Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft

Beispiel:    Landeskirche Hessen-Nassau (evgl.)

 

Mitglieder der evangelischen Kirche Hessen-Nassau:

Anteil an der Bevölkerung:  39,4 Prozent

 

Antwort auf unsere Anfrage:

Von: Burkhardt, Dietmar Dietmar.Burkhardt@ekhn-kv.de
An: 'jackler'
jackler@tabu.ping.de
Datum: Dienstag, 14. März 2000 13:36
Betreff: AW: Evg. Kirche Hessen/Nassau: Krankenhäuser

Sehr geehrte Frau Jacker,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der Verwendung von Kirchensteuermitteln für Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft.

Nach Rücksprache mit unserem Finanzreferat und dem Diakonischen Werk als Trägerin von vielen kirchlichen Krankenhäusern kann ich Ihnen nur mitteilen, dass von Seiten der EKHN keinerlei Kirchensteuermittel in den Betrieb von kirchlichen Krankenhäusern fliessen.

Auch das Diakonische Werk hat mir mitgeteilt, dass die Kirchensteuerzuwendungen nicht in den Unterhalt oder den Betrieb Krankenhäuser fliessen. Für kirchliche Krankenhäuser gelten meines Wissens genau die gleichen Zuweisungsschlüssel wie für andere Krankhäuser auch.

Mich würde interessieren, woher Ihre Informationen stammen. Denn ich fände es schade, wenn sie so weiter im Umlauf sind und zu Missverständnissen oder auch Unverständnis führen.

Ich stehe Ihnen natürlich für Rücksprache gerne zur Verfügung. Sollte Ihre Information aus einer Zeitung stammen, würde ich mich freuen, wenn Sie mir diese nennen könnten, damit wir mit den zuständigen Redakteuren sprechen könnten.

Mit freundlichen Grüssen,
Dietmar Burkhardt
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Referent für interne Kommunikation in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
Tel.: 06151/405 286 Fax: - 441
Mobil: 0172- 601 84 20
Email: info@ekhn.de
www.ekhn.de

 [Hervorhebungen durch die Redaktion]

 

Wir haben Herrn Burkhardt auf die Mitteilung des Bevollmächtigten der EKD, Prälat Stephan Reimers hingewiesen, nach der dieser eine Abschaffung der Kirchensteuer für unwahrscheinlich hält, weil dann der Staat selbst zusätzlich Kindergärten, Krankenhäuser und Schulen finanzieren müßte. "Das ginge" - so Reimers - "nur über eine allgemeine Steuererhöhung". (idea, 13.09.99)

Das fand der Referent für Öffentlichkeitsarbeit denn auch merkwürdig. Er antwortete:

 

Von: Burkhardt, Dietmar <Dietmar.Burkhardt@ekhn-kv.de>
An: 'jackler' <jackler@tabu.ping.de>
Datum: Dienstag, 14. März 2000 15:47
Betreff: AW: Evg. Kirche Hessen/Nassau: Krankenhäuser

Sehr geehrte Frau Jackler,

danke für die idea-Pressemeldung.

Ich weiss natürlich nicht, ob Herr Reimers da etwas sorglos gesprochen hat oder er missverständlich zitiert wurde. Jedenfalls ist bei Kindergärten derzeit ein Eigenanteil von 10-20% in der EKHN usus. Bei Krankenhäusern jedoch nicht. Sie unterliegen auch den gleichen Bestimmungen wie andere Krankenhäuser auch.

Leider hat unsere Kirche in der Vergangenheit versäumt, darauf hinzuweisen, dass die Kirchensteuermittel zuallererst für die gemeindliche Versorgung mit Pfarrer/innen, Gemeindepädagogen/innen und anderen haupt- und nebenamtlich Mitarbeitenden und die Unterhaltung der Kirchen, Gemeindehäuser... verwendet werden. 

Nach dem Subsidiaritätsprinzip haben die Kirchen zwar Aufgaben des Staates übernommen. Bei Kindergärten und Krankenhäusern liegen da jedoch verschiedene Voraussetzungen vor. 

Eine Ausnahme kann es in Bezug auf Krankenhäuser geben, das habe ich jetzt erst herausbekommen: Bei Erweiterungen von Kliniken oder Umbauten kann es in Ausnahmefällen dazu kommen, dass die EKHN aus Kirchensteuermitteln einen Zuschuss gibt.

Es setzt sich jedoch immer mehr der Gedanke durch, dass Kirchensteuermittel nicht wie Spenden zu behandeln sind. Wenn Sie es mit ökonomischen Worten ausdrücken wollen: Kirchensteuerzahler/innen sind Anteilseigner/innen an ihrer Kirche, sie haben ein Recht darauf, dass die Kirche sorgsam und gerecht mit ihren zur Verfügung gestellten Mitteln umgeht und auch für ihre Mitglieder da ist. Oder biblisch ausgedrückt: es sind uns anvertraute Pfunde. Deshalb ist es auch Pflicht der Kirche Kirchensteuern nicht als frei verfügbare Finanzmasse anzusehen. 

Ist das für Sie plausibel ?

Mit freundlichen Grüßen,

Dietmar Burkhardt
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Referent für interne Kommunikation
in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt

Tel.: 06151/405 286  Fax: - 441 
Mobil: 0172- 601 84 20
Email: info@ekhn.de 
www.ekhn.de

[Hervorhebungen durch die Redaktion]

 

Ja, das ist völlig plausibel. Die Großkirchen sind Wirtschaftsbetriebe, also sind die Kirchensteuerzahler auch Anteilseigner. Wenig plausibel ist, dass die Kirche nur in Ausnahmefällen bei Erweiterungen und Umbauten, das heißt, bei Vermehrung der Immobilienwerte, etwas aus der Kirchensteuerkasse dazu tut. Auch die Vermehrung der Immobilien wird zu großen Teilen vom Staat gefördert, auch von Nicht-Kirchenmitgliedern. Wie es bei der Kirche zu so "wundersamen Immobilienvermehrungen" auch im Kindergartenbereich auf Kosten des Staates kommt, hat auch der "Verein zur Umwidmung der Kirchensteuern e.V." recherchiert.

Wenig plausibel ist auch, dass sich Konfessionslose von Kirchenmitgliedern als Schmarotzer bezeichnen lassen müssen, weil ihre Kirche ihnen weismacht, dass das soziale Engagement, z.B. Krankenhäuser, von ihren Kirchensteuern finanziert wird.

Wenn sich, wie Herr Burkhardt meint, immer mehr der Gedanken durchsetzt, dass "Kirchensteuermittel nicht wie Spenden zu behandeln sind", sondern wie Anteile am ökonomischen Unternehmen Kirche, dann sollte sich auch der Staat Gedanken darüber machen, ob Kirchensteuern noch wie Spenden an gemeinnützige Organisationen voll von der Einkommenssteuer absetzbar seien sollten. Denn durch diese Absetzbarkeit entsteht dem Staat ein Verlust in Milliardenhöhe. Der Staat subventioniert damit die Kirchensteuer in einem beachtlichem Maße, während mittles Kirchensteuer nur ca. 10 % allgemeine soziale Leistungen erbracht werden. Somit ist der Gedanke an eine Sozialsteuer für Konfessionslose in Höhe der Kirchensteuer, der oft vorgebracht wird, auch völlig absurd.

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Heike Jackler