Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft
Beispiel: Landeskirche Kurhessen-Waldeck (evgl.)
So stellt sich die Landeskirche auf ihrer Homepage vor:
Über eine Million evangelische Christen leben in den 947 Gemeinden der Landeskirche, die meisten davon in ländlichen Regionen. Dort haben sich bis heute stabile volkskirchliche Strukturen erhalten, d. h. die evangelische Kirche gehört zum Leben der Menschen einfach dazu, von Austritt ist hier viel seltener die Rede als in den großstädtischen Ballungsräumen.
Antwort auf unsere Anfrage:
Von: Oberlandeskirchenrat Joachim Lies
Frau Heike Jackler
jackler@tabu.ping.de
AZ: A 931/00 - R 191
Datum: 22.03.00
Finanzierung von kirchlichen Krankenhäusern
Ihre Internetanfrage vom 14. März 2000
Sehr geehrte Frau Jackler,
zunächst dürfen wir feststellen, dass die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck sowie die ihr angeschlossenen kirchlichen Körperschaften keine Krankenhäuser in eigener Trägerschaft unterhalten. Evangelische Krankenhäuser in unserem Bereich werden von selbständigen diakonischen Rechtsträgern in der privatrechtlichen Rechtsform eines Vereins, einer Stiftung oder einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben. Diese Träger sind über den kirchlichen Wohlfahrtsverband, das Diakonische Werk in Kurhessen-Waldeck e. V., mit der Kirche verbunden.
Die Betriebskosten dieser Einrichtungen müssen aus den mit den Krankenkassen verhandelten Pflegesätzen sowie Einnahmen von Selbstzahlern finanziert werden. Zuschüsse aus Kirchensteuermitteln für den Betrieb einer Einrichtung werden regelmäßig nicht gewährt.
Eine seltene Ausnahme von diesem Grundsatz bilden geringe Kameralverlustausgleiche auf Antrag, sofern der weitere Bestand der Einrichtung gefährdet ist. Dies ist nach unserem Kenntnisstand bisher ein Mal vorgekommen.
Etwas anders stellt sich die Sachlage bei den Investitionskosten dar. Hier sind die Träger regelmäßig verpflichtet, 10 % der Baukosten aus Eigenmitteln aufzubringen. Andererseits werden sie jedoch in diesem Bereich permanent faktisch enteignet, da die zur Refinanzierung erforderlichen Abschreibungen im Rahmen der Pflegesätze nicht anerkannt werden. D. h., die Träger im Bereich der freien Wohlfahrtspflege haben keine Möglichkeit, notwendige Investitionskosten zu erwirtschaften. Aus diesem Grund besteht die Möglichkeit, bis zur Höhe von 10 % der Investitionskosten Zuschüsse aus dem von dem Spitzenverband verwalteten Bau- und Beihilfeprogramm der Landeskirche zu beantragen.
Für diese finanziellen Hilfen wendet die Landeskirche jährlich ca. 1 % ihrer Kirchensteuereinnahmen auf.
Im Gegensatz zu der Situation bei den diakonischen Einrichtungen sind uns aus dem Bereich der kommunalen Krankenhäuser größere Zuschüsse aus Steuermitteln bekannt. Im Übrigen muss festgestellt werden, dass das Überleben derart sozialer Einrichtungen durch die rein monetär geprägte und teilweise lebensfremde zunehmende Planwirtschaft in diesem Sektor stark gefährdet wird. Ihnen diese Gesamtproblematik im Rahmen eines Briefwechsels über Internet darzustellen, sprengt den zur Verfügung stehenden Rahmen. Der Unterzeichner ist jedoch jederzeit gerne bereit, dies mit Ihnen auf Wunsch persönlich zu erörtern. Sollten Sie davon Gebrauch machen wollen, setzen Sie sich bitte mit dem Sekretariat des Unterzeichners (Frau Baumunk, Tel.-Nr. 05 61/93 78-2 15) zwecks Vereinbarung eines Termins in Verbindung.
Mit einem herzlichen Dank für das von Ihnen gezeigte Interesse verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen
Joachim Lies)
Oberlandeskirchenrat
[Hervorhebungen durch die Redaktion]
Fazit: In Kurhessen-Waldeck fließen keine
Kirchensteuermittel in den medizinisch-pflegerischen Bereich der Krankenhäuser.
Im Gegensatz zur Auskunft der EKD ("...dass Kirchensteuermittel zur Finanzierung
von Krankenhäusern in kirchlicher Trägerschaft zu keiner Zeit in Anspruch genommen
worden sind und auch gar nicht in Anspruch genommen werden konnten",
"...die öffentliche Hand muss für die Investitionen (z. B. Gebäude,
medizinische Geräte/Technik) aufkommen...")und der Landeskirche
Württemberg ("Daneben gibt es einen Diakoniefonds der Landeskirche als
Revolvingfonds. Der vergibt auf Antrag bei Bauinvestitionen zinsgünstige Kredite. Hier
fließen keine neue Kirchensteuermittel hinein, sondern es werden nur soviel Gelder
vergeben, wie bereits vergebene Kredite zurückbezahlt werden.") verwendet die
Landeskirche Kurhessen-Waldeck für Baumaßnahmen nach Auskunft des Oberlandeskirchenrates
1% der Kirchensteuer.
Bei einem Eigenanteil von nur 10 % der Baukosten durch den Träger von einer "permanten faktischen Enteignung" zu sprechen, weil diese Kosten nicht erwirtschaftet werden können, halten wir allerdings für übertrieben. Immerhin beteiligt sich der Staat, der zu einem Drittel aus Konfessionslosen besteht (ohne die durch die Monopolstellung der Kirche in Bereichen des Arbeitsmarktes Zwangskonfessionalisierten), zu 90 % an der Immobilienvermehrung.
Copyright © März 2000 Der Humanist
Heike Jackler