Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft

Beispiel:    Bistum Speyer (kath.)

 

Der Haushalt der Diözese Speyer umfasst im Jahr 2000 278,2 Mio. DM, davon Kirchensteuer 205,7 Mio. DM. 20 Prozent kommen durch Staatsleistungen, Zuschüsse und sonstige Einkünfte zusammen.

Zu den Ausgaben für Soziale Dienste findet man auf der Homepage des Bistums folgende Angaben:

"19,2 Prozent der Kirchensteuereinnahmen gibt das Bistum Speyer für soziale Dienste aus. Allein die 270 Kindergärten, ..., müssen mit 20,9 Mio. Mark unterstützt werden. 18,9 Mio. Mark erhalten der Caritasverband und andere Sozialverbände als Zuschüsse für ihre Einrichtungen. Beratungsdienste bekommen 1,5 Mio. Mark. Die Unterstützung von ausländischen Mitbürgern und Aussiedlern läßt sich das Bistum 450 000 Mark aus Kirchensteuermitteln kosten. Heime und Sozialstationen benötigen rund 1,3 Mio. Mark Zuschüsse, weil öffentliche Leistungen und Pflegesätze längst nicht alle Kosten decken. Es kann also keine Rede davon sein, dass sich die Kirche ihre sozialen Dienste weitgehend vom Staat bezahlen ließe."

Den letzten Satz "Es kann also keine Rede davon sein..." findet man so wortwörtlich auf etlichen Homepages der verschiedenen Diözesen. Er scheint also als Leitsatz von der Kirchenleitung vorgegeben zu sein.

Im Grunde kann aber gar keine Gegenrechnung von kirchlichen Ausgaben für allgemeine soziale Leistungen und staatlich/kommunalen Leistungen für die Kirche erfolgen. Die Kirchen erhalten, neben etlichen Steuer- und Gebührenvergünstigungen, aus so vielen verschiedenen Töpfen Subventionen, dass selbst die zuständigen Politiker zugeben müssen, nicht annähernd einen vollständigen Überblick zu haben.

Schauen wir uns die Zahlen für das Bistum Speyer an, stehen 19,2 % Kirchensteuer für Soziale Dienste, die im übrigens auch rein innerkirchliche Aufgaben wie Mitgliederbetreuung umfassen, 20 % der Gesamteinnahmen als Staatleistungen, Zuschüsse und sonstige Einnahmen gegenüber.

Die Kirche gibt an, dass Kirchensteuermittel an die Caritas fließen, "weil öffentliche Leistungen und Pflegesätze längst nicht alle Kosten decken". Nur - der Caritasverband weiß nichts davon, wie die unten stehende Antwort zeigt. Zwar sind hier nur "Heime und Sozialstationen" erwähnt, doch prinzipiell werden Altenheime wie Krankenhäuser über die Pflegesätze finanziert.

Unsere erste Frage bezüglich der Verwendung der Kirchensteuer für Krankenhäuser ging an den Kirchenrat, immerhin das höchste Laiengremium der Diözese. Aufgabe des Diözesan-Katholikenrats ist es unter anderem, die Arbeit kirchlicher Gruppen und Verbände zu fördern sowie die Anliegen der Katholiken des Bistums in der Öffentlichkeit zu vertreten.

 

Antwort auf unsere Anfrage:

Von: Christoph Braß chbr0002@stud.uni-sb.de
An: jackler jackler@tabu.ping.de
Datum: Montag, 20. März 2000 01:12
Betreff: Re: Finanzierung der kath. Krankenhäuser

Sehr geehrte Frau Jackler,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Leider fürchte ich, daß wir Ihnen bei der Beantwortung nicht weiterhelfen können. Der Katholikenrat ist ein ehrenamtlich arbeitendes Gremium von Laien, das sich mit kirchen- und gesellschaftspolitischen Fragestellungen befaßt, aber keinen Einfluß auf die Finanzpolitik des Bistums bzw. der Kirche insgesamt hat.

Ich könnte mir vorstellen, daß Ihnen die Pressestelle des Bischöflichen Ordinariats bei der Beantwortung Ihrer Frage - soweit sie die Diözese Speyer betrifft - behilflich sein könnte. Sie erreichen die Pressestelle unter folgender E-Mail-Adresse: BistumSpeyer@t-online.de

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Braß
Vorsitzender des Katholikenrates im Bistum Speyer

 

Die von dem Katholikenrat empfohlene Pressestelle des Bistums hatte aber offensichtlich auch keine Informationen darüber, wie die Caritas die auf der Homepage (s.o.) erwähnte Kirchensteuer verwendet.

 

Von: bistumspeyer BistumSpeyer@t-online.de
An: jackler@tabu.ping.de
Datum: Montag, 20. März 2000 08:53
Betreff: Re: Finanzierung der kath. Krankenhäuser im Bistum Speyer

Sehr geehrte Frau Jackler,

ich habe Ihre Anfrage an den Caritasverband weiter geleitet, der für die Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft zuständig ist.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Fandel, Bischöfliche Pressestelle Speyer

 

Der Geldempfänger, nicht der Geldgeber Kirche, konnte schließlich Auskunft geben:

 

Von: Caritasverband dicv-speyer.herr.m@t-online.de
An: jackler@tabu.ping.de jackler@tabu.ping.de
Datum: Mittwoch, 12. April 2000 08:41
Betreff: Finanzierung der kath. Krankenhäuser im Bistum Speyer

Sehr geehrte Frau Jackler,

ich habe mich zum Thema "Finanzierung der katholischen Krankenhäuser im Bistum Speyer" kundig gemacht, so dass ich jetzt in der Lage bin, Ihre Anfrage vom 20. März zu beantworten.

Die katholischen Krankenhäuser erhalten im Bistum Speyer zur Finanzierung keine Kirchensteuermittel. Sie finanzieren sich ausschließlich über die Pflegesätze.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Herr
Referent für Öffentlichkeitsarbeit
Caritasverband für die Diözese Speyer e.V.

[Hervorhebungen durch die Redaktion]

 

Fazit: Man muss sich nur durchfragen, dann erhält man auch die erstaunliche Antwort: Keine Kirchensteuer für die Krankenhäuser. Die Pflegesätze reichen doch aus.

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Copyright © Mai 2000  Der Humanist
Heike Jackler