Am 18. Januar 1996, dem 125. Jahrestag der deutschen Reichsgründung, zünden vier Skinheads auf Grevesmühlen ein Flüchtlingswohnheim in der Lübecker Hafenstraße an. 10 Menschen sterben. Drei der Täter werden bereits wenige Minuten nach der Meldung des Brandes in unmittelbarer Nähe Hafenstraße von der Polizei aufgergriffen, verhört und später festgenommen, ein vierter wird am Abend verhaftet.
Die Öffentlichkeit ist bestürzt ob des offensichtlich rassistisch motivierten Brandanschlags. "Notwendig ist nicht nur eine Kampfansage an FaschistInnen, sondern auch an den rassistischen Konsens in der Gesellschaft, den Medien und der Politik!" so ein Berliner Aufruf kurz nach dem Anschlag [1]. Auch Bundespräsident Roman Herzog gibt sich betroffen wenn sich die Vorwürfe als wahr herausstellten, müsse endlich etwas geschehen. Nur eine Woche später soll Bundeskanzler Helmut Kohl von der weltgrößten jüdischen Organisation "B'nai B'rith" ein Orden für humanitäre Verdienste verliehen werden [2]. Insgesamt ein außerordentlich schlechter Zeitpunkt für einen faschistischen Brandanschlag, bei dem Männer, Frauen und Kinder sterben.
Schnell wird ein neuer Täter gesucht, die ursprünglich festgenommenen Grevesmühlener Neonazis werden freigelassen. Der "Verdacht" fällt auf den Libanesen Safwan Eid, einen Bewohner des Hauses: So wird das Opfer selbst zum Täter. Die deutschen Medien sind erleichtert. Stellvertretend für praktisch alle anderen sei Helmut Markwort, Chefredakteur des Pseudonachrichtenmagazins Focus, zitiert:
Worauf stützt sich die Anklage gegen Eid? Der Rettungssanitäter Jens Leonhardt behauptet, Eid habe ihm die Tat gestanden ("Wir warn's"), es sei eine Racheaktion gewesen. Später stellt sich heraus, daß der Belastungszeuge selbst Verbindungen zu den Grevesmühlener Tätern hat:
Sein Motiv hat folgenden Hintergrund: Matthias Hamann war beim "Malteser Hilfsdienst" tätig, als der Diebstahl von Medikamenten bekannt wurde. Matthias Hamann wurde verdächtigt; sein Spind wurde durchsucht; u.a. wurden Berge von rechtsextremer Propaganda gefunden und ein fertiger Plan/ein Protokoll über den Aufbau einer Wehrsportgruppe in Lübeck. Mit einem der 4 Tatverdächtigen aus Grevesmühlen gab es enge Kontakte: mit Maik Wotenow, der den Namen und die Telefonnummer des Belastungszeugen Jens Leonhardt in seinen Aufzeichnungen hat. Jens Leonhardt wurde zu seiner Aussage gedrängt, als die Festnahme der 4 Deutschen bekannt wurde. [5]
Auch eine Dolmetscherin, die Eids Probleme mit dem Unterschied zwischen "wir" und "die" bestätigt, wird ignoriert:
Gegen die Behauptung des Sanitäters, der Beschuldigte habe ihm gesagt "Wir warns" spricht weiter, daß ausweislich der Akten Safwan Eid kurze Zeit vor dem Gespräch mit dem Hauptbelastungszeugen gegenüber einem Busfahrer und einem Bekannten von einem Brandanschlag von Personen außerhalb des Hauses berichtet hatte. Gegen eine Täterschaft spricht auch, daß Safwan Eid laut der durchgeführten rechtsmedizinischen Untersuchung keine brandbedingten Veränderungen an den Händen oder im Gesicht hatte, die ein Hinweis auf eine möglichen Brandleger hätten
Nicht in den Medien erwähnt wird die Nähe der Neonazis zum Asylheim, als sie von Polizisten gesichtet wurden. Ebenfalls ignoriert wird der Brandgutachter Prof. Ernst Achilles, der in der ARD-Sendung "Monitor" vom 7. März Beweise liefert, daß das Feuer unten entzündet worden sein muß nicht einmal das Toilettenpapier im 1. Stock ist vom Feuer betroffen, obwohl dort der Brand ausgebrochen sein soll. Der Gutachter wird als "befangen" erklärt. Und dann ist da noch Sylvio A., der nicht in den Flammen verbrennt, sondern im Eingangsbereich erdrosselt wird. Er hat den Brandanschlag als erstes den Mitbewohnern gemeldet und wurde deshalb offenbar mundtot gemacht. Der Mord wird nie untersucht, man kann auch Eid hierfür nicht die Schuld geben, da er ja nach der Theorie der Staatsanwaltschaft das Feuer im Obergeschoß gelegt haben soll.
Im Ausland will man die Nachrichten aus und über Lübeck nicht so recht glauben. Am 17. April 1996 gründet sich eine Internationale Untersuchungskommission mit Mitgliedern aus Frankreich, Großbritannien, Italien, Israel und Holland [7]. In ihrem Zwischenbericht vom 22. Juni 1996 heißt es unter anderem:
[...]
Im Gegensatz dazu wurden die zunaechst Verdaechtigten, Jugendliche, die neonazistische Verbindungen oder Sympathien haben, nach der Festnahme von Safwan Eid sofort freigelassen - trotz folgender Tatsachen:
[...]
Die IUK hat die wenig beruhigende Information erhalten, dass das Brandhaus von der Polizei nicht zuverlaessig gesichert wird und Unberechtigte Zutritt zu dem Brandhaus haben. Moeglicherweise sind auf diese Weise wichtige Beweise bereits vernichtet. Noch besorgniserregender sind Informationen, dass es Plaene gibt, das Brandhaus ueberhaupt ganz abzureissen.
Wir empfehlen dringend, dass alles unternommen wird, um sicherzustellen, dass das Brandhaus solange erhalten wird, bis alle Ermittlungen, die sich aus dem Brand ergeben, abgeschlossen sind.
"We didn't start the fire
It was always burning
Since the world's been turning
We didn't start the fire
No we didn't light it
But we tried to fight it" Billy Joel, We Didn't Start The Fire
Wer die Wahrheit kennt, und sie nicht spricht,
Der ist fürwahr ein elender Wicht
"Ich fühle mich erleichtert, daß kein Deutscher die schreckliche Tat von Lübeck begangen hat. Die unzähligen Vorverurteilungen von Politikern und Demonstranten, von deutschen und von ausländischen Medien haben schon genug Schaden angerichtet, Kollektivschuld ausgesprochen und Kollektivscham verlangt." [3]
Auch die Taz entschuldigt sich:
"Wir unterließen es allerdings - wie fast alle Medien - auch nur die Möglichkeit zu erwägen, daß der Anschlag Resultat einer Auseinandersetzung zwischen Gruppen von Asylsuchenden sein könnte. ... Sicher drückt sich in dieser Einseitigkeit der Berichterstattung noch etwas vom Mythos des 'guten Ausländers' aus ..." [4]
Und so geht es von "links" nach "rechts", von Taz bis FAZ.
Und folgende Fakten geben dem Gericht zu denken, die jetzt durch Recherchen von Journalisten Akteninhalt geworden sind: der Zeuge Jens Leonhardt wurde von seinem Freund Matthias Hamann gedrängt, Safwan Eid zu belasten. Er berichtet der Polizei, sein Freund Jens Leonhardt habe ihm bereits auf dem Weg zum Krankentransportfahzeug vom angeblichen Geständnis Safwans berichtet - also zu einer Zeit, da der Belastungszeuge noch kein Wort mit Safwan gewechselt hatte. Er ist die treibende Kraft für die falsche Anschuldigung Safwans.
Die Grevesmühlener weisen Versengungen an ihren Haaren auf, die sie mit abstrusen Erklärungen begründen (Verbrennen eines Hundes, ein schlecht funktionierender Ofen, Leuchten mit einem Feuerzeug in einen Benzinkanister, alles zur gleichen Zeit). Die Staatsanwaltschaft liefert eine weitere: Sie hätten gestohlene Autos angezündet - keiner der Täter hatte dies zuvor erwähnt, dafür waren sie zu blöd. Verschwiegen wird auch, daß die Versengungen frisch gewesen sein müssen, was im Widerspruch zu den Behauptungen der Täter steht.
Bezüglich der Behauptung des Sanitäters, Safwan Eid habe in der Brandnacht gesagt "Wir warns" hat die Verteidigung in einem mit einer Dolmetscherin in der Haftanstalt am 03.04.1996 geführten Gespräch feststellen müssen, daß Herr Eid auf entsprechende Frage antwortete, es könne sein, daß er dem Sanitäter gesagt habe "dir waren das" oder "dir haben das gemacht". Die Nachfrage und Bitte, den Satz aufzuschreiben, den er dem Sanitäter gesagt haben könnte, schrieb der Beschuldigte vor Augen der Verteidigerin und der Dolmetscherin oben genannte Sätz auf. "Dir" verwendet der Beschuldigte für das Wort "die".
sein können. [6]
Einer der Grevesmühlener legt ein halbes Geständnis ab, das einen Mittäter belastet, aber schnell wird es wieder zurückgezogen. Zeugen werden abgeschoben (z.B. während sie im Ausland Beerdigungen besuchen, oder wenn sie bestimmte Aussagen nicht machen). Eine Bewohnerin des Hauses rief in der Brandnacht an und schrie: "Die Faschos kommen ins Haus!" Ein Kellerfenster weist Einbruchsspuren auf. Akten verschwinden spurlos. Die Staatsanwaltschaft behauptet, eine Benzinwolke habe sich auf magische Weise die Treppe herunter bewegt und sich dort entzündet. Das erinnert an die "Magic Bullet"-Theorie im Mordfall JFK, oder an die Legende "Kerze im Dachgeschoß bei aufgedrehtem Gashahn", mit der man im Kosovo-Krieg für durch Bomben zerstörte Häuser den Serben die Schuld gab.
Die IUK nimmt deshalb mit Beunruhigung zur Kenntnis, dass einige der ehemaligen Bewohner immer noch von Abschiebung bedroht sind, und dies obwohl das laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen Safwan Eid noch nicht einmal abgeschlossen ist. Der Kommission ist sogar bekannt, dass ein ehemaliger Bewohner, Victor Atoe, bereits im Mai 1996 nach Nigeria abgeschoben wurde.
Die deutschen Medien machen gleichgeschaltet Eid zum Täter und ignorieren die Fakten. Doch selbst die manipulative Staatsanwaltschaft ist nicht in der Lage, ihm glaubhaft die Schuld zuzuschieben. Er wird schließlich freigelassen "aus Mangel an Beweisen". Der Prozeß wird 1999 neu aufgelegt. Von vornherein wird dabei eine Aufnahme neuer Beweise ausgeschlossen, die Grevesmühlener können sich in Sicherheit wiegen. Man habe in der ersten Verhandlung Aufzeichnungen von Gesprächen Eids mit Verwandten ignoriert. Wieso wohl? Schließlich enthielten die Bänder nur entlastendes Material, das schließlich zum erneuten Freispruch Eids führt.
Der Lübecker Brandanschlag ist einer der größten Justizskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. Staatsanwaltschaft und Mörder machten hier gemeinsame Sache, um eine Tat zu vertuschen, die nicht ins politische Selbstporträt Deutschlands paßte. In den Medien gab es praktisch keine kritischen Stimmen, obwohl die Verteidigung Eids regelmäßig Pressemitteilungen verschickte, die alle signifikanten Fakten enthielten. Tatsächlich wurde ohne nennenswerten Widerstand das Brandhaus wie von der IUK befürchtet abgerissen. Das Herz schlägt links, der Staat steht rechts. (EMÖ)
[1] junge Welt, 14.3.1996
[2] http://bnaibrith.org/pr/kohlawar.html
[3] Editorial FOCUS, 29.1.96, Titel "Ich fühle mich erleichtert"
[4] taz, 23.1.96
[5] Zit. aus CL-Netz, Juli 1996, Belege u.a. in junge Welt, 3.7.96
[6] Pressemitteilung Anwaltsbüro Heinecke, 22.4.96
[7] Pressemitteilung Anwaltsbüro Heinecke, 17.4.96
„Die Nation, biologistisch definiert, ist die Basis jedes rassistischen Vorurteils. Der Antisemitismus als weltanschauliche Klammer aller Nazis existierte aber in Mitteleuropa länger als nationaler Chauvinismus. Er funktioniert, auf der Basis christlicher Mythen, auch ohne den Staat.“
1998 verzeichnete die Kriminalitätsstatistik der BRD 55 als antisemitisch eingeordnete Fälle von „Störung der Friedhofsruhe“. Im ersten Halbjahr 1999 wurden 20 Fälle registriert. Am 3. Oktober, dem „Tag der Deutschen Einheit“, boten bislang Unbekannte einen unmißverständlichen Blick in die Zukunft der „Berliner Republik“: Sie zogen eine Spur der Verwüstung über den jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee. Zurück blieben 103 umgestürzte Grabsteine. Eine Woche später fand man dort zwei Sprengsätze. 45 Gräber wurden Mitte Oktober auf den jüdischen Friedhöfen von Weitersburg und Bendorf, Rheinland-Pfalz, geschändet usw. usf.
Dazu Julius H. Schoeps, Direktor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien und Professor für Neuere Geschichte an der Universität Potsdam, in einem Interview mit der Wochenzeitung Jungle World: „Die Schändungen treten meist zu bestimmten Jahreszeiten auf, im Herbst, um den so genannten Totenmonat November herum und im Frühjahr, vor Ostern. Umgestürzte Steine in der Passions- und Osterzeit lassen auf klassische antijüdische Vorurteile schließen, auf die internalisierte Vorstellung, die Juden seien Gottesmörder, hätten Christus gekreuzigt.“
Aber der sich auf dem Vormarsch befindende Antisemitismus ist kein spezifisch deutsches Phänomen. Befinden sich doch nach der Haiderisierung des österreichischen Alpenstaates auch die Austro-Antisemiten in einem nationalen Taumel sondergleichen. Ariel Muzicant, der Vorsitzende der österreichischen Juden, berichtete, daß sich seit dem Wahlerfolg der rechtsextremen FPÖ Jörg Haiders die antisemitischen Vorfälle verzehnfacht hätten. Drohbriefe, Beleidigungen, Telefonanrufe, Belästigungen auf der Straße – die Juden Österreichs bekommen immer öfter das ganze Arsenal der christlich legierten Judenhasser zu spüren. Auszug aus einem Brief an einen österreichischen Juden: „Haider wird seinen Weg machen, Gott wird ihm beistehen und von Erfolg zu Erfolg begleiten, und über dieses betrügerische Volk der Juden wird der Fluch lasten bis in alle Ewigkeit. Nichts arbeiten – nur von den Wiedergutmachungen leben.“
Wien scheint dabei die Hochburg des österreichischen Antisemitismus zu sein: Von 85 seit Anfang Oktober bekannt gewordenen Fällen antisemitischer Tätlichkeiten, die vom Anrempeln bis zum Anspucken reichen, fanden 80 in Wien statt. Mit Sicherheit kann von einer sehr hohen Dunkelziffer ausgegangen werden, denn der Jüdischen Gemeinde gehören nur die Hälfte der 12.000 in Österreich lebenden Juden an. Auch die – berechtigte – Angst vor einer Anzeige dürfte das wahre Ausmaß verschleiern: Ein Großteil der Wiener Polizei besteht aus FPÖ-Anhängern und sehr häufig kommt es zu rassistisch motivierten Übergriffen. (C.B.)
[Quellen: Jungle World Nr.44/1999, Nr.45/1999]
(Burkhard Schröder)
Am 18. November hielt Dr. Walter Wuttke an der Volkshochschule Ulm einen Vortrag über "Die Innere Mission und ihre Rolle bei der Zwangssterilisation und den nationalsozialistischen Krankenmorden".
Nach der Machtübernahme der Nazis beteiligten sich viele evangelische Heime und Krankenhäuser ohne erkennbaren Widerstand an der Sterilisierung sogenannter Erbkranker. Allein in einem Betheler Krankenhaus wurden 289 Frauen und 803 Männer sterilisiert. „Gehorche der Obrigkeit. Gehorche ihr, auch wenn es Dir schwer wird“, ist in einem Informationsblatt evangelischer Seelsorger zu lesen, das damals in den Heimen der Inneren Mission an taubstumme Insassen verteilt wurde. Denn: „Würdest Du nicht traurig sein, wenn Du sehen müßtest, daß Deine Kinder und Enkelkinder auch wieder taub sind?“[1]
Mit Genehmigung von Dr. Walter Wuttke stellt Der Humanist seinen Vortragstext im Netz zur Verfügung. (H.J.)
[1] Badische Zeitung, 30.09.98
Deutschland hinkt zwar bei der Gleichberechtigung von Homo- und Heterosexuellen einigen europäischen Staaten hinterher, geht jetzt aber auf hoffentlich geradem Weg - ohne sich von irrationalen Einwänden religiöser Gruppen ablenken zu lassen - den gesteckten Zielen entgegen. Die Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/Grüne wollen möglichst bald einen Gesetzesentwurf durch den Bundestag bringen. Und - hört, hört - sogar aus Reihen der CDU kommen neuerdings moderate Töne.
Dies sollte uns aber nicht davon abhalten, weiter mit aller Kraft gegen die Benachteiligung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung zu kämpfen. Schaut man z.B. nach Afrika, eines der Hauptziele katholischer Missionierung, steht es um die Rechte Homosexueller mehr als schlecht. Sie werden kriminalisiert, leben in ständiger Angst und müssen bei Entdeckung mit schwerer Strafe rechnen.
Akzeptiert wurden sie noch nie, aber jetzt haben die politischen Führer ostafrikanischer Staaten höchstpersönlich eine Kampagne gegen Homosexuelle gestartet. Auslöser der erstarkten Empörung war die Hochzeit zweier Schwuler in Uganda mit einem Kuss in der Öffentlichkeit. Der ugandische Präsident Museveni drängt - mit Hinweis auf seine christliche Erziehung - die Kriminalbehörden zur bedingungslosen Härte: "Spürt sie auf, und werft sie ins Gefängnis."
Auch aus Kenia hört man wieder harsche Töne. Der Staatschef arap Moi forderte: Männer, die Ohrringe tragen, um damit andere anzulocken, gehörten hinter Gittern. In Kenia lautet die Strafe für Homosexuelle wegen "Vergehens wider die Natur" auf Haft von bis zu 14 Jahren mit körperlicher Züchtigung. Ein Mitglied der Juristenvereinigung in Nairobi berichtet: "Unser Gesetz stammt von 1897 aus Großbritannien. Wir haben es von den Kolonialherren übernommen, und bis heute war niemand mutig genug, eine Änderung zu beantragen. Immer wieder, wenn Menschenrechtler auf die gesellschaftliche Akzeptanz von Schwulen und Lesben drängen, schlagen die Politiker Krach, und die Kirchen stärken ihnen den Rücken."
Im Gegensatz zu südafrikanischen Staaten wie Zimbabwe und Botswana sind Homosexuelle in Kenia völlig unorganisiert. Da nicht ist, was nicht sein darf, gibt es für sie keine Beratungsstellen, keine Treffpunkte, selbst ihren Familien können sie sich nicht anvertrauen. Denn diese wären als Mitwisser verpflichtet, ihren Angehörigen anzuzeigen.
Die politischen Führer in Ostafrika sehen gleichgeschlechtliche Liebe als unvereinbar mit Tradition und Religion. Trotz Aids-Epidemie ist sogar Sexualkunde an den Schulen verboten. [1]
Das Aufklärungsbuch meiner Tochter fragt: "Liebe - was ist das denn genau? Oft wissen nicht einmal Erwachsene eine Antwort, wenn sie gefragt werden, was Liebe ist. Das ist auch nicht so einfach zu sagen. Liebe sind viele unheimlich schöne, manchmal auch schreckliche Gefühle, die man für einen Menschen empfindet. Es gehören nicht immer unbedingt ein Mann und eine Frau zur Liebe, obwohl das meistens so ist. Auch zwei Männer oder zwei Frauen können ein Liebespaar sein. Das ist homosexuelle Liebe. Männer, die Männer lieben, nennt man Schwule. Frauen, die Frauen lieben, nennt man Lesbierinnen oder Lesben. Manche Leute verstehen einfach nicht, dass es so etwas gibt, und verspotten Homosexuelle. Dafür gibt es gar keinen Grund. Schließlich kann sich jeder selbst aussuchen, wen er lieben will." [2]
So einfach ist das. Dem ist nichts hinzuzufügen.
[1] Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 29.10.99
[2] Zit. aus: Jörg Müller, Dagmar Geisler: Ganz schön aufgeklärt!, Loewe Verlag, 1993
Das Diskussionsforum funktioniert zur Zeit nur bedingt. Die aktuellen Threads lassen sich zwar über "Letzter Tag" und "Letzte Woche" noch anzeigen, das Inhaltsverzeichnis ist jedoch defekt. Wir werden das Problem sobald wie möglich beheben. (EMÖ)
"A trauriga Dog" ist ein Liedertitel von Hans Söllner und dies trifft sicherlich auch auf den Tag der Entscheidung des Ansbacher Oberbürgermeisters zu, dem Liedermacher Hans Söllner den Auftritt zu verbieten. Wie der Liedermacher wollte man fragen "Wos denkts eich dabei?"
Die derb-bayerische Ausdrucksweise, ehedem bei einem F.J. Strauß akzeptiert, stößt nun beim Establishment auf. Dies gehört jedoch zur Intention von Söllner. Er glaubt nicht, was die Politiker (ihm)versprechen. Deshalb wird ihm u.a. Volksverhetzung vorgeworfen. Liedermacher Hans Söllner dagegen spricht von spezifischer, restriktiver "Bayern Culture". Mit Liedertiteln von ihm wünsche ich: "Hey Staat, hey Staat...", sing doch auch mal "Des kloane Liad vom Frieden".
Doch mit Hans Söllner hört der Spass für bayerische Politiker auf. Der Liedermacher verglich Bayerns Innenminister Beckstein mit einem Duftstein fürs WC. Der CSU-Mann fühlt sich in seiner Ehre verletzt. Nun soll Söllner 120.000 Mark Strafgeld zahlen.
Beckstein fühlt sich von dem Bad Reichenhaller Liedermacher Hans Söllner beleidigt und bekam dabei prompt Schützenhilfe vom Amtsgericht Kempten. Das schickte Söllner einen Strafbefehl über 120 Tagessätze a 1.000 Mark - eine stolze Summe für die verletzte Ehre des ansonsten nicht gerade zimperlichen Ministers.
"Ich gehe meinen Weg bis zum Ende, auch wenn er durch Gerichtssäle führt", kündigt Söllner auf seiner Homepage unmißverständlich an.
Aufrecht gehen können nicht mehr viele. Solidarität mit Hans! (H.F.)
[Leserbrief von Herbert Ferstl in den Nürnberger Nachrichten, 04.09.98, taz vom 20./21.03.1999, Internetseite: www.soellner-hans.de]
Hans Söllner, der extrem harte und fundamentale Kritik übt an den Politikern, an den Zuständen in der repräsentativen Demokratie, an unserer trägen und satten Beton-Gesellschaft und den Übeln dieser Welt hält uns mit seinen Themen einen Spiegel vor. Texte die handeln von Kindern in dieser Welt die unsere Waffen tragen, von Menschen die satt sind, noch bevor sie zu Essen beginnen, von Augen die um Frieden betteln, von Heimatlosen, Krieg, Völkermord, Haß, Hunger, Staatswillkür, Terroranschlägen, Kinderschändern, von Menschen die verbrennen, von Rechtsextremisten, Sextourismus, Politikern, Bomben...
...wollte mal nicht jeder von uns - und nicht nur - in seinem Sturm und Drang diese, unsere Welt zum positiven verändern, alles anders, besser machen?
Für Oberbürgermeister Felber mag Hans Söllner eine "krankhafte Person" sein. Ich denke jedoch, die Entscheidung von Felber ist lediglich ein Versuch, diese Stimme zum Schweigen zu bringen. "Beherrscht" der Staat die Demokratie? Haben unsere Politiker nun Befürchtungen, daß die Stimme von Hans Söllner im Volk Gehör findet?
Während im Münchner Polizeipräsidium die Beamten die Sau rauslassen, mit der Dienstwaffe auf dem Revier wild herumballern, Kolleginnen sexuell belästigen und in den Tod treiben, im Bordell die Puppen tanzen lassen und ganz nebenbei noch Kokain verdealen, versteht Bayerns oberster Polizist, Innenminister Günther Beckstein, überhaupt keinen Spaß mehr. Ein Skandal jagt den anderen im Münchner Polizeipräsidium. Der Wirtschaftsminister verharmlost den Nationalsozialismus, indem er den Atomausstieg mit dem Dritten Reich vergleicht, und im Bayerischen Roten Kreuz wird bestochen und betrogen, daß es nur so kracht.
Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 8. November 99.
Am Donnerstag, 22.00 Uhr, macht der WDR in seiner Reihe Frau-TV auf eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung aufmerksam. In der Sendung "Für unsere Töchter - wie mutige Afrikanerinnen ihre Kinder vor der Beschneidung schützen" wird über ärztliche Initiativen in Deutschland, über Hilfsmodelle in England und über den Kampf der Afrikanerinnen, die eigenen Töchter vor einer Verstümmelung zu bewahren, berichtet. Noch fehlt die einheitliche Rechtsprechung, die den Mädchen und ihren Müttern einen sicheren Aufenthalt in Deutschland garantiert - und die drohende Beschneidung der Kinder als Asylgrund anerkennt.
In Deutschland leben etwa 20.000 Afrikanerinnen, die als Kinder genital verstümmelt wurden. In späteren Jahren leiden sie durch die Beschneidung häufig an komplizierten Entbindungen, chronischen Entzündungen und Unterleibsschmerzen. Nur wenige Gynäkologinnen und Gynäkologen sind hierzulande mit diesen medizinischen Problemen der Genitalverstümmelung vertraut, nur wenige können ihren Patientinnen auch emotional und psychisch helfen.
Organisationen und deren Adressen, die den Kampf gegen diese Verstümmelung im Namen der Tradition aufgenommen haben, sind in den Medientipps aufgeführt. (H.J.)
- Keine andere Waffe in der Welt fordert tagtäglich so viele Opfer wie Landminen. Beinahe jede Minute wird ein Mensch durch eine Mine verletzt oder verkrüppelt. Alle 20 Minuten stirbt eine Person durch die Explosion einer Landmine oder an deren Folgen. Bei 30% der Verletzten wird eine Amputation notwendig (17% bekamen ein Bein unterhalb des Knies amputiert / 10% ein Bein oberhalb des Knies / 3% beide Beine).
- Der im Jahr 1907 geborene, zig-millionenschwere fränkische (Rüstungs-) Unternehmer Karl Diehl erhielt 1997 (nach vehementer Diskussion) die Ehrenbürgerwürde der Stadt Nürnberg. Karl Diehl erhielt für seine vielfältigen „Verdienste“ unter anderem das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland sowie Verdienstorden und -medaillen der Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Saarland. Karl Diehl: "So bin ich optimistisch, daß Nürnberg seinen Bürgern auch in Zukunft die besten Voraussetzungen bieten wird für sichere Arbeitsplätze und für ein positives Lebensgefühl."
- Ein zehnjähriges amputiertes Kind benötigt im Verlauf seines Lebens mindestens 15 Prothesen. Der Stückpreis für eine Prothese ist von Land zu Land sehr unterschiedlich, liegt aber im Durchschnitt bei 125 US-Dollar. Landminen verursachen aber nicht nur unsägliches individuelles Leid, Minen sollen ganze Gesellschaften zerstören. Der perversen Fantasie in den Forschungsabteilungen der Rüstungsschmieden sind dabei keine Grenzen gesetzt.
- Primäres Ziel - von Minen - ist nicht, die Menschen zu töten, sondern sie zu verstümmeln. Das ist langfristig für die Gesellschaft teuerer. Dagegen ist die Herstellung von Minen im Vergleich zu anderen Waffen billiger. Für durchschnittlich drei Dollar ist eine Landmine auf dem Weltmarkt zu haben, ihre Beseitigung kostet dagegen zwischen 300 und 1000 Dollar.
- Auch die Nürnberger Diehl-Gruppe, die mit der DASA kooperiert, "begrüßt die Fusion uneingeschränkt". Negative Auswirkungen auf das eigene "wehrtechnische" Geschäft, sprich Waffengeschäft sieht Diehl nicht. "Im Gegenteil – eher werden die vielfältigen Kooperationen gestärkt, die mit Matra/Aerospatiale und der Dasa bestehen", erkläerte das Unternehmen. Die Diehl-Gruppe hat ihren Hauptsitz in Nürnberg. Das in sechs Geschäftsbereichen (u.a. Munition und Luftfahrt) organisierte Familienunternehmen beschäftigt in über 40 Betriebsstätten im In- und Ausland rund 13 000 Mitarbeiter.
- In Angola sind ganze Städte von Minengürteln eingeschlossen. Nach Berechnungen der UNO dürften die mindestens 11 Millionen Minen (Schätzungen gehen sogar von 20 Millionen aus) in Angola in etwa 200 Jahren beseitigt sein (vorausgesetzt, es kommen keine neuen hinzu). Zur Freude von Diehl & Co. arbeiten sich dort Minenräumer Meter um Meter vorwärts, um den Bewohnern ein angstfreies Leben zu ermöglichen. Problem bei der Aufspürung: Landminen bestehen oft aus Plastik und können daher nicht mit üblichen Metalldedektoren aufgespürt werden. Nach Berechnungen dauert es bei der gegenwärtigen Geschwindigkeit mehr als 1.100 Jahre bis alle Landminen weltweit entfernt sind; jedoch nur unter der Bedingung, daß ab jetzt keine einzige neue Mine mehr ausgelegt wird.
- Vor allem Unternehmen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien repräsentieren von je her die technologische und ökonomische Vormacht im europäischen Minengeschäft. Dafür stehen vor allem multinationale Konzerne wie DAIMLER BENZ AEROSPACE(D), GIAT(F), DIEHL(D) und BRITISH AEROSPACE(GB). Sie stellen inklusive ihrer vielschichtigen Beteiligungen und Tochterfirmen den "High-Tech-Kern" europäischer Minentechnologieentwicklungs- und Produktionsfirmen. Diese Bündelung des Know-how, läßt sich mit der technologischen Komplexität der dort entwickelten neuen modernen Systeme in Zusammenhang mit der historisch bedingten Konzentration der europäischen Rüstungsindustrie gerade in Deutschland, Frankreich und Großbritannien erklären. Konkurrenz bestimmt zwar immer noch das Minengeschäft, doch seit einigen Jahren wächst die Zahl der Kooperationen im Minentechnologiesektor bzw. die Zahl europäischer Gemeinschaftsprojekte und –unternehmungen.
- Rund 120 Millionen aktive Landminen liegen in 71 Staaten. Die am stärksten betroffenen Länder sind Angola, Afghanistan, Äthiopien, Eritrea, El-Salvador, Guatemala, Sudan, Korea, Kambodscha, Mozambique, Nicaragua, Somalia, Ex-Yugoslawien und der Irak.
- Der o.g. neu gebildete Konzern (EADS) erwartet einen Umsatz von über DM 40 Milliarden und hat fast 90.000 Beschäftigte.
- 25.000 Menschen werden jährlich durch die Explosion von Landminen getötet - meist Zivilisten. Im vergangenen Jahr erhielt die Organisation "Internationale Kampagne zum Verbot von Landminen" den Friedensnobelpreis.Von etwa 50 Staaten ist bekannt, dass in ihnen Landminen produziert werden. Im letzten Jahr konnten etwa 100.000 Landminen entschärft werden. Gleichzeitig wurden aber etwa 2 Millionen neue Minen verlegt.
Die Firmen DYNAMIT NOBEL GRAZ (Werbeslogan "Leaders in mines") und die HIRTENBERGER AG sind in diesem Zusammenhang landesweit führend. Offiziell zwar seit kurzem als "direktionale Splitterladungen", gerichtet gegen Fahrzeuge, bezeichnet - bleiben diese extrem gefährlichen Claymore-Minen dennoch was sie immer waren: Antipersonen-Minen besonders perfider Art. Steht doch selbst in Dynamit Nobel Werbeprospekten zu lesen, daß diese Minen "effective against soft skin targets with high penetration capability" sind (Dynamit Nobel Graz 1996). Was nichts anderes bedeutet, als daß diese Minen absolut tödlich wirken, und "weiche Ziele" - wie Menschen im Militärjargon bezeichnet werden, attackieren sollen.
Meines Erachtens könnte ein Entwurf für einen neuen Text der deutschen Nationalhymne folgendermassen beginnen: "Arbeitsplätze, Arbeitsplätze über alles, über alles in der Welt..."
[Quellen: "Nürnberger Nachrichten" vom 16./17.10.1999 / "Betrifft", Magazin der Grünen im Europaparlament / Internetseiten: angolaaid.de, landmine.de, dfg-vk.de, nuernberg.de, diehl.com]
- Der Mitte Oktober 1999 angekündigte Zusammenschluss von DASA und AEROSPATIALE MATRA zum drittgrößten Luft- und Raumfahrtkonzern, sprich Rüstungskonzern, der Welt „EADS“ (European Aeronautic, Defense and Space Company) ist bei Gewerkschaften und Arbeitnehmern auf breite Zustimmung gestossen.
Es lebe der Begriff des "shareholder value". Ich wünsche allen Aktionären ein gutes Gewissen und einen geruhsamen Schlaf. Den von explodierenden Minen Gezeichneten wünsche ich - mit den Worten von Karl Diehl - weiterhin "ein positives Lebensgefühl." (H.F.)
Am 6. November findet in München die Tagung "Gütliche Trennung von Staat und Kirche - Ein verdrängter Auftrag" statt. Referenten sind u.a. Prof. Dr. Johannes Neumann und Prof. Dr. Horst Herrmann ("Die Kirche und unser Geld").
Der katholische Beratungsschein und das Kruzifix im Klassenzimmer sind der aktuelle Anlass, erneut die Verflechtung von Staat und Kirche in Frage zu stellen. Schon in der Weimarer Verfassung wurde die Trennung von Staat und Kirche festgelegt, und das Grundgesetz übernahm diese Bestimmungen. Heute, 80 Jahre später, ergibt sich also auch ein historischer Anlass, eine Bilanz der Umsetzung dieses Verfassungsauftrags zu ziehen.
Die Tagung soll informieren und zur Diskussion stellen:
Ein Wochenende später, am Samstag, den 13. November, findet in Mainz u.a. mit unserem Mitarbeiter Erik Möller (www.violence.de) eine Tagung über das Thema "Pornografie und Jugendschutz heute" statt.
Beide Tagungen werden von der Humanistischen Union veranstaltet.
Die genauen Orte, Termine und Hintergrundinformationen zu diesen und anderen interessanten Veranstaltungen finden sich in den Veranstaltungstipps unter der Rubrik "Kultur". (H.J.)
Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 5. November 99.
Am Montag bringt der WDR um 23.05 Uhr die Sendung "Tödliche Mischung - Das erste Todesurteil in New York". Ca. 3500 Häftlinge sitzen in den Vereinigten Staaten in der Todeszelle. 1995 führte nach 20 Jahren auch New York die Todesstrafe wieder ein. Der Wahlsieg der Republikaner brachte den Tod im Namen des Volkes zurück.
Als der chilenische Staatspräsident Eduardo Frei 1996 von seinem Recht Gebrauch machte und ein Todesurteil umwandelte, tat er dies mit den Worten: »Ich kann nicht glauben, daß der Staat töten muß, um Leben zu verteidigen und einen Mörder zu bestrafen. Die Todesstrafe ist ebenso unmenschlich wie das ihr zugrunde liegende brechen.«
So beginnt der Jahresbericht von amnesty international zur Todesstrafe 1999. Mehr... (H.J.)
Das Grundgesetz verbietet in Deutschland Frauen den Dienst an der Waffe. So ist es bei uns guter alter Brauch, dass Frauen in der Bundeswehr nur Musik machen oder ihre männlichen Kollegen pflegen. Bewerbungen für andere Bereiche wurden bisher mit dem Verweis auf das Grundgesetz abgelehnt. Doch an dieser bundesrepublikanischen Tradition stört sich der Europäische Gerichtshof reichlich wenig. Geht es nach dem Willen des Generalstaatsanwalts La Pergola dürfen Frauen künftig auch bei uns Zielübungen auf Menschen machen. Und das ganze Theater nur, weil die deutsche Tanja Kreil unbedingt Elektronikerin bei der Bundeswehr werden will. Entspricht jetzt das Gericht dem Schlussantrag der Generalstaatsanwaltschaft, dann wird das weit gehende Konsequenzen für die Bundeswehr haben. De Facto würde das nämlich die Zulassung von Frauen auch für Kampfeinsätze bedeuten. Was selbst im 2.Weltkrieg ein Tabu war, das würde nun zur Alltäglichkeit.
Positiv wäre es, wenn das Urteil die Wehrpflicht erneut in Frage stellt. Wenn nämlich Frauen künftig Dienst an der Waffe verrichten dürfen, mit welcher Begründung will man dann noch rechtfertigen, dass nur Männer zum Grundwehrdienst herangezogen werden? Die Forderung nach der Wehrpflicht für Frauen wäre also nur konsequent. Belässt man es aber bei der bisherigen Regelung ist, dies eine klare Benachteiligung der Männer. Ein Ausweg aus diesem Dilemma wäre eine Berufsarmee. Die Aufstellung einer solchen Truppe würde zusätzlich die Chance zur deutlichen Verkleinerung des Militärs bieten. Langfristig natürlich mit dem Hintergedanken irgendwann auf eine Armee ganz verzichten zu können. Männer und Frauen gleichberechtigt - ohne Waffen! (F.W.)
Doch ist das nicht ein wichtiger Schritt zur Emanzipation? Ja, auch Frauen sollen das uneingeschränkte Recht haben, sich von minderbemittelten Vorgesetzten zur Sau machen zu lassen, sich im Schlamm zu suhlen, 24 Stunden Wochenenddienst zu schieben und sich im Laufschritt zu bewegen, bis die weniger sportlichen Soldatinnen anfangen den ungenießbaren Kasernenfraß oral nach außen zu befördern. Das sind ganz eindeutig elementare Grundrechte, für die es sich zu kämpfen lohnt. Im schlimmsten Fall bedeutet das aber auch im Kriegsfall jemand töten zu müssen und spätestens an dieser Stelle ist Schluss mit lustig. Ich bezweifle, dass sich Frau Kreil dieser letzten Konsequenz ihres möglichen neuen Arbeitsplatzes bewusst ist.
[Quelle: dpa, 26.10.99]
So meinte jedenfalls der Bischof Kurt Krenn aus der Diözese St. Pölten in Österreich. Krenn, wie die deutschen Bischöfe Dyba und Meisner Spezi von Papst Johannes Paul II. und ebenso erzkonservativ, äußerte sich wohlwollend über den Rechtspopulisten Jörg Haider, dessen Freiheitliche Partei (FPÖ) bei der letzten Wahl zur zweitstärksten Kraft Österreichs geworden ist. Krenn: "Ich stehe zu Leuten, die ich schätze - und ich schätze Jörg Haider." Außerdem meinte er: "Wenn Haider etwas Gutes bewegen kann, dann soll man ihn das auch tun lassen. Ich will nicht gegen Haider auftreten, das kommt gar nicht in Frage." Von Haider dermaßen überzeugt, kanzelte Krenn denn auch auswärtige Kritiker empört ab: "Es kann nicht so sein, dass wir uns von allen möglichen Nicht-Österreichern bestimmen lassen."
Beim Bischof Krenn sind es allerdings keine "Nicht-Österreicher", die ihn selbst kritisieren. Seine eigene Gemeinde in St. Pölten möchte den Fundamentalisten, der ihr vom Papst vor die Nase gesetzt worden ist, lieber heute als morgen loswerden. (H.J.)
[Quelle: Neues Deutschland, 19.10.99]
Der katholische Erzbischof von Bamberg, Karl Braun, hat sich dezidiert für die eindeutige Redeweise von (seinem) Gott als "Vater" ausgesprochen. Er argumentiert feinsinnig, es sei "abwegig, die Geschlechtsunterschiede in Gott hineinzulegen und den Begriff Gott Vater zugunsten eines radikal-emanzipatorischen Freiheitsverständnisses aufzugeben". Gott müsse "Vater" und nicht etwa "Mutter" genannt werden, weil "die Macht nach außen über andere, die segensreich sein soll", mehr "mit dem Mann und Vater als mit der Frau und Mutter" verknüpft sei. Dass diese Überlegung oft auf Unverständnis stoße, liege an der "Verteufelung von Macht überhaupt".
Eigentlich war ja keine gegenteilige Aussage zu erwarten. Lediglich die suggestive, linguistische Formulierung dieser Apologetik ist auffallend, und dient lediglich den sinistren Bestrebungen des Episkopates, die Macht zu erhalten.
[Quelle: Offenes Forum im Bistum Eichstätt: „Aufbruch“ 2/99]
Dennoch, der Erzbischof scheint einen guten Draht nach oben zu haben, da er offenkundig das Geschlecht (seines) Gottes explizit kennt. Zudem stellt sich die Frage, woher der Kleriker die Eingebung für seinen Argumentationsversuch hat, dass segensreiche Macht „mehr“ mit männlichen Erdenbewohnern assoziiert wird? (H.F.)
Der Shell-Konzern will zusammen mit der nordamerikanischen Firma Enron eine 200 Kilometer lange Gaspipeline durch den Chiquitano-Dschungel im östlichen Bolivien bauen. Die hierzu benötigte Waldschneise wird den größten, noch erhaltenen tropischen Regenwald durchschneiden. Bei diesem Gebiet handelt es sich – laut World Wide Fund (WWF) – um eines der seltensten und biologisch herausragendsten Ökosysteme auf dieser Erde.
Der betroffene Wald bietet Lebensraum für zahlreiche bedrohte Tierarten, wie z.B. Jaguar, Ozelot und Hyazinthara (Papageienart). Zudem begrenzt das Gebiet den hydrologischen Einzugsbereich des Pantanals, das als größtes Feuchtgebiet der Welt gilt.
Shell – Hell (H.F.)
[Quelle: Magazin: „terra“ 04/1999]
Enron dagegen argumentiert, Chiquitano sei ein sogenannter Sekundärwald. Doch nur so konnte der Konzern die finanzielle Förderung einer US-Regierungsbehörde erhalten, die keine Projekte in Primärwäldern unterstützen darf.
Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 29. Oktober 99.
Am Sonntag bietet der NDR 4 im Radio ein besonderes Schmankerl: einen "Gottesdienst mit Atheisten" - wie immer das aussehen mag. Damit aber nicht zu viele zuhören und an ihrem Glauben zweifeln, läuft die Sendung bereits um 6.05 Uhr. (H.J.)