Politik und Geld: News
 8. Juli 1999 · Politik: Hätten Sie gewusst, dass die Todesstrafe...

...im Jahr 1899, an der Schwelle zum 20. Jahrhundert, lediglich von drei Staaten aus ihren Gesetzbüchern verbannt war? (Costa Rica, San Marino, Venezuela).

...49 Jahre später, also 1948, im Jahr der Verkündigung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, nur in acht Ländern gesetzlich nicht vorgesehen war? (Immerhin eine Steigerung um mehr als 250 Prozent!!!)

...nochmals 30 Jahre später, somit 1978, nunmehr in 19 Staaten der Weltgemeinschaft abgeschafft war?

...im Jahr 1998 erst in 67 Staaten der Erde abgeschafft war?

...im vergangenen Jahr in 37 Staaten an mindestens 1.625 Gefangene vollzogen wurde und dass zu dieser „Höchststrafe“ mindestens 3.899 Menschen in 78 Ländern verurteilt wurden?

...mittlerweile in 105 Ländern abgeschafft wurde aber immer noch in 90 Staaten praktiziert wird?

War denn da nicht ´mal was mit einem 5. Gebot? (H.F.)

[ai-journal 07/99, ai-Rechenschaftsbericht für 1998]

 6. Juli 1999 · Politik: Unter Einsatz ihres Lebens...

„Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht umfaßt die Freiheit, Meinungen unangefochten zu vertreten sowie Informationen und Ideen mit allen Kommunikationsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“

Artikel 19 der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" der Vereinten Nationen (Dezember 1948) garantiert das Recht auf Informations- und Meinungsfreiheit. Doch in mehr als der Hälfte der 185 Staaten mit Sitz bei der UNO wird dieses Recht nicht respektiert. Im Gegenteil: Vielerorts unterliegt die Berichterstattung staatlicher Zensur, werden Zeitungen beschlagnahmt, Rundfunkprogramme und Fernsehsender verboten. Viele Methoden der Einschüchterung, von anonymen Drohungen und Überfällen bis zu Verhaftung, Mißhandlung und Ermordung von Journalistinnen und Journalisten, werden angewandt, um kritische Stimmen an autoritären Regimen, an Korruption und Organisiertem Verbrechen zum Schweigen zu bringen.
Die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung und der freien Berichterstattung geht immer mit der Verletzung anderer grundlegender Menschenrechte einher. Die Freiheit, zu informieren und informiert zu werden, ist daher stets auch ein zuverlässiger Gradmesser für die Achtung der universell gültigen Menschenrechte in einem Land.
Wo die Presse nicht ungehindert über die Arbeit von Regierungen berichten kann, gibt es auch keine öffentliche Kontrolle staatlicher Organe. Wo die Medien nicht einmal elementare Informationen verbreiten dürfen, kann kein demokratischer Prozeß, kein friedlicher Ausgleich verschiedener Interessen gelingen. Ohne Pressefreiheit gibt es keine Demokratie.
Mehr als 600 Journalistinnen und Journalisten wurden in den letzten 10 Jahren wegen ihrer Veröffentlichungen oder in Ausübung ihres Berufes ermordet. Ständig sind auf der Welt rund 100 Journalisten wegen ihrer Meinung im Gefängnis. (H.F.)

[Quelle: Reporter ohne Grenzen, Unterstützerinfo 07/99]

 4. Juli 1999 · Geld: Pharma-Industrie profitierte vom Flüchtlingselend

Karitative Spenden können steuerlich abgeschrieben werden. Aus diesem Grunde hat die Pharma-Industrie albanische Flüchtlingslager mit praktisch wertlosem Medizin-Müll überschüttet. Dies ist das Ergebnis eines WHO-Berichts vom Mittwoch. Mindestens die Hälfte der unerwünschten Geschenke sei ungeeignet oder wertlos oder müsse vernichtet werden. Unter den medizinischen Produkten, die in die Flüchtlingslager geliefert wurden, waren nach Berichten der BBC auch Nikotin-Inhalierer, Inkontinenz-Cremes und Lippenbalsam. Nach neuesten Analysen hatten 65 Prozent der medizinischen Produkte ein für den Einsatz unzureichendes oder gar überschrittenes Haltbarkeitsdatum.
[Quelle: WIRED, 1.7.99]

 29. Juni 1999 · Politik: In God we trust, the rest pay cash

Vorbei sind die Zeiten, als schwarze und weiße Bürgerrechtler bei jeder noch so kleinen reaktionären Gesetzesänderung durch die amerikanischen Straßen zogen, um die Freiheit des einzelnen zu verteidigen. Ruhiggestellt wurden sie durch TV, Drogen und Polizei. 1999 scheint für Amerika das Jahr der Rückbesinnung auf alte Traditionen zu sein. So treten auch zum 1. Juli in vielen US-Bundesstaaten neue Gesetze in Kraft. AP berichtet:


"In South Dakota können junge Leute zur Zahlung einer Geldstrafe für jede einzelne gerauchte Zigarette verurteilt werden, genauso wie der Verkäufer der Packung. In Louisiana werden Schüler vom Kindergarten bis zur fünften Klasse zur Höflichkeit verdonnert und müssen ihre Lehrer ab Donnerstag mit 'Sir' oder 'Madam' ansprechen. Indiana und Tennessee verabschiedeten Gesetze, die vor einem Piercing die elterliche Zustimmung verlangen."

Wer nun glaubt, dies seien putzige Versuche, die jungen Rabauken zur Räson zu bringen, dem seien andere Gesetzesvorstöße der letzten Wochen wie das Flaggen-Verbrennungs-Verbot und die Aufhängung der 10 Gebote in öffentlichen Schulräumen in Erinnerung gerufen. Eine Demokratie in einen Gottesstaat umzuwandeln geschieht nicht von heute auf morgen. Aber man tut sein Bestes, um noch vor der Jahrtausendwende die wichtigsten Vorkehrungen abgeschlossen zu haben. Was fehlt, sind nur noch eine verschärfte Anwendung der Todesstrafe (ein übles Sexualverbrechen dürfte dazu ausreichen), ein paar Blasphemie-Gesetze (vielleicht sollte man eine satanistische Sekte aufbauen) und das Verbot vorehelichen Geschlechtsverkehrs (kann man über die Ausweitung der Mißbrauchs-Hysterie machen). Offenbar war das Schulmassaker an der Columbine High School das Beste, was den amerikanischen Konservativen je passieren konnte. Kein Wunder bei Vertretern einer Religion, deren offizielles Erkennungssymbol ein Folterinstrument ist. (EMÖ)
[Quelle: AP, 29.6.1999]

 29. Juni 1999 · Politik: Aus Rot wird Schwarz, aus Grün wird Gelb

Nicht nur in den USA ist 1999 das Jahr der Konservativen. Die politische Landschaft in ganz Europa hat sich bereits deutlich nach rechts verschoben. Nun wollen die Grünen ihre Farbveränderung offiziell machen. Unter dem Titel "Jung, grün, aufmüpfig" berichteten die Tagesthemen über das grün-gelbliche Strategiepapier, das einen "Richtungswechsel" fordert, der längst keiner mehr ist. Von den drei Attributen, die Özdemir, Berninger & Friends zugeschrieben werden, trifft bestenfalls "jung" zu. Einige Zitate, die für sich sprechen:


Wir Jungen als Teil der zweiten Generation wollen und können dem Treiben der vielen moralisierenden Besserwisser in unserer Partei aus der Gründergeneration nicht mehr tatenlos zusehen. [...] Wir treten dabei ein, für eine klare, machtbewußte, pragmatische Positionierung, aber auch für eine teilweise Auswechslung der Mitgliedschaft. [...] Schluß mit dem Ritual der alternativen Bewegung: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind eine Partei, wie andere auch. Wir sollten nicht versuchen, die besseren Menschen zu sein .. [...] Schluß mit der Mißtrauenskultur und dem Gebären immer neuer Verschwörungstheorien: [...] Joschka Fischer wird wahlweise zum Falken oder zum von den Amerikaner verführten Werkzeug. [...] Es ist ein lang gehegtes und weit verbreitetes, aber nicht minder verfehltes Vorurteil, daß die Anerkennung von Führungspersönlichkeiten und Loyalität zwangsläufig ein abgeschottetes Gebilde wie den Korpsgeist zur Folge haben müssen. Richtig ist vielmehr: Ohne von der Öffentlichkeit respektierte Repräsentantinnen und Repräsentanten sowie das notwendige Mindestmaß an Loyalität gegenüber diesen Personen wird sich der Erfolg nicht wieder einstellen.

Die letzten Linken sollen also aus der Partei vertrieben werden, die zu einer Art FDP für Arme umgemodelt werden soll: wirtschaftsliberal, ein bißchen progressiv angehaucht und so falsch wie ein 300-Mark-Schein. Die Wähler werden die Konsequenzen ziehen und in Zukunft wieder das Original wählen. (EMÖ)
[Das vollständige Strategiepapier gibt es im Internet.]

 27. Juni 1999 · Politik: Rolle rückwärts

Die USA sind derzeit dabei, eine Rolle rückwärts nach der anderen aus der Geschichte heraus zu vollziehen. Zwei Beispiele: Aufgeschreckt durch das Massaker an der Schule in Littleton/Colorado, haben die Abgeordneten des US-Bundesstaats Oklahoma als einen Zusatz zum Gesetz gegen den Mißbrauch von Kindern (!) eine Gesetzesvorlage verabschiedet, die Eltern das Verprügeln und das Auspeitschen von Kindern ausdrücklich erlaubt. Allerdings liegt die endgültige Entscheidung, ob die Vorlage in Kraft tritt, bei Frank Keating, dem Gouverneur des Bundesstaates. [1]

Homosexualität als Krankheit zu therapieren, versuchte man in den USA bis in die siebziger Jahre hinein. Bei der Wahl der angewandten Therapiemittel ging man nicht gerade zimperlich zu Werke: Drogen, Elektroschocks, Kastration. Etwas verhaltener agierende Therapeuten gaben Umschulungen des Sozialverhaltens den Vorzug und boten für Schwule Flirtkurse mit Frauen an. 1973 strichen Psychiater und Psychologen Homosexualität von der Liste der mentalen Störungen. 1997 wurden auch die „reparativen Therapien“ von der American Psychological Association für unwirksam und „möglicherweise“ schädlich erklärt.

Von einer Minderheit werden diese „reparativen Therapien“ aber weiterhin angewandt. Einer ihrer Vertreter ist Joseph Nicolosi, Direktor von NARTH, der nationalen Vereinigung für die Erforschung und Therapie der Homosexualität (Endocino, Kalifornien) und Autor des Buches Reparative Therapy of Male Homosexuality (1991). Für Nicolosi ist Homosexualität eine Dysfunktion, die heilbar ist und deshalb geheilt werden muß. So schreckt Nicolosi auch nicht davor zurück, an dreijährigen Jungen herumzudoktorn.

Diesen pseudowissenschaftlichen Unterbau benutzen rechts-konservative Christen, um den „Verfall“ der US-Gesellschaft zu stoppen. Zentren des Kampfes sind sogenannte Change Ministeries, die es bereits in allen US-Bundesstaaten gibt und in denen mittlerweile rund 20 Organisationen ihr Unwesen in Form „reparativer Therapien“ treiben.

Das New Hope Ministry in San Raffael, nördlich von San Francisco, untersteht Frank Worthen, der sagt, daß niemand von Natur aus homosexuell sei: „Ihr wurdet vom ersten Tag eures Lebens an dazu gemacht. In Kulturen mit starken Frauen nimmt Homosexualität zu.“ Doch „es sind nicht die starken Frauen, es sind die ineffizienten Väter“. Das Versagen der Väter macht krank, also schwul.

Das ist auch die Kernaussage in Nicolocis Buch. Mit stark vereinfachten Freudschen Ansätzen zeichnet er den Weg in die Homosexualität, der mit abwesenden Väter, überbesorgten Müttern und sexuellem Mißbrauch in der Kindheit überzogen ist.

„Ich will nicht missionieren. Ich will helfen“, sagt Worthen. Hilfe, die er sich teuer bezahlen läßt. Die einjährige Therapie kostet 700 Dollar im Monat. Und natürlich hat das Konversions-Programm auch einen religiösen Kern, den Worthen so beschreibt: „Es geht um eine Verlagerung der Suche nach Glück. Homosexuelle Beziehungen bieten kein Glück, sondern lediglich Spaß. Gott hat intime Liebe nur in der Ehe zwischen Mann und Frau definiert.“ Und weiter: „Homosexualität zerstört. Und Kirchen, die Homosexuelle akzeptieren, sind ein Teil des Sündenfalls.“

Wenn Politiker, wie z.B. der republikanische Senats-Fraktionsführer Trent Lott, Homosexualität öffentlich mit Alkoholismus und Kleptomanie gleichsetzen, muß man sich über Umfrageergebnisse, die lebhaft die Erfolge der Antiaufklärung spiegeln, nicht wundern. Laut einer Newsweek-Umfrage (1998) sind 60 Prozent der US-Bürger überzeugt, das Homosexuelle wieder Heteros werden können. Dem stimmten selbst 11 Prozent der Schwulen zu.

Das ändert nichts an der Tatsache, daß bisher 13 Change Ministries ihre Arbeit wieder einstellen mußten. Ihre Direktoren zogen es vor, zum Schwulsein zurückzukehren. [2] (C.B.)

Quellen:
[1] Frankfurter Rundschau, 31.05.1999
[2] Süddeutsche Zeitung, 26.06.1999

 27. Juni 1999 · Politik: Gutes Zeichen (?)

Am Donnerstag (24. Juni 1999) hat der Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition und der PDS die Freigabe der Abtreibungspille Mifegyne beschlossen. Desweiteren wurde festgelegt, daß die Pille nicht in Apotheken vertrieben werden darf. Um Mißbrauch zu verhindern, soll das Medikament nur an Einrichtungen abgegeben werden, die Abtreibungen vornehmen dürfen. (C.B.)

[Quelle: die tageszeitung, 26.06.1999]

 25. Juni 1999 · Politik: Folter als Methode der Zensur

In Birma, Sudan, Syrien und der Türkei ist Folter als Repression gegen Journalisten weit verbreitet.
Zum 26. Juni, dem internationalen "Anti-Folter-Tag" veröffentlicht das internationale Sekretariat von Reporter ohne Grenzen einen kurzen Bericht über Folter gegen Journalisten.
Die internationale Menschenrechtsorganisation zur Verteidigung der Pressefreiheit dokumentiert darin Fälle in Syrien, der Türkei, dem Sudan und Birma. Dies sind beileibe nicht die einzigen Länder, in denen die Folter gängige Praxis ist, doch schon wegen der Zahl der bekanntgewordenen Fälle nehmen sie eine besonders unrühmliche "Spitzenposition" ein. Der Bericht geht außerdem auf die Situation in Simbabwe und Nigeria ein.
Reporter ohne Grenzen fordert von Birma, Syrien und Simbabwe den Beitritt zur "Anti-Folter-Konvention" der UN; von Nigeria und Sudan, die den Pakt zwar unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert haben, diesen Schritt nun endlich zu vollziehen. Von der Türkei, die dem Abkommen offiziell beigetreten ist, fordert Reporter ohne Grenzen die Respektierung der darin enthaltenen Verpflichtungen. (H.F.)
[Quelle: Pressemitteilung von "Reporter ohne Grenzen", vom 24.06.99]

 25. Juni 1999 · Politik: Konservatives Paradebeispiel

Nicht nur den Ehemann, auch das gemeinsame traute Heim hat Claudia Nolte, einst erzkonservative Verteidigerin von Ehe und Familie – in der ehemaligen CDU/FDP-Regierung - verlassen. Ihre eigene, angeblich harmonische Beziehung hat sie in den vergangenen Jahren stets als Paradebeispiel benutzt, um zu beweisen, dass ein moderner Lebensstil sich durchaus mit einer konservativ orientierten Haltung zur Ehe vereinbaren lasse.
Es ist noch gar nicht lange her, da definierte Frau Nolte Ehe und Familie als „erklärtes Ziel für die Mehrheit der jungen Leute in Deutschland.“ Ehemann Rainer behütete zu Hause Kind und Haushalt, während die Ministerin im fernen Bonn die Schwangerschaftsunterbrechung auf das schärfste verurteilte.
Bleibt zu hoffen, dass der verlassene Ehemann sich zukünftig ebenso opferbereit um den vereinsamten Haushalt, respektive sich um das Kind kümmert. (H.F.)
[„diesseits“, 47/1999]

 24. Juni 1999 · Politik: Blutjustziz in China

In China sind nach einem Bericht der Tageszeitung Prokurator am Donnerstag 21 Menschen hingerichtet worden. Es handle sich dabei ausnahmslos um Schwerverbrecher. In der "freien Welt" sind die Todesschreie der Hingerichteten weitestgehend verhallt. Im Gefängnisstaat USA werden bekanntlich auch die brutalsten Varianten der Todesstrafe ohne Skrupel angewandt, und in Europa scheut man sich wohl, mit einer Kritik der Todesstrafe auch die amerikanischen Bündnispartner zu brüskieren – von der Wahrung der wirtschaftlichen Interessen einmal abgesehen. Siehe auch: Die Religion der Todesstrafe von Guido Deimel. (EMÖ)
[Quelle: Deutsche Welle Nachrichten, 24.6.99, 8:00]

 21. Juni 1999 · Politik: Wiedergutmachung für Rudi Dutschke

Der Berliner Kulturausschuss hat sich am Montag mit Mehrheit für ein Ehrengrab für den Studentenführer Rudi Dutschke entschieden. Der Antrag, der von den Grünen eingebracht worden war, wird nun dem Abgeordnetenhaus vorgelegt. Im Antrag heisst es, dass eine offizielle Ehrung auch eine Wiedergutmachungsfunktion hätte. Rudi Dutschke war 1968 von einem 23 jährigen Hilfsarbeiter angeschossen worden und starb 1979 im Alter von nur 39 Jahren an Spätfolgen des Attentats. Dem Attentat vorausgegangen war eine Hetzkampagne des Axel-Springer-Verlages (BILD dir deine Meinung).(F.W.)
[Quelle: dpa, 21.06.1999]

 21. Juni 1999 · Politik: Untreue Ehepartner hinter Gitter

Na das ist ja ganz toll. Ein bisschen Spass außerhalb der Ehe und dann in den Knast. Das zumindest möchte die Immobilienmaklerin Laura Onate Palacios aus Kalifornien erreichen. Die 51 jährige hat dazu eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen. Sollte sie 400 000 Unterschriften zusammenbringen, dann müsste ein Volksentscheid über den Antrag entscheiden. Wieso fällt mir jetzt eigentlich der Name Clinton ein? (F.W.)
[Quelle: dpa, 21.06.1999]

 20. Juni 1999 · Politik: Kairo plus fünf

Fünf Jahre nach der Weltbevölkerungskonferenz von Kairo wird die Durchführung der damaligen Beschlüsse an verschiedenen UNO-Anlässen überprüft und diskutiert. Im Februar 1999 wurde im Schlussbericht eines Forums der Regierungsdelegationen in Den Haag u.a. festgehalten, dass zwar beachtliche Fortschritte erzielt worden sind, dass aber immer noch jährlich:

- rund 600.000 Frauen an Ursachen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt sterben

- etwa 80.000 dieser Todesfälle auf unsachgemässe Abtreibungen zurückzuführen sind

- 20 Millionen Frauen in der Illegalität ihren Schwangerschaftsabbruch vornehmen müssen

- weit über 150 Millionen Paare keinen Zugang zu Verhütungsmitteln haben, obwohl sie kein (weiteres) Kind möchten

Der Bericht hält weiterhin fest, dass die Zahl der Abtreibungen nur in den Ländern dramatisch gesunken sei, wo sich der Zugang zu Verhütungsmitteln und deren Verbreitung deutlich verbessert haben. (H.F.)
[Quelle: SVSS, Rundbrief 06/1999]

 20. Juni 1999 · Politik: Frauenhasser unter sich

„Noch immer nimmt die Frau in zahlreichen Ländern auch in der Gesellschaft einen geringeren Rang ein, zeigt sich ihre sozial niedere Stellung fast überall, in Wirtschaft, Politik und Religion. [...] Noch weniger aber als in Wirtschaft und Politik gilt die Frau nur in der Kirche.“
(Karlheinz Deschner: Das Kreuz mit der Kirche)


Wenn sich die Frauenhasser der Politmafia mit den Frauenhassern der Kirchenmafia verbünden, droht dem weiblichen Teil der Bevölkerung Ungemach. Die Entscheidung, ob die Abtreibungspille Mifegyne (RU 486) in der BRD zugelassen wird, liegt derzeit beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und steht für Anfang Juli an. Die verbleibende Zeit nutzen die Gegner ausgiebig, um die Zulassung auf den letzten Drücker zu verhindern. Der Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner, diffamierte die Arznei in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung als „Tötungspräparat“. Diese Formulierung nahm der rund 40köpfige Klüngel der CDU/CSU-Fraktion um ihren Wortführer Norbert Geis, CSU, dankbar auf und stellte am Donnerstag (17.06.1999) in Bonn einen Gesetzentwurf zur Ergänzung des Arzneimittelgesetzes vor. Der Entwurf sieht vor, daß Arzneimittel verboten werden sollen, die zur Tötung menschlichen Lebens bestimmt sind. Laut Geis sei das „Tötungspräparat“ keine Arznei, mit der Zulassung würde der Staat seine Schutzpflicht gegenüber Ungeborenen verletzen.


Dieses reaktionäre Geschwalle kurz vor der politischen Sommerpause wird die Zulassung letztendlich nicht verhindern können. Ein viel größeres Gefahrenpotential liegt etwas versteckter. Die Abtreibung mit Mifegyne vollzieht sich in zwei Schritten. Um den Fötus zum Absterben zu bringen, nimmt die Patientin im ersten Schritt das Antiprogesteron RU 486 ein. Nach 48 Stunden wird mit Hilfe eines Prostaglandins die Abtreibung eingeleitet. Diese künstlich herbeigeführte Fehlgeburt ist nicht ganz schmerzfrei. Über die Stärke des Schmerzes entscheidet das verwendete Prostaglandin. Das verträglichste Mittel nennt sich Cytotec und wird in der BRD von Heumann Pharma vertrieben. Und die will das Medikament nicht für die Abtreibung zulassen. Cytotec wird in Frankreich bereits angewandt und die Schmerzen sollen den Menstruationsbeschwerden vergleichbar sein. Lediglich 20 Prozent der Frauen verlangen ein Schmerzmittel. Höchstens drei Stunden dauert der Vorgang. Andere Präparate, wie das in England verwendete Cergem, verursachen starke Krämpfe. Der Frauenarzt Friedrich Stapf: „Es ist heftig! Die Krämpfe sind ungleich stärker, die Frauen quälen sich die ganze Nacht.“ Erschwerend kommt hinzu, daß die Patientinnen mindestens sechs Stunden lang unter ärztlicher Aufsicht im Bett bleiben müssen. Auch Lagerung (Cergem, ein Zäpfchen, muß bei minus 10 Grad aufbewahrt werden) und Kosten (Cergem kostet rund 130 Mark pro Stück, eine Dosis Cytotec schlägt hingegen nur mit ca. 2 Mark zu Buche) sind erheblich aufwendiger.


Heumann Pharma gehört zum US-amerikanischen Pharmakonzern Searle. Der Geschäftsführer der BRD-Tochter, Wolfgang Niedermaier: „Wir werden die Verantwortung für diese Abtreibungen nicht übernehmen“, denn der Mutterkonzern habe „nicht das geringste Interesse an einer Zulassung von Cytotec als Mittel für den Schwangerschaftsabbruch“. Die Angst vor christlichen Bombenwerfern, die sich „Lebensschützer“ nennen, ist zu groß.


Die Verantwortung wird nach der Zulassung von Mifegyne im Juli bei den Ärzten liegen. Cytotec ist in der BRD als Magenmittel zugelassen. Die ärztliche Therapiefreiheit erlaubt es, daß eine Verschreibung des Präparats durch den Gynäkologen, trotz fehlender Zulassung für den entsprechenden Bereich, möglich ist. „Den Ärzten wird damit angst gemacht“, schlußfolgert die Frauenärztin Gabriele Halder, Vorsitzende des Berliner Familienplanungszentrums Balance, richtig: „Die Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, werden mit Akribie beobachtet, wenn sie nicht indizierte Medikamente anwenden, könnten sie schnell in Verruf geraten.“ Gabriele Halder, von dem Alternativpräparat Cergem wenig angetan („Das ist das weniger gute Medikament“), fürchtet, daß das die ganze Methode der schonenden Abtreibung „ins Wanken“ bringt. (C.B.)


[Quellen: die tageszeitung, 04.06.1999, 16.06.1999; Frankfurter Rundschau, 18.06.1999]

 20. Juni 1999 · Politik: Schwangerschaftsabbruch

CHILE:
Auch bei Lebensgefahr für Schwangere bleibt Abtreibung absolut verboten. Nichtsdestotrotz wird jede zweite Schwangerschaft abgebrochen. Ein neuer Vorstoss, der die Strafe bei Abtreibung noch erhöhen wollte, wurde vom Parlament jedoch abgelehnt.
ELFENBEINKÜSTE:
Zwischen 1989 und 1992 sind 70 Prozent der Todesfälle von Frauen im gebärfähigen Alter in der Hauptstadt Abidjan auf eine heimliche Abtreibung zurückzuführen.
BRASILIEN:
Schwangerschaftsabbruch ist nur bei Lebensgefahr für die Frau und nach Vergewaltigung zulässig. Viele Spitäler weigern sich jedoch, Vergewaltigungsopfern zu helfen. Seit 1997 wird im Parlament über ein Gesetz debattiert, das Krankenhäuser zum Eingriff in solchen Fällen verpflichten will. Papst JP II. hat 1997 anlässlich seines Besuchs in Brasilien gegen diesen Gesetzesentwurf protestiert. Die katholische kirche mobilisiert ebenfalls dagegen.
NIGERIA:
Nur wenn das Leben der schwangeren Frau gefährdet ist, erlaubt das Gesetz einen Schwangerschaftabbruch. Gemäss einer Studie des Alan Guttmacher Institutes in Nigeria werden trotzdem jährlich etwa 600.000 Abtreibungen durchgeführt, mehr als die Hälfte davon durch medizinische Laien. 142.000 Frauen müssen wegen Komplikationen in Krankenhäuser eingeliefert werden. (H.F.)
[Quelle: SVSS, Rundschau 06/99]

 18. Juni 1999 · Politik: Bibel und Waffen


Amerikas neues Konzept zur Bekämpfung der Jugendkriminalität

Amerika hat ein neues Gesetz erlassen, das den Aushang der Zehn Gebote in Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen erlaubt. Die Vorlage des republikanischen Abgeordneten Robert Aderholt erhielt am Donnerstag im Repräsentantenhaus eine überragende Mehrheit von 287 zu 139 Stimmen. Der Verfasser des Gesetzes Aderholt erklärte das Gesetz „ befördere die Moral und führen ein Ende der Entwicklung herbei, dass Kinder Kinder umbringen. “ Als ob es der Bibel jemals gelungen wäre das Töten unter den Menschen zu verhindern. Im Gegenteil die Geschichte lehrt uns, dass gerade die Bibel die Grundlage für unzählige Gewalttaten lieferte und immer noch liefert. Unterstrichen wird diese These durch ein weiteres neues Gesetz, das den Erwerb von Schusswaffen auf Waffenmessen erleichtert. Das neue Waffengesetz ist ein erneuter Sieg für die einflussreiche Waffenlobby der National Rifle Association (NRA).

Viel scheinen die Amerikaner aus dem Schulmassaker von Littleton in Colorado nicht gelernt zu haben. Mit der Bibel erreicht man es sicher nicht Jugendliche von Gewalttaten abzuhalten. Mit einem generellen Verbot des Waffenbesitzes wäre man einer Lösung dieser Problematik ein Stück näher gekommen, aber dafür wird sich in Amerika nie eine Mehrheit finden. Letztendlich ist das neue Waffengesetz nur ein erneuter Beweis der Kriegslüsternheit der Vereinigten Staaten von Amerika.(F.W.)
[Quelle: dpa, 18.06.1999]

 16. Juni 1999 · Politik: Meisner zieht wieder Vergleiche

Wie bereits am 25. April in der Rubrik Politik berichtet, soll das Abtreibungsmittel Mifegyne (RU 486) nun bald trotz aller kirchlichen Widerstände zugelassen werden. In Deutschland zugelassen, wohlgemerkt - andere Länder und deren Frauen dürfen schon seit zehn Jahren gute Erfahrungen mit dem Mittel machen.
Aber Kardinal Meisner, der Erzbischof von Köln, der Abtreibungen schon mal mit dem nie stattgefundenen Kindermord des Herodes vergleicht, gibt keine Ruhe. Er hat die Verantwortlichen - in Deutschland die Gesundheitsbehörde - aufgefordert, das Mittel als Medizin nicht zuzulassen. Erneut hat er sich gegen die Verwendung des Begriffes Arzneimittel gewandt. „Dann müsse man auch die Guillotine als Medizinprodukt bezeichnen”, meinte der Mann, der selber ein Hinrichtungsinstrument in Miniaturformat als Zeichen der Liebe um den Hals trägt. (H.J.)
[Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 16.06.99]

 13. Juni 1999 · Geld: Ausbeutung 2000

„Wir haben gehalten
in der langweiligsten Landschaft der Welt“
(Tocotronic: „Let there be rock“)

In den sechziger Jahren entwickelte sich in Mexiko ein Wirtschaftszweig, der sich aufgrund seines Erfolges bald auf ganz Mittelamerika ausdehnte. Die maquiladoras (auch kurz maquilas genannt), Niedriglohnbetriebe, von einem Lexikon euphemistisch als „Lohnveredelungsbetriebe“ übersetzt, sind in Freien Produktionszonen nahe der US-mexikanischen Grenze angesiedelt. Daß sich die Löhne im konkurrenzfähigen Bereich bewegen, ist das Ergebnis einer von außen erzwungenen staatlichen Wirtschaftspolitik, die ausländische Investoren von praktisch jedem (Steuer-)Hindernis befreit. Der Staat errichtet die Infrastruktur, baut Straßen und Hafenanlagen. Telefon, Wasser und Energie werden vergünstigt abgegeben. Im- und Exporte unterliegen keinerlei Zollabgaben, da Verkauf und Produktion in den Freien Produktionszonen, die vom nationalen Territorium vollkommen abgeschnitten sind und rechtlich einen extraterritorialen Status genießen, abgewickelt werden. Somit sind auch die Betriebe von Steuern befreit, leisten weder Gemeindeabgaben noch Boden- oder Einkommensteuer. Den Erlaß der meisten der monetären Verpflichtungen preßten die Investoren dem mexikanischen Staat nach der Wirtschaftskrise 1975 mit Abwanderungsdrohungen ab. Seit Errichtung der NAFTA im Januar 1994, der Nordamerikanischen Freihandelszone zwischen USA, Kanada und Mexiko, fällt der Zollvorteil weg. Als Investitionsanreize bleiben Lohnvorteil und kaum vorhandene Arbeitsgesetze.

Mexiko, von anhaltender Rezession geplagt, braucht Arbeitsplätze, und die entstehen vornehmlich in den maquilas. Maquila, leitet sich vom spanischen maquilar ab, das heißt übersetzt „Mahlgeld abliefern“ und das bedeutet, daß der Müller vom Bauern für den Verleih der Mühle einen Teil des produzierten Mehls verlangt. Wer bezahlt, hat das Sagen. Der arbeitsrechtliche Ausnahmezustand ist an der Tagesordnung. Carlos Martín Gutiérrez Ruiz, Ombudsman für Arbeitsrecht in der maquila-Hochburg Tijuana, faßt das in präzise Worte: „Alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, ist erlaubt.“ Die maquilas stellen mittlerweile 875.000 Arbeitsplätze in 2600 Betrieben. Vertreten sind sämtliche global players, von Siemens über Panasonic bis General Motors. In den maquilas, die ihre Produktion von Textil auf Elektronik umgerüstet haben, sank der Anteil der Frauen von 1975 bis heute von 78 auf 57 Prozent. Im Textilbereich ist er unverändert hoch. Ein „Anatomieexperte“ des Sekretariats für Wirtschaftsentwicklung in Baja California hat dafür eine „einleuchtende“ Erklärung: „Frauen haben ihre schwersten Körperteile zwischen Knien und Taille, Männer zwischen Taille und Hals. Deswegen können Frauen besser sitzende Tätigkeiten ausüben.“

Sowieso, die Frauen! Nichts bereitet den Unternehmern schlaflosere Nächte, als daß sich eine schwangere Frau bei ihnen einen Arbeitsplatz erschleichen könnte. Nach dem mexikanischen Arbeitsrecht steht Frauen während des zwölfwöchigen Mutterschaftsurlaubs 100prozentige Lohnfortzahlung zu. Diese Leistung deckt die gesetzliche Versicherung IMSS. Die Arbeitgeber werden nur dann zur Zahlung der gesamten Summe verpflichtet, wenn die betroffenen Frauen in den letzten zwölf Monaten weniger als 30 Wochen in die IMSS einbezahlt haben. Dies gilt es mit allen Mitteln zu verhindern. General Motors in einem Brief an Human Rights Watch: „Würden wir zulassen, daß schwangere Bewerberinnen eingestellt werden, schlichen sich sofort alle schwangeren Arbeitslosen bei uns ein. Das können wir uns nicht leisten.“

Daß in diesen kapitalistischen Brutstätten der Ausbeutung ein heißer Wind weht, bekam auch die 18jährige Silvia Rodríguez Guereca zu spüren. Als sie sich bei der maquila Siemens Sistemas Automotrices in Ciudad Juárez, einer Autoteilefirma im Besitz der Münchner Siemens AG, bewarb, mußte sie bei der Einstellung eine Urinprobe abgeben. Außerdem wurde penibel das Datum ihrer letzten Menstruation vermerkt. Während der dreimonatigen Probezeit – üblich, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben – mußte sie regelmäßig die firmeninterne Krankenstation aufsuchen und ihre gebrauchten Monatsbinden vorzeigen.

Von hier ist es nur noch ein kleiner Schritt, bis die Firmen Gynäkologenstühle aufstellen, um die nötigen Abtreibungen gleich vor Ort durchzuführen. Ein reibungsloser Arbeitsablauf wäre garantiert. Und noch ein weiterer kleiner Schritt führt zu den Gedankenspielen, die durch die Köpfe einiger US-Bonzen spuken. Arbeitgeber träumen – noch – davon, zukünftige Mitarbeiter einer Genanalyse zu unterziehen, um die Gesunden von den genetischen losern zu trennen. Versicherungskonzerne träumen – noch – davon, zukünftige Versicherungsnehmer genetisch zu durchleuchten, um, für den Anfang, Menschen mit dem Risiko einer möglicherweise tödlich verlaufenden (Erb-)Krankheit zu selektieren. „Das können wir uns nicht leisten.“

„Die Ausbeutung des Menschen
erreicht eine neue Qualität“
(Tocotronic: „Let there be rock“)

(C.B.)
[Quellen: die tageszeitung, 03.01.1994; Le Monde diplomatique, 13.03.1998; Freitag Nr.24, 11.06.1999]

 13. Juni 1999 · Geld: Gerhard: Kirchen sollen Beiträge selber eintreiben

Jetzt zeigte auch FDP-Chef Wolfgang Gerhard bei einem Interview im Hessischen Rundfunk dem Finanzgebaren der Kirchen die gelbe Karte. Obwohl er die kirchlichen Werte nicht in Frage stellte, meinteGerhard doch, die Kirchen sollten ihre Beiträge nach einem eigenen System berechnen und eintreiben.

Wie der FDP-Vorsitzende sehen immer mehr Politiker die Unsinnigkeit ein, die Vereinsbeiträge der Kirchen starr an das staatliche Steuersystem zu binden. (H.J.)
[Quelle: Radio Vatikan, 02.-05.06.99]

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