Politik und Geld: News
"Politik ist die Kunst, die Leute daran zu hindern, sich um das zu kümmern, was sie angeht." – Paul Valèry, französischer Dichter (1871 - 1945)
 20. September 2000 · Politik: Zwangsindoktrinierung

Wir dokumentieren eine Pressemitteilung des Bund für Geistesfreiheit Bayern vom 7. September:

Jugendamt entzieht Mutter ohne triftigen Grund das Sorgerecht und erzwingt religiöse Erziehung des konfessionslosen Kindes

Ein eklatanter Fall von Missachtung des Elternrechts und Verletzung der Weltanschauungsfreiheit ereignet sich derzeit in Traunstein. Seit März ist dort ein sechsjähriger konfessionsloser Junge in einem katholischen Kinderheim untergebracht, wo er streng religiös erzogen wird. Alle Versuche seiner Verwandten, dies zu unterbinden oder eine Verlegung zu erreichen, sind bislang gescheitert.

Der bfg Bayern, eine Interessenvertretung der Konfessionsfreien, protestiert gegen das behördliche Vorgehen und unterstützt die Eltern in ihren Bemühungen, eine weltanschauliche Erziehung in ihrem Sinne zu gewährleisten. Pressesprecher Gerhard Rampp verwies neben den skandalösen Umständen dieses Extremfalls auch auf die grundsätzliche Problematik. Es sei ein untragbarer Zustand, wenn soziale Einrichtungen, die von allen Bürgern genutzt und finanziert werden müssen, in der Hand von Organisationen lägen, die diese als Missionsanstalten ansähen. In einer Zeit, in der auch in Bayern fast 20% der Menschen keiner Kirche mehr angehörten, sei es dringend geboten, ein flächendeckendes Netz sozialer Angebote in neutraler Trägerschaft zu schaffen.

Hintergrundinformation

Im März ordnete das Kreisjugendamt Traunstein aufgrund einer Anzeige von Nachbarn wegen angeblicher Kindesmisshandlung an, Julian H. seiner Mutter wegzunehmen. Das Kind wurde in das katholische Kinderheim St. Josef eingewiesen. Obwohl den Ordensschwestern (Arme Franziskanerinnen von Mallersdorf) bekannt ist, dass weder das Kind noch seine Eltern einem christlichen Bekenntnis angehören, beginnen sie sofort mit der Missionierung des Jungen; er muss beten lernen und wird gezwungen, den Gottesdienst zu besuchen.

Das Kind reagiert daraufhin renitent, eine vom Familiengericht Traunstein bestellte Psychologin diagnostiziert bereits nach wenigen Tagen auffälliges Verhalten. Dies wird von den Behörden jedoch nicht zum Anlass genommen, Abhilfe zu schaffen. Auch als sich die nachbarlichen Vorwürfe als haltlos herausstellen, wird das Kind nicht seinen Eltern zurückgegeben.

Frau H. beschreitet daraufhin den Rechtsweg, um eine Entlassung ihres Sohnes aus dem katholischen Kinderheim zu erreichen. Vor dem Familiengericht scheitert sie damit zunächst; das Angebot der Großmutter, das Kind bei sich aufzunehmen, um eine nichtreligiöse Erziehung zu gewährleisten, wird vom Gericht mit der Begründung abgelehnt, gerade die Ablehnung einer Unterbringung in dem Jugendheim beweise, dass die Großmutter zur Erziehung des Kindes nicht geeignet sei. Obwohl selbst katholische Stellen (u.a. das Bischöfliche Ordinariat in München) einräumen, dass es in einem katholischen Kinderheim nicht möglich sei, ein Kind unbeeinflusst vom katholischen Glauben zu erziehen, geht das Gericht in seinem Beschluss auf die offensichtliche Verletzung der Weltanschauungsfreiheit nicht ein.

Nachdem die Eltern zwischenzeitlich wenigstens Besuchsrecht hatten, besteht nun wieder eine Kontaktsperre. Julians Großmutter, die ihren Enkel Anfang Juli sehen konnte, berichtet, dass der lebhafte Junge verängstigt gewirkt habe und von sich aus auf das Thema Tod zu sprechen gekommen sei.

Inzwischen trat eine weitere Eskalation ein: Obwohl der Junge bei der Schuleinschreibung als voll schultauglich getest wurde, wurde er nun in die Sonderschule eingewiesen; dies wurde der Mutter zunächst sogar verschwiegen.

Kontakt zu Frau H. oder ihrem Anwalt Dr. Jürgen D. vermitteln wir Ihnen gerne.

 14. September 2000 · Politik: Kirchensteuer-Report: Kein Geld für Krankenhäuser

Trotz anderslautender Behauptungen führender Kirchenmänner fließt kaum Kirchensteuer in den Bau und überhaupt keine in den Betrieb von Krankenhäusern in kirchlicher Trägerschaft. Den Betrieb bezahlen Krankenkassen, Länder und Kommunen. Dennoch werden Mitarbeiter kirchlicher Krankenhäuser geradezu mittelalterlichen Arbeitsvorschriften unterworfen.

Heike Jackler vom Humanist-Team fragte bei Kirchen, Ländern und Parteien nach, wie die Krankenhäuser finanziert werden. Die Antwort lautete unisono: "keinesfalls" aus Kirchensteuermitteln. Doch das steht im krassen Widerspruch zu den Aussagen einiger Kirchenoberhäupter: Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) bei der Bundesregierung, Prälat Stephan Reimer, hält zum Beispiel eine Abschaffung der Kirchensteuer für unwahrscheinlich, da dann der Staat selbst zusätzlich Kindergärten, Krankenhäuser und Schulen finanzieren müsste. "Das ginge" - so Reimers - "nur über eine allgemeine Steuererhöhung". [1]

Auch Bischof Lehmann, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz der Katholiken, beklagte Ende Dezember 1999 sinkende Einnahmen - obwohl die Kirchensteuer zur Zeit steigt - und sah die sozialen Leistungen in Gefahr. Wenn wohlhabende Bürger aus Steuergründen die Kirche verließen, ihre Kinder aber auf katholische Schulen schickten, halte er das für "moralisch ekelhaft". Natürlich versäumte auch er nicht, mit dem Rückzug aus dem Krankenhauswesen zu drohen. [2]

Durch solche Aussagen wurde und wird bewusst der Eindruck erweckt, die Kirchensteuer diene primär sozialen Zwecken, unter anderem der Krankenhausfinanzierung. Tatsächlich geben die beiden Kirchen nur rund 10% für soziale Zwecke aus, die Kirchensteuer dient zu 60-70% der Bezahlung des eigenen Personals. Dafür bezahlt der Staat 12,3 Milliarden Mark im Jahr für Religionsunterricht, theologische Fakultäten, vertragsbedingte Zuschüsse, Seelsorger, Denkmalschutz und die Kirchensteuer selbst, die unbeschränkt abzugsfähig ist.

Mitarbeiter in staatlich-kirchlichen Einrichtungen müssen sich einiges gefallen lassen: In Erfurt wurde einem katholischen Gemeindereferenten und Religionslehrer gekündigt, weil er eine Frau evangelischer Konfession geheiratet hatte, im Iserlohner St.-Elisabeth-Hospital wurde eine Auszubildende entlassen, die zum evangelischen Glauben konvertierte. Oft dürfen Andersgläubige in den staatlich subventionierten Kircheneinrichtungen gar nicht arbeiten. Solche Fälle der letzten 20 Jahre sind bei uns dokumentiert.

Unter www.kirchensteuer.de finden sich auch weitere Zahlen und Fakten, Artikel und Links.


[1] idea online, 13.9.1999
[2] Rheinpfalz, Süddeutsche Zeitung, Stuttgarter Zeitung, 27.12.99

 11. September 2000 · Politik: Women on Waves: Schwimmende Abtreibungsklinik geplant

Die holländische Stiftung "Women on Waves" plant eine schwimmende Klinik. Auf dem Schiff sollen Informationen und Dienstleistungen im Bereich der reproduktiven Gesundheit angeboten werden (Schwangerschaftsverhütung, Prävention von Geschlechtskrankheiten, etc.), insbesondere für Frauen in Ländern, wo solche schwer erhältlich oder illegal sind.
Kreuzend auf internationalen Gewässern vor Ländern, wo Schwangerschaftsabbrüche verboten sind, sollen auch diese durchgeführt werden. Dabei gilt auf dem Klink-Schiff holländisches Recht. Mittellose Frauen werden kostenlos behandelt, lokale Fachleute sollen ausgebildet und instruiert werden.
Natürlich ist dieses Vorhaben nur der berühmte „Tropfen auf den heissen Stein“. Dennoch oder gerade deshalb bedarf die Stiftung Ihrer finanziellen Unterstützung, um diese wirklich revolutionäre Idee ausführen zu können! (H.F.)

www.womenonwaves.org/support.html
www.womenonwaves.org

 8. Juli 2000 · Politik: Unfaire Panikmache?

Wenn ich das "Thema Hunde" aus meiner Sicht betrachte fällt mir folgendes auf. Alle Hunde besitzen ein meist ausgeprägtes Gebiss und wissen damit auch umzugehen. Nicht wenige tun dies frueher oder später auch. Tiere sind eben genausowenig (oder noch weniger) berechenbar wie Menschen. Doch insbesondere durch meine sportliche Betätigung (Laufen und Biken) vergeht seit Jahren kaum ein Monat, an dem ich nicht von einem Hund angesprungen werde oder dieser dies zumindest versucht.

Erst vergangenen Montag (04.Juli) passierte ich beim Verlassen meines Heimatdorfesvon mit dem Fahrrad in Richtung des nahe gelegen Sportheimes (ca. 1,5 km Strecke) insgesamt fünf Hunde (mit Herrchen). Von allen Hunden war lediglich einer angeleint. Zwei der Hunde (der angeleinte und ein weiterer) versuchten mich anzuspringen. Nur durch hastiges Absteigen vom Rad, respektive durch das Benutzen desselben als „Gatter“ zwischen dem nicht angeleinten Hund und mir, konnte ich mich in eine vermeintliche Sicherheit retten. Zumindest soweit, bis die Hundeführerin die Situation, bzw. den Hund wieder im Griff hatte. Ein so genannter Einzelfall?
Vor etwa vier Monaten, beim Spazierengehen mit meinem etwa dreijährigen Sohn am "Ludwigskanal" (in Mittelfranken) sprangen plötzlich eine grosse Dogge und ein Schäferhund auf uns zu und der Schäferhund leckte mein Kind im Gesicht (ach wie hygienisch). Mein Sohn schrie hysterisch vor Angst, er dachte, der Hund könnte ihn verletzen. Bis ich reagieren konnte, riefen mir die Hundeführer zu, dass die Tiere "nichts tun würden". Aber wenn doch, wäre es dann nicht schon zu spät gewesen, insbesondere das Kind vor einem Doggenbiss in den Kopf zu bewahren? Ein Einzelfall?
Vor etwa fuenf Jahren, ebenfalls beim Spazierengehen - mit meiner Gattin in unmittelbarer Nähe zu unserem Wohnhaus - sprang uns ein grosser Schäferhund entgegen. Der Hund war seinen Führern etwa 50 Meter vorausgeeilt. Er sprang meine Gattin unversehens an, warf sie um und biss sie in den Oberschenkel. Glücklicherweise war ausser einer zerissen Hose und einem Riss in der Lederjacke nicht viel passiert. Das Klimbim mit dem Ersetzen der Hose sowie die anschliessenden höchst impertinenten verbalen Unverschämtheiten der Hundeeigentümer erspare ich hier wiederzugeben. Ein Einzelfall?
Zufälligerweise baute ich 1987 am Rande unseres Dorfes ein Wohnhaus. Von Hundekothaufen und dem beobachteten Urinieren der Hunde auf meine damaligen Baustoffe (Dielen, Schaltafeln, Steine, etc.) könnte ich Bände füllen. Die "Verursacher" darauf angesprochen - direkt am "Tatort" - gaben Erwiderungen wie: "Das war mein Hund nicht" oder "Der darf überall hinkacken, er zahlt ja schliesslich Hundesteuer" oder ähnliches. Ein Einzelfall?
Bis vor wenigen Wochen wohnte hier im Dorf eine Familie, die ihren grossen Hund (Sommer wie Winter) draussen im Freien hielt. Zum "Gassigehen" sprang der Hund einfach über den Zaun (mehrmals täglich). Er überquerte die stark frequentierte Autobahn (Nürnberg-Heilbronn), streunerte im nahen Wald, lief auch ´mal in den REWE-Markt und stand sogar bei mir im Garten. Die panische Furcht der Kids, wenn plötzlich vor ihnen im eigenen Garten ein schneeweisser grosser Hund auftaucht ist verständlich. Der Fall ging damals sogar ans zuständige Ordnungsamt. Ein Einzelfall?

Über die noch immer zuhauf anzutreffenden Hundekothaufen fast direkt vor unserer Haustür kann sich bei mir jeder Interessierte selbst informieren. Ein Einzelfall?

Wer das Abschlappern, Anstubsen sowie den Gafer und die Kothaufen der Hunde braucht – bitte sehr. Aber, können sich einige Hundhalter auch vorstellen, dass es Menschen gibt, die es als An- und Eingriff in ihre persönliche Sphäre betrachten, wenn ihnen ein nicht angeleintes schlapperndes und sapperndes "Ungetüm" zwischen die Beine springt? Gar gibt es Mitmenschen, die – meist psychosomatisch bedingt - allergisch auf Hundekontakt reagieren. Wer seinen Hund nicht im "Griff" hat, sollte ihn doch wenigstens an der Leine führen. Der Hundführerausruf "...aber der Hund tut doch nichts, der möchte nur spielen!" ist zwar sicher gut gemeint, ist aber für all jene überflüssig, die nicht mit diesem Hund spielen oder ihn nicht berühren wollen.

Aus oben genannten (und noch weiteren) Erfahrungen möge man mir verzeihen, dass ich meine Kids zur Vorsicht gegenüber Hunden erziehe.

Wenn jedoch u.a. dies und die ausführliche Berichterstattung im der regionalen Presse als "unfaire Panikmache" abgetan wird (wie geschehen), habe ich kein Verständnis mehr und werde zukünftig uns anspringende Hunde entsprechend – mit erlaubten Mitteln - zur Räson bringen. Leider kann man gerade die Tiere für ihr Verhalten am allerwenigsten verantwortlich machen.
Sich jedoch "Katastrophen oder Ähnliches herbeizuwünschen", damit das lediglich kurz aufgeflackerte "Thema Hund aus den Medien verschwindet" empfinde ich persönlich als schier menschenverachtend. Frei nach dem Motto, lieber Gott lass woanders doch bitte ein Unglück geschehen, dass die Deutschen endlich wieder zur untierischen Medien-Normalität zurückkehren dürfen. Unsere Familie zumindest empfand es als überaus positiv, dass das alltägliche "Thema Hunde" auch mal kurz in der regionalen Presse (und anderen Medien) Eingang gefunden hat.
Glücklicherweise ist (noch) die Mehrheit der Hundhalten der Kategorie "vernünftiger Mensch" zuzuordnen. Ansonsten ist der Gesetzgeber gefordert. (H.F.)

[Quelle: Schwabacher Tagblatt vom 07.07.2000]

 18. Juni 2000 · Politik: Womens` World Of Violence

Alltägliche Gewalt gegen (Ehe-)Frauen, Mädchen und auch weiblichen Säuglingen ist globale Realität. Auch fünf Jahre nach der letzten Internationalen Frauenkonferenz – 1995 in Peking – hat sich daran kaum etwas geändert.
Lediglich die Beschneidung von Frauen wurde thematisiert, was zur Folge hatte, dass die Weltöffentlichkeit zwar über die Beschneidung von Frauen diskutierte, die von männlichen Neugeborenen jedoch ganz aus dem Gesichtskreis der Menschen und Medien verschwand. Seit Peking haben lediglich sieben afrikanische Staaten Verbote gegen weibliche Beschneidung erlassen – und das meist nur formell. In Afrika wird die weibliche Beschneidung aber weiterhin in 23 Staaten, meist offiziell, praktiziert. Alleine die Zahl der beschnittenen Frauen wird von Weltgesundheitsorganisation WHO auf mindestens 100 Millionen geschätzt. Jährlich werden weitere zwei Millionen Mädchen beschnitten – meist im Alter zwischen vier und acht Jahre.

Eine neue UNO-Studie (UNICEF) stellt fest, dass millionenfache Misshandlungen aller Art an Mädchen und Frauen im eigenen Familien- und Bekanntenkreis ein ernsthaftes Problem sind. Mindestens 20 bis 50 Prozent aller auf Erden lebenden Frauen und Mädchen erleiden demnach physische Gewalt durch einen Intimpartner oder einem Mitglied der Familie.
Vergewaltigung inner- und ausserhalb der Ehe, sexueller Missbrauch durch Verwandte und weitere Formen der Gewaltanwendung (z.B. Beschneidung von weiblichen Geschlechtsorganen, Situation von Frauen in Bürgerkriegen, „Ehrenmorde“ – begangen an jungen Frauen, die nicht heiraten wollen oder vorehelichen Geschlechtsverkehr hatten) sind in den Staaten der so genannten Dritten und Vierten Welt ebenso verbreitet wie in den westlichen Industrieländern. Diese Gewalt gegen die „schwache“ Weiblichkeit kennt keine kulturellen Grenzen. Auch in einer us-amerikanischen Umfrage erklärten 28 Prozent der befragten Frauen, dass sie körperlicher Gewalt durch ihren Lebenspartner ausgesetzt sind.

Selbst demographische Vorhersagen werden dadurch ad absurdum geführt. Durch Tötung neugeborener Mädchen, schlechteren Zugang zu Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung sowie durch gezielte Abtreibung von weiblichen Föten gibt es z. Z. etwa 60 Millionen weniger Frauen auf der Erde als ursprünglich vorhergesagt.

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang und insbesondere zur Thematik der sexuellen Rechte für Frauen, Aufklärung Jugendlicher und Definition von Familie die restriktive Haltung des Vatikans und einiger islamischer Staaten sowie Polens (insbesondere zum Punkt „Sexuelle Selbstbestimmung der Frau“). Diese Staatenminderheit (wobei der Status der katholischen Weltreligion als Staat anzuzweifeln ist) übt dabei im Hindergrund massiven Druck auf die UN-Frauenkonferenzen aus.
Angesichts dieses religiös-konservativen Widerstandes wird von manchen liberalen Staaten befürchtet, dass theistische Hardliner die „Ziele von Peking“ umkehren könnten. In Peking (1995) hielt zum ersten mal ein Dokument der Vereinten Nationen fest, dass auch Frauen das freie Recht auf sexuelle Selbstbestimmung haben.
Dass dies im eklatanten Widerspruch zu vielen theologischen Ansichten steht, ist evident. Der Vatikan lehnt zudem die Bemerkungen zu nicht traditionellen Familien ab. Der römische Klerus versteht dies als indirekte Anerkennung gleichgeschlechtlicher, insbesondere homosexueller Verbindungen, aber auch allein Erziehender und nicht verheirateter Paare.
Die Hierarchie der katholischen Kirche ist patriarchalisch, frauenfeindlich und unfähig, eine liberale Haltung gegenüber der Sexualität zu akzeptieren oder Frauen moralische Autonomie zuzugestehen.
Mit wahrer Besessenheit verficht der Vatikan in der Tat weltweit seine absolutistische Linie in Bezug auf freie Familienplanung und Schwangerschaftsabbruch und seine althergebrachten Vorstellungen von der Rolle der Frau in der Familie.

Somit ist evident, dass sich der Vatikan mit seinen weltweiten Kampagnen (gegen Verhütung, gegen legalen Schwangerschaftsabbruch, etc.) schuldig macht am grauenvollen Tod und schmerzvollen Leid vieler Menschen. (H.F.)

[Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 03./04.06.2000 und vom15.06.2000, sowie Rundschau Nr. 59, „Schweizerische Vereinigung für Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs"]

 12. Juni 2000 · Politik: Gen-Fraß

Eine aktuelle Umfrage des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) bei mehreren tausend US-Farmern ergab, dass im Jahr 2000 weniger gentechnisch veränderte Pflanzen von us-amerikanischen Farmern angebaut werden als im Jahr 1999.
Seit 1996 werden in den USA transgene Pflanzen ausgesät. Die Aktien der biochemischen Trusts (Monsanto, Novartis, etc.) stiegen seitdem kontinuierlich und überdurchschnittlich. Der Anteil der bebauten Flächen stieg seitdem ähnlich rapide an – bis auf 25.000.000 Hektar (1999). Um sich diese Grössenordnung einmal zu veranschaulichen: Ein grosses Kauf-Center auf der so genannten grünen Wiese „verbraucht“ komplett (mit Parkplätzen) etwa 6-8 Hektar (was in der Relation auch schon sehr viel ist).

Doch nun scheint der Boom vorerst vorbei zu sein. Der o.g. USDA-Umfrage zufolge wollen die Farmer im Jahr 2000 erstmals weniger Gentech-Saatgut auf ihren Äckern ausbringen - doch geschieht dies nicht so ganz „freiwillig“.
Obwohl der Rückgang nur leicht ist, zeigt sich dennoch ein neuer Trend: Bei Soja wird ein Rückgang des Flächenanteils für gentechnisch veränderte Pflanzen von 57% auf 52% erwartet. Bei Mais rechnet man mit einem Absinken des Gentech-Anteils von 33% auf 25%. Das wichtigste Merkmal der gentechnisch veränderten Sorten ist weiterhin Insektenresistenz.
Mit erschreckenden 48% bleibt aber weiterhin die Zahl der Gesamtfläche sehr hoch, auf der gentechnisch veränderte Baumwollpflanzen (Kleidung) wachsen. Doch auch hier ist ein Rückgang erkennbar. Im Jahr 1999 waren es noch 55%.

Besonders beim gentechnisch veränderten Weizen – der zudem erst ab 2003 für die Landwirtschaft verfügbar sein soll – ist zu hoffen, dass er zum Desaster für die US-Grossexporteure wird.
Eine Umfrage auf den wichtigsten US-Weizenexportmärkten habe ergeben, dass die USA wichtige Absatzmärkte verlieren würden, wenn ihre Farmer der Versuchung nicht widerstehen könnten, die Erträge mit dem Anbau von genmanipuliertem Weizensorten zu steigern, so ein Sprecher der Exportmarketing-Gruppe U.S. Wheat Associates.
So habe zum Beispiel das Büro der Exportorganisation in Tokio gewarnt, dass mögliche Gentech-Weizen-Lieferungen für die Japaner eine höchst emotionelle Angelegenheit seien und bis zum totalen Boykott von US-Agrarprodukten führen könnten. Vergleichbare Reaktionen gebe es von den Philippinen, aus Vietnam, Malaysia, Singapur, Thailand und Bangladesch.

Besonders besorgniserregend für die US-Gen-Panscher sei auch die Haltung im Hauptabnehmerland für US-Weizen – Ägypten. Der Direktor der Ägyptischen Food Industries Holding Co., die jährlich 1.500.000 Tonnen Weizen einkauft, habe unmissverständlich erklärt, keinen gentechnisch veränderten Weizen einkaufen zu wollen.
Der Hauptgrund für die sinkende Nachfrage nach Gentech-Saatgut in den USA ist die strikt ablehnende Haltung der Abnehmer in Europa und Asien. Die US-Farmer reagieren lediglich auf die veränderte Lage auf den Exportmärkten.
Prinzipiell ist gegen genmanipulierte Agrarprodukte nichts einzuwenden – wer sie halt mag. Für die Gegner dieser Haltung sollte es jedoch auch weiterhin die Möglichkeit geben, auf natürliches Soja, Mais, Weizen, Baumwolle zurückgreifen zu können. Leider zeigt die Praxis, dass dies eine sehr kostenintensive Ernährungsweise ist. (H.F.)

[Quelle: Naturkostmagazin "Schrot & Korn", Juni 2000]

 5. Juni 2000 · Politik: Littleton everywhere

In den vergangenen zehn Jahren starben etwa 3.000.000 (drei Millionen) Menschen – das sind 90 % aller Kriegsopfer – durch Kleinwaffen. Die überwiegende Mehrheit von Ihnen waren Frauen und Kinder.

Da die Verbreitung von Kleinwaffen (automatische Pistolen, leichte Maschinengewehre, Schnellfeuergewehre und Mörser) völlig unkontrolliert vor sich geht, summiert sich deren Zahl weltweit auf mindestens 500 Millionen Stück - alleine in der BRD sollen es 20 Millionen sein. Diese Tötungsinstrumente tragen somit auch entscheidend zur Ausbreitung von Gewalt und kriegerischen Konflikten bei.

Die Aktien der westlichen und östlichen Waffenschmieden dagegen feiern Kursfeuerwerke.

Einst demonstrierten wir (und insbesondere die Grünen) mit dem Motto "Frieden schaffen ohne Waffen" gegen die Rüstungspolitik der kohlschen Regierung. Heute geben diese Demonstranten selbst den Befehl zum Bombenabwurf (Kosovo) und rüsten mit den neuen "Rüstungsexport-Richtlinien" (vom 19.01.2000) andere Länder auf (1000 Panzer für die Türkei?). Alles natürlich nur humanitären Zwecken dienend.

Menschenrechte sind universell. (H.F.)

[Quellen: ZivilCourage, Mai/Juni 2000 und ai-journal, April 2000]

 3. Juni 2000 · Politik: Schei... im Tank

Thailändische Forscher haben geschafft, wovon derzeit jeder deutsche Kraftfahrer nur träumt. Den Wissenschaftlern gelang es, tierische und menschliche Exkremente in einen hochwertigen Kraftstoff zu verwandeln, indem sie mit Hilfe eines "Reaktors" den erdgeschichtlichen Entstehungsprozess von Öl – sozusagen im Zeitraffer - wiederholten.
Leider liegen die Produktionskosten für diesen Bio... äääh... Exkrementen-Dieseltreibstoff noch rund doppelt so hoch wie für Benzin. Wie wir aber bestens informiert sind, ist der Bärenenanteil der Spritkosten die Steuerlast - zugunsten von Schröder & Co. - und nicht die Herstellungskosten.

Der wichtigste Vorteil tritt jedoch klar zu Tage: Während sich die Vorräte an mineralischen Brennstoffen dem Ende zuneigen, entstehen die Grundstoffe für den menschlichen Treibstoff täglich neu – und bisher noch gratis.
Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil ist die immense Einsparung von Trinkwasser durch die nicht betätigten Toilettenspülungen in den bundesdeutschen Wohnungen – man geht einfach in die (Tief-)Garage...

Weiterhin braucht man bei längeren Fahrstrecken keine so genannte "Pinkelpause" mehr einzulegen, da sich dies zukünftig bei Autositzen mit eingebauter Toilette erübrigt - und zudem die Reichweite des Fahrzeuges kostenlos verlängert wird.

Jeder Mitfahrer mit Durchfall ist dann herzlich an Bord willkommen. (H.F.)

[Quelle: Greenpeace]

 31. Mai 2000 · Politik: Klerikales Lobbying in Lateinamerika

Überall in Süd- und Mittelamerika macht die kath. Kirche in Fragen der Familienplanung und des Schwangerschaftsabbruchs ihre Macht und ihren Einfluss geltend. Alle Länder haben äusserst restriktive Abtreibungsverbote. Die Kirche bekämpft vehement jeden leisesten Versuch der Lockerung.

Trotzdem – oder gerade deshalb – ist die Zahl der (illegalen) Schwangerschaftsabbrüche sehr hoch. Sie wird für den ganzen Kontinent auf etwa vier Millionen per anno geschätzt, die Abortrate auf 37 pro 1000 Frauen (die Schweiz zum Vergleich: 8,3 pro 1000).
Rund 20 Prozent der Müttersterblichkeit sind auf Komplikationen illegaler Schwangerschaftsabbrüche zurückzuführen.

Bolivien:
Das bolivianische Strafgesetz lässt einen Schwangerschaftsabbruch zu, wenn die Schwangerschaft Leben oder Gesundheit der Frau gefährdet oder aus Vergewaltigung oder Inzest entstanden ist. Allerdings fehlen Ausführungsbestimmungen. Daher war es Mitte 1999 einem Richter möglich, den Schwangerschaftsabbruch an einem 11-jährigen Mädchen abzulehnen, das von seinem Stiefvater vergewaltigt worden war. Die kath. Kirche hatte über kircheneigene Medien, Interventionen des päpstlichen Nuntius und Prozessionen alle Hebel in Gang gesetzt, um Behörden und Ärzteschaft unter Druck zu setzen.

Brasilien:
Gegen den vehementen Widerstand der kath. Bischöfe hat dort die Frauenlobby erreicht, dass die brasilianische Regierung die öffentlichen Kliniken verpflichtet hat, legale Schwangerschaftsabbrüche auch durchzuführen. Das geltende Gesetz erlaubt Abbrüche nur bei Vergewaltigung und wenn die Schwangerschaft das Leben der Frau gefährdet. Die Regierung schlägt vor, auch eine schwere Missbildung des Fötus als Grund zu anerkennen. 1997 wurden über 200.000 Brasilianerinnen wegen Komplikationen aus einem illegalen Schwangerschaftsabbruch in Kliniken medizinisch behandelt.

Peru:
Jährlich sterben nach offiziellen Angaben 2.000 Frauen an den Folgen unprofessionell vorgenommener Schwangerschaftsabbrüche. Frauen, denen eine illegale Abtreibung nachgewiesen wird, müssen mit Gefängnis bis zu 2 Jahren rechnen.

El Salvador:
1998 ist die bereits sehr restriktive Regelung der Abtreibung im Strafgesetz noch verschärft worden: Abtreibung ist nun in keinem Fall mehr zulässig. Das Strafmass ist auf zwei bis acht Jahre erhöht worden. Damit nicht genug, ist 1999 ausserdem das Recht auf Leben von der Befruchtung an in die Verfassung geschrieben worden. Nachforschungen des "Center for Reproductive Law and Policy" haben ergeben, dass die kath. Kirche ganz massiv für diesen Verfassungszusatz mobilisiert hat. Das Parlament wurde unter starken Druck gesetzt. Busladungen voll Schulkinder wurden zu Demonstrationen in die Hauptstadt verfrachtet und KirchgängerIinnen wurden zum Unterschreiben einer Petition genötigt.
Für die Frauen ist es noch schwieriger geworden, einen illegalen Abtreiber zu finden. Und wenn Komplikationen auftreten, wagen sie es nicht, Hilfe in Kliniken zu suchen, aus Angst, angezeigt zu werden.

Venezuela:
Ohne Erfolg blieb das Lobbying der Bischofskonferenz und des Papstes in Venezuela. In der neuen Verfassung wurde von der Befruchtung an aus dem Grundrecht auf Leben gestrichen. Neu ist in der Verfassung das Recht der Paare auf Familienplanung verankert. Die neue Verfassung wurde Ende 1999 vom Volk - trotz kirchlicher Gegen-Propaganda - mit 71% der Stimmen angenommen.

"Wie der Klerus doch, was er im Mutterschoss schützt, preisgibt im Krieg; als sammelte er in Weiberbäuchen - Kanonenfutter." (Dr. Karlheinz Deschner)

(H.F.)

[Quelle: Rundschau Nr. 61, "Schweizerische Vereinigung für Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs"]

 18. April 2000 · Politik: "Gott mit dir, du Land der Bayern..."

Ethische Wertevermittlung in bayerischen Schützenvereinen.

Die einen legen die Bibel und deren ethischen Intention aus, wie sie gerade der Popularität des Zeitgeistes entspricht: "Nicht jedes Bibelwort hat gleiches Gewicht", (Pfarrer Werner Streckies bezüglich seiner Segnung von Homosexuellen, Schwabacher Tagblatt v. 03.03.00). Die anderen sehen ausschliesslich im christlichen Religionsunterricht die Möglichkeit der "Wertevermittlung" (bayer. Kultus-Staatssekretär Freller und Ministerin Hohlmeier in verschiedenen Zeitungsartikeln und Neujahrsempfängen).

Doch welches und wessen "ethisches Wort" hat nun "Gewicht"? Wer eicht in der argumentativen Auseinandersetzung die bayerische Waage, mit der festgestellt wird, was zählt?

Offenkundig der stellvertretende Landrat des Landkreises Roth (Mittelfranken in Bayern) Walter Schnell. Er bestätigt in einer Rede zur Frühjahrsversammlung des Schützengaues Schwabach-Roth-Hilpoltstein den Schützenvereinen, "dass neben dem schießsportlichen Können den jungen Leuten auch ethische Werte [...] vermittelt werden"!!
Einspruch, Euer Ehren! Wir haben zwar nicht unbedingt und generell etwas gegen Schützenvereine, doch um es pointiert zu formulieren: Gibt es ethische Werte beim Schießen? Der Schützenverein als humanistische Einrichtung, sozusagen als Kaderschmiede zum ethischen Handeln? Oder war es letztlich nur das populistische Aufstellen einer ebenso markigen wie unbegründeten Behauptung?

Einerseits erweitert der Stellvertreter des Landrates durch diese Äußerung den Kreis der Vorgenannten, andererseits kann man nur hoffen, dass sich die im Schießsport zu vermittelnde Ethik nicht darin erschöpft, statt auf Pappkameraden auf Ziel- und Tonscheiben zu schießen. Was Schnell unter "guter Prägung und Wertorientierung" der Jugendlichen im Schützenverein versteht, bleibt er im Detail schuldig.
Sicher hat er damit nicht das Gleiche gemeint, wie einst die Nazi-Gauleiter, die Jugendliche in der HJ (Hitlerjugend) den Umgang mit Waffen auf sportive und kameradschaftliche Art beibrachten.
Kameradschaft, "Disziplin und der korrekte Umgang mit Waffen" (man schieße lieber gar nicht als daneben?) sind jedoch keine ethischen Werte.

Darüber hinaus fragen wir uns, ob es vom humanistischen Standpunkt aus sinnvoll und vertretbar ist, eine Waffe, deren Intention auf tötenden Kampfeinsatz zurückgeht, in die Hände von Menschen, insbesondere von Jugendlichen zu geben, da erwiesenermaßen durch entsprechende Konditionierung eine Reduzierung der Anwendungs-Hemmschwelle wahrscheinlicher wird (siehe Brannenburg, Bad Reichenhall, Littleton, etc.)
In unserer Gegenposition erhoffen wir uns wenig Nachahmung dieser Fälle, in denen evident wurde, dass gerade der intensive Umgang mit Waffen die Grundlage hierzu geschaffen hat.

" ...deutsche Erde, Vaterland!" (H.F.)

[Quelle: Tageszeitung Schwabacher Tagblatt, diverse Berichterstattung und Diskussion vom 17.04.2000, vom 15./16.04.2000, 10.04.2000 und 04.04.2000]

 17. April 2000 · Politik: arm & reich

Die Weltbank – sie tagte am letzten Wochenende in Washington zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds IWF (Ganoven unter sich?) - hat erneut darauf hingewiesen, dass die Schere zwischen den wohlhabenden und den armen Ländern immer weiter auseinander klafft. Aus dem Weltbankbericht:

- In Äthiopien liegt das jährliche Pro-Kopf-Einkommen im Durchschnitt bei 100 Dollar, in Luxemburg bei 45.100 Dollar.

- Ein Sechstel der Menschheit – insbesondere in den USA, Kanada, Westeuropa und Japan – bezieht 80 Prozent des weltweiten Einkommens.

- Mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung muss sich mit 6 Prozent des weltweiten Einkommens bescheiden.

- Etwa 1,2 Milliarden (1.200.000.000) Menschen leben von weniger als einem Dollar pro Tag und somit in absoluter Armut. Nebenbei erwähnt ist diese Zahl seit Jahren beinahe konstant.

Globalisierung als „Entwicklungshilfe“ für die ärmsten Länder der G-77-Gruppe?
Nein – es regieren die Großmächte, der Kapitalismus und das freie Kapital ausschliesslich im Sinne und zum Wohle der Kapitalisten... (H.F.)

[Quelle: Tageszeitung Nürnberger Nachrichten vom 15./16.04.2000]

 29. März 2000 · Politik: Es stürmt so stürmisch im Wasserglas

Es folgt ein Gastbeitrag von Peter J. Bubenik, der auch im "Just Another Site Newsletter" nachgelesen werden kann. Wir danken recht herzlich für die Wiedergabegenehmigung. No more comment needed (EMÖ).

"Unfassbar": Real Bild Soap - Oder:
Es stürmt so stürmisch im Wasserglas

BILD dir deine Schleimung: Deutschlands verwegenste Sülz- und Sabbergazette, das Butterbrotpapier mit den großen Buchstaben und kleinen Großhirn, regte sich heute gar mächtig auf und dementsprechend ins auflagensteigernde Zeug. Die Lehrbuch-Journaille der res publica zog vom Leder und über die schlicklich vertatterte Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) her - wegen vermeintlicher "Sex-Links" auf der Website des Ministeriums. Das zum Moralhüter geradezu postdestinierte Schmierblatt rügte mit angemessener Schamesröte einen Link auf die "Powercat" und bezichtigte die Ministerin der Vermittlung von "Callboys". Nun wäre unsereiner ja beinahe an einem hormonellen Hyperflow verendet ob des schier ungeheuerlichen Sittenzerlalls, der uns laut Gazette droht. Inzwischen wieder verhandlungs- und verkehrsfähig, melden wir uns zu Wort und betonen, dass wir uns mit Blick auf die "unglaubliche Schlamperei" (CDU) natürlich schwerlich wieder werden einrenken können - es fragt sich nur, auf wessen Schlamperei. Dies umso mehr, als Deutschlands schon wegen des Namens nicht ganz unbedeutende Nachrichtenagentur den exaltierten Schimpf des berüchtigsten aller "Tabloids" nach der "Sun" und dem "Mirror" unbesehen nachplapperte, um sich erst am Mittwochnachmittag etwas differenzierter zu der Ungelegenheit zu melden - nämlich die dpa. Die Deutsche Presseagentur dürfte ihren Ruhm damit nicht eben gemehrt haben.

Um was geht es? - Kurz gesagt: um nichts. Es wurde lediglich ziemlich viel über Nichts gemeldet. Ein "Link des Monats" des Familienministeriums verwies auf ein Webverzeichnis für Frauen, das sich "Powercat" nennt. Dort können Besucher - über weitere Verweise, also mittelbar - auch zu den Angeboten von na, eben: "Callboys" und anderen Seiten mit "erotischem" Inhalt gelangen. Die arme Frau Bergmann ließ sich dahingehend einmachen, es sei von ihrem Haus "zu spät bemerkt" worden, dass sich über "Powercat" auch "Sexseiten" erreichen ließen. Für das Familienministerium sei dies Anlass, alle Links seines Webangebots noch einmal auf ihre "Seriosität" zu überprüfen.

Während Unionspolitiker ein gefundenes Fressen witterten und von einem "Skandal" sprachen, einer Einschätzung, der der parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Koppelin, in besagter "Bild"-Zeitung wetteifernd zuvorkam, äußerten Experten Unverständnis angesichts der hurtigen Hetze. Der Chefredakteur der "c't" (Hannover), Christian Persson, sagte der - ha! - dpa, niemand könne kontrollieren, wohin Links auf andere Internetseiten letztlich führten. Es sei im Schnitt mit sechs bis sieben Mausclicks möglich, von jeder beliebigen Seite auf jede andere Seite im Netz zu springen. Die gegen Bergmann erhobenen Vorwürfe seien deshalb nicht zu halten.

Die als "Familienpolitikerin" firmierende CSU-Bundestagsabgeordnete Maria Eichhorn aus Neutraubling bei Regensburg bezeichnete es als "unfassbar", wie leicht "erkennbare Links zu Callboys, Cybersex- und Erotikseiten" auf der Homepage des Ministeriums zu erreichen gewesen seien. Gefragt, wo der Unterschied zum Internet-Angebot der CDU liege, über das sich Sex-Seiten ebenso schnell erreichen lassen, verwies Eichhorn auf die heraus gehobene Präsentation des Links auf der Ministeriumsseite. Dies sei nicht mit der "Liste der allgemein bekannten Suchmaschinen irgendwo in einer langen Liste von informativen Fachlinks" im CDU-Angebot zu vergleichen. (Anm.: Frau Eichhorn, überzeugte, aber wenig überzeugende Katholikin, soll inzwischen gelernt haben, dass eine Maus nicht unbedingt am Käse knabbert. Sie wird auch den ihren nicht fressen).

Dagegen ist bislang keine Einlassung, weder von Herrn Koppelin noch von Maria Eichhorn bekannt zur den zahlreichen (Telefon-)Sex-"Links", die - entsprechend lukrativ - sich in jeder Ausgabe des Hamburger Fisch-(Kopf)-Einwickel-Papiers befinden: in der Dienstag-Ausgabe waren es allein auf der Seite 11 - geschlagene 13.

Was lehrt uns das Exempel? "Bild" dir deine Meinung, bevor du einen antextest. Und zweitens: "Bild" ist schon wieder ein Knüller gelungen. Denn so gerissen und schmierig sind wir selbst von dem hinlänglich berüchtigten, gerichtsnotorisch als nicht zuverlässige Informationen verbreitend bekannten und ansonsten auch vor nichts zurückschreckenden Springer-Blatt doch wohl noch nie gelinkt worden. Was erwartet uns da erst am 1. April!

Zu beglückwünschen ist aber vor allem "Powercat", eine Domain, deren URL wohl keiner so schnell errät und deren Pageviews jetzt kurz vor dem Zusammenbruch des Servers liegen dürften.

Nur einmal müssen wir jetzt noch ernst werden: Frau Bergmann ist für eine Ministerin ein bißchen zu leicht einzuschüchtern. Vielleicht sollte ihr das mal irgendwer sagen... Vielleicht gar "Bild". Denn da werden Sie geholfen.

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