihren Krankenkassen zu entrichtenden Pflegesätze zur Finanzierung der laufenden Benutzerkosten nach denselben Regelungen und Kriterien zwischen den Krankenkassen und Krankenhäusern vereinbart. Maßgebliche Grundlage ist auch hier der Versorgungsauftrag des Krankenhauses und seine daraus nach Art und Menge abgeleiteten Leistungen unabhängig von der Trägerschaft

Die BAGS hofft, dass Sie mit diesen Hinweisen einen kleinen Einblick in die Finanzierungssystematik für die Krankenhäuser erhalten haben.

Mit freundlichen Grüßen
Hintz

[Hervorhebungen durch die Redaktion]

 

Fazit: Hier wird deutlich, auf welchen Grundlagen die Krankenhausfinanzierung basiert. Notwendige Investitionskosten übernimmt die öffentliche Hand, das sind in Hamburg zu mehr als 50 % Nicht-Kirchenmitglieder. Die laufenden Benutzerkosten übernimmt der Patient bzw. dessen Krankenkasse.

Die der o.g. Aussage des Bevollmächtigten der EKD, Reimers, zu Grunde liegende Annahme, es gäbe einen Zusammenhang zwischen Kirchensteuer und Krankenhausfinanzierung, kann also auch nicht aus Erfahrungen seiner Hamburger Zeit herrühren. Auch das in Hamburg tätige Diakonische Werk bestätigte auf unsere Anfrage an die Nordelbische Kirche, dass im Krankenhauswesen "Kirchensteuern nur für einzelne seelsorgerliche Aufgaben aufgewendet werden". Der medizinische Bereich ist also nicht betroffen. Die Auskunft des Diakonischen Werkes endete mit den Worten: "Diese Frage sollte mal im Rahmen der Kirchenmitgliederinformation beantwortet werden, was wofür ausgegeben wird."

Ein Tipp an die Nordelbische Kirche in Hamburg: Vergessen Sie bitte bei der Mitgliederinformation nicht die Kirchenleitung, speziell Prälat Stephan Reimers, damit er bei seinen Gesprächen mit der Bundesregierung besser informiert ist.

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Heike Jackler