Der Humanist: Der Menschheit verpflichtet

Navigationsleiste

 16. Juni 2000 · Netzwelt: Petition gegen Software-Patente

Die Europäische Kommission beabsichtigt, Gesetze zum Patentschutz für Software zu verabschieden. Damit würde die Verwendung bestimmter (teilweise extrem einfacher) patentierter Algorithmen wie in den USA nicht ohne Erlaubnis der selbsternannten Erfinder möglich sein. Ein solches Gesetz stellt eine massive Bedrohung für die Schaffung freier, offener und damit sicherer Software dar, da so z.B. Studenten nicht mehr in der Lage sind, in ihren Programmen bestimmte Routinen zu verwenden, ohne dafür zu bezahlen. Das ist davon unabhängig, ob sie diese Routinen – die einfache, in einer Zeile zusammenfassbare Instruktionen sein können – selbst neu entwickelt haben oder aus einer vorhandenen Quelle nutzen.

Auch Website-Betreiber sind bedroht: Sie könnten sich strafbar machen, wenn sie ohne Genehmigung simple, aber patentierte Verfahren einsetzen wie z.B. Amazon.coms "Ein-Klick-Bestellung", ein einfaches Verfahren, das die Bestellung per WWW über Cookies in einem Schritt zusammenfasst und in anderer Form auf zahlreichen Websites benutzt wird. In den USA gab es bereits entsprechende Gerichtsverfahren, nun soll gleiches auch hier möglich sein.

Verschiedene Organisationen, die für Open Source-Software und eine freie Informations-Infrastruktur eintreten, bieten deshalb die Möglichkeit, online eine Petition zu unterschreiben. Auf der Website finden sich auch zahlreiche Beispiele von skandalösen Fällen des Missbrauchs von Software-Patenten, die reale Innovation im so wichtigen IT-Bereich bedrohen. Das von profitgeilen Unternehmen geförderte Patentwesen, das sich sogar auf solche Bereiche wie das menschliche Erbgut erstrecken soll, droht die Nutzung und Schaffung von Ideen zu monopolisieren. Dabei ist völlig klar, dass neue Ideen immer nur auf der Basis von alten entsehen können.

Wir bitten alle unsere Besucher, die Petition möglichst bald zu unterschreiben (die Entscheidung über das Gesetz fällt bereits im Juli) und die URL weiterzugeben: http://petition.eurolinux.org/

(EMÖ)

[Quelle: Heise.de, 16.6.]

 16. Juni 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Überall hadde-wadde-duddeda

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 23 Juni, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Die Frankfurter Rundschau beurteilte die Fernsehberichte über den Katholikentag in Hamburg recht kritisch. Die großmundigen Titel, "Invasion der Frommen" hieß es kämpferisch in der Zusammenfassung des NDR für die ARD, "Zeit für Zoff und Zuversicht" im ZDF, wären hübsch formulierte Wunschvorstellungen, die nicht den gezeigten Bildern entsprächen.

Auch die Zusammenfassung des Bayerischen Rundfunks wirkte eher wie eine Realsatire. So würden Behauptungen wie "die mitreißende Jugend" vordergründig bleiben. Versteinerte Gesichter, wenn es ums "Feiern" geht, Händeschütteln der Prominenz aus Kirche und Politik, wenn laut Fernsehmoderator "die Zeichen der Zeit (. . .) auf Kommunikation (stehen)"! Der Beitrag wäre offenbar für kirchentreue Insider gedacht, mit frommen Sprüchen gepflastert und durch eine salbungsvolle Sprecherinnen-Stimme überhöht.

Als gute journalistische Arbeit wurde dagegen die Reportage von Tilman Jens, Carola Wittrock und Wilfried Köpke für die ARD genannt. Singen, Klatschen, Reden sei zwar auch hier im Bild, aber mit ironischer Distanz: "Überall ist hadde-wadde-duddeda." Die Frankfurter Rundschau: "Hier wurde nicht vorgemacht, was Kirche nicht mehr bedeutet, sondern sehr routiniert klar, was sie oft ist: Blubb." (H.J.)

[Quelle: Frankfurter Rundschau, 6.6.00]

 13. Juni 2000 · Religion: Göttlicher Feueralarm

Der eifrige Kardinal Meisner hat beim Weihen des bistumseigenen Senders domradio vorgesorgt. Aus Rücksicht auf die komplizierte Sendetechnik hatte der vermeintliche Gottesmann das Lösch... ääh... Weihwasser im hauseigenen Dom zurückgelassen.
Doch scheint momentan der göttliche Äther zu seinem wolkigen "Vorgesetzten" nicht gut zu funktionieren. Beim Segnen der Sendeanlage hat der Geistliche offenkundig zu vehement das Weihrauchfass geschwenkt. Unvermittelt schlugen die elektronischen Rauchmelder an. Die schnelle Kölner Berufsfeuerwehr rückte eiligst an und nur noch der Hausmeister konnte die Brandbekämpfer stoppen. "Auweia, das ist nur unser Kardinal..." (er meinte sicherlich nicht den Vogel im Hausmeisterbüro).
Nun denn, das Weglassen des Weihwassers wurde somit umgehend göttlich bestraft, wobei die Frage nach den Kosten des ausgerückten Löschzuges vielleicht erst beim nächsten Karneval auftaucht, wenn beim Hellau gesungen wird: "Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld...". (H.F.)

BILD-Zeitung (13.06.2000, Ausgabe Nürnberg)

 12. Juni 2000 · Politik: Gen-Fraß

Eine aktuelle Umfrage des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) bei mehreren tausend US-Farmern ergab, dass im Jahr 2000 weniger gentechnisch veränderte Pflanzen von us-amerikanischen Farmern angebaut werden als im Jahr 1999.
Seit 1996 werden in den USA transgene Pflanzen ausgesät. Die Aktien der biochemischen Trusts (Monsanto, Novartis, etc.) stiegen seitdem kontinuierlich und überdurchschnittlich. Der Anteil der bebauten Flächen stieg seitdem ähnlich rapide an – bis auf 25.000.000 Hektar (1999). Um sich diese Grössenordnung einmal zu veranschaulichen: Ein grosses Kauf-Center auf der so genannten grünen Wiese „verbraucht“ komplett (mit Parkplätzen) etwa 6-8 Hektar (was in der Relation auch schon sehr viel ist).

Doch nun scheint der Boom vorerst vorbei zu sein. Der o.g. USDA-Umfrage zufolge wollen die Farmer im Jahr 2000 erstmals weniger Gentech-Saatgut auf ihren Äckern ausbringen - doch geschieht dies nicht so ganz „freiwillig“.
Obwohl der Rückgang nur leicht ist, zeigt sich dennoch ein neuer Trend: Bei Soja wird ein Rückgang des Flächenanteils für gentechnisch veränderte Pflanzen von 57% auf 52% erwartet. Bei Mais rechnet man mit einem Absinken des Gentech-Anteils von 33% auf 25%. Das wichtigste Merkmal der gentechnisch veränderten Sorten ist weiterhin Insektenresistenz.
Mit erschreckenden 48% bleibt aber weiterhin die Zahl der Gesamtfläche sehr hoch, auf der gentechnisch veränderte Baumwollpflanzen (Kleidung) wachsen. Doch auch hier ist ein Rückgang erkennbar. Im Jahr 1999 waren es noch 55%.

Besonders beim gentechnisch veränderten Weizen – der zudem erst ab 2003 für die Landwirtschaft verfügbar sein soll – ist zu hoffen, dass er zum Desaster für die US-Grossexporteure wird.
Eine Umfrage auf den wichtigsten US-Weizenexportmärkten habe ergeben, dass die USA wichtige Absatzmärkte verlieren würden, wenn ihre Farmer der Versuchung nicht widerstehen könnten, die Erträge mit dem Anbau von genmanipuliertem Weizensorten zu steigern, so ein Sprecher der Exportmarketing-Gruppe U.S. Wheat Associates.
So habe zum Beispiel das Büro der Exportorganisation in Tokio gewarnt, dass mögliche Gentech-Weizen-Lieferungen für die Japaner eine höchst emotionelle Angelegenheit seien und bis zum totalen Boykott von US-Agrarprodukten führen könnten. Vergleichbare Reaktionen gebe es von den Philippinen, aus Vietnam, Malaysia, Singapur, Thailand und Bangladesch.

Besonders besorgniserregend für die US-Gen-Panscher sei auch die Haltung im Hauptabnehmerland für US-Weizen – Ägypten. Der Direktor der Ägyptischen Food Industries Holding Co., die jährlich 1.500.000 Tonnen Weizen einkauft, habe unmissverständlich erklärt, keinen gentechnisch veränderten Weizen einkaufen zu wollen.
Der Hauptgrund für die sinkende Nachfrage nach Gentech-Saatgut in den USA ist die strikt ablehnende Haltung der Abnehmer in Europa und Asien. Die US-Farmer reagieren lediglich auf die veränderte Lage auf den Exportmärkten.
Prinzipiell ist gegen genmanipulierte Agrarprodukte nichts einzuwenden – wer sie halt mag. Für die Gegner dieser Haltung sollte es jedoch auch weiterhin die Möglichkeit geben, auf natürliches Soja, Mais, Weizen, Baumwolle zurückgreifen zu können. Leider zeigt die Praxis, dass dies eine sehr kostenintensive Ernährungsweise ist. (H.F.)

[Quelle: Naturkostmagazin "Schrot & Korn", Juni 2000]

 11. Juni 2000 · Religion: BILDaufruf im Web zu beten

In der Ausgabe der BILD-Zeitung vom 10.06.2000 (Ausgabe Nuernberg) wird in einem Artikel unter der Headline: "GEBETE IM INTERNET: FRECH UND NACHDENKLICH" auf der Titelseite gezeigt, wie angeblich tausende junger Menschen ihre christliche Pfingstbotschaft per WorldWideWeb in die Welt hinaustragen. Für die schönsten Internet-Gebete gibt es zudem in der BILD einen Literaturhinweis (Pattloch-Verlag).

Beispiele werden gleich mitgeliefert:

Louise (24) aus England: "Ich kann nicht beten ... Falsche Götter haben mir die Seele gestohlen. Drogen, Alkohol, Fernsehen, Computer. Ich schliesse die Augen und suche Frieden..."

Yvonne (19) aus der BRD: "Gott, sei doch ehrlich: Gibt`s das ewige Leben wirklich? Oder ist es nur ein schwarzes Loch?".

...usw.

Dümmlicher kann das Medium Internet im Zusammenhang mit theistischem Glauben kaum dargestellt werden. Zudem wird sublim versucht, durch Subtilität die atheistische, respektive agnostische Weltanschuung lächerlich zu machen (schwarzes Loch, falsche Götter, etc.)

Da bleibt doch nur zu hoffen, dass nicht der eine oder andere BILD-Leser oder auch Journalist mit schwarzen Löchern im Gehirn aufwartet. (H.F.)

 9. Juni 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Ethische Fragen

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 9. Juni, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Am Donnerstag beschäftigt sich ARTE ab 20.45 Uhr in einem Themenabend um die ethische Sicht der fortschrittlichen Medizin: "Mensch nach Maß - Was darf die Medizin?"

Da geht es um Experimente, Eugenik, Auswahl von Embryonen, aber auch um Organspenden. Ist die Transplantation eines tierischen Organs ethisch vertretbar? Stellt das Klonen eine Lösung dar? (H.J.)

 5. Juni 2000 · Kultur: "Corpus Christi" wieder ausgeladen

Viele Bühnen hatten sich mit dem umstrittenen Theaterstück "Corpus Christi" - wir berichteten - solidarisiert. Das Heilbronner Ensemble wurde zu einigen Gastspielen eingeladen. Die Gastspiele in Ulm (27. Juni) und Karlsruhe (14. Juli) wurden nun aufgrund christlicher Proteste aus Sicherheitsgründen wieder abgesagt.

Auch in Heilbronn hatte es Drohungen gegeben - eine Aufführung musste wegen Bombendrohung abgebrochen werden. Der Heilbronner Theaterintendant Klaus Wagner ließ sich dadurch aber nicht abschrecken, ihn ärgere aber der "feige Protest von Leuten, die sagen, sie hätten das Stück nicht gesehen und wollten es auch nicht sehen". Die Aufwallung zeige »das faschistoide Fundament unter manchem, was sich hierzulande christlich nennt«.

Die Proteste aus der fundamental-christlichen Ecke alleine hätten wahrscheinlich nicht für die Ausladungen ausgereicht. Aber auch die CDU in Baden-Württemberg machte Druck gegen die Aufführung. So teilte der Intendant des Ulmer Theaters, Ansgar Haag, mit, dass er der Forderung der CDU-Gemeinderatsfraktion gefolgt sei und das geplante Gastspiel abgesagt habe, um der Stadt eine langwierige und unerfreuliche Diskussion zu ersparen. Hier war übrigens auch Erpressung mit im Spiel: Die Ulmer CDU hatte bei einer Aufführung mit finanziellen Folgen für den Theateretat gedroht.

Noch stehen drei Gastspiele in Pforzheim (am 2. 7.), Tübingen (am 8. 7.) und Freiburg (am 18. 7.) auf dem Terminplan. Doch auch in diesen Orten machen die Unionschristen bereits Druck.

Aktuelle Infos unter www.percybrauch.de

[Quelle: junge Welt, 03.06.00]

 5. Juni 2000 · Politik: Littleton everywhere

In den vergangenen zehn Jahren starben etwa 3.000.000 (drei Millionen) Menschen – das sind 90 % aller Kriegsopfer – durch Kleinwaffen. Die überwiegende Mehrheit von Ihnen waren Frauen und Kinder.

Da die Verbreitung von Kleinwaffen (automatische Pistolen, leichte Maschinengewehre, Schnellfeuergewehre und Mörser) völlig unkontrolliert vor sich geht, summiert sich deren Zahl weltweit auf mindestens 500 Millionen Stück - alleine in der BRD sollen es 20 Millionen sein. Diese Tötungsinstrumente tragen somit auch entscheidend zur Ausbreitung von Gewalt und kriegerischen Konflikten bei.

Die Aktien der westlichen und östlichen Waffenschmieden dagegen feiern Kursfeuerwerke.

Einst demonstrierten wir (und insbesondere die Grünen) mit dem Motto "Frieden schaffen ohne Waffen" gegen die Rüstungspolitik der kohlschen Regierung. Heute geben diese Demonstranten selbst den Befehl zum Bombenabwurf (Kosovo) und rüsten mit den neuen "Rüstungsexport-Richtlinien" (vom 19.01.2000) andere Länder auf (1000 Panzer für die Türkei?). Alles natürlich nur humanitären Zwecken dienend.

Menschenrechte sind universell. (H.F.)

[Quellen: ZivilCourage, Mai/Juni 2000 und ai-journal, April 2000]

 3. Juni 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 9. Juni, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Der "Tatort: Rattenlinie" mit Manfred Krug und Charles Brauer letzten Sonntag bei ARD und ORF war recht amüsant, hat aber wohl nicht jedem gefallen. Ein gewisser Weihbischof Andreas Laun aus Salzburg hat sich empört bei den Sendern beschwert.

Die Verfilmung sei "eine bösartige Verdrehung der Geschichte". Schärfstens protestierte der Weihbischof gegen die Behauptung, der Vatikan "habe Naziverbrechern absichtlich zur Flucht verholfen und Pius XII. hätte eine generelle Amnestie für diese Leute gefordert". Auch die Behauptung der Kriminalisten, dass nach der Statistik jeder Dritte Klosterinsasse homosexuell sei, wäre eine "durch die Fakten nicht gedeckte Verleumdung". Schließlich wirft Laun den Tatort-Machern vor, die ewige Jungfrau am Ende des Film verhöhnt zu haben.

Zumindest mit Letzterem hat der Weihbischof vollkommen Recht. Obwohl - das "Ave Maria" der beiden singenden Kommissare in der Kapelle des Klosters war wunderschön ... und Stoevers Blick voller Frömmigkeit gen Himmel gerichtet ...

Aber ist es nicht eigentlich die Kirche, die mit ihrem Zerrbild von Maria die Mutter Jesu und den Verstand der Menschen verhöhnt? (H.J.)

[Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 1.6.00]

 3. Juni 2000 · Politik: Schei... im Tank

Thailändische Forscher haben geschafft, wovon derzeit jeder deutsche Kraftfahrer nur träumt. Den Wissenschaftlern gelang es, tierische und menschliche Exkremente in einen hochwertigen Kraftstoff zu verwandeln, indem sie mit Hilfe eines "Reaktors" den erdgeschichtlichen Entstehungsprozess von Öl – sozusagen im Zeitraffer - wiederholten.
Leider liegen die Produktionskosten für diesen Bio... äääh... Exkrementen-Dieseltreibstoff noch rund doppelt so hoch wie für Benzin. Wie wir aber bestens informiert sind, ist der Bärenenanteil der Spritkosten die Steuerlast - zugunsten von Schröder & Co. - und nicht die Herstellungskosten.

Der wichtigste Vorteil tritt jedoch klar zu Tage: Während sich die Vorräte an mineralischen Brennstoffen dem Ende zuneigen, entstehen die Grundstoffe für den menschlichen Treibstoff täglich neu – und bisher noch gratis.
Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil ist die immense Einsparung von Trinkwasser durch die nicht betätigten Toilettenspülungen in den bundesdeutschen Wohnungen – man geht einfach in die (Tief-)Garage...

Weiterhin braucht man bei längeren Fahrstrecken keine so genannte "Pinkelpause" mehr einzulegen, da sich dies zukünftig bei Autositzen mit eingebauter Toilette erübrigt - und zudem die Reichweite des Fahrzeuges kostenlos verlängert wird.

Jeder Mitfahrer mit Durchfall ist dann herzlich an Bord willkommen. (H.F.)

[Quelle: Greenpeace]

 31. Mai 2000 · Politik: Klerikales Lobbying in Lateinamerika

Überall in Süd- und Mittelamerika macht die kath. Kirche in Fragen der Familienplanung und des Schwangerschaftsabbruchs ihre Macht und ihren Einfluss geltend. Alle Länder haben äusserst restriktive Abtreibungsverbote. Die Kirche bekämpft vehement jeden leisesten Versuch der Lockerung.

Trotzdem – oder gerade deshalb – ist die Zahl der (illegalen) Schwangerschaftsabbrüche sehr hoch. Sie wird für den ganzen Kontinent auf etwa vier Millionen per anno geschätzt, die Abortrate auf 37 pro 1000 Frauen (die Schweiz zum Vergleich: 8,3 pro 1000).
Rund 20 Prozent der Müttersterblichkeit sind auf Komplikationen illegaler Schwangerschaftsabbrüche zurückzuführen.

Bolivien:
Das bolivianische Strafgesetz lässt einen Schwangerschaftsabbruch zu, wenn die Schwangerschaft Leben oder Gesundheit der Frau gefährdet oder aus Vergewaltigung oder Inzest entstanden ist. Allerdings fehlen Ausführungsbestimmungen. Daher war es Mitte 1999 einem Richter möglich, den Schwangerschaftsabbruch an einem 11-jährigen Mädchen abzulehnen, das von seinem Stiefvater vergewaltigt worden war. Die kath. Kirche hatte über kircheneigene Medien, Interventionen des päpstlichen Nuntius und Prozessionen alle Hebel in Gang gesetzt, um Behörden und Ärzteschaft unter Druck zu setzen.

Brasilien:
Gegen den vehementen Widerstand der kath. Bischöfe hat dort die Frauenlobby erreicht, dass die brasilianische Regierung die öffentlichen Kliniken verpflichtet hat, legale Schwangerschaftsabbrüche auch durchzuführen. Das geltende Gesetz erlaubt Abbrüche nur bei Vergewaltigung und wenn die Schwangerschaft das Leben der Frau gefährdet. Die Regierung schlägt vor, auch eine schwere Missbildung des Fötus als Grund zu anerkennen. 1997 wurden über 200.000 Brasilianerinnen wegen Komplikationen aus einem illegalen Schwangerschaftsabbruch in Kliniken medizinisch behandelt.

Peru:
Jährlich sterben nach offiziellen Angaben 2.000 Frauen an den Folgen unprofessionell vorgenommener Schwangerschaftsabbrüche. Frauen, denen eine illegale Abtreibung nachgewiesen wird, müssen mit Gefängnis bis zu 2 Jahren rechnen.

El Salvador:
1998 ist die bereits sehr restriktive Regelung der Abtreibung im Strafgesetz noch verschärft worden: Abtreibung ist nun in keinem Fall mehr zulässig. Das Strafmass ist auf zwei bis acht Jahre erhöht worden. Damit nicht genug, ist 1999 ausserdem das Recht auf Leben von der Befruchtung an in die Verfassung geschrieben worden. Nachforschungen des "Center for Reproductive Law and Policy" haben ergeben, dass die kath. Kirche ganz massiv für diesen Verfassungszusatz mobilisiert hat. Das Parlament wurde unter starken Druck gesetzt. Busladungen voll Schulkinder wurden zu Demonstrationen in die Hauptstadt verfrachtet und KirchgängerIinnen wurden zum Unterschreiben einer Petition genötigt.
Für die Frauen ist es noch schwieriger geworden, einen illegalen Abtreiber zu finden. Und wenn Komplikationen auftreten, wagen sie es nicht, Hilfe in Kliniken zu suchen, aus Angst, angezeigt zu werden.

Venezuela:
Ohne Erfolg blieb das Lobbying der Bischofskonferenz und des Papstes in Venezuela. In der neuen Verfassung wurde von der Befruchtung an aus dem Grundrecht auf Leben gestrichen. Neu ist in der Verfassung das Recht der Paare auf Familienplanung verankert. Die neue Verfassung wurde Ende 1999 vom Volk - trotz kirchlicher Gegen-Propaganda - mit 71% der Stimmen angenommen.

"Wie der Klerus doch, was er im Mutterschoss schützt, preisgibt im Krieg; als sammelte er in Weiberbäuchen - Kanonenfutter." (Dr. Karlheinz Deschner)

(H.F.)

[Quelle: Rundschau Nr. 61, "Schweizerische Vereinigung für Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs"]

 30. Mai 2000 · Wissenschaft: Ran an die Brust

Neueste wissenschaftliche Forschungen belegen, dass mit Muttermilch gestillte Säuglinge intelligenter sind als so genannte Flaschenkinder. Diese Ergebnisse bestätigen nun bereits frühere Untersuchungen, die bisher noch als umstritten galten.

US-amerikanische Wissenschaftler aus Dallas haben nachgewiesen, dass insbesondere zwei Bestandteile der Muttermilch für die erhöhte Intelligenz des gestillten Nachwuchses verantwortlich sind. Es handelt sich hierbei um die mehrfach ungesättigten Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Arachidonsäure.

Hat man in den Versuchsreihen bei Flaschenkindern in den ersten 17 Lebenswochen die Flaschenmilch mit diesen Fettsäuren angereichert, erzielten diese Säuglinge bei entsprechend normierten IQ-Tests nach 14 Monaten im Durchschnitt sieben Punkte mehr als Gleichaltrige, die mit der Standard-Ersatzmilch gefüttert wurden.

Etwas mehr 25 Prozent der Probanden - mit der angereicherten Flaschennahrung - konnten sogar 15 Punkte mehr als der Durchschnitt erreichen (leider wurde die Durchschnittspunktzahl der gesamten Teilnehmer nicht veröffentlicht).

Weiterhin wurde angegeben, dass insbesondere die Arachidonsäure für die gesteigerten psychomotorischen Fähigkeiten der Kinder verantwortlich ist.

Darüber hinaus wirkt sich beim Stillen der zusätzliche körperliche Hautkontakt der Mutter zum Säugling positiv auf die gesamte Entwicklung des Kindes aus. Die psychische und physische Nähe der Mutter, deren "Streicheleinheiten" sowie deren Körperwärme sind ein wichtiger Entwicklungsbestandteil. Siehe hierzu auch WISSENSCHAFT: THE ORIGINS OF PEACE AND VIOLENCE. (H.F.)

[Quelle: Spektrum der Wissenschaft 06/2000]

 26. Mai 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 2. Juni, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Für alle Tatort-Fans: Diese Woche gibt es gleich zwei Leckerbissen. Am Sonntag (ARD, 20.15 Uhr) schlüpft Kommissar Stoever undercover in die Mönchskutte, um einen Mord aufzuklären. Hintergrund des Krimis sind die so genannte "Rattenlinie" - so heißt denn auch der Tatort - und Bischof Hudal. Der 1885 in Graz geborene Alois Hudal gilt als Hitler-Verehrer und war unter dem "schweigenden" Papst Pius XII. (1939-58) Rektor der deutschen Gemeinde in Rom. Er soll etlichen Nazi-Größen zur Flucht nach Südamerika verholfen haben. Zur endgültigen Aufdeckung der Vorgänge um diese Rattenlinie könnte das päpstliche Privatarchiv beitragen, aber es ist für die Öffentlichkeit gesperrt.

Der zweite, wirklich empfehlenswerte Tatort am Dienstag (MDR, 22.50 Uhr) ist eine Wiederholung von 1996. In "Heilig Blut" geht es wiederum um ein Kloster, diesmal ein Nonnenkloster. Eine tot aufgefundene "Braut Christi" war schwanger. Ein Unfall oder Mord? Die Geschichte, so absurd wie der Katholische Glaube, ist Religionskritik vom Feinsten. Am Ende kann der Kommissar nur noch zur Äbtissin sagen: "Mann, ist dieser Glaube krank!" Wer's noch nicht gesehen hat, unbedingt anschauen. (H.J.)

 19. Mai 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 26. Mai, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Am Sonntag berichtet der SWR um 16.30 Uhr in seiner Sendung "Zum Teufel mit der Toleranz. Wieviel Spielraum lässt die Wahrheit?" noch einmal über das Theaterstück "Corpus Christi", das jetzt übrigens auf Gastspielreise geht (siehe unsere Veranstaltungstipps).

Aber es geht nicht nur um die Intoleranz radikaler Christen - wie verharmloste der jetzt 80-jährige Papst so schön in seinem Mea Culpa: die Christen haben "bisweilen Methoden der Intoleranz zugelassen" -, es geht vor allem auch um die Intoleranz gegenüber Christen. „64.000 Christen starben 1999 wegen ihres Glaubens“ titelte die "Welt" im Januar. (H.J.)

 17. Mai 2000 · Kultur: Veranstaltungshinweise: Update

Der Buddhismus hat sich seit einiger Zeit zur Modereligion entwickelt. Der Dalai Lama, Medienstar wie der Papst, tut mit seinen Reisen ein Übriges dazu. Dass der Buddhismus und der Dalai Lama, der bereits seine Kindheit im Kloster verbringen musste, auch seine Schattenseiten haben, darüber hält Colin Goldner (Dalai Lama - Fall eines Gottkönigs, Alibri-Verlag) bei Radio Darmstadt am 24. Mai einen Vortrag.

Mehr Infos, genaue Uhrzeiten und Veranstaltungsorte zu diesem und anderen Hinweisen finden sich in unseren Veranstaltungstipps. (H.J.)

 12. Mai 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 19. Mai, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Am Sonntag ist im größten Bundesland, in NRW Landtagswahl. Die Medien berichten ab 17.00 Uhr darüber. Herausforderer Jürgen Rüttgers (CDU) will Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) samt seiner rotgrünen Koalition ablösen. Die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Jürgen W. Möllemann hofft nach fünf Jahren Abstinenz in den Düsseldorfer Landtag zurückzukehren.

Während der letzten Regierungszeit plante die evangelische Kirche in NRW das "Besondere Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe" einzuführen. Über diesen Umweg wollten sie auch vom Verdienst des anders- bzw. nicht-religiösen Partners partizipieren. Der Ministerpräsident Clement (SPD) mochte den Kirchen gerne den Wunsch erfüllen - er soll sogar sein Wort gegeben haben -, aber die Grünen lehnten auf Druck einiger Parteimitglieder das Ansinnen einer entsprechenden Gesetzesänderung ab. Einfache Begründung: Es steht nicht im Koalitionsvertrag. Somit war das Kirchgeld vorerst gescheitert. Aber am Sonntag fallen alle Würfel neu.

Über die Vorgänge um das Kirchgeld in NRW berichtet der Artikel "Kirchgeldinitiative in NRW vorerst [!] gescheitert". (H.J.)

 9. Mai 2000 · Religion: Pfaffenspiegel komplett online

"Völker und Fürsten lagen vor den Päpsten im Staube. Das Weltreich, welches sie errichteten, und sein Bestehen bis auf den heutigen Tag ist das größte Wunder, welches die Geschichte kennt. Des großen Alexander Reich zerfiel; das der alten Römer und das Napoleons ging in Trümmer; sie waren gebaut auf die Gewalt der Waffen. Aber das Reich von Neu-Rom besteht schon fast anderthalbtausend Jahre und wird wer weiß noch wie lange bestehen, denn es ruht auf dem solidesten Fundament - auf der Dummheit der Menschen." – Otto von Corvin, Pfaffenspiegel, Vorrede zur ersten Auflage

Nach langer Arbeit ist es endlich soweit: Der Pfaffenspiegel, das religionskritische Standardwerk von Otto von Corvin (erschienen 1845) ist nun erstmals und exklusiv bei uns vollständig im Netz abrufbar (bisher war nur ein vergleichsweise kleiner Auszug zu lesen).

Von Corvin beschreibt in seinem Buch bis ins Detail hinein die Unverfrorenheit, mit der Päpste, Kardinäle, Bischöfe, Pfaffen etc. die Menschheit über Jahrhunderte hinweg verdummten, versklavten und ausbeuteten. Er zeichnet ein glaubhaftes Bild eines wahnsinnigen, Amok laufenden Machtapparates, der erst durch die Reformation und die Aufklärung langsam zurückgedrängt werden konnte. Dennoch: Vieles, was von Corvin anprangert, existiert heute noch – das Zölibat und die damit verbundene Sexualmoral, die Beichte, Zensur und ein unsäglicher Fanatismus, der die größten Widersprüche und Unsinnigkeiten als Dogma verfestigt und der Menschheit aufzwingt.

Der Pfaffenspiegel wurde über 1,5millionenmal verkauft. Wenn die digitale Version ähnlich häufig gelesen wird, besteht vielleicht eine gewisse Hoffnung, dass das Lügengebäude der Kirche in diesem Jahrtausend zusammenstürzt.

Die Online-Version (über 850 Kilobyte!) sowie zwei komprimierte Pakete (HTML und Plain-Text) zum Downloaden und Offline-Lesen finden sich unter Religion:Texte. (EMÖ)

 5. Mai 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 12. Mai, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Seit 40 Jahren können - soweit sie dürfen - Frauen mit der Pille die Empfängnis verhüten. Zu diesem Anlass bringt der Bayerische Rundfunk am Montag um 21.20 Uhr die Sendung "Sicher verhüten? Aber natürlich!"

Hierzu eine kleine Geschichte über Verhütung auf katholisch:

Seit den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens hat die katholische Kirche jegliche Verhütung, auch die sogenannte natürliche durch Ausnutzung der sicheren Tage, strengstens verboten. Geschlechtsverkehr hatte niemals der Lust, sondern nur der Pflicht der Kindererzeugung dienen. Alles andere ist Ehebruch - genau, Ehebruch mit der eigenen Frau.

Auch noch der jetzige Papst Johannes Paul II. sprach am 8. Oktober 1980 in Rom immer noch vom "Ehebruch mit der eigenen Frau", wenn Verheiratete es mit Lust an der Sache und vor allem mit Verhütung treiben. Aber gegen alle katholische Tradition bezog sich der Papst nur auf die "unnatürlichen" Methoden. Während der große Kirchenvater Augustinus (gest. 430) die natürliche Methode eine "Zuhältermethode" nannte, meinte Joh. Paul II. in einem Schreiben 1981 dazu: "Die Entscheidung für die natürlichen Rhythmen beinhaltet eine Annahme der Zeiten der Person, der Frau, und damit auch ein Annehmen des Dialogs, der gegenseitigen Achtung, der gemeinsamen Verantwortung." Die Methode bedeute, "die personale Liebe in ihrem Treueanspruch zu leben". Alle anderen Methoden erniedrigen und manipulieren lt. JPII. die menschliche Sexualität.

Da dem Papst selbst keine vernünftige Erklärung einfiel, bat er die Theologen in dem o.g. Schreiben, "den anthropologischen und gleichzeitig moralischen Unterschied zu erarbeiten und zu vertiefen, der zwischen der Empfängnisverhütung und dem Rückgriff auf die Zeitwahl besteht". Franz Böckle, Deutschlands bekanntester katholischer Moraltheologe, meinte dazu: "Man muß sich nicht wundern, wenn die geplagten Seelsorger und erst recht die angeforderten Laien den metaphysischen Unterschied zwischen den 'natürlichen' und den 'widernatürlichen' Methoden nicht begreifen können."

Mir fällt da nur eine logische Erklärung ein, warum Sex, der nur dem Lustgewinn und nicht dem Nachwuchs dient, ausgerechnet mit der "natürlichen" Verhütung katholischerseits ausnahmsweise genehmigt wird, alle anderen Methoden aber weiterhin strengstens verboten sind: Es ist die Methode, die am unsichersten ist und somit den Betroffenen die meiste Angst und die wenigste Lust bereitet. Und Menschen mit Angst ließen sich schon immer gut beherrschen. - Wie gut, dass in Sachen Empfängnisverhütung hierzulande kaum noch jemand auf den alten Herrn in Rom hört. (H.J.)

Quelle: Uta Ranke-Heinemann, Eunuchen für das Himmelreich, 1989

 4. Mai 2000 · Der Humanist: Mini-Update Navigation

Wie bereits angekündigt werden Rubriken mit neuen/geänderten Unterrubriken nun durch einen farblich leicht helleren Pfeil angezeigt. (EMÖ)

 4. Mai 2000 · Der Humanist: Neue Navigationsleiste

Unsere treuen Besucher merken es sofort: Die alte Navigationsleiste mit den Auswahlboxen ist verschwunden, an ihrer Stelle steht ein hochkomplexes, Perl/CGI-basiertes, javascriptfreies, hierarchisches und hoffentlich funktionales und intuitives Navigationssystem. Einfach auf die Überschriften bzw. die Pfeile klicken, und die Unterrubriken klappen sich auf. Unterrubriken, die verändert wurden, sind rot markiert. (In einer kommenden Version werden bereits die entsprechenden Oberrubriken gekennzeichnet sein.)

Die Noframes-Version gibt es für hartnäckige Lynx-Nutzer auch weiterhin. Diese wird in Zukunft mit dem gleichen System erzeugt werden, dort wird sich also auch noch das eine oder andere ändern.

Mehr gibt es vorerst dazu nicht zu sagen. Bei Problemen bitte sofort eine Mail an mich schicken. Für Anregungen und Kritik bin ich jederzeit offen. (EMÖ)

News-Archiv
19 | 18 | 17 | 16 | 15 | 14 | 13 | 12 | 11 | 10 | 9 | 8 | 7 | 6 | 5 | 4 | 3 | 2 | 1

Copyright © 1999-2000, Der Humanist
Sie sind Besucher Nr. seit dem 9.9.1999.