Religion: News
"Die Religionen sind wie Leuchtwürmer: Sie bedürfen der Dunkelheit, um zu leuchten." – Arthur Schopenhauer
 5. Oktober 2002 · Religion: Money makes the world go round

"Man braucht in der Tat nur die Augen zu öffnen, um zu bemerken, daß die Priester sehr gefährliche Menschen sind. Das Ziel, das sie sich setzen, besteht offenbar darin, die Geister zu beherrschen, um über die Körper derer, die sie mit den Waffen der Meinungsbildung unterjocht haben, zu verfügen."
(Paul Thiry D'Holbach: Briefe an Eugénie)

Schwere Zeiten für die rund 50.000 katholischen Geistlichen in den USA. Allein dieses Jahr wurden mehr als 200 von ihnen nach Mißbrauchs-Anschuldigungen suspendiert. Eine Hochburg der perversen Priester liegt in Boston im US-Bundesstaat Massachusetts. Allein 18 Pfaffen wurden in der Erzdiözese aus dem Dienst entfernt. Von den mehr als 1000 landesweit anhängigen Zivilklagen beschäftigen rund 450 Klagen die Anwälte und Gerichte in Boston.

Der Mißbrauch wird die Kirche teuer zu stehen kommen. Der Fall John Geoghan mag die Dimension der Klagewelle stellvertretend verdeutlichen. Auf umgerechnet 9,6 Millionen Euro Entschädigung haben sich die 86 Kläger, die als Kinder und Jugendliche von Geoghan mißbraucht wurden, mit der Erzdiözese geeinigt. Geoghan verbüßt derzeit eine zehnjährige Haftstrafe. Die Summe mag auf den ersten Blick hoch erscheinen, muß aber als Kuhhandel bezeichnet werden. Denn durch diese Einigung wird eine Klage um einen angeblichen früheren Deal beigelegt, der sich auf 30 Millionen Euro belief. Die Rechtsgültigkeit dieser früheren Absprache wurde von der Erzdiözese immer bestritten. Über dieses niederträchtige Verhalten muß sich nur wundern, wer noch immer nicht begriffen hat, daß die katholische Kirche lediglich die Habsucht und die Lüge perfektioniert hat. (1)

Je größer die Verzweiflung, desto dümmer die Ideen, die aus der Not heraus (tot)geboren werden. Praktisch ozeanübergreifend wird jetzt der gläserne Beichtstuhl eingeführt. In den Jahren 1995 bis 1999 wurden von den 5600 katholischen Priestern in England und Wales 21 Pfaffen aufgrund sexuellen Mißbrauchs von Kindern verurteilt. Daraufhin wurde eine Kommission, unter dem Vorsitz von Lord Nolan, eingesetzt, um Vorschläge zu erarbeiten, wie man den Mißbrauch von Kindern wirksam verhindern könne. Weil der Beichtstuhl ein beliebter Ort der sexuellen Übergriffe ist, verzichten Priester in vielen Gemeinden bereits auf Kinderbeichten in den muffigen Holzverschlägen. Da man auf die Kinderbeichte als Instrument der Gehirnwäsche nur schwerlich verzichten möchte, empfahl die Kommission, die Beichtstühle durchsichtbar und schalldicht zu machen. In Plymouth, Nottingham, Liverpool, Cardiff und London sind diese auf modern getrimmten Bespitzelungsinstrumente bereits in Betrieb. Die Reaktion ist gespalten, denn sichtbar sind jetzt auch die Erwachsenen. Kit Cunningham, ein Priester aus London: "Die neuen Beichtstühle machen Leute sichtbar, obwohl sie vielleicht nicht wollen, dass es bekannt wird, dass sie zur Beichte gehen." Diese Bedenken teilt Monsignore Robert Draper, Generalvikar in Plymouth, nicht: "Die meisten Leute haben nichts dagegen, gesehen zu werden." Ja, es würde den Menschen in den "hellen und geräumigen" Beichtstühlen viel leichter fallen, ihre Sünden zu beichten.

Und weil man es in den USA mit der gleichen Problematik zu tun hat, hat ein katholischer Bischof in seiner Diözese San Jose, Kalifornien, angeordnet, daß alle Beicht- und Beratungsräume mit Glasfenstern oder -türen ausgestattet werden sollen. "Die Privatsphäre und das Beichtgeheimnis bleiben gewahrt", so ein Sprecher der Diözese. (2)

Nun ist diese Lösung so dumm wie kurzsichtig und entspricht der Paniklogik von Menschen, die unter Druck geraten. Was machen Politiker, die eine saubere Innenstadt wollen? Sie vertreiben die Obdachlosen in die Außenbezirke. Die Oberfläche bleibt unbeschmutzt, nur gelöst wird die Notlage der betroffenen Menschen dadurch nicht. Der Kindesmißbrauch in der katholischen Kirche wird durch die angebliche Transparenz beim Beichten nicht aufhören, wird sich lediglich verlagern. Die Pfaffen werden andere Plätze finden, um ihren unterdrückten Trieben freien Lauf zu lassen. (C.B.)

[Quellen: Frankfurter Rundschau, 20.09.2002 (1); Kölner Stadt-Anzeiger, 13.08.2002, www.news.ch, 13.08.2002 (2)]

 30. September 2002 · Religion: Pädophile Kleriker

Gegenüber pädophilen Priestern senden "die katholischen Bischöfe in Deutschland [...] ein klares Signal aus Fulda" zur zukünftig strengen Vorgehensweise. Nach 2000 Jahren Christentum immerhin ein verbaler Anfang. Doch warum müssen katholische Bischöfe "klare Signale senden"? Ist es vielmehr nicht so, dass jeder katholische Priester, Kraft seines Amtes und seiner angeblichen Würde, durch seinen Verzicht auf Ehe, durch sein Weihegelübte, durch seine langjährige Ausbildung und Theologiestudium sowie den Besuch des Priesterseminars, durch Teilnahme an Exerzitien - ja insbesondere durch seine angeblich göttliche Berufung und durch sein daraus hervorgehobenen ethischen Handeln geradezu moralisch unfähig sein müsste, sich an kindlichen Schutzbefohlenen zu vergehen?

Solange die katholische Kirche nicht bereit ist, diese Kriminellen ohne wenn und aber aus ihren Reihen zu entfernen und der weltlichen Gerichtsbarkeit bedingungslos zu überstellen, solange bleibt sie nicht glaubhaft. Unverbindliche Maßnahmen der Kleriker, wie Dienstenthebung, eventuell nur Beurlaubung vom Dienst oder die Fernhaltung der kriminellen Priester von Kindern und Jugendlichen sind alle nicht im Sinne der (potentiellen) Opfer. Einerseits die weltliche gleichgeschlechtliche Ehe und Homosexualität scharf zu verurteilen sowie kirchlichen Angestellten, die nur in "wilder Ehe" zusammenleben den Arbeitsvertrag fristlos zu kündigen und andererseits die pädophile und homosexuelle Personengruppe in Schosse der so genannten Heiligen Kirche zu bewahren, schlägt eigentlich dem Fass den Boden aus. Die Behauptung Bischof Lehmanns, die hochgebildeten und in der modernen Welt agierenden Bischöfe hätten bisher kaum gewusst, was Pädophilie bedeutet, empfinde ich als höchste Schamlosigkeit den geschändeten und für ihr Leben gezeichneten Opfern gegenüber. (H.F.)

[Quelle: Tageszeitung "Nürnbeger Nachrichten", vom 28./.09.2002, Seite 5]

 28. September 2002 · Religion: Trauerkultur

Der Stadt Schwabach (Bayern) darf man zu ihrer interessanten - fast säkularen - Informationsveranstaltung zum "Tag des Friedhofs" gratulieren (Homepage: Schwabacher Tagblatt).
Einige Bemerkungen zu zwei Themen seien aber gestattet. Nicht nur früher waren Erdbestattungen eine hohe finanzielle Belastung für die Hinterbliebenen. Bei einer feierlichen All-Inklusive-Erdbestattung muss man heute mit EURO 5.000,- bis 7.000,- (oder mehr, je nach Wünsche) rechnen und eine Feuerbestattung strapaziert die Hinterbliebenen mit etwa EURO 3.000,- (bei evtl. anschliessender Seebestattung der Urne wird man zusätzlich zur Kasse gebeten).
Wer auf die Bestattungszeremonie verzichten kann und will und zu Lebzeiten mit seinen Hinterbliebenen entsprechend vorgesorgt hat, respektive mit den Hinterbliebenen seine Wünsche besprochen hat, kann nach dem Ableben eine Körperspende machen, die meist nur geringe Kosten beinhaltet.
Die Körperspende ergeht zu Gunsten der wissenschaftlichen medizinischen Ausbildung insbesondere im Bereich der Anatomie und dient zur Förderung der Aufklärung von Laien über die menschliche Anatomie (Homepage: Plastination und Homepage: Körperspender).

Für unsere Region ist das Anatomisches Institut I der Universität Erlangen-Nürnberg, Krankenhausstrasse 9, 91054 Erlangen zuständig. Zur Erfüllung seines anatomischen Lehr- und Forschungsauftrages ist das Anatomische Institut in Erlangen auf Körperspenden angewiesen (Homepage: Anatomie Uni-Erlangen).

Das zweite Thema betrifft die Trauerkultur von Nichtgläubigen. Für die Bestattungsfeierlichkeiten bieten nicht nur die genannten Kirchen und Religionsgemeinschaften Hilfe an, sondern auch weltliche Verbände. Genannt seien hier der Humanistische Verband in Nürnberg (Homepage: HVD-Nürnberg) und der Bund für Geistesfreiheit (Homepage: bfg-Bayern), die mit weltlichen Bestattungssprechern oder Trauerrednern den Hinterbliebenen zur Seite stehen. Im Rahmen der Trauerfeier würdigen diese Redner das Leben des Verstorbenen. Die weltliche Trauerfeier ist für Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind oder die aus anderen Gründen keine konfessionelle Trauerfeier wünschen (Homepage: Feierredner). (H.F.)

[Quelle: Tageszeitung "Schwabacher Tagblatt", vom 27.09.2002, Nummer 225]

 27. September 2002 · Religion: Es wehet der katholische Geist...

Der katholische Hardliner Kardinal Meisner "vermisst katholischen Geist" in kirchlichen Einrichtungen. Meisner spricht von Kindergärten und Schulen und davon, was aus den Kindern wird, wenn sie nicht katholisch indoktriniert würden. Dabei werden etwa 90 Prozent der in Kindergärten anfallenden Kosten und 100 Prozent der Kosten der religiösen Unterweisungen in staatlichen Schulen - also diesen angeblich kirchlichen Einrichtungen - vom deutschen Steuerzahler (ob gläubig oder nicht) bezahlt. Somit lassen sich die Kirchen die christliche Mission innerhalb säkularer, teils staatlichen Einrichtungen massiv vom Staat finanzieren.
Trennung von Staat und Kirche auf Basis eines säkularen Grundgesetzes? Man erinnere sich hierbei nur an die, sich demnächst 200fach jährenden regelmässigen Zahlungen, die die Kirchen in dreistelliger Millionenhöhe seit der Zeit der Säkularisation vom Staat per anno kassieren.

Die Kirchen und ihre Vertreter, wie Kardinal Meisner, haben schon lange erkannt, dass frühkindliche Glaubens-Konditionierung der beste Garant ist, für spätere treue Kirchenmitgliedschaft und zahme, zahlende Schäfchen. Deshalb soll nach Vorstellungen der Kleriker bereits mit Krabbel- und Kindergottesdiensten der menschliche Geist in ein religiöses Schema gepresst werden. Denn laut christlichem Dogma ist die Welt per se schlecht und muss gerettet werden. Was den Kardinal Meisner nicht davon abhält, sein bedeutendes monatliches Salär aus dem deutschen Steuersäckel und nicht aus den Kirchensteuergeldern zu beziehen.
Dennoch, die Gesellschaft lässt sich immer weniger von "blinden" klerikalen "Blindenführern" bezirzen und in der Tat sehen die Kirchen ihre Felle davonschwimmen. Jahr für Jahr zig-tausende Austritte und eine, sich zunehmend säkular gestaltende Welt: Weltliche Bestattungssprecher, feierliche Hochzeiten ohne Priester, interessante Jugendfeier statt Konfirmation, Kommunion und Firmung. Weltliche Namensfeier statt kirchlicher Taufe, etc. (siehe: www.feierredner.de) - und alles ohne staatliche Subventionen.
Auf die Frage "Ohne Gott leben. Wie geht das?" finden immer mehr Menschen eine ethisch-verantwortliche Alternative als gelebte Antwort - und siehe da: Die Welt ist nicht schlechter geworden dabei. (H.F.)

[Quellen:
Tageszeitung "Nürnberger Nachrichten", vom 26.09.2002, Seite 6
http://www.erzbistum-koeln.de]

 11. August 2002 · Religion: Gott mit Dir du Land der Bayern....

Pädophiler Pfaffensex oder sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen

Beim Eintritt der 14-jährigen Katharina in die Jugendgruppe der evangelischen Kirche in Simbach am Inn (Niederbayern) freut sich deren alleinerziehende Mutter, Heidi Schmideder. Sie glaubt, dass sich die Kontakte unter Gleichaltrigen positiv auf die Sozialisation ihrer Tochter auswirken werden.
Dem war leider nicht so. Bei einer (Lebens-)Krise, wie sie bei Teenagern anzutreffen ist, bietet der allseits beliebte Pfarrer Thoma B. an, sich um die Tochter zu kümmern. Die Mutter ist zunnächst dankbar, ihrer Tochter eine vertrauensvolle männliche Bezugsperson bieten zu können.
Doch bald war da dieses komische Gefühl, wenn sie den Geistlichen mit ihrer Tochter sah. Ein Gefühl, das sie auch heute noch nicht so richtig beschreiben kann. Eine Ahnung nur, die jedoch nichts Gutes verhieß. Mittlerweile weiss die Realschulsekretärin, dass ihr erster Eindruck sie nicht getäuscht hat. Der freundliche Pfarrer - verheiratet und Vater von drei Buben - hütete ein dunkles Geheimnis:
Er missbrauchte mehrere junge Mädchen über einen längeren Zeitraum - und Katharina war eines von ihnen.

Vom Entdecken dieses Missbrauch bis zum Prozess war es ein langer Weg für Heidi Schmideder. Die evangelische Kirche versuchte zu "mauern". Erst die lang erwartete Aussage der Tochter bringt Klarheit. Der Pfaffe wird im April 2000 wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen (er hatte 18mal Geschlechtsverkehr mit Katharina) zu einem Jahr und zehn Monaten verurteilt - ausgesetzt auf drei Jahre Bewaehrung.
Zunächst ist Katharinas Mutter erleichtert, weil endlich die Schuld des Pfarrers erwiesen ist. Beim genauen Studieren des richterlichen Urteils fällt ihr auf, dass genau darauf geachtet wurde, dem Pfarrer die Berufsausübung nicht verbauen. Weiterhin wurde dem Pfaffen als strafmildernd angerechnet:

- dass er gestanden hat. Obwohl erst in letzter Minute und obwohl dies sie Mädchen äußerst belastet hat

- dass er Reue gezeigt hat, obwohl diese nur in einem traurigen Hundeblick vor dem Richtertisch bestand und er kein Wort des Bedauerns gegenüber den Mädchen äußerte

- dass er ausgesagt hat, obwohl ihn nur der Aspekt der Strafmilderung dazu bewegt hat

- dass er vom klerikalen Dienstherrn auf eine Halbtagsstelle versetzt wurde, obwohl man seiner Ehefrau (bisher Pfarrerin ohne Job) praktisch im Gegenzug eine halbe Pfarrerstelle gab und sie somit nun die andere Hälfte des Familieneinkommens bestreitet

- dass nun die öffentliche Bloßstellung seiner Tat ihn zusätzlich bestraft. Die Namen der betroffenen Mädchen wirft man jedoch wie Geierfutter vor die Sensationspresse

- dass er familiäre Schwierigkeiten hatte

- dass er ein Kondom verwendet hatte

- dass er eine Familie hat, die nicht mitbestraft werden soll (wer fragt nach den Opfern und deren Familen?)

- dass er noch ein innerkirchliches Disziplinarverfahren zu erwarten hat. (Dieser Disziplinarausschuss wird jedoch nur von den Fällen ausgehen, für die er tatsächlich vom Staat verurteilt wurde. Das Wunder ist vollbracht: Wir haben wieder einen armen verirrten Kleinstadtpfarrer, der halt aus Verliebtheit einmal ausgerutscht ist!)

Damit war die Sache abgeschlossen. Pfui Teufel bliebe einem da nur zu sagen - glaubte man an diesen!
Nachstehende Literatur: "Die Mädchen des Pfarrers" sei besonders empfohlen, um weitere ausführliche Informationen über diesen Fall zu erhalten. Ob Tätertypologie oder raffinierte Vorgehensweise des klerikalen Täters - die letztlich die Schuld dem Opfer zuzuweisen versuchte; in dem schockierenden aber aufdeckendem Buch von Heidi Schmideder sind alle Details nachzulesen. Selbst die teils flehenden Schreiben an die Kirche, respektive deren meist ernüchternden Antworten sind abgedruckt. Heidi Schmideder zeigt vielfältig auf, dass der Weg an die Öffentlichkeit die einzig wirksame Option in solchen Fällen ist. Für diese Courage sei der Autorin gedankt; ebenso für das sehr persönlich geschriebene Buch.
Wer das genannte Buch über die Homepage von Frau Schmideder bestellt, erhält noch eine CD gratis dazu. Der Bayerische Rundfunk hat im Programm Bayern 2-Hörfunk eine 30-minütige Sendung erstellt, die dieses Buch auf optimale Weise ergänzt. (H.F.)

[Quellen:

- "Die Mädchen des Pfarrers. Sexueller Missbrauch in der kirchlichen Jugendarbeit", Schmideder, Heidi, Verlag Frauenoffensive, München 2002
-
- "Abendzeitung" Ausgabe Nürnberg vom 01.08.2002, Titelseite "Unser Pfarrer hatte Sex mit meiner Tochter", weiter Seite 8
-
- Homepage: Heidi Schmideder

- desweiteren persönlicher eMail-Kontakt mit der Autorin Frau Heidi Schmideder]

 22. Juli 2002 · Religion: Leichen pflastern seinen Weg

"Die christliche Kirche hat ihre Liebe zum Mord nie verleugnet (...)."
(Emil-Heinz Schmitz: Der Mördergott und seine Mord-Elite oder Die betenden Bestien)

Ein erneutes Beispiel dafür, den offiziellen Mitteilungen des Vatikans grundsätzlich zu mißtrauen, ist der aufsehenerregende vatikanische Mordfall aus dem Jahre 1998.

Rückblende: 04. Mai 1998, Tatort Vatikan. Drei Leichen werden an jenem Maiabend in der Kaserne der Schweizergarde gefunden. Der Kommandant Alois Estermann, seine Frau Gladys und Cédric Tornay, ein Unteroffizier der Schweizergarde. Der Vatikan, nicht gerade für Schnelligkeit in jeglicher Hinsicht bekannt, löste den Kriminalfall dennoch in verdachtserregender Rekordzeit. Am 05. Mai, nur neun Stunden nach Entdeckung der Tat, präsentierte der Sprecher des Kirchenstaats, Joaquin Navarro-Valls, das Ergebnis der internen Untersuchung. Cédric Tornay habe seinen Kommandanten und dessen Frau in einem "Anfall von Wahnsinn" umgebracht und danach die Waffe gegen sich selbst gerichtet. Der Bericht stützte sich dabei auf einen angeblichen Bekennerbrief Tornays an seine Mutter, den er kurz vor der Tat einem Kollegen überreicht hätte.

Jedem Schweizergardisten steht nach zwei Dienstjahren eine Bronzemedaille zu. Tatsache ist, daß Tornay diese Medaille verweigert wurde, weil er zwei Mal zu spät in die Kaserne zurück kam und einmal eine ganze Nacht bei seiner Freundin verbrachte. Laut seinem Abschiedsbrief war genau jenes geprägte Stück Metall "das Einzige", das er je gewollt habe und damit seine Bluttat begründete. Tatsache ist aber auch, daß Tornay schon über sechs Monate wußte, daß er ohne Auszeichnung aus dem Dienst scheiden würde. Also zu einem Zeitpunkt, als Alois Estermann noch gar nicht sein Vorgesetzter war. Für die negative Entscheidung war Tornays ehemaliger Chef, Roland Buchs, zuständig. Wäre es dann nicht logisch gewesen, sich an der entsprechenden Person zu rächen?

Neun Monate nach der ersten Stellungnahme präsentierte der Vatikan einen achtseitigen Abschlußbericht, der zu keinem anderen Ergebnis kam - und der vor Ungereimtheiten nur so strotzte. Taubeneigroß soll der Tumor gewesen sein, den man bei der Autopsie in Tornays Gehirn fand und als Auslöser für den Blutrausch herhalten muß. Angeblich wurden in einer Schublade 24 Kippen von Haschisch-Zigaretten gefunden. Deswegen bezeichnet der Bericht Tornay als "drogenabhängig". Freilich wurde niemand befragt, der persönlichen Kontakt mit Cédric Tornay hatte, weder Freunde noch Kollegen. Denn die hätten bestätigen können, daß sie den Täter niemals mit einem Joint gesehen hatten. Auch seine Mutter und seine Geschwister übergingen die Ermittler geflissentlich.

Vor drei Jahren stellte die vatikanische Justiz das Verfahren ohne ein abschließendes Urteil ein. Akteneinsicht wurde verweigert und Briefe von Mughette Baudat, der Mutter von Cédric Tornay, an den Papst, mit der Bitte um Wiederaufnahme der Ermittlungen, blieben folgenlos. Das wäre normalerweise das Ende des Falles gewesen. Aber in diesem Fall gab es eine ungeahnte Wendung. Der französische Staranwalt Jacques Vergès und sein Kollege Luc Brossolet erfuhren aus der Zeitung von dem Unrecht und schalteten sich ein. Jacques Vergès ist nicht unumstritten. Er hat den Nazi Klaus Barbie, den Terroristen Carlos und Slobodan Milosevic verteidigt.

Nur nützte dem Anwalt seine Prominenz gegen das Bollwerk Vatikan gar nichts. Die Briefe an die vatikanische Gerichtsbarkeit wurden, wie die der Mutter, einfach ignoriert. Da beriefen die Anwälte eine Pressekonferenz ein und wandten sich mit einem Appell direkt an den Papst. Diese Pressekonferenz sorgte schon im Vorfeld für mächtig Wirbel im Kirchenstaat: Weil es keine neuen Erkenntnisse gäbe, könne das Verfahren nicht wieder aufgenommen werden. Und ohne Neuaufnahme, so Monsignore Francesco Bruno, der Präsident des vatikanischen Berufungsgerichtes, könnten Vergès und Brossolet auch nicht als Anwälte bei der vatikanischen Gerichtsbarkeit akkreditiert werden.

Das hatten sich die vatikanischen Winkeladvokaten fein ausgedacht. Aber Vergès und Brossolet ließen auf der Pressekonferenz am 27. April 2002 eine Bombe platzen. Die Mutter Cédric Tornays hatte vor der Beerdigung ihres Jungen eine zweite Autopsie bei einem weltweit berühmten Schweizer Gerichtsmediziner aus Lausanne veranlaßt. Und die widerspricht der vatikanischen Darstellung in sämtlichen Punkten. Ein Handkantenschlag gegen seine Schläfe, der eine Aorta platzen ließ, habe zu seinem Tod geführt - nicht die Schußwunde. Nach diesem Schlag füllten sich Cédrics Lungen mit Blut und sein Gehirn wurde nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Er fiel in ein tiefes Koma. Zehn bis zwanzig Minuten, so der Professor aus Lausanne, müsse er sich in diesem Zustand befunden haben, bevor er starb. Somit hätte Cédric Tornay die tödlichen Schüsse in komatösem Zustand abgeben müssen. Denn der vatikanische Abschlußbericht behauptet, die Toten wurden unmittelbar nach den Schüssen gefunden. Auch das Loch in Tornays Hinterkopf, das von der austretenden Kugel verursacht wurde, kann nicht aus der Dienstpistole der Schweizergarde, mit der die Tat begangen worden sein soll, stammen. Die Tatwaffe ist bestückt mit Munition Kaliber 9,41. Das Loch in Cédrics Kopf kann aber nur von einer Kugel mit Durchmesser 7,65 mm herrühren. Daß eine Kugel ein kleineres Loch hinterläßt als ihr tatsächlicher Durchmesser, widerspricht jeglicher forensischer Erfahrung. Dies müßte der Papst eigentlich als Wunder anerkennen.

Zerpflückt wurde auch das angebliche Bekennerschreiben Tornays. Die Anwälte ließen ein wissenschaftliches graphologisches Gutachten erstellen, das den Brief als plumpe Fälschung bezeichnet. Luc Brossolet warf dem Vatikan "unwürdiges Verhalten" vor. Als "nicht überzeugend" bezeichnete er den mit der heißen Nadel gestrickten Abschlußbericht und die darin geschlagenen vatikanischen Volten als "grotesk bis lächerlich".

Nach der Pressekonferenz scheint eines sicher: Cédric Tornay ist kein Mörder, er ist unschuldig. Vielmehr scheint es so, daß Tornay als Sündenbock für einen vatikaninternen Machtkampf herhalten mußte. Inzwischen ist bekannt, daß Alois und Gladys Estermann Anhänger der reaktionären katholischen Organisation Opus Dei waren. Alois Estermann hatte in seiner Funktion als Kommandant der Schweizergarde große Veränderungen mit der Wachtruppe vor. Eine bis an die Zähne bewaffnete Leibstandarte des Papstes sollte die Schweizergarde unter seiner Führung werden. Aber er hatte nicht mit dem Widerstand der Gegner des Opus Dei gerechnet. Mehrfach wurde in sein Büro eingebrochen und seine Akten geplündert. Wertvolles gestohlen wurde nicht. Estermann fühlte sich verfolgt und muß geahnt haben, daß etwas passieren würde. Er ließ an allen Kasernen Videokameras anbringen und die Kontrollen an den Eingängen verstärken. Es half alles nichts. Am Ende waren drei Menschen tot. Monsignore Francesco Bruno: "Das Verfahren ist ein für alle Mal beendet. Tornay beging Selbstmord."

Wirklich? (C.B.)

[Quellen: Tagesspiegel, 28.04.2002; Bild am Sonntag, 07.07.2002]

 22. Juli 2002 · Religion: Christliche Mission?

Ach wo... alles nur zum Gottgefallen und zum Nutzen der Menschheit.

Ob "Bibelmobil" oder Bibelübersetzung ins Westsibirische, ob Bibel-Quiz auf CD-Rom oder Pappbilderbücher mit Jesus - (fast) nichts bleibt unversucht, um eifrig die christliche Mission global voranzutreiben.

Die Lebensweise des westsibirischen Minderheitenvolkes der Kanthy (ca. 22.000 Menschen) ist seit Jahrhunderten fast unverändert. Zur Lebensgrundlage dieses Taigavolkes gehört immer noch der Fischfang, die Rentierzucht sowie die Pelztierjagd. Nur sehr wenige Menschen dieses Volkes bekennen sich zum christlichen Glauben. Nun wurde das Markus-Evangelium in die Sprache des Khanty-Volkes übersetzt. (Warum nur das? Will man den dortigen Rentierzüchtern etwas vorenthalten? Viele Gläubige argumentieren doch immer, das NT muss man in seiner Gesamtheit kennen!?).
Natürlich wurden dabei die "eigenen, unverwechselbaren sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten für die biblische Wahrheit" des Kanthy-Volkes berücksichtigt. Was immer das im Detail heissen mag (nur Insider wissen dies), man wird mittelfristig die kulturelle Identität eines Volkes dabei zerstören. Das Gleiche gilt natürlich für viele andere Kulturen auch. Aktuell sei hier nur das Volk der Guarani-Indios in Bolivien genannt (ca. 70.000 Menschen), das sich neuerdings einer kompletten Bibelübersetzung erfreuen darf. Ich nenne es: Die Mission mit der christlichen Drohbotschaft...

Das so genannte Bibelmobil (untergebracht in einem umgebauten Berliner Doppeldecker-Bus) der Evangelischen Haupt-Bibelgesellschaft haben in den vergangenen zehn Jahren etwa 300.000 Menschen besucht. Unter dem Zeichen des Bibelmobils wurden dabei ca. 800.000 KM (!) zurückgelegt. Umweltschutz im Zeichen des Kreuzes? Wenn es ums Missionieren geht, ist auch das egal - der Herr wird’s schon richten. Für noch mehr Besuche bei Gemeinden und Schulen (!), wünscht man sich jetzt eine zweite Busbesatzung. Man nennt es Indoktrination Jugendlicher mit religiösen Ideologien...

Wer highscoreknackender Bibelfuchs werden will, muss 999 Fragen beim CD-ROM-Bibel-Quiz lösen (ISBN 3-438-01922-1, EUR 12,00). Angesprochen werden sollen insbesondere Kinder (!) und Jugendliche (!), die beim Rätseln spielerisches Bibelwissen vermittelt bekommen. Gott als 1000-Teile-Puzzle? Gar ein Schwedenrätsel über Palästina? Man nennt es auch frühkindliche Indoktrination...

Pappbilder sind insbesondere bei Kleinkindern beliebt - "denn sie sind unverwüstliche Begleiter überallhin. Ihre Geschichten prägen sich oft tief ein"(!). So der O-Ton einer Buchrezension zu "Mein erstes Buch von Jesus" (ISBN 3-451-27625-9, EUR 6,90). Dem Autor ist es ein großes Bedürfniss, vielen Kindern ein "bleibend gültiges Jesusbild zu vermitteln". Man nennt es Konditionierung kognitiver Prozesse bei Kleinkindern...

Schon komisch, dass ein allmächtiger Gott zur Verbreitung seiner Thesen stets der fragwürdigen Hilfe irdischer Helfershelfer bedarf. Doch willige Vollstrecker fanden sich zu allen Zeiten und für alle (religiösen) Ideologien. (H.F.)

[Quelle: Printmagazin Bibelreport, 2. Quartal, Juni 2002]

 21. Juli 2002 · Religion: Hätten Sie gewusst...

...dass die Ende März 2002 im Alter von 101 Jahren (auf Schloss Windsor) verstorbene "Queen Mum" fast 60 Jahre lang Schirmherrin der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft (British and Foreign Bible Society, kurz BFBS genannt) war? Gottes Wege sind eben unergündlich und so verwundert es manchem, dass zwar täglich einige Zehntauend an Hunger und Krankheit verrecken, während andere ein beschauliches, wenig arbeitsreiches Leben im beinhahe grenzenlosen Reichtum - und mit einem täglichen Gin Tonic - bis ins hohe Alter geniessen können!

Der Geschäftsführer der BFBS, James Catford, würdigte die Mutter der derzeitigen Queen als "Christin mit starkem Glauben" und "bedeutende Fürsprecherin". Das wiederum verwundert nicht, wurde doch meist vom Adel da"für gesprochen", das Volk für dumm zu verkaufen, um die Rosinen selbst ins Trockene zu scheffeln.

"God save the Queen"?
- Nur wer daran GLAUBT -
(H.F.)

[Quelle: Printmagazin Bibelreport, 2. Quartal, Juni 2002]

 20. Juli 2002 · Religion: Tendenzbetriebe

"Diese Inquisitionsmacht der Kirche, die mit Hilfe ihres Phantasie-Gottes aufgebaute Verdummungsmacht, die jahrhundertelang manipulierte geistige Abhängigkeit der Glaubensgemeinschaft von der klerikalen Illusion, diese geistige Vergewaltigung im Massenphänomen - haben Tausende, Abertausende, vielleicht sogar Millionen Hirten ausgenutzt, ihre sexuellen Lustgefühle unterschiedlich zu befriedigen. Nach diesem Verfahren arbeiten sie heute noch."
(Emil-Heinz Schmitz: Sex unterm Kruzifix)

Derzeit scheint es, als brenne das Kirchengerüst an allen Ecken lichterloh. Erst im April dieses Jahres zeigte sich der katholischer Pfarrer Wolfgang Veix aus dem bayerischen Sandberg bei der Polizei selbst an, weil er einen Jungen sexuell mißbraucht hatte. Der 40jährige wurde mit sofortiger Wirkung von seinen Pflichten entbunden und die Diözese Würzburg informierte die römischen Behörden der katholischen Kirche. Brisant an diesem Fall war, daß hier zum ersten Mal ein solcher Rapport an den Vatikan öffentlich bekannt wurde. Wieviele unbekannte in den Giftschränken des Vatikans ruhen mögen, mag man sich nur schwerlich vorstellen. Der Priester wurde am Donnerstag, wegen zweifachen sexuellen Mißbrauchs des Jungen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt - auf Bewährung, versteht sich. Schließlich sind Pfaffen moralische Institutionen und "ehrenwerte" Mitglieder der Gesellschaft. Obendrein bekam der Priester eine Geldstrafe von 2000 Euro aufgebrummt. Er ackert jetzt eine mehrjährige Therapie mit ungewissem Ausgang durch und wird anschließend jedenfalls nicht mehr in der "ordentlichen Seelsorge" eingesetzt werden. Wo er dann sein Unwesen treiben darf? Wer weiß...

Diese Woche machte ein Fall aus dem Bistum Mainz Schlagzeilen (siehe Religion-News vom 15. Juli 2002). Kleines Update dazu: Der mißbrauchte 14jährige Junge ist nach Darstellung des Jugendamts verschwunden. Nach Erscheinen auf der Behörde zu einem Gespräch sei er weggelaufen.

Verschwunden oder besser: beurlaubt und von ihrem Wirkungsort abgezogen sind auch zwei Priester aus dem Erzbistum Paderborn. Der Verdacht auf sexuellen Mißbrauchs von Kindern wird ihnen zur Last gelegt. Im Fall des Priesters aus Schwerte konnten die Vorwürfe gegen ihn weder von der Staatsanwaltschaft Dortmund noch von der Staatsanwaltschaft Hagen bestätigt werden. Mit Einzelheiten zum Geschehen hält sich das Generalvikariat Paderborn in der derzeit angespannten Situation bedeckt.

Anders sieht es beim zweiten Fall aus. Der Dortmunder Oberstaatsanwalt Heiko Oltmanns gab bekannt, daß am 14. März dieses Jahres gegen einen 38jährigen Priester aus Holzwickede Anklage erhoben worden sei. Ein früheres Hauptverfahren gegen ihn scheiterte an einer mangelhaften Beweislage. "In einem der Fälle konnten aber neue Beweismittel herbeigeschafft werden", erklärte Oltmanns. Gemeint ist der Fall eines 13 Jahre alten Jungen, an dem sich der Geistliche 1998 vergangen haben soll.

Tatort Regensburg: Hier ermittelt die Polizei gegen den Pfarrer von Neukirchen zu St. Christoph. Laut dem Bischöflichen Ordinariat Regensburg wurde der Priester wegen des Verdachts auf sexuellen Mißbrauchs von Kindern mit sofortiger Wirkung von der Seelsorge entbunden.

Es sind Einzelfälle. Aber: Mehrere Einzelfälle ergeben eine Tendenz. Und die Tendenz sieht derzeit so aus, daß sich die Pfaffen immer hemmungsloser bei den Übergriffen auf ihre minderjährigen Schutzbefohlenen gerieren.

Kleine Anmerkung am Rande: Als am Donnerstag (18. Juli 2002) über die pädophilen Pfaffen in Paderborn in diversen Nachrichtensendungen - einige verschwiegen diese Meldung komplett - berichtet wurde, geschah dies nur mit dem Mindestmaß an Sendezeit. Wesentlich mehr Aufmerksamkeit schenkte man der Meldung, daß nach Ansicht des Bundesfinanzhofs die Besteuerung von Spekulationsgewinnen aus Wertpapierverkäufen verfassungswidrig ist. Im Kapitalismus steht der Mammon immer über der körperlichen Unversehrtheit des Menschen. (C.B.)

[Quellen: Offenbach-Post, 18.07.2002; Frankfurter Rundschau, 19.07.2002]

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