Der Humanist: Der Menschheit verpflichtet

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 25. Januar 2000 · Netzwelt: Kampf um die Info-Freiheit: Die Industrie gegen das Netz

"Copycat, copycat, copycat
Copy copy copy copy yourself
Copycat, copycat, copycat
Copy copy copy everyone else" – The Cranberries: Copycat (MP3-Version)

Die amerikanische Film- und Musikindustrie kämpft derzeit an vielen Fronten: Da ist zum Beispiel das Entschlüsselungs-Tool DeCSS, das es erlaubt, den Kopierschutz von Filmen auf DVD-ROMs auszuhebeln und die Inhalte der Video-Scheiben auf die heimische Festplatte zu überspielen. Bereits am 28. Dezember letzten Jahres reichte die DVD Copy Control Association, deren einziger Existenzzweck die Verhinderung von DVD-Kopien ist, vor dem Landgericht Kalifornien eine Unterlassungsklage gegen 72 Website-Betreiber ein – erfolglos. [1] Zu den beanstandeten Websites gehörten nicht nur solche, die das Tool direkt zum Download anboten, sondern auch einige, die nur in Links darauf verwiesen.

Doch ein von der Motion Picture Association of America am vergangenen Donnerstag in New York eingereichter Antrag auf einstweilige Verfügung gegen drei Webmaster, die DeCSS verbreitet hatten, war erfolgreich: Bis zu einer formellen Verhandlung dürfen sie das Tool nicht mehr verbreiten. Auch in Kalifornien konnte die Industrie schließlich doch noch einen Sieg erringen – die DVD CCA erwirkte eine einstweilige Verfügung nicht nur gegen die Website-Betreiber in den USA, sondern auch gegen solche außer Landes. [2] Inwieweit diese rechtskräftig ist, ist natürlich eine andere Frage.

Unabhängig davon hat die Musik-Website MP3.COM Zoff mit der Record Industry Association of America (anderer Name, gleiche Geisteshaltung). Die RIAA klagt wegen massiver Verletzung des Urheberrechts auf Schadenersatz, potentiell in Milliardenhöhe. Grund ist ein neuer Service von MP3.COM, der es Usern erlaubt, Alben, die sie als Audio-CDs besitzen, im Internet "freizuschalten" und als MP3-Dateien für den Computer herunterzuladen. Die Datenbank von MP3.COM enthält über 45.000 CDs. Das Sammeln dieser Daten, so die Kläger, stelle einen klaren Rechtsbruch dar. [3] Man hat sicherlich in erster Linie berechtigte Angst davor, daß jemand einen Software-Patch entwickelt, um die Freischalt-Abfrage zu umgehen und so den direkten Zugang zum CD-Archiv zu ermöglichen.

Die Liste ließe sich fast endlos fortsetzen. Und es dauert sicher nicht mehr lange, bis die ersten Ebook-Cracks kommen und die ersten entsprechenden Prozesse. Es geht um das Copyright, und die jetzt geführten Prozesse werden die Zukunft der Informationsgesellschaft formen. Um so wichtiger ist es, jetzt klar Stellung zu beziehen. Gibt es so etwas wie den Diebstahl geistigen Eigentums überhaupt? Was ist das für ein Diebstahl, bei dem niemand etwas verliert? Was ist das für ein Gesetz, das von der Mehrheit der Bevölkerung gebrochen wird, sobald sich die technische Gelegenheit dazu ergibt? Ist möglicherweise geistiges Eigentum selbst Diebstahl an der kollektiven, vernetzten Ideenmenge der Bevölkerung?

Klar ist: Die derzeitige Gesetzgebung, die das Kopieren erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlaubt, ist völlig antiquiert und lähmt die weitere Entfaltung von Wissenschaft und Kunst. Vielleicht ist der Übergang zu einem Null-Copyright langfristig die wünschenwerteste Lösung. Das heißt nicht, daß Künstler und Autoren nicht mehr entlohnt werden sollten. Aber es wären eben sie, die unterstützt würden, nicht eine milliardenschwere, unmoralische Industrie die mit gigantischem juristischem Aufwand und einer unübertreffbaren PR-Maschinerie Filmkopien ziehende Teenager als gesellschaftszersetzende Rechtsbrecher hinstellt. (Mit entsprechender Propaganda ließe sich auch das Strafmaß deutlich nach oben kurbeln – in den USA sicherlich kein Problem, siehe Raoul.)

Sicher, es gäbe keine Riesen-Unternehmen wie Microsoft, Disney oder Hollywood mehr, die durch die Monopolisierung "geistigen Eigentums" (das ausnahmslos auf den geistigen Leistungen anderer fußt, die wiederum auf Dritte zurückgehen) Milliarden verdienen. Aber wen würde das schon stören?

Eine ausführlichere Analyse der Problematik habe ich im Rahmen meines Studiums versucht, die zugrundeliegende ausformulierte Version des entsprechenden Referats ist ab sofort unter Netzwelt:Texte zu finden, ebenso mein nun vor fast genau einem Jahr erschienener Taz-Artikel zum Thema MP3 und Copyright. Die Mitarbeiter von Der Humanist haben sich außerdem entschlossen, das Tool DeCSS und den Entschlüsselungs-Algorithmus css_auth solange zu spiegeln, bis ein rechtskräftiger Bescheid von einem deutschen Gericht ergeht, der dies verbietet. Für eventuell aus dem Gebrauch entstehende Schäden übernehmen wir natürlich keine Haftung, die Programme wurden von uns werde auf ihre Funktionalität noch auf ihre Virenfreiheit getestet.

Über Kommentare und Hinweise zum Thema in unserem Diskussionsforum (Gesellschaft und Medien: Copyright in der Informationsgesellschaft) würden wir uns freuen. (EMÖ)

[1] Wired News vom 28. und 29.12.1999
[2] Heise Newsticker vom 23.1.2000
[3] Heise Newsticker vom 22.1.2000

 24. Januar 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 31. Januar, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Am Mittwoch, den 26. Januar, beginnt der Bayerische Rundfunk um 13.30 Uhr mit der Wiederholung der zwölfteiligen Doku-Reihe "Die Kreuzzüge" von Peter Milger. Am 27. November 1095 ruft Papst Urban II. zum ersten Kreuzzug auf. Als Ziel setzt er die Eroberung Jerusalems, das in den Händen der Mohammedaner war. Der Aufruf verbreitet sich in Windeseile in Europa und erweckt große Begeisterung. Als Erste brechen unter der Anführung von Wanderpredigern die Armen auf.

Die Reihe wird wöchentlich immer mittwochs ausgestrahlt. (H.J.)

 24. Januar 2000 · Politik: Demokratie?

Allerorts ist nun das parteipolitische Geschrei groß. Systematisch, über Jahre hinweg, mit erheblich krimineller Energie, haben Politiker das Wohl ihrer Partei über ihre eigenen moralischen Standards – und die geltenden Gesetze - gestellt. Nun rufen die Medien nach einer moralischen Autorität.

Die Tageszeitungen kommentieren, dass durch die Parteispendenaffäre, in welche leitende CDU-, Partei- und Staatsfunktionäre verwickelt sind, die Grundfeste der Demokratie erschüttert seien. Warum erst jetzt – nach der Aufdeckung? Sind nicht 16 Jahre lang diese Grundfeste, zwar verdeckt, doch kontinuierlich erschüttert worden? Ach was! – 16 Jahre lang. War es nicht schon immer so? Napoleon I. meinte: „Das sicherste Mittel arm zu bleiben, ist, ein ehrlicher Mann zu sein“. Diesen Aphorismus haben sich unsere Politiker offenkundig intensivst zu Herzen genommen.
Nur so ist zu erklären, dass „arme“ Ex-Minister immer noch die Dienste des Staates in Anspruch nehmen (gepanzertes Fahrzeug, Leibwächter, etc.. Herbert Ferstl im privaten Gespräch mit der ehemaligen CDU-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger [MdB] und Prof. Dr. Schulz-Hageleit [HVD] am 11.11.1998 in Nürnberg).
Stutzig machen mich zudem Aussagen von Politikern, über andere Politiker - in anderen Parteien - wenn diese über alles gelobhudelt werden: „...in unermüdlicher und erfolgreicher Arbeit unter Zurückstellung persönlicher Vorteile und Annehmlichkeiten [haben sie] nur ein Ziel verfolgt: Das Wohl ihrer Gemeinde und Bürger“ (Bürgermeister W. Kelsch, Marktgemeinde Wendelstein, im MB Seite 1, vom 18.01.2000).

„Ehrlich währt am längsten“ – war die Botschaft des Schwabacher Pastors Gudbrod in seinen „Betrachtungen zum Sonntag“ im Schwabacher Tagblatt (ST) vom 22./23.01.2000. Gudbrod warnte be-züglich der Parteispendenaffäre mit den jesuanischen Worten: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!“. Nun denn, selbst zu Zeiten der historischen „Gottesstaaten“ in Europa hat sich kaum ein Mensch (und wohl kaum ein Christ) an diese Worte gehalten. Doch in einem säkularen Staat empfinde ich diese klerikale Forderung als Affront. Als Rechtsstaat wurde die BRD durch den Souverän, via verfassungskonformer Legislative verpflichtet, für eine entprechende Judikative zu sorgen. Deutsche Kanzler schwören einen Eid auf die Gesetze. Göttliche Gesetzesgewalt ist im Strafgesetzbuch nicht vorgesehen.
Doch im christlichen Hauptnachschlagewerk steht geschrieben: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deine Nächsten". Was wurde gelogen, verschleiert, die Wahrheit verschwiegen, die Halbwahrheit verbreitet. Um die Wahrheit zu verschleiern, dem Schimpf und der Schande zu entgehen, gibt es die ersten Suizide. Und, der Sumpf, er ist noch nicht ausgelotet. Der Judas, der Waffenhändler Schreiber, will seine Haut retten. Wie pikant, wie originell, aus Waffengeschäften stammendes Geld der Kollekte zu spenden (Internet: Mailingliste HUMANISMUS).

Ist die Gudbrod`sche Forderung aber vielleicht lediglich ein Versuch, den Konservativen – stets den Kirchen nahestehend – ein milderes moralisches Urteil in Sachen Parteispendenaffäre zukommen zu lassen? Und hätte die Gutbrod`sche Forderung auch Bestand gegenüber Freigeistigen, Humanisten, Kommunisten, Linksliberalen, etc.?
Gerade wurden bei uns in Bayern wieder einige Anträge zu (mehr) Volksbegehren mit m.E. fadenscheinigen Begründungen abgelehnt, respektive der Justiz zur Entscheidung vorgelegt („richtet nicht!“). Wo bleibt hier die entsprechende Entrüstung?

Ich entgegne dem vorgenannten Zitat von Pastor Gudbrod mit Tacitus: "Nichts hält die Gesetze so wirksam wie ihre Anwendung gegen hochgestellte Personen". Wenn überhaupt diese Option bestünde, dann wäre gerade dies eine gesetzeskonforme Forderung, deren Erfüllung auch durchwegs von der Majorität der Wähler akzeptiert würde – ja einen geradezu idealisierenden Effekt hätte.

„Man sieht einem Menschen viel Schwächen der Moralität nach und handhabt dabei ein grobes Sieb, vorausgesetzt, dass er sich immer zur strengsten Theorie der Moral bekennt! Dagegen hat man das Leben der freigeistigen Moralisten immer unter das Mikroskop gestellt: mit dem Hintergedanken, dass ein Fehltritt des Lebens das sicherste Argument gegen eine unwillkommene Erkenntnis sei“ (Nietzsche).
Hatten nicht insbesondere ehedem die Konservativen bei ihrer Machtübernahme Anfang der Achtziger eine „geistig moralischen Wende“ versprochen und von allen gefordert? Wie wahr!
Die Doppelzüngigkeit der Kohl`schen Mannen hat ihr Ziel jedoch nicht erreicht, sondern etwas anders, viel Wertvolleres. Für einen kurzen Augenblick sorgt die korrupte politische Kaste dafür, dass die wirklichen Grundlagen unseres, aber auch fast aller Regierungssysteme, zutagetreten; sich somit die Nebel der Illusion einmal kurz lichten. Bleibt eigentlich nur noch zu hoffen, dass mancher deutsche Politiker das Los von Bettino Craxi, ehemaliger italienischer Ministerpräsident, zu teilen hat, und seinen Lebensabend – zwar weit ab von der deutschen Justiz, aber nicht auf Staatskosten – im Exil verbringen muss. Vielleicht ist dies der Grund, warum von unserem „Bruder Johannes“, dem Bundespräsidenten, so wenig Resonanz in Sachen „Korruption“ zu hören ist? Die West-LB lässt grüssen...

Aber, hat nicht jeder Mensch „Dreck am Stecken“?
Menschen, die z.B. als Politiker zum Wohle anderer, als deren gewählten Repräsentanten tätig sind, unterstehen einem sittlichen Auftrag (siehe Vereidigung auf die Verfassung). Das für diese Personen eigentlich daraus resultierende sittliche Erkenntnisvermögen bezeichnet man als Gewissen. Es urteilt über die Handlungen eines jeden Menschen nach gleichen Massstab. Demgegenüber steht das Gewissen als „innerer Gesetzgeber“ und Richter nur für den einzelnen. „Mein Gewissen klagt mich an“, nicht aber einen Hitler oder Stalin... (wird auch oft als Stimme Gottes aufgefasst).
"Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes nicht missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht." Wie oft hat Helmut Kohl als Bundeskanzler und alle seine Exminister Kanther, Schäuble und wie sie alle heißen, die Floskel: "So wahr mir Gott helfe" nach dem Amtseid gesprochen?

„Gewissenlosigkeit ist nicht Mangel des Gewissens, sondern der Hang, sich an dessen Urteil nicht zu kehren“. (Kant)

„Wir sind auf Spenden für unsere Arbeit angewiesen“, betont der Ex-Religionslehrer und bayerischer Minister Freller im ST vom 22./23.01.2000. Weiter heißt es, „ohne dieses Geld sei ein Wahlkampf nicht zu führen“. Nun denn, wissen Politiker überhaupt, dass das Volk gar keinen Wahlkampf will, ihn gar nicht braucht? Bedingt durch die Nachrichten- und Medienberichterstattung wissen die Bürger bestens über die Absichten der schillernden und facettenreichen Politiker Bescheid. Dem Souverän zu unterstellen, er „wisse ja sonst nicht, was er wählen soll“ (CSU-Wahlzettelverteiler [Name bekannt] im Gespräch mit Herbert Ferstl), ist der impertinente Versuch, ihn für dumm zu verkaufen. Die bayerische Ministerin Barbara Stamm formulierte dies in einem an mich gerichteten, persönlichen Brief (vom 08.09.1996), ich sei „ein Opfer der undifferenzierten Medienberichterstattung“ (zum § 218, Schwangerenberatungsgesetz). Ein Schlag ins Gesicht der – wenigen unabhängigen – Medien.

„Sein Gewissen war rein. Er benutzte es nie“. (Lec).
Gilt selbstverständlich nicht für Kohl. Doch warum bricht er nicht sein bockiges Schweigen? Mit sei-nem Eid auf die Verfassung (und Bibel) stellte er persönliche Ansprüche in den Hintergrund? Zählt nun sein Ehrenwort gegenüber den „Spendern“ mehr, als sein Eid? Gibt es vielleicht keine Spender-Namen? Stammen die vermaledeiten Millionen gar aus Drogengeldern und Geldwäsche? Gar findet sich zuletzt hier das verschwundene Vermögen der SED?
Law-and-order-Parolen, verbreitet nicht nur durch Kanther, desweiteren Krokodilstränen über einen sogenannten Werteverfall erscheinen im richtigen Licht – im Zwielicht. Die Medien werden viel zu tun haben, nicht nur bei der „rückhaltlosen Aufklärung“ des so genannten Skandals, sondern mehr noch am Ende bei der Wiedererweckung der verlorenen Illusionen (Tageszeitung „junge Welt“ vom 22.01.2000).

Meines Erachtens sollte die Parteienfinanzierung ausschliesslich über die Parteimitglieder stattfinden. Konzerne, Unternehmer, todbringende Waffenhändler, etc. hätten nur noch eine stark reduzierte Option und untergeordnete Rolle zur Beeinflussung von Wahlkämpfen und Politikern. Die Parteien müßten sich zudem mit aller Kraft um das Wohlwollen der Basis bemühen, um neue Mitglieder zu gewinnen, respektive, um keine zu verlieren. Parteien könnten darüber hinaus effektiv an ihre Wahlversprechen erinnert (und gemessen) werden, da ihnen sonst durch Parteiaustritte der finanzielle Boden entzogen würde. In den achtziger Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen die Legislative aufgerufen, durch entsprechende Gesetze die Parteienfinanzierung neu zu regeln. Nur unter ersichtlichen Unmut der Betroffenen geschah dies. Was letztlich dabei herauskam, breiten gera-de die Medien genüßlich aus, sie stellen Öffentlichkeit her. Die Staatsanwaltschaft ermittelt - wer das Recht gebrochen hat, wird hoffentlich bestraft... doch Pinochet läßt grüßen!

Zur guten, also besonders gern geglaubten Lüge gehört immer der Selbstbetrug. Somit also auch das Gefühl, man lüge gar nicht, denn wer so ein anständiger Mensch sei, wie man selbst, wer so sehr im Dienst einer guten Sache – der Partei – stehe, könne im Grunde doch nichts Falsches tun (Süddeut-sche Zeitung vom 17.01.2000).

„...daraus ergibt sich die bekannte Praxis des Politikers, welcher denkt: „Gebt mir nur den Erfolg; mit ihm habe ich auch alle ehrlichen Seelen auf meine Seite gebracht - und mich vor mir selber ehrlich gemacht.““. (Nietzsche)

Das vorhandene System der "repräsentativen Demokratie" fordert es geradezu heraus, durch Korruption und geldwerte Vorteilnahme Machteinflüsse geltend zu machen und auszuüben. Erst wenn der "Repräsentant" anteilig selbst haftet, für großzügige Wahlversprechen, verschuldete Steuerverschwendung, etc., respektive wenn der Souverän nicht nur alle paar Jährchen zur Abgabe seiner "Stimme" aufgerufen wird, wenn er in das tages- und kommunalpolitische Geschehen involviert wird (durch kontinuierliches Feedback, Bürgerentscheide, Volksabstimmungen), habe ich die Hoffnung, dass grundlegende (auch gesellschaftliche) Änderungen möglich wären. Aber wer ist schon daran interessiert? In einer Welt in der das Vermögen der 200 Reichsten ausreichte, den Lebensunterhalt der 2.700.000.000 (2,7 Milliarden) Ärmsten für mindestens ein Jahr zu bestreiten, muss sich unbedingt was ändern. Ansonsten gilt beinahe unverändert seit einigen Jahrtausenden: "same procedure as every (last) year", oder, um den Historiker K. Deschner zu bemühen: "Demokratie ist die Kunst, dem Volk im Namen des Volkes feierlich das Fell über die Ohren zu ziehn".

(H.F.)

 21. Januar 2000 · Kultur: Veranstaltungshinweise: Update

KörperweltenNach dem großen Erfolg in Tokio, Mannheim, Wien und zuletzt Basel kommt die Ausstellung "Körperwelten - die Faszination des Echten" ab 12. Februar nach Köln.

Die Präsentation von plastinierten Körpern und Körperteilen ist nichts für schwache Gemüter, aber umso mehr für Freunde der Wissenschaft. Bisher sahen die Ausstellung über 4,5 Millionen Besucher, um sich den menschlichen Körper, der zum Teil in einzelnen Scheibchen von Kopf bis Fuß zerlegt ist, näher zu betrachten.

Die Darstellung präparierter und konservierter Körperteile war von Anfang an umstritten, gilt aber auch als eine der erfolgreichsten Ausstellungen der vergangenen Jahre. Die Plastinate waren von dem deutschen Anatom Prof. Dr. Gunther van Hagens gestaltet worden.

Wie gewohnt zeigten sich Teile von Kirche und kirchenhöriger Politik bildungsfeindlich. Sie hatten die Ausstellung, die Einblicke in den Aufbau des menschlichen Körpers gewährt, von Anfang an als Verletzung der Menschenwürde kritisiert.

Durften doch in früher, christlicher Zeit weder Lebende noch Tote aufgeschnitten werden. Wie erstaunt war man, als ein Mutiger doch endlich - heimlich - einen Mann aufschnitt, und dieser doch tatsächlich noch alle Rippen hatte. War doch aus einer Rippe einst die Eva entstanden.

Eine Begleituntersuchung hatte ergeben, dass 95 Prozent der Besucher die Ausstellung als positiv erlebten.

Genaue Uhrzeiten und Veranstaltungsorte dieser und anderer Hinweise finden sich in unseren Veranstaltungstipps.(H.J.)

 20. Januar 2000 · Wissenschaft: Pornographie und Jugend

Am 13. November 1999 hielt unser Mitarbeiter Erik Möller auf der Tagung der Humanistischen Union "Pornografie und Jugendschutz heute" in Mainz einen Vortrag mit dem Thema: "Wirkung von Pornographie auf Jugendliche".

Eine häufig geäußerte Hypothese lautet, Pornographie verursache Vergewaltigungen und Sexualstraftäter seien durch Pornographie beeinflusst. Diese Annahme ist von entscheidender Bedeutung für das Verbot von Pornographie für Jugendliche. Erik Möller widerlegt die Hypothese anhand verschiedener Forschungen und Studien. (H.J.)

 19. Januar 2000 · Wissenschaft: Sehhilfe für Blinde

Forschern des Dobelle-Institituts ist es nach einer Mitteilung vom Dienstag gelungen, mittels eines im Sehzentrum des Gehirn implantierten Arrays von 68 Platin-Elektroden vollständig erblindeten Patienten eine Art Tunnelblick zu ermöglichen. In einem Blickfeld von einer Größe von ca. 20 * 5 cm in ca. 50 cm Entfernung können sie so z.B. 5 cm hohe Buchstaben in 1,5 m Entfernung lesen. Die optischen Signale werden dabei von einer auf einer Brille befestigten Kamera in einen Mini-Computer übertragen, dort verarbeitet und schließlich direkt ins Gehirn gesendet. Auch Fernsehen und die Bedienung von Computern soll den Patienten mit einigem Training möglich sein. Durch die Erhöhung der Zahl der Elektroden ist die Auflösung verbesserbar. [1]

Das Elektroden-System funktioniert in beide Richtungen: Mit ähnlicher Technik gelang es bereits im letzten Jahr, das Sichtfeld einer Katze auf einem Bildschirm zu zeigen. Dabei wurde ebenfalls ein Array von Elektroden in 177 Zellen des Thalamus implantiert, mit dem die elektrischen Signale des Gehirns gemessen und sichtbar gemacht werden konnten. So wurden aus den Wahrnehmungen der Katze Filmszenen generiert, in denen man diffus Gesichter oder einen Wald erkennen konnte. [2]

Die Dobelle-Forschungen sind ein großer Schritt nach vorn, und im Bereich der direkten Gehirnstimulation und des neuralen Interfacing stehen uns mit Sicherheit noch einige weitere sensationelle Entwicklungen bevor. (EMÖ)

[1] Pressemitteilung des Dobelle-Instituts
[2] Wired News 7.10.1999. Einige der "Gehirnfotos" sowie die dazu korrespondierenden Realbilder finden sich im Internet unter http://deas.harvard.edu/~gstanley/research/vision/reconfigure2.html.

 18. Januar 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 25. Januar, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Am Dienstag, den 25. Januar, 0.30 Uhr, beginnt das ZDF eine neue Sendereihe "The History Channel" in deutsch-amerikanischer Zusammenarbeit. Die erste Folge befasst sich mit dem Thema: "Die Inquisition - Folter im Namen Gottes".

Erst kürzlich hat der Vatikan seine Bibliotheken und Archive für einige Wissenschaftler geöffnet, um ihnen Gelegenheit zu geben, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Der Film zeichnet den Weg der Inquisition nach: ihre Einführung durch Papst Gregor IX. im Jahre 1231, ihren Höhepunkt in Spanien und ihr Ende im Zeitalter der Aufklärung. Er zeigt die Opfer, die der "Ketzerei" beschuldigt wurden, und ihre Peiniger - er vermittelt auf anschauliche Weise die inzwischen erforschten Tatsachen und schärft den Blick für historische Zusammenhänge. Seit 1252 Papst Innozenz IV. die Anwendung der Folter erlaubte, wurde die Inquisition unter dem Vorwand der Rettung des christlichen Glaubens häufig als Werkzeug für politische, soziale und rassische Unterdrückung benutzt. [1]

Aber ist sie wirklich "Geschichte", die Inquisition? Es wird nicht mehr körperlich gefoltert, aber die Inquisition gibt es immer noch. Sie hat nur einen neuen Namen. Nachdem sie sich einige Zeit "Heiliges Offizium" nannte, heißt sie jetzt "Glaubenskongregation". Chef ist der deutsche Kardinal Ratzinger.

Eine in Großbritannien sehr bekannte katholische Nonne kritisierte jetzt die "Inquisitions-Methoden" des Vatikans. Lavinia Byrne (52), die sich für Frauen im Priesteramt einsetzt, wurde lange von Rom gedrängt, sich öffentlich zu der römischen Politik zu bekennen. Jetzt konnte sie den Druck nicht mehr ertragen und trat aus ihrem Orden aus. Der Vorwurf der Autorin mehrerer Bücher: Die Techniken des Vatikans seien mittelalterlich. "Sie verhalten sich wie die heilige Inquisition. Ich fühle mich verfolgt." Die Methoden: Der Vatikan untersagte die Verbreitung ihres Buches "Frauen vor dem Altar". Für die USA bestimmte Buchexemplare wurden verbrannt. [2] (H.J.)

[1] Zit. aus: www.zdf.de
[2] AFP, 13.01.00

 17. Januar 2000 · Netzwelt: Kettenbriefe und E-Mail-Viren

Aus gegebenem Anlaß – ich erhielt heute zum zweiten Mal den 33K großen Kettenbrief "Solidaridad Con Brian" – hier ein Hinweis zum Thema Kettenbriefe / Spendenbriefe / E-Mail-Viren:



Seit Jahren kursieren Warnungen vor (angeblichen) Viren, die sich per E-Mail verbreiten sollen. Diese "Warnungen" werden meist von gutgläubigen Usern verbreitet, die diese per E-Mail von ihresgleichen erhalten haben. Sie zeigen dabei oft sogar ein Engagement, das man sich sonst nur wünschen könnte, im Glauben, sie täten den Adressaten einen Gefallen, in dem sie sie vor gefährlichen Viren warnen. Die Empfänger werden aufgefordert, E-Mails, die im Betreff (subject) einen der weiter unten genannten Begriffe enthalten, nicht zu lesen sondern sofort zu löschen. Andernfalls würde ein Virus furchtbare Dinge mit dem Rechner des Empfängers anrichten. [1]

Sowie:


Tränendrüsen-Briefe

Da sitzt in Florida (oder New York, England, Australien, ...) ein kleines Kind, das bald an Krebs (oder einer anderen Krankheit) sterben wird und sein letzter Wunsch ist es, daß dieser Kettenbrief um die Welt gehen möge (oder es mögen ihm/ihr alle schreiben). Nun macht mal alle schön mit, es ist doch für einen guten Zweck, außerdem bekommt die jeweilige Klinik (oder wer auch immer) von irgendeiner Stiftung (oder sonstwoher) soundsoviel Dollar (oder Cents) für jede Weiterleitung. Wieder stellt sich die Frage, wer die Mails eigentlich zählt, wenn sie nicht alle an eine bestimmte Adresse geschickt werden. Wer da an wen Geld zahlt, ist auch nicht immer gesagt und ob das dann auch passiert, weiß man ohnehin nicht. Schließlich könnte ja auch ein Spammer der Urheber der Mail sein, der auf diese Arbeit und Kosten sparende Weise viele gültige E-Mail-Adressen frei Haus bekommt und sie nach Erstverwertung für viel Geld weiterverkaufen kann (ja, solche Menschen gibt es wirklich!).

Auch die vor einigen Jahren durch die Presse gegangene Postkarten-Aktion für ein todkrankes Kind in England war übrigens eine kontraproduktive Aktion, dieses Kind wurde noch lange Zeit später mit Unmengen an Post überhäuft, die es gar nicht haben wollte. Die Idee dazu kam nämlich von jemand anderem.

Es gibt sicher viele tausend kranke Kinder überall auf der Welt, viele von ihnen zum Sterben verurteilt, und einige fänden es vielleicht sogar toll, viele E-Mails zu bekommen. Mit Sicherheit wissen die aber nichts von diesen Aktionen und werden es auch nie erfahren, geschweige denn, daß jemals ein Pfennig für ihre Behandlung dadurch aufgebracht würde.

Lesen Sie hierzu auch die Stellungnahme der American Cancer Society (engl.). [2]


Und, aktuell zu "Brian":

Extra-Blatt

Kettenbrief: Solidaridad con Brian

Der angeblich krebskranke Junge existiert nicht

In einem Kettenbrief wird dazu aufgerufen, ebendiesen Kettenbrief weiterzuleiten, da somit die Behandlung eines krebskranken Jungen namens Brian finanziert werden könne. Dieser soll angeblich ein Notebook an das Krankenbett bekommen haben. Soweit bislang bekannt, existiert dieser Junge gar nicht.

Dieser Kettenbrief ist derzeit groß im Umlauf, sowohl in Deutschland als auch in Österreich. Daher dieses Extra-Blatt, obwohl zu dem Thema eigentlich auf der Hoax-Seite bereits alles gesagt ist (im Abschnitt Tränendrüsenbriefe).

Es gibt spanische, deutsche und englische Versionen. Angeblich sollen Internet Provider (ISPs) Geld für jede weitergeleitete E-Mail spenden. Dies trifft nicht zu. [3]


Alle Zitate entstammen der hervorragenden Infosammlung zum Thema, Hoax-Info. Beware of the spammers! (EMÖ)

[1] http://www.tu-berlin.de/www/software/hoax.shtml
[2] http://www.tu-berlin.de/www/software/hoax.shtml#8tdb
[3] http://www.tu-berlin.de/www/software/hoax/brian.shtml

 16. Januar 2000 · Netzwelt: Aus "Links" wird "Netzwelt"

Die Rubrik "Links" hat ein neues Gesicht: In der "Netzwelt" finden Sie nach wie vor Verweise auf andere gleich- oder völlig anders gesinnte Websites, außerdem wird es hier aber auch gelegentlich wichtige News und Kommentare aus dem Bereich EDV & Internet sowie gesonderte Ankündigungen neuer Links geben.

 14. Januar 2000 · Kultur: Aktuelle TV-/Radiohinweise

Da die aktuellen Themen einiger TV- und Radiosendungen oft erst sehr kurzfristig bekannt gegeben werden, können unsere "Medientipps" aus praktischen Gründen nicht immer alle interessanten Sendungen aufführen. Um diesen Mangel zu beheben, wurde im Diskussionsbereich "Gesellschaft und Medien" ein neues Forum "Aktuelle Tipps" eingerichtet - selbstverständlich auch für Hinweise unserer Leser. (H.J.)

 12. Januar 2000 · Der Humanist: Abgelaufene Texte gelöscht

Die folgenden Texte, für die unsere Wiedergabegenehmigung abgelaufen ist, wurden gelöscht:

Wir hoffen, in Kürze neue Texte zur Verfügung stellen zu können, die den Verlust wettmachen. (EMÖ)

 12. Januar 2000 · Politik: Mit der Abrüstung ernst machen

Am 4./5. Dezember 1999 fand in Kassel - noch ganz unter dem Eindruck des Jugoslawienkrieges - der 6. Friedenspolitische Ratschlag unter dem Motto "Was folgt nach dem Jahrhundert der Kriege? - Alternativen der Friedensbewegung" statt.

Der Humanist veröffentlicht den Beitrag von Lühr Henken vom Hamburger Forum: "Mit der Abrüstung ernst machen".

 12. Januar 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 19. Januar.

Am Dienstag, den 18. Januar 2000, bringt der Bayerische Rundfunk (BR, 19.30 Uhr) ein Porträt über Manfred Kock, den Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Zur Zeit findet in Bad Neuenahr eine Synode der rheinischen Kirche statt. Dort gab es aktuelle Zahlen der Gottesdienstbesucher. Im Rheinland finden sich nur noch zwischen 2,8 und 3,9 Prozent der Kirchenmitglieder sonntags in der Kirche ein, musste Kock frustriert feststellen. Aber er meinte, auch wenn nur eine Handvoll Menschen in die Kirche kommen, sollte Gottesdienst gehalten werden. Wenn diese etwa in Ferienzeiten wegen geringer Besucherzahlen ausfielen, so sei dies "ein Zeichen gefährlicher Selbstsäkularisation" und einer sich selbst aufgebenden Kirche. In der rheinischen Kirche gebe es so viele Pastoren und Pastorinnen wie nie zuvor - wenig Schafe, viele Hirten. "Also kann mein Appell nicht überfordern", folgerte Kock. Er nannte die große Kirchengemeinde einen "schlafenden Riesen". Aber er ist überzeugt, dass allen Mitgliedern ihre Mitgliedschaft wichtig sei.

Wichtig ist die Mitgliedschaft für viele insofern, als davon oft der Arbeitsplatz bzw. ihr persönlicher sozialer Friede abhängt. Denn oft genug macht die Kirche Druck, wenn jemand ans Austreten denkt, vor allem in ländlichen Gegenden. In den Großstädten ist der Schwund nicht mehr aufzuhalten. Man fragt sich allerdings, wie die hohe Zahl an Bodenpersonal ("so viele wie nie zuvor") mit dem ständigen Jammern über Geldnot zusammenpasst. Abgewiesene, examinierte Theologiestudenten können übrigens eine hübsche Summe als Abfindung beantragen. (H.J.)

[Quelle: idea online, 11.1.00]

 9. Januar 2000 · Geschichte: Projekt: Die Kreuzzüge

Es ist vollbracht. Unser Projekt Die Kreuzzüge ist endlich fertiggestellt. Verfügbar sind Informationen zu allen 7 Kreuzzügen und ein Bildarchiv, dass dem Leser ein visuelles Bild der damaligen Ereignisse vermittelt. Lesen Sie wie man  60000 Juden bei der Eroberung von Jerusalem abschlachtete, wie Papst Urban II. die Muslime zu Untermenschen erklärte und wie erbärmlich Richard Löwenherz in Wahrheit agierte. Die Lektüre dieses Projektes sei ganz besonders jenen Christen empfohlen, die sich bisher kategorisch weigerten sich mit Ihrer eigenen Geschichte zu beschäftigen. (F.W.)

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