Der Humanist: Der Menschheit verpflichtet

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 24. April 2000 · Wissenschaft: Time-Life-Filmdokumentation Rock A Bye Baby komplett online

Die 30minütige Time Life-Dokumentation Rock A Bye Baby von 1970 ist mit Erlaubnis der Rechteinhaber komplett bei uns im Netz. Sie ist eingegliedert ins Origins of Violence Archiv dieser Site. Zum Abspielen ist der RealPlayer erforderlich.

Rock A Bye Baby dokumentiert wissenschaftliche Forschungen um 1970, die einen Zusammenhang zwischen abnormaler Gehirnentwicklung und dem Entzug verschiedener sensorischer Stimuli herstellen. Dabei geht es insbesondere um die Notwendigkeit von zärtlichen Berührungen und Bewegung für eine gesunde kindliche Entwicklung.

Das Wiegen von Säuglingen ist besonders wichtig. Sowohl beim Menschen als auch bei Affen führt der Entzug solcher Reizungen zu Gehirnschäden, die wiederum Aggressivität und Lernschwächen sowie ein merkwürdiges, ununterbrochenes Kopfwiegen hervorrufen. Dies zeigen auf der Site zwei Animationen.

Eine deutsche Zusammenfassung des Films ist ebenfalls verfügbar. Wir freuen uns, diese wichtige und mehrfach ausgezeichnete Dokumentation auf diese Weise ins digitale Zeitalter gerettet zu haben. (EMÖ)

 23. April 2000 · Religion: Krippenspiele


Auch in diesem Jahr fanden auf den Philippinen die alljährlichen  Kreuzigungs- und Selbstkasteiungsfestpiele einen regen Zuspruch.
Neun gläubige Christen ließen sich zur Erbauung des Herrn von Helfern ans Kreuz nageln. Dabei trieben diese in Alkohol getränkte Stahlnägel in die bloßen Handflächen.

Besondere Aufmerksamkeit verdient der  42-jährige Herocito Sangalang, der sich der Tortur in den nächsten 15 Jahren aussetzen will, weil seine Mutter von einer schweren Tuberkulose geheilt wurde.  Nicht unerwähnt lassen wollen wir natürlich auch die farbenfrohen Büßer, die sich mit Peitschen, deren Enden mit Glasscherben versehen sind, die nackten Oberkörper blutig schlugen, um Abbitte zu leisten. 

Sollten jetzt die christlichen Leser unter uns von Erweckungsgefühlen ergriffen worden sein und den nächsten Osterurlaub vorsorglich auf den Philippinen buchen, so müssen wir diese jedoch enttäuschen. Ausländern ist die Teilnahme an der Zimmermannsorgie verboten, seit sich vor Jahren mal ein Japaner kreuzigen und filmen ließ. Die Aufnahmen sollten später in einem Pornofilm verwendet werden.

Die katholische Kirche selbst hält sich bedeckt, wie so oft, wenn es ein bißchen zu extrem und abgefahren wird. Man lehne die Prozessionen ab, heißt es aus klerikalem Munde, doch zu unternehmen scheint man auch nichts dagegen.

Nun denn, uns bleibt nur, auch für nächstes Jahr ein fröhliches Nageln zu wünschen. (T.S.)

 18. April 2000 · Politik: "Gott mit dir, du Land der Bayern..."

Ethische Wertevermittlung in bayerischen Schützenvereinen.

Die einen legen die Bibel und deren ethischen Intention aus, wie sie gerade der Popularität des Zeitgeistes entspricht: "Nicht jedes Bibelwort hat gleiches Gewicht", (Pfarrer Werner Streckies bezüglich seiner Segnung von Homosexuellen, Schwabacher Tagblatt v. 03.03.00). Die anderen sehen ausschliesslich im christlichen Religionsunterricht die Möglichkeit der "Wertevermittlung" (bayer. Kultus-Staatssekretär Freller und Ministerin Hohlmeier in verschiedenen Zeitungsartikeln und Neujahrsempfängen).

Doch welches und wessen "ethisches Wort" hat nun "Gewicht"? Wer eicht in der argumentativen Auseinandersetzung die bayerische Waage, mit der festgestellt wird, was zählt?

Offenkundig der stellvertretende Landrat des Landkreises Roth (Mittelfranken in Bayern) Walter Schnell. Er bestätigt in einer Rede zur Frühjahrsversammlung des Schützengaues Schwabach-Roth-Hilpoltstein den Schützenvereinen, "dass neben dem schießsportlichen Können den jungen Leuten auch ethische Werte [...] vermittelt werden"!!
Einspruch, Euer Ehren! Wir haben zwar nicht unbedingt und generell etwas gegen Schützenvereine, doch um es pointiert zu formulieren: Gibt es ethische Werte beim Schießen? Der Schützenverein als humanistische Einrichtung, sozusagen als Kaderschmiede zum ethischen Handeln? Oder war es letztlich nur das populistische Aufstellen einer ebenso markigen wie unbegründeten Behauptung?

Einerseits erweitert der Stellvertreter des Landrates durch diese Äußerung den Kreis der Vorgenannten, andererseits kann man nur hoffen, dass sich die im Schießsport zu vermittelnde Ethik nicht darin erschöpft, statt auf Pappkameraden auf Ziel- und Tonscheiben zu schießen. Was Schnell unter "guter Prägung und Wertorientierung" der Jugendlichen im Schützenverein versteht, bleibt er im Detail schuldig.
Sicher hat er damit nicht das Gleiche gemeint, wie einst die Nazi-Gauleiter, die Jugendliche in der HJ (Hitlerjugend) den Umgang mit Waffen auf sportive und kameradschaftliche Art beibrachten.
Kameradschaft, "Disziplin und der korrekte Umgang mit Waffen" (man schieße lieber gar nicht als daneben?) sind jedoch keine ethischen Werte.

Darüber hinaus fragen wir uns, ob es vom humanistischen Standpunkt aus sinnvoll und vertretbar ist, eine Waffe, deren Intention auf tötenden Kampfeinsatz zurückgeht, in die Hände von Menschen, insbesondere von Jugendlichen zu geben, da erwiesenermaßen durch entsprechende Konditionierung eine Reduzierung der Anwendungs-Hemmschwelle wahrscheinlicher wird (siehe Brannenburg, Bad Reichenhall, Littleton, etc.)
In unserer Gegenposition erhoffen wir uns wenig Nachahmung dieser Fälle, in denen evident wurde, dass gerade der intensive Umgang mit Waffen die Grundlage hierzu geschaffen hat.

" ...deutsche Erde, Vaterland!" (H.F.)

[Quelle: Tageszeitung Schwabacher Tagblatt, diverse Berichterstattung und Diskussion vom 17.04.2000, vom 15./16.04.2000, 10.04.2000 und 04.04.2000]

 17. April 2000 · Politik: arm & reich

Die Weltbank – sie tagte am letzten Wochenende in Washington zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds IWF (Ganoven unter sich?) - hat erneut darauf hingewiesen, dass die Schere zwischen den wohlhabenden und den armen Ländern immer weiter auseinander klafft. Aus dem Weltbankbericht:

- In Äthiopien liegt das jährliche Pro-Kopf-Einkommen im Durchschnitt bei 100 Dollar, in Luxemburg bei 45.100 Dollar.

- Ein Sechstel der Menschheit – insbesondere in den USA, Kanada, Westeuropa und Japan – bezieht 80 Prozent des weltweiten Einkommens.

- Mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung muss sich mit 6 Prozent des weltweiten Einkommens bescheiden.

- Etwa 1,2 Milliarden (1.200.000.000) Menschen leben von weniger als einem Dollar pro Tag und somit in absoluter Armut. Nebenbei erwähnt ist diese Zahl seit Jahren beinahe konstant.

Globalisierung als „Entwicklungshilfe“ für die ärmsten Länder der G-77-Gruppe?
Nein – es regieren die Großmächte, der Kapitalismus und das freie Kapital ausschliesslich im Sinne und zum Wohle der Kapitalisten... (H.F.)

[Quelle: Tageszeitung Nürnberger Nachrichten vom 15./16.04.2000]

 16. April 2000 · Religion: "Gott mit dir, du Land der Bayern..."

Klerikaler Streit ums Volksfest

Die Bürger der Stadt Nürnberg atmen auf: Das traditionelle Frühlingsfest (Volksfest), das alljährlich auf dem Volksfestplatz am Dutzendteich - der ehemaligen Aufmarschstrasse der Nationalsozialisten - stattfindet, darf wie immer am Karsamstag beginnen.
Begründet wird dies vom Stadtrechtsdirektor Frommer wegen des so genannten "älteren Herkommens". Er führt aus, dass der Startschuß für den Nürnberger Rummel seit 1920 am Karsamstag historisch belegt ist – natürlich stets "in gutem Einvernehmen" mit den beiden Großkirchen.

In München wurde dagegen der Beginn des Volksfests wegen des massiven Protests des Kirchen auf Ostersonntag verschoben. Sowohl das erzbischöfliche Ordinariat als auch Martin Bogdahn vom Kirchenkreis München, zudem der stellvertretende bayerische Landesbischof hatten gegen den Start des Münchner Frühlingsfestes am Karsamstag (22.04.2000) protestiert.
Lärm und Rummel widersprechen dem Charakter des hohen christlichen Feiertages, teilten sie den Schaustellern und dem Kreisverwaltungsreferat mit. Zudem solle vor allem der Karsamstag - neben dem "Heiligen Abend" - nicht für Finanzgeschäfte mißbraucht werden (Dekan Helmut Ruhwandl).
Ein Satz, der die Schausteller besonders aufbringt. "Alle Geschäfte sind an diesem Tag geöffnet und Kollekten [der Kirchen] werden an dem Tag ja wohl auch gesammelt", ärgert sich ein namentlich bekannter Schausteller.
Süffisant rechnen die Münchner Schausteller vor, dass in der BRD rund 50 Frühlingsfeste am Karsamstag beginnen (siehe oben). Weiterhin wollen sie bei einer internen Auftaktversammlung darüber diskutieren, ob sie im Gegenzug symbolisch keine Kirchensteuer mehr bezahlen.

Im bayerischen Innenministerium als oberster Rechtsaufsichtsbehörde beobachtet man die hitzige Debatte ums Frühlingsfest inzwischen sehr aufmerksam: Der Münchner Streit könnte sich bayernweit als Stich ins Wespennest erweisen.

" ...deutsche Erde, Vaterland!" (H.F.)

[Quelle: Tageszeitung Nürnberger Nachrichten vom 14.04.2000 und vom 15./16.04.2000]

 12. April 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 21. April, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Nachdem die ARD kürzlich mit ihrer Doku-Reihe "2000 Jahre Christentum" mehr schlecht als recht eine Aufarbeitung der Geschichte versucht hat - die Beschreibung der Schönheit der christlichen Kunst wechselte sich ab mit der Beschreibung der christlichen Verbrechen; alles im gleichen Tonfall -, stellt nun das ZDF in ihrer 7-teiligen Missionsreihe "Glut unter der Asche" ab Sonntag die Frage nach Gott.

So heißt es beim ZDF in den Texten zur Reihe:

"Wie kann man in unserer Zeit an Gott glauben? Ist der Mensch des 21. Jahrhunderts nicht längst religionsmündig geworden? Die Selbstverständlichkeit, mit der die monotheistischen Religionen über Gott und Offenbarung reden, ist verloren gegangen. Dennoch bleibt die Gottesfrage als Sehnsucht des Menschen nach einem tragenden Grund bestehen."

und schließlich:

"Aufklärung und Religionskritik haben die Frage nach Gott nicht zum Verstummen gebracht. Das Christentum wird sich daran messen lassen müssen, ob es die Geschichte von Freiheit, Verantwortung und Gerechtigkeit fortsetzen kann."

Daran kann man schon ermessen, was auf die Zuschauer zukommt. Also eher keine Empfehlung.

In eigener Sache: Die nächsten Medientipps gibt es urlaubsbedingt erst wieder am 5. Mai. (H.J.)

 11. April 2000 · Religion: Offener Brief an "Homosexuelle und Kirche"

Der Humanist veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors einen Offenen Brief von Reiner Kaesberger an den Ökumenischen Arbeitskreis "Homosexuelle und Kirche" (HuK). Darin begründet er seinen Austritt aus dem Arbeitskreis, dem er mehrere Jahre angehörte.

Aus dem Brief:

"Ich kann mir nur verwundert die Augen reiben, wenn protestantische Christen von einer "Vorreiterrolle" ihrer Kirche bei der Homosexuellenemanzipation sprechen. Die Entschärfung des § 175 StGB 1969 wurde von einer Minderheit konsequenter Sozialdemokraten (damals gab es solche noch!) gegen die Mehrheit der Bevölkerung und den Widerstand beider Kirchen durchgesetzt. Diese Gesetzesänderung war die Voraussetzung für die Emanzipationsbewegung und hat schließlich die Diskussion in die Kirchen getragen. Hätten damals die Christen Erfolg gehabt, dann würde heute auch eine Frau Jepsen den Mund halten, wenn sie hätte Bischöfin werden wollen. Bei allen Fortschritten in Sachen Humanität und Gleichberechtigung (z.B. der Frau) waren nie die Kirchen avantgardistisch, sondern sie waren immer Bremser und Nachzügler, sozusagen die geistig-moralisch Fußkranken. Scheitert das weltlich-liberale Konzept, so werden auch die Kirchen alle Fortschritte, die ihr von dieser Seite aufgezwungen wurden, wieder zurücknehmen und wieder auf die unverfälschten Positionen der Bibel pochen. Als zuverlässige Partner für Homosexuelle kann ich mir diese Kirchen auf Dauer nicht vorstellen."

Der vollständige Brief kann in unserer Rubrik Religion / Texte nachgelesen werden. (H.J.)

 7. April 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 14. April, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Am Donnerstag geht es bei einem Themenabend bei ARTE (20.45 Uhr) um die "Lust auf Sex". Nach den Umfragen sind die Deutschen mit ihrem Sexualleben relativ zufrieden. Aber Experten wissen: Tabus, Scham und Ängste belasten das Geschlechtsleben vieler Paare.

Der Themenabend geht in zwei Dokumentationen u.a. den Fragen nach, ob Männer und Frauen tatsächlich für die geschlechtliche Partnerschaft geschaffen sind und ob das herkömmliche Partnerschaftsmodell nach dem Motto 'bis dass der Tod Euch scheidet' nicht grundsätzlich unseren Wünschen und Trieben widerspricht. (H.J.)

 6. April 2000 · Kultur: Veranstaltungshinweise: Update

Immer noch beschäftigt das Theaterstück "Corpus Christi" in Heilbronn, eine sehr moderne Erzählung über das Leben des Zimmermannsohns, strenggläubige Christen und Moslems in Deutschland. Für Samstag hat die Partei Bibeltreuer Christen (PBC) zu einer Demonstration vor dem Stadttheater Heilbronn aufgerufen.

Aus dem Aufruf: "... In der Aufführung wird auf gemeine Art und Weise die Wahrheit verdreht und nach unserem Verständnis Geschichtsfälschung betrieben.

Das läßt sich leicht durch das Lesen der Bibel belegen. Durch dieses gotteslästerliche 'Schmierentheaterstück' wie es in den Medien bezeichnet wurde, werden grob und mutwillig die Glaubensinhalte von Millionen von Christen weltweit verunglimpft, verletzt und beleidigt. Das trifft nicht nur auf 'sogenannte Fundamentalisten' zu.

Das Stück verletzt nach Grundgesetz Artikel 5, Absatz 2 '...das Recht auf persönliche Ehre.' Nach StGB §166 verletzt es religiöse Gefühle und stört den öffentlichen Frieden. ...

Wir schämen uns für unser 'Christliches Abendland'. Muslime, die in unserem Land leben, beschämen uns und zeigen uns, wie wir mit 'Heiligem' umgehen sollten!"

Die PBC-Anhänger gehören zu der verschwindend geringen Gruppe von Christen, die die Bibel tatsächlich - entgegen aller wissenschaftlichen Forschung - als Geschichtsbuch und immer noch völlig wörtlich nehmen. In dem Aufruf verurteilt der Vorstand der PBC jede Gewaltanwendung gegen das Theater - um dann doch zum Schluss Moslems als Vorbilder zu nennen, die doch gegen den Autor von "Corpus Christi", Terrence McNally, die Fatwa verhängt haben.

Mehr Infos, genaue Uhrzeiten und Veranstaltungsorte zu diesem und anderen Hinweisen finden sich in unseren Veranstaltungstipps. (H.J.)

 3. April 2000 · Netzwelt: Spieglein, Spieglein ..

Aufgrund der anhaltenden Verfolgung von Hackern und deren Software-Erzeugnissen durch die Unterhaltungsindustrie haben wir uns entschlossen, eine permanente Mirror-Seite für zensierte Programme (und sonstige Informationen) einzurichten. Die gespiegelten Dateien sind nach deutschem Recht legal.

Wer von Zensur bedroht ist und Informationen bei uns spiegeln möchte, sollte uns per E-Mail kontaktieren. Mehr dazu hier: Mirror, Mirror. (EMÖ)

 1. April 2000 · Religion: Papst Johannes Paul II. gestorben

Im "Heiligen Jahr" hat der himmlische Herr seinen auserwählten Stellvertreter auf Erden zu sich gerufen. Zu einem Zeitpunkt, da niemand damit gerechnet hat, starb Papst Johannes Paul II. in den Armen seines Staatssekretäres in den späten Abendstunden des heutigen Tages. Wie erst vor wenigen Minuten vom offiziellen Pressedienst des Vatikans mitgeteilt wurde, ereilte den höchsten kirchlichen Würdenträger der Tod beim Üben des österlichen Segens „Urmeli aus dem..“ äääh "urbi et orbi".

Die gesamte christliche Welt trauert um ihr geistiges Oberhaupt. Sämtliche klerikalen Würdenräger haben die Regierungen ihrer Länder gebeten, die Landesflaggen auf Halbmast zu setzen.
Sie trauen um ihren Chief, der es wie kein anderer geschafft hat, Flugreisen zu seinem alltäglichen Geschäft zu machen. Er galt als Musterbeispiel für die Grossen der Reise- und Kerosinindustrie. (84 Auslandsreisen in 117 Länder, ca 1,1 Millionen Reisekilometer. Stand Okt. 1998)

Die deutsche Fluggesellschaft „Luftgänse“ lässt unverzüglich prüfen, ob die gesammelten "Miles & More-Punkte" auf das Konto des Petrus-Stuhl-Nachfolgers übertragbar seien.

Wie weiterhin aus informierten Kreisen verlautete, wird damit gerechnet, dass sein alsbald gewählter Nachfolger die Eröffnung des Seligsprechungsprozesses für den Verstorbenen beantragt. Es wurden bereits riesige Aktenberge von der bayerischen Oberpfalz in den Vatikan transferiert, die unter anderem über 13 600 Gebetsanhörungen aus aller Welt dokumentieren.

Intern wird der christlich-fundamentale Bischof Dyba aus der BRD als Nachfolger in der liberaler Tradition des Papstums gehandelt. Zudem darf man gespannt sein, welche Rolle das von Papst Johannes Paul II. sehr geförderte OPUS DEI bei dem Gerangel um die Weltherrschaft spielt. Es wird gemunkelt, das auch die Scientologen mit von der Partie sein sollen.

Letztendliche Klarheit wird uns allen erst vom Heiligen Geist zukommen, dessen Wirken in den nächsten Tagen sehr gefragt sein wird.

AMEN... ääh April, April!

(H.F.)

 31. März 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 7. April, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Am Sonntag beschäftigt sich die ARD (17.30 Uhr) mit dem Thema Abtreibung. Der Titel zeigt schon, in welche Richtung die Sendung geht: "Ich musste abtreiben". Es geht vor allem um die Probleme nach der Abtreibung, die dann durch Therapeuten und Seelsorger verarbeitet werden müssen.

Maja Langsdorff schreibt dazu in ihrem Buch "Kleiner Eingriff - großes Trauma?" (Fischer-Verlag):

Können Abtreibungen seelisch krankmachen? Immer wieder hört und liest man, dass Frauen, die ihre unerwünschte Schwangerschaft abbrechen lassen, schwere seelische Folgen drohen. Das Risiko einer gefühlsmäßigen Irritation besteht tatsächlich, doch es ist nicht schicksalsbedingt. Meist werden die seelischen Schwierigkeiten, die die Frauen "danach" beklagen, durch eine Vielzahl von Faktoren provoziert. Depressionen, Schuldgefühle und das Absinken der Selbstachtung wären vermeidbar, würden Mutterschaft einerseits und das Nein zum Kind andererseits nicht unter ideologischen und moralischen Aspekten zu Weltanschauungsfragen hochstilisiert. Entgegen anderslautenden Gerüchten haben nur wenige Frauen nach einer Abtreibung - vorübergehend - seelische Beschwerden. Den meisten bleibt die Zeit "davor" viel frischer und grausamer im Gedächtnis haften - die Zeit der Angst, der Konflikte, des Zeitdrucks, des Entscheidungszwangs, der Organisation.

Neben den Ursachen, Hintergründen und Auswirkungen problematischer Verarbeitung geht es in diesem Buch auch um Fragen, die größere Zusammenhänge aufzeigen: etwa nach dem Schicksal unerwünschter Kinder oder nach der Alternative Adoption statt Abtreibung. Eine Auseinandersetzung mit der Geschichte der Familienplanung macht deutlich, warum die Abtreibung als Selbstbestimmungsrecht der Frau so schwer durchsetzbar ist. (H.J.)

 29. März 2000 · Politik: Es stürmt so stürmisch im Wasserglas

Es folgt ein Gastbeitrag von Peter J. Bubenik, der auch im "Just Another Site Newsletter" nachgelesen werden kann. Wir danken recht herzlich für die Wiedergabegenehmigung. No more comment needed (EMÖ).

"Unfassbar": Real Bild Soap - Oder:
Es stürmt so stürmisch im Wasserglas

BILD dir deine Schleimung: Deutschlands verwegenste Sülz- und Sabbergazette, das Butterbrotpapier mit den großen Buchstaben und kleinen Großhirn, regte sich heute gar mächtig auf und dementsprechend ins auflagensteigernde Zeug. Die Lehrbuch-Journaille der res publica zog vom Leder und über die schlicklich vertatterte Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) her - wegen vermeintlicher "Sex-Links" auf der Website des Ministeriums. Das zum Moralhüter geradezu postdestinierte Schmierblatt rügte mit angemessener Schamesröte einen Link auf die "Powercat" und bezichtigte die Ministerin der Vermittlung von "Callboys". Nun wäre unsereiner ja beinahe an einem hormonellen Hyperflow verendet ob des schier ungeheuerlichen Sittenzerlalls, der uns laut Gazette droht. Inzwischen wieder verhandlungs- und verkehrsfähig, melden wir uns zu Wort und betonen, dass wir uns mit Blick auf die "unglaubliche Schlamperei" (CDU) natürlich schwerlich wieder werden einrenken können - es fragt sich nur, auf wessen Schlamperei. Dies umso mehr, als Deutschlands schon wegen des Namens nicht ganz unbedeutende Nachrichtenagentur den exaltierten Schimpf des berüchtigsten aller "Tabloids" nach der "Sun" und dem "Mirror" unbesehen nachplapperte, um sich erst am Mittwochnachmittag etwas differenzierter zu der Ungelegenheit zu melden - nämlich die dpa. Die Deutsche Presseagentur dürfte ihren Ruhm damit nicht eben gemehrt haben.

Um was geht es? - Kurz gesagt: um nichts. Es wurde lediglich ziemlich viel über Nichts gemeldet. Ein "Link des Monats" des Familienministeriums verwies auf ein Webverzeichnis für Frauen, das sich "Powercat" nennt. Dort können Besucher - über weitere Verweise, also mittelbar - auch zu den Angeboten von na, eben: "Callboys" und anderen Seiten mit "erotischem" Inhalt gelangen. Die arme Frau Bergmann ließ sich dahingehend einmachen, es sei von ihrem Haus "zu spät bemerkt" worden, dass sich über "Powercat" auch "Sexseiten" erreichen ließen. Für das Familienministerium sei dies Anlass, alle Links seines Webangebots noch einmal auf ihre "Seriosität" zu überprüfen.

Während Unionspolitiker ein gefundenes Fressen witterten und von einem "Skandal" sprachen, einer Einschätzung, der der parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Koppelin, in besagter "Bild"-Zeitung wetteifernd zuvorkam, äußerten Experten Unverständnis angesichts der hurtigen Hetze. Der Chefredakteur der "c't" (Hannover), Christian Persson, sagte der - ha! - dpa, niemand könne kontrollieren, wohin Links auf andere Internetseiten letztlich führten. Es sei im Schnitt mit sechs bis sieben Mausclicks möglich, von jeder beliebigen Seite auf jede andere Seite im Netz zu springen. Die gegen Bergmann erhobenen Vorwürfe seien deshalb nicht zu halten.

Die als "Familienpolitikerin" firmierende CSU-Bundestagsabgeordnete Maria Eichhorn aus Neutraubling bei Regensburg bezeichnete es als "unfassbar", wie leicht "erkennbare Links zu Callboys, Cybersex- und Erotikseiten" auf der Homepage des Ministeriums zu erreichen gewesen seien. Gefragt, wo der Unterschied zum Internet-Angebot der CDU liege, über das sich Sex-Seiten ebenso schnell erreichen lassen, verwies Eichhorn auf die heraus gehobene Präsentation des Links auf der Ministeriumsseite. Dies sei nicht mit der "Liste der allgemein bekannten Suchmaschinen irgendwo in einer langen Liste von informativen Fachlinks" im CDU-Angebot zu vergleichen. (Anm.: Frau Eichhorn, überzeugte, aber wenig überzeugende Katholikin, soll inzwischen gelernt haben, dass eine Maus nicht unbedingt am Käse knabbert. Sie wird auch den ihren nicht fressen).

Dagegen ist bislang keine Einlassung, weder von Herrn Koppelin noch von Maria Eichhorn bekannt zur den zahlreichen (Telefon-)Sex-"Links", die - entsprechend lukrativ - sich in jeder Ausgabe des Hamburger Fisch-(Kopf)-Einwickel-Papiers befinden: in der Dienstag-Ausgabe waren es allein auf der Seite 11 - geschlagene 13.

Was lehrt uns das Exempel? "Bild" dir deine Meinung, bevor du einen antextest. Und zweitens: "Bild" ist schon wieder ein Knüller gelungen. Denn so gerissen und schmierig sind wir selbst von dem hinlänglich berüchtigten, gerichtsnotorisch als nicht zuverlässige Informationen verbreitend bekannten und ansonsten auch vor nichts zurückschreckenden Springer-Blatt doch wohl noch nie gelinkt worden. Was erwartet uns da erst am 1. April!

Zu beglückwünschen ist aber vor allem "Powercat", eine Domain, deren URL wohl keiner so schnell errät und deren Pageviews jetzt kurz vor dem Zusammenbruch des Servers liegen dürften.

Nur einmal müssen wir jetzt noch ernst werden: Frau Bergmann ist für eine Ministerin ein bißchen zu leicht einzuschüchtern. Vielleicht sollte ihr das mal irgendwer sagen... Vielleicht gar "Bild". Denn da werden Sie geholfen.

 24. März 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 31. März, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Am Mittwoch um 17.05 Uhr heißt das Thema bei HR 2 Radio: "Bilder aus dem Jenseits? - Neues aus der Nahtod-Forschung". Schon lange beschäftigen sich Mediziner und Psychologen mit den sogenannten "Nahtod-Erfahrungen". Viele der Patienten berichten über das Gefühl außerhalb ihres Körpers zu stehen.

Ein europaweites Forschungsprojekt hat kürzlich überraschende Ergebnisse zu Tage gefördert: Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen erleben durchaus verschiedene Todesnähe-Erfahrungen. Die Bilder und Erlebnisse sind kulturell beeinflusst. Was heißt das aber für die Frage, was nach diesem irdischen Leben kommt. Können Nahtod-Erlebnisse überhaupt ein Hinweis auf das Jenseits sein? Oder verarbeitet das Gehirn, das bei Nahtod-Erfahrungen eben noch nicht tot ist, nur den kulturellen und religiösen Input.

Im November 1998 beschäftigte sich "Quarks & Co" vom WDR mit dem Thema "Wie wir sterben?". Auch die Nahtod-Erfahrungen wurden in der interessanten Sendung wissenschaftlich erklärt. Der Text der Sendung ist im Internet nachlesbar. (H.J.)

 18. März 2000 · Kultur: Buggle zu wissenschaftlich?

Kürzlich wollte die Regionalbeauftragte von Niedersachsen des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten e.V. (IBKA), Irene Nickel, der "Öffentlichen Bücherei Braunschweig" mit einer Buchspende etwas Gutes tun. Sie hatte vor, der Bibliothek ein Exemplar von Prof. Dr. Franz Buggles "Denn sie wissen nicht, was sie glauben" zu spendieren - natürlich nur, wenn das Buch auch den Nutzern der Bücherei zur üblichen Ausleihe angeboten wird.

Aber die Bücherei war nicht an dem Buch des Psychologen und Philosophen, das sich kritisch mit Bibel und Christentum beschäftigt und durch Zitate demonstriert, "dass die Bibel ein zutiefst gewalttätig inhumanes Buch ist" (Prof. Dr. Buggle), interessiert. "Nein, danke", meinte die Bücherei Braunschweig, und lehnte das Buch mit der Begründung ab, so etwas würde nicht gelesen, es sei "zu wissenschaftlich". Das Gleiche gelte auch für Hans Küngs "Christ sein", mit dem sich Buggle in seinem Buch ausführlich auseinandersetzt.

Diese Begründung ist allerdings merkwürdig, denn zum Bestand der Öffentlichen Bücherei gehört u.a. Franz Buggeles Werk "Die Entwicklungspsychologie Jean Piagets", ein Buch, das sich an ein Publikum wendet, das sich von wissenschaftlicher Sprache und Methodik und von wissenschaftstheoretischen Ausführungen nicht abschrecken lässt.

Ist etwa die Abneigung gegen wissenschaftliche Sprache und Methodik im Bereich der Religion größer als in anderen Bereichen? Und vor allem: Darf der an Theologie interessierte Nutzer der Bibliothek über seinen Bedarf an wissenschaftlichen Abhandlungen nicht selbst entscheiden? Wozu also diese Vorauswahl in Braunschweig? Eine Öffentliche Bücherei hat einen Bildungsauftrag und sollte den auch zu erfüllen trachten. An zu hohen Kosten kann es in diesem Fall nicht gelegen haben. (H.J.)

 17. März 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 24. März, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

In Berlin läuft die Debatte um den Religions- und jetzt auch Islamunterricht immer noch auf Hochtouren. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern ist Religion in der Hauptstadt ein freiwilliges Fach ohne Benotung. Das aber will die CDU ändern, und auch aus Kreisen der SPD gab es nach der Wahl plötzlich vereinzelt Eingeständnisse in Richtung Kirchen.

Über diese Diskussion berichtet am Samstag,19.00 Uhr, der SFB in seinem Sender B1: "Schüler, Lehrer, Religionen. Die Debatte um ein Schulfach."

Kürzlich fand zu dem Thema ein Talk in der Katholischen Akademie in Berlin statt. Der Theologe Josef Goebel vom Berliner "Aktionsbündnis gegen Wahlpflichtfach Religion/Ethik" forderte kirchliches Umdenken - für ihn ist Religion Bildungsgut und muss nicht mehr bekenntnishaft vermittelt werden. Eingeladen war auch die CDU-Kultusministerin von Baden-Württemberg, Annette Schavan. "Ich bin leidenschaftlich für Religionsunterricht", sagte die einstige Theologiestudentin, die vor anderthalb Jahren bekannt wurde, weil sie eine junge Lehrerin am Unterrichten hinderte, da diese ein Kopftuch trug. Die stellvertretende Vorsitzende der Bundes-CDU und Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Katholiken entgegnete dem Vertreter des Aktionsbündnisses, dass eine Entfernung von Gott nicht ohne Schaden am Intellekt einhergehen kann. [taz, 01.03.00]

Welchen (schadhaften?) Intellekt gesteht Frau Schavan da wohl unseren französischen Nachbarn zu, an deren Schulen schon lange kein Religionsunterricht mehr stattfindet? (H.J.)

 15. März 2000 · Kultur: Moderne Reliquien

"Judge not lest ye be judged
What a beautiful refrain" – REM, New Test Leper

Bei einer Wohltätigkeitsversteigerung im Internet hat eine beim Frühstück übrig gelassene Toastscheibe der Boygroup 'N Sync einen Preis von 1.025 Dollar erzielt. Einem MTV-Bericht zufolge hat die 19-jährige Kathy Summers diesen Betrag während einer Internet-Auktion geboten und den Zuschlag bekommen. [dpa, 14.13.]

Bleibt abzuwarten, ob bald auch die Vorhäute der Backstreet Boys verscherbelt werden. Vielleicht sollte die Kirche mal versuchen, das Evangelium per Boygroup in die Teenager-Hirne zu hämmern. Jesus & the Disciples, featuring Ex-Virgin Mary. Oder so. (EMÖ)

 13. März 2000 · Politik: Unsere Zitatensammlung wächst weiter

"Unsere Welt wird noch so fein werden, daß es so lächerlich sein wird, einen Gott zu glauben als heutzutage Gespenster. "

Georg Christoph Lichtenberg, deutscher Physiker,
Mathematiker und Schriftsteller (1742-1799)

Dieses und viele andere Zitate finden sich in unserer umfangreichen Zitatensammlung. (H.J.)

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