Der Humanist: Der Menschheit verpflichtet

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 26. August 2000 · Religion: Die Benny-Hinn-Show


Seen the troubles and the evils of this world
I’ve seen the stretches between godliness and sin
I’ve heard the promise and confessions of good faith
And hypocrisy that always lies within
(Joy Division: „The drawback“)

Joyce Fawn, eine Großmutter aus Chicago, setzte ihre Chemotherapie ab – und zwei Monate später war sie tot.

What happened?

Joyce Fawn fiel den Spinnereien des TV-Predigers Benny Hinn zum Opfer. Denn der Scharlatan „heilte“ sie auf offener Bühne von ihrem Lungenkrebs und die gläubige Granny vertraute so sehr auf die Wirkmacht des angeblichen Wunderheilers, daß sie die medizinische Behandlung aufgab. Ein Todesopfer mehr auf der Liste des Benny Hinn.

Aber wer ist dieser Benny Hinn eigentlich?

Pastor Benny Hinn gehört dem Mystical Christian Movement an. Diese Bewegung ist ein Sammelbecken für die altbekannten Erdöl-als-Wundermedizin-Verkäufer, deren Anhänger schon zu Jesse James’ Zeiten durch Amerika pilgerten und allen, die auf ihrer religiösen Schleimspur kleben blieben, die Knete abknöpften. Da konnte Benny Hinn bei seinen Vorgängern natürlich auf ein großes Reservoir an selbstgestrickten Legenden zurückgreifen. Auch Benny läßt sich in der Hinsicht nicht lumpen und schenkt sich nichts: Bereits im zarten Alter von elf Jahren suchte ihn Jesus heim. Mit dem Heiligen Geist ist er praktisch auf Du-und-Du. Da sind die Engel, die ihm begegneten und mit denen er, seinen hinderlichen Körper verlassend, himmlische Schlachten geschlagen habe, eigentlich nur noch schmückendes Beiwerk. Immer derselbe einfältige Tinnef. Dieser so schwer vorbelastete Benny Hinn konnte also gar nicht anders, als der Gründer des Orlando Christian Center und der World Outreach Church in Florida zu werden.

TV-Prediger, diese religiösen Geißeln des Kathodenzeitalters, haben sich in den letzten Jahren geradezu seuchenartig verbreitet. Das verwundert nicht, denn das TV-Predigertum ist ein knallhartes Business, bei dem es astronomische Summen abzuschöpfen gibt, eine Industrie mit dreieinhalb Millliarden Dollar Umsatz pro Jahr. Wo es um viel Geld geht, sind die Neider, zumal jene aus den eigenen Reihen, bekanntermaßen nicht weit. Beobachtet wird das geldgierige Treiben der Radio- und Fernsehkirchen von der Trinity Foundation, einer christlichen Organisation in Dallas. Die Trinity Foundation schätzt die Zahl der Amerikaner mit dem flinken Griff in die Taschen der Spendierhosen auf rund fünf Millionen. Prozentual aufgeschlüsselt ergibt sich folgendes Bild: 60 Prozent Senioren, Frauen zumeist, 30 Prozent unheilbar Kranke. Doch der eigentliche Clou sind die verbleibenden 10 Prozent. Das sind die Raffkes aus dem oberen Mittelstand, denen der eigene Geldspeicher dann doch irgendwie peinlich ist und bei den predigenden Gleichgesinnten qua Spende um religiöse Rechtfertigung betteln. Da wäscht, gemäß biblischer Tradition, eine Hand die andere.

Benny Hinn ist eines der fettesten Schweine im sakralen Stall. Geschätzt wird, daß seine Organisation ihre gehirngewaschenen Anhänger um 100 Millionen Dollar pro Finanzjahr schröpft. Genau weiß das freilich niemand, denn laut US-Gesetz müssen Kirchen weder Steuern zahlen, noch ihre Geschäftsbücher offenlegen. Aber die USA ist nicht genug. Die Benny-Hinn-Show, This is your day, sorgt für zusätzlichen Elektrosmog über Australien, Afrika, Asien und Europa. Die Inder bekommen’s viermal täglich besorgt. (Und demnächst? The world is not enough?)

This is your day ist ein groteskes Schmierentheater. Hinn vor einem zehntausendköpfigen Publikum, auf das er stundenlang Bibelzitate, Offenbarungen und Lobpreisungen niederprasseln läßt. Die Folge: Hysterischer Applaus, Tränen in den Augen, und doch nur der Auftakt für die eigentliche Show. Hinn läuft, hüpft, klatscht und die verdummten Schafe blöken: „We are anointed! We are anointed!“

Ole Anthony, pastoraler Vorsteher der Trinity Foundation, sieht durch die Multimediapfaffen das Übel über das Christentum kommen: „Es geht ihnen nur um Geld.“ Nun ja, ging es den Pfaffen je um etwas anderes? Und weiter: „Die Szene ist ein Haifischbecken von Betrügern, die sich auf den Missbrauch der Armen, Schwachen und Verzweifelten spezialisiert haben.“ Das läßt sich mit Fug und Recht von jeder Kirche behaupten. Da muß Ole Anthony gar nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Sage noch einer, eine Krähe hacke der anderen kein Auge aus.

Weiter mit This is your day. Hinn strebt gnadenlos dem Höhepunkt seiner Show entgegen. Menschen aus dem sogenannten desperation pool, der Gruppe der unheilbar Kranken, versammeln sich am Bühnenrand. Und Benny ist gut drauf: „Alle werdet ihr geheilt!“ Es gibt viel zu tun, packen wir’s an. Eine Mutter mit zwei Söhnen, alle HIV-positiv. So what? Piece o’cake! Benny redet auf die drei ein, greift dann der Frau an die Stirn und keift: „Der Teufel der Krankheit soll weichen!“ Schon liegt Muttchen flach und Benny kübelt seine Diagnose gleich hinterher: „My Jesus has destroyed Aids!“ Schon gut, Benny. Nur nicht aufregen. Der Abend ist noch lang. Steigerungsfähig sind wir doch alle. Und dann fallen sie, die Medizin-Desperados, erst noch einzeln, dann gruppenweise und schließlich, einmal im Rausch, ist es schwer, wieder aufzuhören, schreit Benny: „Rise and be healed!“ Tausende erheben sich, Benny pustet, wedelt und schon sitzen bzw. liegen sie wieder. Auf die einfache Faustformel gebracht: Hin zum Hinn und du bist hin.

Massenohnmachten sind lustig, kein Zweifel. Ein Spielverderber, wer dabei nicht lachen kann. Eine dieser Spaßbremsen ist Ole Anthony, der, nebenbei erwähnt, ein ehemaliger Geheimdienstler der Air Force ist, was eigentlich seine Humorlosigkeit lückenlos erklärt: „Nachdem die Massen stundenlang die monotonen Gesänge und Sprechchöre über sich ergehen ließen, nachdem Musik und Lightshow sie in eine kollektive Hysterie getrieben haben, sind sie im ersten oder auch zweiten Stadium der Hypnose. Aus dem Fernsehen wissen sie ja schon, was von ihnen erwartet wird. Und so werden sie effektiv umgeblasen.“

Und Joyce Fawn? Nur ein Strich auf Benny Hinns Todesliste. Denn Hinn behauptet nicht nur immer wieder, Taub- und Blindheit, Krebs und Aids heilen zu können. Er behauptet auch, jede Heilung prüfen zu lassen. Von Medizinern wurden jedoch nur wenige Fälle glaubwürdig bestätigt. Und die haben nichts mit Hinns angeblich gottgegebenen Kräften zu tun. Herbert Vince, Harvard-Dozent und Autor eines Buches über Wunderheiler: „Vielen Menschen geht es nach einer Wunderheilung besser. Aber das ist weniger der Verdienst des Heilers, als der psychologische Effekt.“ (C.B.)

[Quelle: Süddeutsche Zeitung, 03.07.2000]

 25. August 2000 · Kultur: Sklavenfreikauf im Sudan

Medientipps & mehr: Update

Am Mittwoch sendet die ARD um 23.00 Uhr die Dokumentation "Sklavenmarkt - Menschenhandel im Sudan" In den vergangenen fünf Jahren hat die christliche Organisation "Christian Solidarity" etwa 25.000 Sudanesen aus der Sklaverei freigekauft - sagen sie. Unter anderem das ZDF berichtete lobend darüber. 50 US-Dollar werden pro Person an die arabischen Händler gezahlt, die die versklavten Schwarzen im arabischen Norden aufkaufen. Das Geld stammt aus westlichen Spenden, eingesammelt zum Teil in Kirchengemeinden. Andere Hilfsorganisationen - u.a. die Unicef - kritisieren diese Aktivitäten allerdings scharf. Sie werfen der Organisation vor, dass sie sich durch die Freikäufe am Sklavenhandel beteiligt und ihn begünstigt. Außerdem glauben sie, dass dieses Engagement nur der Korruption weiteren Vorschub leiste und dass die meisten Freigekauften nie Sklaven gewesen seien. Von Journalisten wird der Verdacht geäußert, dass durch die in Europa gesammelten Gelder für den Freikauf teilweise christliche Bürgerkriegskämpfer finanziert werden. Der Spiegel berichtete darüber in seiner Ausgabe vom 24. Juli 2000. (H.J.)

 19. August 2000 · Netzwelt: Birmesische Perle der Zensur

"Wir wollen das Internet für konstruktive Zwecke benutzen, um das Wissen unserer Bevölkerung zu erhöhen - und nicht als Plattform für Leute, die nur Probleme bereiten."

Ein Regierungssprecher über moderne Massenkommunikationsmittel. In Birma wird der Besitz eines so genannten unautorisierten Modems mit sieben bis 15 Jahren Haft bestraft. (H.F.)

[Quelle: Mitgliederrundbrief von Reporter ohne Grenzen e.V., Nr. 36, August 2000]

 18. August 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 25. August, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Am Mittwoch sendet 3 SAT um 16.15 Uhr einen Beitrag über "Dietrich Bonhoeffers Weg in den Widerstand". Bonhoeffer ist für die evangelische Kirche der Vorzeigewiderstandskämpfer gegen die Naziherrschaft schlechthin. Gefragt werden muss allerdings, ob die Kirche ihn nicht ungerechtfertigt für sich vereinnahmt. Zur Sendung heißt es:

"Der Theologe, der aus einem liberalen und großbürgerlichen Berliner Elternhaus kam, hat sich bereits 1933 entschlossen gegen den Nationalsozialismus gestellt. Er organisierte zunächst in der 'Bekennenden Kirche' die Opposition gegen die so genannte 'Glaubensbewegung der Deutschen Christen', die in Adolf Hitler den 'Pfingstgeist' wirken sah und für eine Germanisierung des Christentums in einer Reichskirche eintrat. Seit 1938 jedoch sah Bonhoeffer keinen anderen Weg als den des politischen Widerstandes aus dem Untergrund. Weltweit bekannt wurden Bonhoeffers Briefe aus dem Militärgefängnis in Tegel, wo er vom April 1943 bis zum Januar 1945 inhaftiert war. In einer bis heute noch verblüffenden Radikalität forderte der Theologe die Kirche auf, in 'der vollen Diesseitigkeit des Lebens glauben zu lernen' und auf die 'Arbeitshypothese Gott' zu verzichten." [Zit. aus: www.wdr.de] (H.J.)

 13. August 2000 · Kultur: Veranstaltungshinweise: Update

Am 3. Juni 2000 hat in Belfast der Humanistische Marsch zum Jahrtausendwechsel begonnen. Er soll am 1. Januar 2001 in Jerusalem enden.

Sowohl Belfast als auch Jerusalem sind Symbole des mittelalterlichen religiösen Eifers, der die Welt belastet. Traurigerweise ist er keineswegs auf diese beiden Städte begrenzt; Algerien, Afghanistan, Indien, Indonesien, Saudi-Arabien, Iran, Serbien, Kroatien; die Liste ist endlos...

Durch den Marsch von einem Epizentrum religiösen Konflikts zu einem anderen soll verdeutlicht werden, dass Humanismus eine Lebensphilosophie ist, die auf menschlichen Werten, auf Vernunft, weltlicher Moral, wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht und ihn als eine Lösung für die Trennungen zwischen den Menschen anbieten.

Das Hauptinteresse gilt der Darstellung einer humanistischen Botschaft auf den Straßen, um sie für Nichtakademiker anziehender zu machen. Es soll gezeigt werden, dass die Botschaft des Humanismus nicht auf Unversitäten beschränkt ist. Auf diesem Weg möchten die Initiatoren mehr Mitglieder für humanistische Organisationen gewinnen: Wenn 25 Prozent der Menschen im Westen keiner Religion angehören und an keinen Gott glauben, gibt es keinen Grund, warum die Mitgliederzahl auf wenige Tausend begrenzt sein sollte.

Mehr Infos zur Marschroute und zu anderen interessanten Terminen finden sich in unseren Veranstaltungstipps. (H.J.)

 12. August 2000 · Kultur: Immer Ärger mit Harry

Im Urban Legends and Folklore Archive ist ein interessanter Artikel erschienen, der sich mit christlicher Paranoia rund um die Erfolgs-Buchserie Harry Potter befasst (englisch).

Die Kurzfassung: Seit längerem sorgen sich fundamentalistische Eltern wegen HP um das spirituelle Wohl ihrer Sprösslinge. Die Potter-Saga, in der es um die Abenteuer eines Jungen geht, der im Alter von 10 Jahren herausfindet, dass er zaubern kann, erziehe Kinder zum Satanismus, so der aberwitzige Vorwurf. (Vermutlich hat man eher Angst, die eigenen Märchen könnten an Glaubwürdigkeit verlieren.)

Geisteskranke Eltern und Pastoren sehen in der Potter-Serie den Beginn der Apokalypse. Das geniale Satiremagazin The Onion griff den Wahn auf und veröffentlichte einen bissigen Artikel, in dem mit allerlei witzigen Fake-Zitaten die Potter-Hysterie parodiert wird. So wird am Ende des Textes die Autorin J.K. Rowling "zitiert":


"Ich halte es für absoluten Quatsch, gegen Kinderbücher auf der Grundlage zu protestieren, sie lockten Kinder zu Satan. Die Leute sollten uns dafür dankbar sein! Diese Bücher bringen Kinder dazu, einzusehen, dass der schwache, idiotische Sohn Gottes ein lebender Betrug ist, der gedemütigt wird und den fettigen Schwanz des Dunklen Herrn zu lutschen kriegt, sobald der Feuerregen kommt, während wir, Satans treue Untertanen, lachend und tanzend den Sieg feiern."

Ähem. Wer Christen (insbesondere in der mittelalterlich-fundamentalistischen Ausführung) nicht kennt, würde vermuten, dass selbst die in der Lage wären, an dieser Stelle eine gute Satire zu erkennen. Das Gegenteil ist der Fall: Seit kurzem kursiert im Netz ein E-Mail-Kettenbrief, der Potter als gefährliche Bedrohung skizziert und dies mit Zitaten aus der Onion-Story "belegt". Angesichts der Lebensdauer eines ähnlichen Kettenbriefs, der behauptet, der Chef des Megamultis Procter&Gamble habe sich öffentlich zum Satanismus bekannt (in verschiedenen Formen kursiert die Story schon seit über 20 Jahren, und die Firma musste seitdem rund 200.000 diesbezügliche Anfragen beantworten) kann man wohl davon ausgehen, dass der Ärger um Harry mindestens bis 2020 weitergeht.

Vorausgesetzt, der Fürst der Finsternis bereitet dem Unsinn kein frühzeitiges Ende...mwahahaha! (EMÖ)

 5. August 2000 · Wissenschaft: Naher Planet entdeckt

Im System Epsilon Eridani, 10.5 Lichtjahre von der Erde entfernt, wurde ein Jupiter-großer Planet indirekt entdeckt. Weil Planeten im Vergleich zu Sternen winzig klein sind - die Sonne macht rund 99,8% der Masse unseres Sonnensystems aus, und Jupiter enthält von den verbleibenden 0,2% den größten Teil - ist es so schwer, sie zu entdecken.

Und da die Politik das Geld lieber in Projekte à la Transrapid, Expo und Eurofighter investiert, gibt es bisher nur wenige Bemühungen, bessere Teleskope zu bauen. So beschränken sich alle unsere derzeitigen Ergebnisse auf Planten in der Größenordnung von Jupiter, und selbst die können wir in der Regel nur indirekt beobachten.

Ein interessantes NASA-Unternehmen in diesem Forschungsfeld ist der Terrestial Planet Finder, ein Weltraumteleskop, das um 2010 gestartet werden soll und aus einem erd- oder jupiternahen Orbit Planeten von der Größe der Erde in einem Umfeld von rund 50 Lichtjahren entdecken könnte. Die Auflösung soll 100mal größer sein als die von Hubble.

Eine Liste der bisher entdeckten extrasolaren Planeten findet sich hier, eine schöne Einführung in unser eigenes Sonnensystem ist die Nine Planets Seite. (EMÖ)

 24. Juli 2000 · Kultur: Manhunter

Michael Manns MANHUNTER aus dem Jahre 1986 ist der frühe Prototyp des modernen Serienkillerfilms und aufregender und intelligenter in der Inszenierung als Jonathan Demmes oscargekrönter THE SILENCE OF THE LAMBS. Mehr...

(C.B.)


 11. Juli 2000 · Wissenschaft: Verbotene Wissenschaft

Im amerikanischen New Scientist ist ein hochinteressanter Artikel erschienen, der den Kampf religiöser Fundamentalisten gegen die Evolutionstheorie beleuchtet. Nicht nur inden USA, weltweit haben weltfremde Fanatiker durchgesetzt, dass eine der elementarsten Lehren zum Verständnis unserer Umwelt und unserer selbst tabuisiert wurde. Viele Lehrer in den USA trauen sich gar nicht mehr, das Thema anzusprechen, andere erzählen mit Eifer von Dinosauriern, die noch im 19. Jahrhundert gelebt hätten, und wie das Zweite Gesetz der Thermodynamik mit dem Sündenfall von Adam & Eva in Kraft getreten sei.

Es finden sich im Artikel auch eine Umfrage über den gewünschten Schulunterricht (60 % der Amerikaner wollen demnach Evolutionstheorie und Kreationismus-Unfug gleichberechtigt unterrichtet sehen – Sample Size ist nicht angegeben), eine Übersicht über weltweite Kreationismus-Bewegungen und eine Zeitlinie der wichtigsten themenrelevanten Ereignisse in den USA (JavaScript erforderlich). (EMÖ)

 10. Juli 2000 · Religion: Heiliger Fluss als Katalysator ins Paradies

Der "heilige Fluss Jordan" markiert die Grenze zwischen dem heutigen Israel und Jordanien. In allen Jahrhunderten kämpften und starben an seinen Ufern zahllose Heere, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass ein gewisser "Rebell", von seinen Kumpels Jesus genannt, in den Jordan-Fluten getauft wurde.
Der Fluss – oder welche darüberstehende Göttlichkeit auch immer – scheint dies nicht recht zu würdigen, denn sein Wasser ist so verseucht, dass ein Fisch darin nach etwa drei Minuten stirbt. Selbst die katholische Kirche warnt schon seit längerem, das "Heilige Wasser" zu trinken oder Wunden damit zu benetzen. Die Wunderheilungen bleiben folglich ebenfalls aus.
Kürzlich wurde bekannt, dass 30 Hauben... äääh... Marinetaucher der israelischen Armee, die jahrelang im Jordanfluss trainierten, an Haut- und Darmkrebs erkrankt sind. Gottes Wege sind doch immer wieder unergründbar.
Die "katastrophale Situation" (so das israelische Umweltministerium) wird dadurch verstärkt, dass etwa 40 Prozent des gesamten Wassers in Israel durch giftige Abwässer der Industrie ungeniessbar geworden sind (hat Gott nun sein Wohlgefallen an Konzernen und Shareholder-Value gefunden?)
Erste sarkastische Witze muntern jedoch die Gläubigen auf: "Wenn Jesus heute im Jordan getauft würde, wäre sein erstes Wunder wohl, dabei zu überleben..." (H.F.)

[Quelle: BILD-Zeitung vom 06.07.2000, Ausgabe Nürnberg]

 8. Juli 2000 · Politik: Unfaire Panikmache?

Wenn ich das "Thema Hunde" aus meiner Sicht betrachte fällt mir folgendes auf. Alle Hunde besitzen ein meist ausgeprägtes Gebiss und wissen damit auch umzugehen. Nicht wenige tun dies frueher oder später auch. Tiere sind eben genausowenig (oder noch weniger) berechenbar wie Menschen. Doch insbesondere durch meine sportliche Betätigung (Laufen und Biken) vergeht seit Jahren kaum ein Monat, an dem ich nicht von einem Hund angesprungen werde oder dieser dies zumindest versucht.

Erst vergangenen Montag (04.Juli) passierte ich beim Verlassen meines Heimatdorfesvon mit dem Fahrrad in Richtung des nahe gelegen Sportheimes (ca. 1,5 km Strecke) insgesamt fünf Hunde (mit Herrchen). Von allen Hunden war lediglich einer angeleint. Zwei der Hunde (der angeleinte und ein weiterer) versuchten mich anzuspringen. Nur durch hastiges Absteigen vom Rad, respektive durch das Benutzen desselben als „Gatter“ zwischen dem nicht angeleinten Hund und mir, konnte ich mich in eine vermeintliche Sicherheit retten. Zumindest soweit, bis die Hundeführerin die Situation, bzw. den Hund wieder im Griff hatte. Ein so genannter Einzelfall?
Vor etwa vier Monaten, beim Spazierengehen mit meinem etwa dreijährigen Sohn am "Ludwigskanal" (in Mittelfranken) sprangen plötzlich eine grosse Dogge und ein Schäferhund auf uns zu und der Schäferhund leckte mein Kind im Gesicht (ach wie hygienisch). Mein Sohn schrie hysterisch vor Angst, er dachte, der Hund könnte ihn verletzen. Bis ich reagieren konnte, riefen mir die Hundeführer zu, dass die Tiere "nichts tun würden". Aber wenn doch, wäre es dann nicht schon zu spät gewesen, insbesondere das Kind vor einem Doggenbiss in den Kopf zu bewahren? Ein Einzelfall?
Vor etwa fuenf Jahren, ebenfalls beim Spazierengehen - mit meiner Gattin in unmittelbarer Nähe zu unserem Wohnhaus - sprang uns ein grosser Schäferhund entgegen. Der Hund war seinen Führern etwa 50 Meter vorausgeeilt. Er sprang meine Gattin unversehens an, warf sie um und biss sie in den Oberschenkel. Glücklicherweise war ausser einer zerissen Hose und einem Riss in der Lederjacke nicht viel passiert. Das Klimbim mit dem Ersetzen der Hose sowie die anschliessenden höchst impertinenten verbalen Unverschämtheiten der Hundeeigentümer erspare ich hier wiederzugeben. Ein Einzelfall?
Zufälligerweise baute ich 1987 am Rande unseres Dorfes ein Wohnhaus. Von Hundekothaufen und dem beobachteten Urinieren der Hunde auf meine damaligen Baustoffe (Dielen, Schaltafeln, Steine, etc.) könnte ich Bände füllen. Die "Verursacher" darauf angesprochen - direkt am "Tatort" - gaben Erwiderungen wie: "Das war mein Hund nicht" oder "Der darf überall hinkacken, er zahlt ja schliesslich Hundesteuer" oder ähnliches. Ein Einzelfall?
Bis vor wenigen Wochen wohnte hier im Dorf eine Familie, die ihren grossen Hund (Sommer wie Winter) draussen im Freien hielt. Zum "Gassigehen" sprang der Hund einfach über den Zaun (mehrmals täglich). Er überquerte die stark frequentierte Autobahn (Nürnberg-Heilbronn), streunerte im nahen Wald, lief auch ´mal in den REWE-Markt und stand sogar bei mir im Garten. Die panische Furcht der Kids, wenn plötzlich vor ihnen im eigenen Garten ein schneeweisser grosser Hund auftaucht ist verständlich. Der Fall ging damals sogar ans zuständige Ordnungsamt. Ein Einzelfall?

Über die noch immer zuhauf anzutreffenden Hundekothaufen fast direkt vor unserer Haustür kann sich bei mir jeder Interessierte selbst informieren. Ein Einzelfall?

Wer das Abschlappern, Anstubsen sowie den Gafer und die Kothaufen der Hunde braucht – bitte sehr. Aber, können sich einige Hundhalter auch vorstellen, dass es Menschen gibt, die es als An- und Eingriff in ihre persönliche Sphäre betrachten, wenn ihnen ein nicht angeleintes schlapperndes und sapperndes "Ungetüm" zwischen die Beine springt? Gar gibt es Mitmenschen, die – meist psychosomatisch bedingt - allergisch auf Hundekontakt reagieren. Wer seinen Hund nicht im "Griff" hat, sollte ihn doch wenigstens an der Leine führen. Der Hundführerausruf "...aber der Hund tut doch nichts, der möchte nur spielen!" ist zwar sicher gut gemeint, ist aber für all jene überflüssig, die nicht mit diesem Hund spielen oder ihn nicht berühren wollen.

Aus oben genannten (und noch weiteren) Erfahrungen möge man mir verzeihen, dass ich meine Kids zur Vorsicht gegenüber Hunden erziehe.

Wenn jedoch u.a. dies und die ausführliche Berichterstattung im der regionalen Presse als "unfaire Panikmache" abgetan wird (wie geschehen), habe ich kein Verständnis mehr und werde zukünftig uns anspringende Hunde entsprechend – mit erlaubten Mitteln - zur Räson bringen. Leider kann man gerade die Tiere für ihr Verhalten am allerwenigsten verantwortlich machen.
Sich jedoch "Katastrophen oder Ähnliches herbeizuwünschen", damit das lediglich kurz aufgeflackerte "Thema Hund aus den Medien verschwindet" empfinde ich persönlich als schier menschenverachtend. Frei nach dem Motto, lieber Gott lass woanders doch bitte ein Unglück geschehen, dass die Deutschen endlich wieder zur untierischen Medien-Normalität zurückkehren dürfen. Unsere Familie zumindest empfand es als überaus positiv, dass das alltägliche "Thema Hunde" auch mal kurz in der regionalen Presse (und anderen Medien) Eingang gefunden hat.
Glücklicherweise ist (noch) die Mehrheit der Hundhalten der Kategorie "vernünftiger Mensch" zuzuordnen. Ansonsten ist der Gesetzgeber gefordert. (H.F.)

[Quelle: Schwabacher Tagblatt vom 07.07.2000]

 30. Juni 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 14. Juli 2000.

Am Donnerstag, den 6. Juli, beginnt ARTE um 20.45 Uhr den Themenabend "Jenseits der Pyramiden - Ägypten heute".

Mit seinen 62 Millionen Einwohnern ist Ägypten das bevölkerungsreichste Land der Region. Es verzeichnet auch den schnellsten Bevölkerungszuwachs (1 Million Menschen pro Jahr). Trotz eines jährlichen Wirtschaftswachstums von über 5 % zählt Ägypten mehr als 20 % Arbeitslose, und das Lebensniveau von fast 14 Millionen Ägyptern liegt unter der Armutsgrenze. Wie leben die Ägypter heute, und was empfinden sie in einem Land, in dem es manchmal zu gewaltsamen Auseinandersetzungen um Religion und Laizismus kommt? Wie ist ihre Befindlichkeit in einer Wirtschaft, die unter die Aufsicht des IWF gestellt wurde? Wie wird ihre Lage in der zeitgenössischen Kultur, in Literatur und Film widergespiegelt? Junge Ägypter sprechen über den Schleier und die Trennung von Religion und Staat sowie über die gegenwärtigen Konflikte zwischen Sexualität und Moral, über das Verhältnis von Familie, Islam und moderner Gesellschaft. (H.J.)

[Zit. aus: www.wdr.de]

 25. Juni 2000 · Kultur: Veranstaltungshinweise: Update

Am 15./16. Juli veranstaltet der AStA der Universität München ein Wochenendseminar zum Thema "Ganzheitlich und ohne Sorgen in der Republik von morgen - Irrationalismus, Esoterik, Antisemitismus".

Am Samstag geht es um "Holocausterinnerung und Globalisierung" (N. Sznaider), "Braune Aura: Die esoterische Psycho-Szene" (C. Goldner), "Die Wurzeln des Antisemitismus" (H. Fink), "Die Götter des New Age: Im Schnittpunkt von 'Neuem Denken', Faschismus und Romantik" (P. Kratz), "Die okkulte Geschichte des 3. Reiches" (Film).

Am Sonntag geht es weiter mit "Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister: Die Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik" (P. Bierl), "Standort-Unlogik" (T. Ebermann), "Ist Aufklärung genug?" (Podiumsdiskussion).

Mehr Infos, genaue Uhrzeiten und Veranstaltungsorte zu diesem und anderen Hinweisen finden sich in unseren Veranstaltungstipps. (H.J.)

 24. Juni 2000 · Netzwelt: Infomix


(EMÖ)

 23. Juni 2000 · Kultur: Medientipps & mehr: Update

Vorschau der TV- und Radiotipps bis zum 30 Juni, aktuelle Hinweise im Diskussionsforum.

Am Mittwoch zeigt der Bayerische Rundfunk um 21.45 Uhr die französische Biografie "Eine Frauensache" nach einem authentischen Fall über eine "Engelmacherin" während der deutschen Besatzungszeit. Als Marie Latour angezeigt wurde, geriet die Verhandlung zum Schauprozess, die Staatsmacht wollte ein Exempel statuieren. Vichy-Frankreich verurteilte sie zum Tode. Am 31. Juli 1943 wurde sie hingerichtet, als eine der letzten Frauen, die unter der Guillotine starb - verurteilt als "Mörderin des Vaterlandes".

Es entstand ein kritisches Porträt des Mitläufertums, der Kollaboration im damaligen Frankreich - neben dem blasphemischen Stoßgebet der Verurteilten der Hauptgrund für einige recht heftige Proteste, die der Film in Frankreich auslöste. (H.J.)

 18. Juni 2000 · Politik: Womens` World Of Violence

Alltägliche Gewalt gegen (Ehe-)Frauen, Mädchen und auch weiblichen Säuglingen ist globale Realität. Auch fünf Jahre nach der letzten Internationalen Frauenkonferenz – 1995 in Peking – hat sich daran kaum etwas geändert.
Lediglich die Beschneidung von Frauen wurde thematisiert, was zur Folge hatte, dass die Weltöffentlichkeit zwar über die Beschneidung von Frauen diskutierte, die von männlichen Neugeborenen jedoch ganz aus dem Gesichtskreis der Menschen und Medien verschwand. Seit Peking haben lediglich sieben afrikanische Staaten Verbote gegen weibliche Beschneidung erlassen – und das meist nur formell. In Afrika wird die weibliche Beschneidung aber weiterhin in 23 Staaten, meist offiziell, praktiziert. Alleine die Zahl der beschnittenen Frauen wird von Weltgesundheitsorganisation WHO auf mindestens 100 Millionen geschätzt. Jährlich werden weitere zwei Millionen Mädchen beschnitten – meist im Alter zwischen vier und acht Jahre.

Eine neue UNO-Studie (UNICEF) stellt fest, dass millionenfache Misshandlungen aller Art an Mädchen und Frauen im eigenen Familien- und Bekanntenkreis ein ernsthaftes Problem sind. Mindestens 20 bis 50 Prozent aller auf Erden lebenden Frauen und Mädchen erleiden demnach physische Gewalt durch einen Intimpartner oder einem Mitglied der Familie.
Vergewaltigung inner- und ausserhalb der Ehe, sexueller Missbrauch durch Verwandte und weitere Formen der Gewaltanwendung (z.B. Beschneidung von weiblichen Geschlechtsorganen, Situation von Frauen in Bürgerkriegen, „Ehrenmorde“ – begangen an jungen Frauen, die nicht heiraten wollen oder vorehelichen Geschlechtsverkehr hatten) sind in den Staaten der so genannten Dritten und Vierten Welt ebenso verbreitet wie in den westlichen Industrieländern. Diese Gewalt gegen die „schwache“ Weiblichkeit kennt keine kulturellen Grenzen. Auch in einer us-amerikanischen Umfrage erklärten 28 Prozent der befragten Frauen, dass sie körperlicher Gewalt durch ihren Lebenspartner ausgesetzt sind.

Selbst demographische Vorhersagen werden dadurch ad absurdum geführt. Durch Tötung neugeborener Mädchen, schlechteren Zugang zu Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung sowie durch gezielte Abtreibung von weiblichen Föten gibt es z. Z. etwa 60 Millionen weniger Frauen auf der Erde als ursprünglich vorhergesagt.

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang und insbesondere zur Thematik der sexuellen Rechte für Frauen, Aufklärung Jugendlicher und Definition von Familie die restriktive Haltung des Vatikans und einiger islamischer Staaten sowie Polens (insbesondere zum Punkt „Sexuelle Selbstbestimmung der Frau“). Diese Staatenminderheit (wobei der Status der katholischen Weltreligion als Staat anzuzweifeln ist) übt dabei im Hindergrund massiven Druck auf die UN-Frauenkonferenzen aus.
Angesichts dieses religiös-konservativen Widerstandes wird von manchen liberalen Staaten befürchtet, dass theistische Hardliner die „Ziele von Peking“ umkehren könnten. In Peking (1995) hielt zum ersten mal ein Dokument der Vereinten Nationen fest, dass auch Frauen das freie Recht auf sexuelle Selbstbestimmung haben.
Dass dies im eklatanten Widerspruch zu vielen theologischen Ansichten steht, ist evident. Der Vatikan lehnt zudem die Bemerkungen zu nicht traditionellen Familien ab. Der römische Klerus versteht dies als indirekte Anerkennung gleichgeschlechtlicher, insbesondere homosexueller Verbindungen, aber auch allein Erziehender und nicht verheirateter Paare.
Die Hierarchie der katholischen Kirche ist patriarchalisch, frauenfeindlich und unfähig, eine liberale Haltung gegenüber der Sexualität zu akzeptieren oder Frauen moralische Autonomie zuzugestehen.
Mit wahrer Besessenheit verficht der Vatikan in der Tat weltweit seine absolutistische Linie in Bezug auf freie Familienplanung und Schwangerschaftsabbruch und seine althergebrachten Vorstellungen von der Rolle der Frau in der Familie.

Somit ist evident, dass sich der Vatikan mit seinen weltweiten Kampagnen (gegen Verhütung, gegen legalen Schwangerschaftsabbruch, etc.) schuldig macht am grauenvollen Tod und schmerzvollen Leid vieler Menschen. (H.F.)

[Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 03./04.06.2000 und vom15.06.2000, sowie Rundschau Nr. 59, „Schweizerische Vereinigung für Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs"]

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