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Der Humanist feiert mit...
McDonald's feiert in Berlin die Eröffnung seiner 1000sten Filiale in Deutschland. Bundeskanzler Gerhard Schröder gratulierte McDonald´s zu diesem Erfolg und pries in einem Grußwort die unternehmerischen Leistungen und das soziale Engagement der Restaurantkette:
"Bequem, schnell und günstig ist McDonald's inzwischen beliebt bei Jung und Alt, quer durch alle sozialen und gesellschaftlichen Schichten. Ich selbst kann dies aus eigener Erfahrung bestätigen. Die Eröffnung des 1.000sten McDonald's Restaurants heute, nach fast genau 28 Jahren, ist Ausdruck dieses unternehmerischen und zugleich gastronomischen Erfolgs."
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen gratulierte bei der Eröffnungsfeier und würdigte McDonald's als festen Bestandteil der gastronomischen Vielfalt in Berlin. In seiner Rede bemerkte er, dass allein in Deutschland rund 1,7 Millionen Gäste auf die gleichbleibend hohe Qualität, den schnellen Service und die guten Preise bei McDonald's schwören. [1]
Bei so viel Lob und Jubelarien will Der Humanist natürlich nicht abseits stehen. Wir gratulieren vor allem den Kunden, die trotz 28 Jahren gleichbleibend unappetitlichem Fraß treu zu McDonald's stehen und diesen Erfolg erst ermöglicht haben.
Wir gratulieren aber auch den Arbeitssklaven bei McDonald's, die unter schlimmsten Arbeitsbedingungen bei geringstem Lohn schuften dürfen und dennoch ständig vom Rausschmiss bedroht sind - mit an den Haaren herbeigezogenen Begründungen. Immer wieder gibt so McDonald's seinem Personal die fantastische Gelegenheit, in die Presse zu kommen. So zum Beispiel kürzlich in Bochum, als eine Mitarbeiterin, die sich das erste Mal krank meldete, gleich rausflog, wie die Lokalzeitung WAZ berichtete.
Auch den Gewerkschaften - Betriebsräte gibt es kaum - gibt McDonald's immer wieder Grund zur Freude. Jede kleinste Lohnerhöhung, und seien es nur ein paar Pfennige, darf als Erfolg gefeiert werden. Nichts ist selbstverständlich. Bei der Jubilarfeier wollten die Gewerkschafter natürlich auch dabei sein und über Missstände aufklären, standen aber vor dem von Polizei und privaten Sicherheitsdiensten abgesperrten Einkaufszentrum im strömenden Regen. Seit Jahren verweigert der Konzern seinen Mitarbeitern eine tarifliche Entlohnung. Ein Vollzeitmitarbeiter (40 Stunden pro Woche) verdient 2190 DM Brutto. Geringfügig Beschäftigten zieht der Konzern unrechtmäßig bis zu 70 DM vom Lohn für die Sozialbeiträge ab. Das letzte »Angebot« einer Tariferhöhung von 1,5 Prozent Lohnerhöhung für drei Jahre wurde von dem Ultimatum begleitet, dass es im Falle der Nichtannahme in Zukunft überhaupt keinen Tarifvertrag mehr geben würde. [2]
Last but not least gratulieren wir Herrn Gerhard Schröder, der den Mut hat - trotz regelmäßigem Selbstversuch im Verzehr von McDonald's-Hamburgern und trotz ihm sicherlich bekannter Lebensmittel- und Arbeitsskandale -, das Unternehmen für das soziale Engagement zu loben. Schließlich sorgt McDonald's schon mal dafür, dass illegale Arbeiter von der Straße kommen.
Auch Berlins Bürgermeister Diepgen gehört unser Dank, dass er an die gastronomische Vielfalt denkt. Wo denn sonst sollten sich die Menschen und vor allem die Kinder ihren Vitamin-B1-Mangel holen? Und das auch noch zu so günstigen Preisen!
Zur Feier des Tages veröffentlicht Der Humanist den Erlebnisbericht eines McDonald's-Arbeiters Mitte der 80er Jahre: Von 1983-1985 war Günter Wallraff als Türke Ali "ganz unten" unterwegs, unter anderem für kurze Zeit als Arbeiter bei McDonald's. Auch nach 15 Jahren hat McDonald's es geschafft, dass dieser Bericht immer noch aktuell ist.
Herzlichen Glückwunsch!
Und hier geht's zum Bericht: Das Kapitel "Essen mit Spaß oder der letzte Fraß" aus dem Buch "Ganz unten" von Günter Wallraff, das Der Humanist mit freundlicher Genehmigung des Verlages Kiepenheuer & Witsch bis zum 18. Dezember 1999 publizieren darf.
[1] Pressemitteilung McDonald's Deutschland Inc., 11.10.99]
[2] junge Welt, 11.10.99
Brigitte Zypries (SPD), Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, bestätigte auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Arnoldshain im Taunus das unverändert gute Klima zwischen Kirche und Bundesregierung. Der Kanzler sehe keinen Änderungsbedarf beim Staatskirchenrecht, etwa beim Kirchensteuersystem. Die Regierung sorge sich vielmehr um die Zukunft der Kirche. Der Mitgliederschwund erfülle die Koalition mit Sorge. In guter alter Tradition geht der Staat also weiterhin fürsorglich mit den Kirchen um, Organisationen,die durch die Jahrhunderte bis heute immense Verbrechen auf dem Gewissen haben. Und die Regierung protestiert auch nicht, wenn der neue Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Prälat Stephan Reimers, die Rolle des Wächters für sich reklamiert. Also weiter so mit der staatlichen Privilegierung der Kirchen. Dem Bevollmächtigten Hessens beim Bund, Staatssekretär Johannes Beermann (CDU), reicht der Status Quo aber noch nicht aus. Er forderte: "Gebt den Kirchen mehr Geld! Sie gehen am vernünftigsten damit um." [1] Aber sicher, der Bund hat's ja und kann weiter die größten Grundbesitzer der Republik subventionieren. Gehen die Kirchen denn wirklich "am vernünftigsten" mit den Geldern um? Damit gesteht der CDU-Mann den Kirchenfunktionären höhere moralische Fähigkeiten zu als nichtkirchlichen Organisationen, die sich oft genug hochmotiviert und mit viel Fachwissen um karitative Aufgaben bemühen. Aber die Kirchen haben diese moralische Höherbewertung nicht verdient, Skandale und Verschwendung gibt es auch dort. So rügte das diesjährige Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler den verschwenderischen Umgang mit Staats- und Kirchensteuermitteln durch den katholischen Militärbischof Johannes Dyba. Er will unbedingt mit seinem Amt nach Berlin ziehen, obwohl das Verteidigungsministerium und die evangelische Militärseelsorge in Bonn bleiben, also diejenigen, mit denen er am engsten zusammenarbeitet. Durch diese überflüssige Maßnahme entsteht ein Schaden von 20 Millionen DM, die jeweils zur Hälfte vom Verteidigungshaushalt und von der Kirche getragen werden. (Nebenbei: Den Hilfseinsatz in Osttimor verweigerte Scharping zuerst aus Geldmangel.) Ein weiteres Beispiel, dass auch die Kirche und ihre Einrichtungen nicht von Finanzskandalen verschont bleiben, zeigt die Misere um den Trierer Caritas-Manager Doerfert, der sich mittlerweile in U-Haft befindet. Er ist in allerhand dubiose Geldgeschäfte verwickelt, soll lt. Koblenzer Staatsanwaltschaft mehrere Millionen Mark aus Caritas-Gesellschaften in die Vereinskasse seines Klubs Eintracht Trier umgeleitet haben. Auch soll Doerfert die Krankenkassen betrogen und das Geld zum eigenen Gebrauch bei der christlichen Pax Bank deponiert haben. [2] Jetzt muss die Diözese die entstandenen Finanzlöcher aus der Kirchensteuerkasse stopfen. Die ctt, deren Manager Doerfert ist, ist eine der Trägergesellschaften der Caritas und der größte Krankenhausbetreiber der Bundesrepublik. Sie zeichnet sich durch große Härte in der Personalpolitik aus. Aber nicht nur Krankenhäuser betreibt diese Gesellschaft der Caritas. Auch Luxushotels und Großkinos gehören dazu. In Fachkreisen wird Doerfert schon seit Jahren misstrauisch beobachtet. Und so zweifelt man auch in kircheninternen Kreisen an, dass der Trierer Bischof von all dem nichts gewusst haben will. So weit also zu Beermanns Forderung: "Gebt den Kirchen mehr Geld! Sie gehen am vernünftigsten damit um." Und dies war nur ein kleiner Einblick in kirchliche Geschäfte... Aber nicht alle in der Regierung sind aufseiten der Kirchen, das lässt hoffen. Sowohl die kirchenpolitische Sprecherin der Grünen, Staatssekretärin Christa Nickels, als auch ein Mitglied der SPD-Grundwertekommission, Johanno Strasser (Darmstadt), widersprachen Beermann. Für Strasser ist die Privilegierung der Kirchen nicht länger haltbar. So sei es nicht akzeptabel, dass in den Schulen der neuen Bundesländer Religion Pflichtfach sein müsse, obwohl nur eine Minderheit den Kirchen angehöre. [1] (H.J.) [1] idea, 05.10.99
[2] Tageblatt, 23.09.99; taz, 02.10.99
Heute früh wurden gleich zwei Gutachten zum Ladenschluß vorgestellt. Das eine, ein sehr industriefreundliches, welches die gänzliche Aufhebung des Ladenschlusses an Werktagen fordert, wurde vom ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in München im Auftrag des Wirtschaftslobbyministers Werner Müller erstellt. Das andere stammt von der Sozialforschungsstelle Dortmund und entstand im Auftrag des Arbeitsministeriums.
Die Argumentation des ifo-Gutachtens ist fadenscheinig. 23 % der Geschäfte mit einem Anteil von 62 % am Einzelhandelsumsatz nutzten die seit 1996 möglichen längeren Öffnungszeiten. Etwa 50 % dieser Unternehmen habe Umsatzzuwächse verzeichnet. Im Klartext bedeutet dies: Die größten Einzelhändler (man beachte den hohen Anteil am Gesamthandelsumsatz), etwa die oberen 10 %, fahren dank der längeren Ladenöffnungszeiten größere Umsätze und damit größere Gewinne ein. Wer seinen Laden länger öffne, so ifo-Präsident Hans-Werner Sinn, habe zwar höhere Kosten, aber auch höhere Gewinne. Wenn längere Öffnungszeiten zum Abbau von Arbeitsplätzen geführt hätten, dann müsse man dies als notwendigen Strukturwandel hinnehmen
Natürlich bedeutet der Umsatzzuwachs der größten Einzelhändler gleichzeitig einen Umsatzrückgang bei den kleinsten, denn die zur Nachfrage zur Verfügung stehenden Einkommen sind ja nicht gestiegen. Das ifo-Institut hat mit seinem Gutachten also gezeigt, daß eine weitere Lockerung der Ladenschlußzeiten zu einem Umsatzzuwachs bei den größten Einzelhändlern führt und somit Monopolisierung und Kapitalakkumulation beschleunigt. Die Umsätze der Großunternehmen zu steigern ist ein "notwendiger Strukturwandel". Sicherlich ganz im Sinne des auftraggebenden Wirtschaftsministeriums.
Die sozialen Folgen der Lockerung des Ladenschlußgesetzes macht das zweite Gutachten deutlich. Ihm zufolge haben sich die Arbeitsbedingungen für viele Angestellte verschlechtert, die Zahl der Arbeitsplätze ging seit 1996 um 6 % zurück. Vor allem Vollzeit- und sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeitsplätze wurden abgebaut: Hin zum "Hire & Fire"-Teilzeitjob ohne Arbeitnehmerrechte, ganz nach dem Vorbild USA. Bereits heute hat nur noch eine Minderheit der Beschäftigten Vollzeitarbeitsplätze. Die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse hat um 3,5 % zugenommen. Die Mehrzahl der Betriebe, die ihre Ladenöffnungszeiten verlängert haben, hat keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, 36 % haben sogar Personal abgebaut.
Die Präsentation der Gutachten ist eine Lektion in Sachen Manipulation der öffentlichen Meinung. Die FAZ ("Dahinter sitzt immer ein armer Tropf") interpretierte munter beide Gutachten als Belege für die Notwendigkeit einer Abschaffung des Ladenschlusses (wegen der "Zufriedenheit der Kunden"). Und das ifo-Institut arbeitet mit korrekten Zahlen, gibt sogar zu, daß es Großunternehmen sind, die von den bisherigen Änderungen des Ladenschlußgesetzes profitieren, präsentiert diese aber in bester PR-Manier als Beleg für einen ominösen "Wirtschaftsboom", als ob der abendliche Einkauf zur wundersamen Geldvermehrung in den Taschen der Kunden führen würde. Und welcher Journalist, welcher Politiker hat den Mut, ein "wissenschaftliches" Gutachten zu hinterfragen, ohne selbst ein Gegengutachten präsentieren zu können?
Zweifellos, für die Kunden ist ein geändertes Ladenschlußgesetz bequemer. Aber unsere Bequemlichkeit kann uns teuer zu stehen kommen, denn die Monopolisierung des Einzelhandels trifft uns am Ende alle. Der Übergang wäre durchaus sozial verträglich möglich, mit Subventionen für kleine Unternehmen und tarifvertraglich festgelegten deutlichen Boni bzw. Arbeitszeitverkürzungen bei gleichbleibendem Lohn. Aber das wäre ja marktfeindlich. Früher oder später wird der "notwendige Strukturwandel" kommen, und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Nur ein weiterer Schritt von vielen in Richtung Postmoderne. (EMÖ)
[dpa et al., 12.10.99]
Der Tabakindustrie sind (wie jeder anderer Großindustrie) zum Verkauf ihrer Produkte alle legalen Mittel recht. Dies ist bekannt. Neu ist, daß selbst eine offizielle Organisation wie die World Health Organization (WHO) die Manipulation der öffentlichen Meinung mit so undemokratischen Mitteln wie bezahlten "wissenschaftlichen Studien", gekauften Artikeln in größten Tageszeitung und Bestechungsversuchen öffentlich zugibt. Neue Beweise, zu deren Veröffentlichung die Tabakindustrie von US-Anwälten gezwungen worden sei, bestätigten solche Verdächtigungen, so der Europadirektor der WHO, Jo Asvall, am Mittwoch in Kopenhagen.
Das Team der US-Anwältin Roberta Walburn, die letztes Jahr die Freigabe von 35 Millionen Seiten Dokumenten der Industrie erzwang, behauptet, darunter seien auch Beweise, daß die Tabakindustrie seit Jahrzehnten von der abhängigmachenden Wirkung von Nikotin gewußt habe.
Die "Gefahrenhändler", so Asvall, beobachteten die Wissenschaft genau, "um ihre Absichten zu erkennen, ihre Meinungen zu verändern, ihren Einmischungen auf der Ebene staatlicher Einrichtungen zuvorzukommen und defensive Antworten der Industrie zu aktivieren". Auch die Arbeit der WHO sei mit bezahlten Artikeln und bezahlter "Wissenschaft" diskreditiert worden. "Wir müssen die Taktiken der Industrie aufdecken und weiterhin entschlossen gegen ihren Einfluß vorgehen", schloß Asvall. (EMÖ)
[AP, 6.10.99]
In Bayern, wie in anderen Bundesländern auch, sind die Bedingungen für ein humanes Sterben Schwerkranker in öffentlichen, staatlich geführten Institutionen äußerst schlecht. Es müsste für einen günstigeren Personalschlüssel und für eine intensivere Fachausbildung beim Umgang mit Sterbenden gesorgt werden. Statt aber hierfür z.B. in den eigenen, öffentlichen Krankenhäusern die Mittel bereitzustellen, steckt der Staat seine Gelder in ein Unternehmen in kirchlicher Trägerschaft.
Genau dies rügt jetzt der Bund für Geistesfreiheit Bayern. Er begrüßt zwar die Absicht des bayerischen Sozialministeriums, bessere Bedingungen für todkranke und sterbende Menschen zu schaffen, hält aber die Absicht einer gemeinsamen Hospiz-Organisation von Staat und Kirchen für einen verfassungswidrigen Verstoß gegen das Gebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates.
So hat sich kürzlich das Sozialministerium neben dem bayerischen Hospiz-Verband sowie einem katholischen Orden und einem weiteren kirchlichen Hospizverein zu einem Viertel an einer gemeinsamen Stiftung beteiligt, bei der die kirchlichen Träger das alleinige Sagen haben, die Kosten aber großenteils dem Steuerzahler aufgebürdet werden (jährlich über 1,5 Millionen Mark). Zusätzlich übernimmt der Staat - natürlich unentgeltlich - die Verwaltungsarbeit.
Nach der bisher geplanten Konstruktion müssen sämtliche Beschäftigte der Stiftung einer Kirche angehören, und bereits ein geringer Verstoß gegen die kirchliche Morallehre (z.B. die Wiederheirat nach einer Scheidung, die Ablehnung einer baldigen Taufe des eigenen Kindes, das Zusammenleben mit einem Partner bzw. einer Partnerin ohne Trauschein, die Ablehnung der kirchlichen Position zum § 218) reicht zu einer fristlosen Kündigung aus. Nach Ansicht des Bundes für Geistesfreiheit dürfen nur solche freien Träger staatlich gefördert werden, die die Einhaltung der anerkannten Grund- und allgemein gültigen Arbeitsrechte garantieren.
Die Begünstigung kirchlicher Sterbehilfe-Vereinigungen durch die Staatsregierung bleibt umso bemerkenswerter, als diese gleichzeitig alle Anstrengungen unternimmt, die weltlich orientierte Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) zu diskriminieren, weil diese für ein uneingeschränktes Selbstbestimmungsrecht der Patienten eintritt. (H.J.)
[Quelle: Bund für Geistesfreiheit Bayern, 26.09.99]
Wer ist eigentlich Kurt Biedenkopf, "König Kurt", der gerade eben mit absoluter Mehrheit wiedergewählte Ministerpräsident Sachsens? Diese Frage und andere beantwortet der 1994 verstorbene Journalist Bernt Engelmann im Kapitel "Mittelfristige Planung eines Kanzlerwechsels" in seinem "Schwarzbuch Helmut Kohl". Wir freuen uns, mit der Genehmigung des Steidl-Verlags den Text 3 Monate auf unserem Server zur Verfügung stellen zu dürfen. Wenn Sie immer schon einmal wissen wollten, wie Politik in Deutschland funktioniert, sollten Sie den Text lesen oder gleich das ganze Schwarzbuch. (EMÖ)
Während in Österreich die Faschisten demokratisch gewählt werden, zeigt ausgerechnet ein amerikanischer Ex-Wrestler, daß Demokratie manchmal doch funktioniert. Jedenfalls solange, bis sich die Antidemokraten einschalten. Der letztes Jahr überraschend gewählte Gouverneur von Minnesota, Jesse "The Body" Ventura, gerät zur Zeit unter Beschuß religiöser Fundamentalisten. In einem Interview mit dem Playboy hatte er organisierte Religionen als "Heuchelei" und als "Krücke für die geistig Armen" bezeichnet. Ferner sprach er sich für die Legalisierung von Drogen und von Prostitution aus. Für die gesellschaftliche Verdammung von Prostititution machte er Religionen verantwortlich. Und er sprach sogar die offensichtliche, aber unaussprechliche Tatsache aus, daß der 1963 erschossene US-Präsident John F. Kennedy Opfer einer Verschwörung im "militärisch-industriellen Komplex" wurde. In seinem Buch "I Ain't Got Time to Bleed" ("Ich hab' keine Zeit zu bluten") gibt er freimütig den Konsum von Marihuana und Alkohol und den Besuch einer Prostituierten zu.
Die Statements von konservativen Pressure-Groups wie der Catholic League for Religious and Civil Rights müssen hier nicht im Detail wiedergegeben werden, sie entsprechen dem Erwartbaren ("Freiheit ohne religiöse Basis ist die wahre Heuchelei", "anti-religiöser, intoleranter Mensch", "empört und entsetzt", "Unkenntnis religiöser Traditionen", "mehr als 70 % gehören einer Kirche an" usw.). Rücktrittsforderungen ließen natürlich ebenfalls nicht auf sich warten. Aber Ventura läßt sich nicht so leicht einschüchtern. Zwar schränkte er sein Statement auf diejenigen Religionen ein, die ihren Glauben eifrig vermarkten und den Armen ihren letzten Dollar aus der Tasche ziehen (was wohl auf alle größeren religiösen Gruppierungen in den USA zutreffen dürfte). Er sei sich aber sicher, daß die Religionsführer ihm vergeben würden, denn um Vergebung ginge es doch bei jeder Religion. Und er setzte hinzu: "In der Vergangenheit habe ich keine Kriege begonnen. Hat die Religion das getan?"
Zweifellos, und es bleibt abzuwarten, ob das Interview, das erst am Montag offiziell veröffentlicht wird, den geistig Armen einen mittleren Feldzug wert ist. (EMÖ)
[American Atheists Newsletter, 1.10.99]
Viele Länder der Dritten Welt, sogenannte Entwicklungsländer, werden Opfer der Wirtschaftsglobalisierung. Erstmals seit zehn Jahren wuchs die Wirtschaft in Entwicklungsländern (1,8 Prozent) im vergangenen Jahr langsamer als in den Industrieländern (2,2 Prozent). Die Globalisierung hat den Entwicklungsländern bisher größere Handelsdefizite und Instabilität gebracht statt schnellerem Wachstum. Aus dem am 12.07.1999 vorgelegten Jahresbericht der Entwicklungsorganisation der Vereinten Nationen (UNDP) geht hervor, dass es in mehr als 80 Länder der Erde den Menschen heute schlechter geht (geringeres Pro-Kopf-Einkommen) als vor zehn Jahren. Zudem wird die Kluft zwischen arm und reich durch die technische Entwicklung (in den Industrieländern) noch vergrößert.
Die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) kritisiert in ihrem neuesten Entwicklungsbericht unter anderem die Industrienationen. Diese würden ihre Märkte zu sehr abschotten. Weiterhin schreibt die Unctad, dass die den Entwicklungsländern als Patentrezept für Wirtschaftswachstum verordnete Marktöffnung nicht funktioniert. Da die armen Länder ihre Produkte in reichen Ländern nicht entschieden besser verkaufen können, seien sie zunehmend auf ausländische Direktinvestitionen (sprich Kapital) angewiesen. Die Abhängigkeit von diesem "heißen", spekulativen Geld ist jedoch ein weiterer "instabiler Pfeiler" für das Wirtschaftswachstum in vielen Ländern.
Leidtragende dieser Entwicklung sind wie immer die Ärmsten auf diesem Planeten. Wer die Profiteure sind erübrigt sich darzustellen. (H.F.)
[Quelle: Nürnberger Nachrichten, 21.09.1999, 13.07.1999]
Zudem gingen zwischen 1996 und 1998 die Kapitalströme in Entwicklungsländer um 70 Prozent zurück. Auch eine starke Konzentration des Geldes findet statt. Neuerdings gehen 90 Prozent des Kapitals in nur 20 Länder, während vorher diese Investitionen etwa in die Hälfte aller Entwicklungsländer flossen.
In Fulda diskutieren die Bischöfe auf ihrer Konferenz mal wieder über die Schwangerenkonfliktberatung. Und sie diskutieren und diskutieren... Doch die Forderung an die katholische Kirche kann nur sein, sich aus dem staatlichen System zurückzuziehen.
Gegenwärtig entsteht eine gesellschaftliche Situation, in der konservative Kräfte in der katholischen Kirche ungewollt ein Ziel befördern, das dem laizistischen Ideal einer strikten Trennung von Staat und Kirche entgegenkommt. Die Erzbischöfe Dyba (Fulda) und Meißner (Köln) nehmen - zu Recht - Anstoß an der Doppelzüngigkeit und Doppelmoral, die den derzeit praktizierten "Kompromiss" in der Schwangerenkonfliktberatung auszeichnet: Die katholischen Beratungsstellen versehen ihren Beratungsschein, der zur Abtreibung staatlich legitimiert, mit dem Zusatz "Diese Bescheinigung kann nicht zur Durchführung einer straffreien Abtreibung verwendet werden." Just dies geschieht aber und just dies ist der einzige Sinn der Bescheinigung.
Ein Rückzug der katholischen Kirche aus diesem System wäre daher ein Schritt zur geistig-politischen Klarheit, ein Schritt weg von wortreicher Doppelzüngigkeit und demoralisierender Doppelmoral. Denn dieser Aufdruck, der dem Papst Rechnung tragen soll und daher von vielen politischen Kräften begrüßt, zumindest toleriert wird, ist eine zynische Irreführung, über die Empörung angebracht ist. Insofern dient das Nein des Papstes und konservativer Bischöfe gegen diesen Aufdruck und das ganze System durchaus einer gewissen Klarheit. Andererseits verdeutlicht die päpstliche Einmischung in das deutsche Abtreibungsrecht erneut das Wesen der römisch-katholischen Kirche: Es handelt sich um ein zentralistisches, frauenfeindliches Gebilde, in dem demokratische Prinzipien nur eine geringe Rolle spielen.
Dem Modell einer konsequenten Trennung von Staat und Religion, hier vornehmlich der Trennung von Staat und Kirche, würde mit dem katholischen Rückzug ein Dienst erwiesen. Staatliche Aufgaben (wie die juristische Lizenz zur Abtreibung, wenn eine Pflichtberatung überhaupt sein muss) verlangen staatliche Träger. Der Weg zur Entkonfessionalisierung muss hier wie in anderen Bereichen begangen werden. Das Recht einer Katholikin, die schwanger ist und sich wegen einer Abtreibung bei einer katholischen Stelle beraten lassen will, bleibt von dieser laizistischen Position unberührt. (H.J.)
[Quelle: Humanistischer Verband, 23.09.99]
Ein neuer Kirchenbotschafter als Vertreter der Evangelischen Kirche Deutschlands tritt demnächst seinen Dienst bei den Politikern in Berlin an. Der Prälat Stephan Reimers aus Hamburg löst damit Bischof Hartmut Löwe ab. Löwe, auch fürs Militär zuständig, beglückte uns mit so markigen Ansichten, dass die Probleme in Ostdeutschland darauf zurückzuführen seien, dass dort in der Vergangenheit "der christliche Geist ausgetrieben" worden sei. Rechts- und Linksradikalismus seien immer auch religiöse Ersatzhandlungen. Wobei Löwe natürlich "vergaß", dass der schlimmste Rechtsradikalismus in Deutschland in einem christlichen Land, gerade unter dem Jubel der Militärpfarrer entstand. [1]
Soweit also zu Löwe. Was haben wir nun vom neuen Botschafter Stephan Reimers zu erwarten? Von 1970 bis 1980 war er als Abgeordneter für die CDU tätig, trat aber dann aus der Partei aus, weil seiner Meinung nach ein Geistlicher keine aktive politische Rolle spielen sollte. Was ihn aber jetzt offensichtlich nicht hindert, hintenherum die Politik indirekt zum Nutzen der Kirche zu beeinflussen. Jedenfalls hofft er auf eine vertrauensvolle Beziehung zu den Berliner Politikern.
Reimers sieht eine zunehmend atheistische Prägung der Politik, erwartet aber trotzdem, dass die Kirche Beachtung findet. Eine gottlose Umgebung ist der Prälat übrigens gewöhnt. In Hamburg gehört weniger als die Hälfte der 1,7 Millionen Bürger einer Kirche an. Vielleicht hat er ja gerade wegen dieser Menschenkenntnis den Posten bei der Regierung erhalten. So ist Reimers sehr geübt, seine Kirche als unersetzlichen Partner gerade in sozialen Dingen darzustellen, wenn die Menschen schon nichts mehr von der christlichen Botschaft wissen wollen. Er führt als Argumente seine Erfahrungen mit den Hamburger Konfessionslosen an, die hohe soziale Erwartungen an die Kirche hätten.
Aber Reimers legt noch einen "dicken Hund" drauf: Eine Abschaffung der Kirchensteuer hält er für unwahrscheinlich, weil dann der Staat selbst zusätzlich Kindergärten, Krankenhäuser und Schulen finanzieren müsste. "Das ging" - so Reimers - "nur über eine allgemeine Steuererhöhung". [2] Man kann dem Geistlichen nur den Rat geben, sich vor Amtsantritt über die Finanzierung der genannten kirchlichen Sozialeinrichtungen zu informieren. In Krankenhäusern wird gerade noch die Kapelle von der Kirche finanziert, selbst die letzte Segnung geht in die von der Krankenkasse bezahlten Tagessätze ein. Auch bei Kindergärten und Schulen ist der Anteil der Träger äußerst gering. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Es gehen nur 8 bis 10 Prozent (nach kircheneigenen Angaben) der Kirchensteuer in allgemeine soziale Projekte. Die staatliche Einbuße an Steuern durch vollständige Absetzung der Kirchensteuer oder durch indirekte Steuervergünstigungen der Kirchen ist ungleich höher - die umfangreichen Staatsleistungen an die Kirche gar nicht mitgerechnet. Eine Abschaffung der Kirchensteuer und der kirchlichen Steuervergünstigungen würde also zu Einsparungen des Staates führen, statt zu einer zusätzlichen Steuer für den Bürger.
Als kleinen Einstieg in die Information über Kirchenfinanzierung und Staatsleistungen kann ich Stephan Reimers die Aufstellungen des "Vereins zur Umwidmung von Kirchensteuern e.V." empfehlen.
"Dem Heiligen Vater liegt es außerordentlich am Herzen, dass die Kirche ein Beispiel großer Transparenz gibt und alles meidet, was als Doppeldeutigkeit oder Mangel an Klarheit interpretiert werden könnte." [3] Was der Papst hier in Bezug auf den Abtreibungsschein den katholischen Bischöfen ans Herz legte, sollte auch für die Finanzen der katholischen und evangelischen Kirche gelten. Aber "Kirche ein Beispiel großer Transparenz"? Wann hätte es das je gegeben? (H.J.)
[1] atheismus.de, 1998
[2] idea, 13.09.99
[3] Frankfurter Rundschau, 22.09.99
Gegen Mitglieder der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) hat die Staatsschutzabteilung der Nürnberger Kriminalpolizei (welch ein Wort) Ermittlungen aufgenommen. Der Verdacht: Aufforderung zu Straftaten und Beleidigung der Bundeswehr (eine Bundeswehr kann man tatsächlich beleidigen; so, so...).
Zwei beschuldigte Nürnberger hatten eine Präsentation der Marine in der Nürnberger Innenstadt genutzt, um auf selbst angefertigten Flugblättern gegen die Bundeswehr und gegen den "Kampf"-Einsatz im Kosovo zu protestieren. Zudem rief die DFG-VK die anwesenden Matrosen auf, zu desertieren. Den Militärs wurde weiterhin vorgeworfen, die Angst Jugendlicher zu nutzen, keinen Arbeits-/Ausbildungsplatz zu finden.
Der 34-jährige Verdächtigte, J. G., begründet den Aufruf mit dem "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg" auf die Bundesrepublik Jugoslawien und "ungesühnter Verbrechen unserer Regierung".
Humanitäre Hilfe oder sind Soldaten Mörder? Lesen Sie hierzu den Beitrag unter "POLITIK/GELD", Texte (11.05.1999): "Contra Nato". (H.F.)
[Quelle: Nürnberger Nachrichten, 21.09.1999]
Dies rief das Verteidigungsministerium auf den Plan (müssen sich ja gegen diese Anschuldigungen verteidigen). Strafantrag wurde gestellt (allerdings nicht gegen Scharping).
J. G. kam aber der Vorladung zum Verhör bisher nicht nach.
Weitere Strafverfahren gegen Mitglieder der DFG-VK sind noch anhängig. Sie hatten während des Angriffkrieges auf die Bundesrepublik Jugoslawien an einer Blockade eines US-Luftwaffenstützpunktes in Frankfurt teilgenommen.
Die islamisch-fundamentalistischen Taliban-Milizen in Afghanistan verfolgen derzeit eine Doppelstrategie der Vertreibung und Ermordung von potentiellen Taliban-Gegnern. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wurden im letzten Monat rund 20.000 Frauen aus ihrer Heimat nördlich der Hauptstadt Kabul deportiert, viele von ihnen nach Pakistan. Zwar gab es bisher während der ständigen Kämpfe viele Machtwechsel in der Region, aber dies ist das erste Mal, daß gezielt Frauen und Kinder aus der Region vertrieben wurden. "Es zeichnet sich ein systematisches Muster ab, nach dem Männer festgenommen, einige von ihnen getötet und Frauen von ihren Kindern getrennt und deportiert werden", so Radhika Coomaraswamy, ein UN-Spezialbeauftragter, der Gewalt gegen Frauen untersucht. (EMÖ)
[AP, 20.9.99]
Rund zwei Jahre nach Mobutus Entmachtung ist die Situation der Pressefreiheit schlechter als zuvor.
Mindestens 48 Journalisten wurden, oft ohne jede Begründung, verhaftet und unterschiedlich lange in den Zellen der verschiedenen Sicherheitsdienste inhaftiert. Beschlagnahmungen oder Erscheinungsverbote sind an der Tagesordnung, Redaktionsbüros unliebsamer Medien wurden gestürmt und geplündert. Ausländische Korrespondenten sind für kritische Berichte durch Ausweisung abgestraft worden, die Verbreitung internationaler Radioprogramme wurde verboten.
Mindestens drei Journalisten sitzen zurzeit im Gefängnis, darunter Joseph Mbakulu Pambu, Moderator eines privaten TV-Senders. Er ist seit dem 24. Oktober 1998 unter dem Vorwurf der "Kooperation mit den Rebellen" ohne Gerichtsurteil inhaftiert.
Doch wie in so vielen ähnlich gelagerten Fällen zeigen westliche Regierungen wenig Anteilnahme am Geschehen in diesem schwarzafrikanischen Land. Geht es doch primär um dringend benötigte Rohstoffe in Form von Bodenschätzen und um die Interessen von Trusts und weltweitem Kapital. (H.F.)
[Quelle: PM Reporter ohne Grenzen vom 15.09.99]
Am 17. Mai 1997 erklärte sich Laurent Désiré Kabila zum Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo (dem früheren Zaire). Der Machtwechsel war mit vorsichtigen Hoffnungen auf eine Verbesserung der Menschenrechts-Situation verbunden. Doch Nirgendwo im gesamten Afrika südlich der Sahara sind die Medien derartigen Repressionen ausgesetzt wie in der Demokratischen Republik Kongo. Nach 28 Monaten unter der Herrschaft Kabilas sind Übergriffe sogar noch häufiger als unter seinem Vorgänger, Mobuto Sese Seko. Den Journalisten in Kinshasa sind inzwischen selbst früher unbekannte Formen der Zensur ein Begriff: Die Prügelstrafe "entsprechend dem Alter und Körpergewicht" kann die Konsequenz journalistischer Arbeit sein. Auch die öffentliche Verbrennung von Zeitungen gehört dazu.
Eine etwas ältere Meldung, aber im Kontext der Ereignisse in Osttimor dennoch interessant: Der ehemalige britische NATO-Generalsekretär Lord Carrington kritisierte im August in einem Interview mit der Zeitschrift Saga den Kosovo-Einsatz als "großen Fehler". Er wurde mit den Worten zitiert: "Ich glaube, wir sind ein bißchen selektiv in unserer Verurteilung von ethnischer Säuberung." Milosevic hielt er nicht eher für einen Kriegsverbrecher als den kroatischen Präsidenten Franco Tudjman, der in der Krajina ca. 200.000 Serben vertrieb: "Und darüber hat sich kein Mensch aufgeregt."
"Ich denke, die Bomben haben die ethnische Säuberung verursacht. Wir haben alles viel schlimmer gemacht", sagte Carrington außerdem. Er halte es deshalb für einen grundsätzlichen Fehler, in einem Bürgerkrieg (in diesem Falle zwischen der serbischen Armee und der UCK) einzugreifen.
Lord Carrington war von 1984-1988 NATO-Generalsekretär. (EMÖ)
[AP, dpa, 27.8.99]
Voll Lüge, Haß und Neid. Voll Unfähigkeit, Dummheit, Begriffsstutzigkeit.
Der christlich-reaktionär zusammengeleimte Filz um Norbert Geis, dem Wortführer der CDU/CSU-Initiative für ein Verbot der Abtreibungspille „Mifegyne“, hat seine Androhung wahrgemacht (Vorgeschichte siehe Politik-News vom 20. Juni 1999: Frauenhasser unter sich) und am Mittwoch, 08.09.1999, einen Antrag zur Änderung des Arzneimittelgesetzes in den Bundestag eingebracht. Nach dem verqueren Verständnis der CDU/CSU soll in das Arzneimittelgesetz folgende Bestimmung aufgenommen werden: „Es ist verboten, Arzneimittel, die zur Tötung menschlichen Lebens bestimmt sind, in den Verkehr zu bringen, zu verschreiben, abzugeben oder bei anderen anzuwenden.“ Damit haben sich die Christenpolitiker, die noch am vergangenen Sonntag mit dem Spruch „Mitten im Leben“ in die Landtagswahlen zogen, selbst an den Rand der Gesellschaft befördert, denn bei allen anderen Fraktionen stieß der Antrag auf entschiedene Ablehnung. Begründet wird der frauenverachtende Vorstoß mit dem Vorwurf, die Pille könne die Tötung eines Kindes als Heilmaßnahme erscheinen lassen und somit verharmlosen. (C.B.)
[Quelle: die tageszeitung, 10.09.1999]
(Franz Kafka: Tagebücher 1910-1923)